Zum Inhalt springen

Qian-Xuesen-Labor für Weltraumtechnologie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 25. August 2020 um 11:05 Uhr durch Regnart (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Das Qian-Xuesen-Labor für Weltraumtechnologie (chinesisch 錢學森空間技術實驗室 / 钱学森空间技术实验室, Pinyin Qián Xuésēn Kōngjiān Jìshù Shíyànshì) ist der geläufige Name für das Innovationszentrum (创新中心, Pinyin Chuàngxīn Zhōngxīn) der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie (CAST), der Führungsgesellschaft der China Aerospace Science and Technology Corporation für das Geschäftsfeld Raumflugkörper. Am Qian-Xuesen-Labor befasst man sich mit Grundlagenforschung und der langfristigen Planung der Unternehmensstrategie. Dort werden die ersten Konzepte für komplexe Projekte wie die Asteroidenmission oder die chinesische Mondbasis entwickelt. Die Räumlichkeiten des Labors befinden sich in der Raumfahrtstadt ganz im Norden des Pekinger Stadtbezirks Haidian, etwa 700 m östlich der Firmenzentrale von CAST.

Zweck

Das Qian-Xuesen-Labor für Weltraumtechnologie wurde am 9. Dezember 2011 anlässlich des 100. Geburtstags von Qian Xuesen (11. Dezember) gegründet, dem Vater der chinesischen Raumfahrt. Mit zunächst 200–300 festangestellten Mitarbeitern und 200 Gastwissenschaftlern, dazu noch Doktoranden und Postdocs, sollte es als Innovationszentrum dienen, als Ort zum Ausbrüten neuer Ideen.[1] Seit der Tiefgreifenden Reform der Landesverteidigung und des Militärs vom 1. Januar 2016 fungiert das Qian-Xuesen-Labor auch als Plattform, wo Wissenschaftler und Ingenieure von der Wissenschafts- und Technikkommission der Zentralen Militärkommission, der Nationalen Behörde für Wissenschaft, Technik und Industrie in der Landesverteidigung[2] sowie den anderen Akademien und Tochterfirmen der China Aerospace Science and Technology Corporation zusammenkommen und gemeinsam Projekte planen können. Außerdem arbeitet das Qian-Xuesen-Labor mit der Russischen Ziolkowski-Akademie der Raumfahrtwissenschaften[3] und inländischen Universitäten wie der Zhejiang-Universität oder der Universität für Elektrotechnik und Elektronik Xi’an zusammen. Nach dem Tenure-Track-Verfahren werden Gastwissenschaftler nach einer gewissen Zeit fest übernommen.[4]

Als bei einer Umstrukturierung der mittleren Führungsebene bei CAST am 14. August 2020 die bisherige Hauptentwicklungsabteilung (北京空间飞行器总体设计部, auch bekannt als „Forschungsinstitut 501“) in zwei Hauptabteilungen aufgespalten wurde, wurden das Qian-Xuesen-Labor für Weltraumtechnologie diesen als dritter Unternehmensbereich gleichgestellt. Seitdem ist bei CAST die Ebene unterhalb des Direktors folgendermaßen gegliedert:

Struktur

Das Qian-Xuesen-Labor wird von einem Verwaltungsrat (管理委员会) und einem Wissenschaftsrat (学术委员会) geleitet. Vorsitzender des Verwaltungsrats ist der Direktor der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie (seit Dezember 2014 Zhang Hongtai), die anderen Mitglieder stammen ebenfalls aus der Führungsebene der Firma. Aus dem Verwaltungsrat wird der Leiter des Labors bestimmt, ein Amt, das seit Mai 2013 der Nachrichtentechnik-Ingenieur Chen Hong (陈泓, * 1963) innehat, ursprünglich stellvertretender Leiter des Forschungsinstituts 504 der Akademie.[6] Er ist für das Tagesgeschäft des Labors zuständig, für die Verwaltung und für die Patente. Außerdem ist er für Sicherheit und Geheimhaltung verantwortlich und berichtet direkt dem Vorstand der Chinesische Akademie für Weltraumtechnologie.[7]

Der Wissenschaftsrat wird seit September 2013 von dem Nachrichtentechnik-Ingenieur Bao Weimin (包为民, * 1960) geleitet,[8] dem Aufsichtsratsvorsitzenden der China Aerospace Science and Technology Corporation (die Muttergesellschaft der Akademie für Weltraumtechnologie).[9] Dort sitzen erfahrene Ingenieure wie Ye Peijian, der Chefkonstrukteur der ersten Mondsonden, oder Zhang Bainan, der Chefkonstrukteur des bemannten Raumschiffs der neuen Generation, die häufig bereits 院士, also Mitglied der Chinesischen Akademie der Wissenschaften oder der Chinesischen Akademie der Ingenieurwissenschaften sind.[10] Während der Verwaltungsrat eine ähnliche Funktion wie ein Unternehmensvorstand hat, entspricht der Wissenschaftsrat der „Kommission für Wissenschaft und Technik“ bei den im Technologiebereich tätigen Staatsbetrieben Chinas bzw. dem Aufsichtsrat bei börsennotierten Unternehmen. Das Qian-Xuesen-Labor dient von seiner Zielsetzung her zwar durchaus der freien, ungebundenen Forschung, die Ergebnisse dieser Forschung sollen aber eines Tages die Einnahmen der China Aerospace Science and Technology Corporation steigern bzw. der Volksrepublik China zugute kommen. Daher hat der Wissenschaftsrat darauf zu achten, dass sich die Mitarbeiter des Labors, obwohl Pläne auch für die fernere Zukunft durchaus erwünscht sind, nicht in völlig unrealistische Projekte vertiefen. Um dies sicherzustellen, gibt es zum einen das übliche „Beweisführungsverfahren“ (论证), bei dem die Forscher ihre Projekte vorstellen und Machbarkeit, Finanzierbarkeit und Zukunftspotential darlegen müssen. Außerdem müssen sich die zunächst befristet angestellten Gastwissenschaftler einer regelmäßigen Abschätzung ihrer Leistungsfähigkeit (考核) unterziehen.[4]

Das Qian-Xuesen-Labor verfügt über vier Forschungsabteilungen am Stammsitz in Peking, eine Außenstelle in Foshan und seit dem 28. Februar 2018 ein gemeinsames Entwicklungszentrum mit der Dong Fang Hong Satelliten GmbH (航天东方红卫星有限公司), einer Tochterfirma der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie:

  • Forschungsabteilung für Entwicklungsstrategie (发展战略研究部)
  • Forschungsabteilung für komplexe Projekte (系统项目研究部)
  • Forschungsabteilung für Grundlagenforschung betreffs Weltraumnutzung (空间应用基础研究部)
  • Forschungsabteilung für Weltraumwissenschaften (空间科学研究部)
  • Außenstelle Foshan des Qian-Xuesen-Labors für Weltraumtechnologie (钱学森空间技术实验室佛山分部)
  • Gemeinsames Entwicklungszentrum von Qian-Xuesen-Labor und Dong Fang Hong (钱学森空间技术实验室-航天东方红公司联合研发中心)[11]

Die wichtigen Partnerinstitutionen des Labors betreiben in dessen Räumlichkeiten eigene Forschungsabteilungen:

  • Innovationslabor der Wissenschafts- und Technikkommission der Zentralen Militärkommission (中央军委科技委创新工作站)
  • Innovationszentrum für Weltraumtechnologie der Nationalen Behörde für Wissenschaft, Technik und Industrie in der Landesverteidigung (国防科技工业空间技术创新中心)
  • Forschungszentrum für die Entwicklung komplexer Projekte der China Aerospace Science and Technology Corporation (中国航天科技集团系统发展研究中心)
  • Entwicklungszentrum der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie (中国空间技术研究院研发中心)

Außerdem gibt es noch sogenannte „Akademikerwerkstätten“ (院士工作室), die von und für Mitglieder der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und der Chinesischen Akademie der Ingenieurwissenschaften je nach aktuellem Bedarf eingerichtet werden. Stand 2020 sind dies:

  • Akademikerwerkstatt von Zheng Ping (郑平院士工作室)[12][13]
  • Akademikerwerkstatt von Duan Baoyan (段宝岩院士工作室)[14]
  • Akademikerwerkstatt für die für ein Überleben außerhalb der Erde nötigen physikalisch-chemischen Prozesse (地外生存物理化学过程院士工作室)
  • Akademikerwerkstatt für die Erkundung von Exoplaneten (系外行星探测院士工作室)
  • Akademikerwerkstatt für Produktion im Weltall (太空制造院士工作室)[15]

Wichtige Projekte

Erkundung der Eisriesen

Im Jahr 2015 hatte die Nationale Raumfahrtbehörde Chinas Vorplanungen für eine Erkundung der Heliopause mittels Tiefraumsonden in die Wege geleitet. An dem Projekt waren mehrere wissenschaftliche Einrichtungen beteiligt, ab 2017 in beratender Funktion auch die Chinesische Akademie der Ingenieurwissenschaften, während die Chinesische Akademie für Weltraumtechnologie die Sonden bauen sollte.

Die Mission, bei der die Sonden – ähnlich wie Voyager 1 – am Ende in den interstellaren Raum eindringen sollen, ist auf viele Jahre angelegt. Das Qian-Xuesen-Labor befasste sich in der Planungsphase mit dem Vorbeiflug an den Eisriesen Uranus (erste Sonde) und Neptun (zweite Sonde), wobei letzterer für ein Swing-by-Manöver zur Beschleunigung der Sonde genutzt werden soll. Von der Kontaktgruppe am Qian-Xuesen-Labor unter der Leitung von Zhang Xiaojing (张晓静) kam die Idee, während des Vorbeiflugs am Neptunmond Triton eine kleine Untersonde auszusetzen, die in die Eiskruste des Mondes einschlagen soll, um so eine In-situ-Erkundung von Triton zu ermöglichen, der wegen seines Kryovulkanismus für die Forscher von besonderem Interesse ist.[16]

Im Januar 2019 hatte die Erkundung der Heliopause die ersten Stufen des firmeninternen Beweisführungsverfahrens bestanden und wird nun vom Aufsichtsrat der China Aerospace Science and Technology Corporation betreut.[17][18]

Asteroidenmission

Orbit von Kamoʻoalewa

Ebenfalls unter der Leitung von Zhang Xiaojing und in enger Kooperation mit Huang Jiangchuan (黄江川, * 1961) von CAST, der im Dezember 2012 bereits den Vorbeiflug von Chang’e-2 am erdnahen Asteroiden (4179) Toutatis betreut hatte,[19][20] erstellte das Qian-Xuesen-Labor für Weltraumtechnologie mittels Computersimulation ein Konzept für eine Mission zu dem erdnahen Asteroiden (469219) Kamoʻoalewa (ein Quasisatellit der Erde) sowie dem Hauptgürtelkometen (7968) Elst-Pizarro im Jahr 2022. Am 19. März 2019 stellten Zhang Xiaojing und ihre Kollegen auf der 50. Konferenz für lunare und planetare Wissenschaften in Houston das Konzept erstmals der Öffentlichkeit vor:

  • 2022 Start der Sonde mit einer Trägerrakete vom Typ Changzheng 3B vom Kosmodrom Xichang
  • 2023 Rendevous mit Kamoʻoalewa, Untersuchung des Asteroiden aus dem Orbit, Entnahme einer Bodenprobe von 200–1000 g
  • 2024 Rückkehr zur Erde, Absetzen einer Landekapsel mit den Bodenproben, Beschleunigung der Hauptsonde mittels Swing-by-Manöver an der Erde
  • 2030 Rendezvous mit Elst-Pizarro
  • 2031 Orbit um Elst-Pizarro, Untersuchung des Kometen mittels Kameras, Spektrometern etc.

Bei der zunächst nach dem Ming-zeitlichen Admiral Zheng He benannten Mission (nach der am 24. April 2020 eingeführten neuen Nomenklatur wird sie wohl den Namen „Tianwen-2“ tragen) war ursprünglich für das Jahr 2025 ein Swing-by-Manöver der mit einem Ionenantrieb versehenen Sonde am Mars vorgesehen. Dieses Beschleunigungsmanöver soll nun mithilfe eines Asteroiden durchgeführt werden.

Für die Landung auf Kamoʻoalewa – der Asteroid besitzt einen mittleren Durchmesser von 40–100 m – besitzt die Sonde vier Beine mit jeweils einem Bohrer am Ende. Damit soll die Sonde auf dem schnell rotierenden Himmelskörper verankert werden (eine Umdrehung dauert nur eine halbe Stunde). Außerdem führt die Sonde einen Nano-Orbiter und einen Nano-Lander mit. Bevor letzterer landet, soll mit Sprengstoff ein Stück der Oberfläche des Asteroiden weggesprengt werden, so dass der Nano-Lander Zugriff auf dessen Inneres bekommt und die Zusammensetzung des dortigen Materials analysieren kann, wobei besonderes Augenmerk auf Wasser und flüchtige Stoffe gelegt wird.[21][22]

Im April 2020 lag die Asteroidenmission im Genehmigungsverfahren beim Staatsrat der Volksrepublik China.[23]

3D-Druck

Ein wichtiges Forschungsgebiet am Qian-Xuesen-Labor, das auf Anweisung der China Aerospace Science and Technology Corporation und der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie bearbeitet wird, ist 3D-Druck im Weltall. Hierbei arbeitete man 2019 intensiv mit deutschen Wissenschaftlern zusammen. Am 20. Februar 2019, dem 51. Jahrestag der Gründung der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie, besuchte ein Delegation unter der Leitung von Andreas Meyer, dem Direktor des Instituts für Materialphysik im Weltraum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt,[24] und Jens Günster, einem Experten für Keramik und 3D-Druck von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung,[25] das Qian-Xuesen-Labor. Dort stellten Meyer und Günster ihr Verfahren zum selektiven Lasersintern von Metallpulver vor,[26][27][28] das im November 2020 von der Mobilen Raketenbasis, einer Abteilung des DLR, bei einer MAPHEUS-Mission (MAterialPHysikalische Experimente Unter Schwerelosigkeit) an Bord einer Höhenforschungsrakete vom Typ Improved Malemute am am European Space and Sounding Rocket Range bei Kiruna in Schweden erprobt werden soll.[29][veraltet]

Außerdem besprach man auf dem Symposium die Möglichkeiten, mittels 3D-Druck Ziegelsteine aus Regolith herzustellen, in denen auf einer Mondbasis die Tageshitze gespeichert werden könnte, Hitze, die während der zweiwöchigen Mondnacht zur Erzeugung von elektrischer Energie oder zum Warmhalten von Geräten genutzt werden kann,[30] ähnlich den n-Undekan-Wärmflaschen auf dem Rover der Marsmission Tianwen-1. Am Qian-Xuesen-Labor befasst sich der Energie-Ingenieur Yao Wei (姚伟), Leiter der Forschungsabteilung für Weltraumwissenschaften und der dortigen Gruppe für die Bewohnbarkeit und langfristig aufrechterhaltbare Erkundung von Planeten (行星宜居性及可持续探索团队), mit diesem Thema.[31][32]

Eine weitere Verwendungsmöglichkeit für Regolith ist die Herstellung von keramischen Präzisionsbauteilen. Hierbei wird der Mondstaub mit einem Photopolymer vermischt und anschließend mittels Digital Light Processing und Sintern die gewünschte Schraube, Mutter etc. erzeugt.[33] Die Entwicklung dieses Verfahrens wird in China am Schwerpunktlabor für Technologien zur industriellen Produktion im Weltall des Zentrums für Projekte und Technologien zur Nutzung des Weltalls vorangetrieben, einer Einrichtung der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Erste Versuche unter den Bedingungen der annähernden Schwerelosigkeit, der Gravitation des Mondes und der Gravitation des Mars wurden im Juni 2018 an Bord des europäischen Parabelflugzeugs A310 ZERO-G durchgeführt.[34][35]

Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung arbeitet auch an der Herstellung von Bauteilen aus massiven metallischen Gläsern mittels 3D-Druck,[26] ein Gebiet, an dem beim Qian-Xuesen-Labor ebenfalls ein großes Interesse besteht[36] und auf dem China bereits seit 2010 mit dem Institut für Materialphysik im Weltraum des DLR zusammenarbeitet. Neben Andreas Meyer war hierbei von Anfang an der Materialphysiker Wang Weihua (汪卫华, * 1963) die treibende Kraft, damals noch beim Institut für Physik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften tätig.[37][38][39] Am 17. April 2018 wurde Wang Weihua beim Qian-Xuesen-Labor als einer der drei Leiter der neugegründeten Akademikerwerkstatt für die für ein Überleben außerhalb der Erde nötigen physikalisch-chemischen Prozesse angestellt[40] und betreibt diese Forschungen dort nun intensiv weiter.[41] Als vom 28. bis 30. Oktober 2019 vom BAM und dem Qian-Xuesen-Labor in Berlin das 2. Deutsch-Chinesische Symposium zum 3D-Druck im Weltall abgehalten wurde, mit Teilnehmern von zahlreichen deutschen und chinesischen Universitäten und Forschungseinrichtungen,[42] nutzte die Qian-Xuesen-Delegation unter der Leitung von Wang Weihua und Yao Wei die Gelegenheit, um Jens Günsters Labor auf dem BAM-Zeiggelände Fabeckstraße zu besichtigen.[43] Die vier Wissenschaftler zeigten sich vor allem von den Schraubenschlüsseln beeindruckt, die Günsters Gruppe Anfang März 2018 an Bord des europäischen Parabelflugzeugs hergestellt hatte.[44][45] Natürlich handelte es sich hierbei zunächst nur um das Äquivalent von Werkzeug aus Gusseisen, also von begrenztem praktischen Nutzen. Für Bauteile aus metallischem Massivglas gibt es in der Raumfahrt jedoch tatsächlich Anwendungen. Man kam überein, dass eine Zusammenarbeit auf diesem Gebiet für beide Seiten von Nutzen wäre und vereinbarte, dass das Qian-Xuesen-Labor das – sehr teure – Material zur Verfügung stellen würde, während die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung die Drucktechnologie einbringen würde.[46]

Orbitales Sonnenkraftwerk

Der Bau eines Sonnenkraftwerks in einer geostationären Umlaufbahn wurde bereits 2010 von Mitgliedern der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und der Chinesischen Akademie der Ingenieurwissenschaften vorgeschlagen. An der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie wurde das Projekt von Wang Xiji vorangetrieben.[47] 2014 wurde schließlich Duan Baoyan (段宝岩, * 1955), 2002–2012 Rektor der Universität für Elektrotechnik und Elektronik Xi’an, vom Qian-Xuesen-Labor angestellt, um sich als Chefwissenschaftler in der nach ihm benannten Akademikerwerkstatt konkret mit den Fragen rund um ein derartiges Sonnenkraftwerk zu befassen.[48][49] Anders als in Wang Xijis ursprünglichem Konzept plante die Gruppe um Duan Baoyan aus Gewichtsersparnisgründen nicht mehr, große Solarzellenflächen zu installieren. 2014/2015 wollte man stattdessen zunächst das Sonnenlicht in einer aus zahlreichen sechseckigen Spiegelelementen zusammengesetzten, oben und unten offenen sowie an den Seiten je nach Sonnenstand aufklappbaren Hohlkugel von 8–10 km Durchmesser sammeln und auf ein relativ kleines Solarmodul im Fokus des Hohlspiegels reflektieren. Ein alternativer Vorschlag für die Spiegelelemente war, diese nicht aufklappbar zu gestalten, sondern als Einwegspiegel. Der von dieser sogenannten SSPS-OMEGA (Space Solar Power Station via Orb-shape Membrane Energy Gathering Array) erzeugte Strom sollte dann mit einer scheibenförmigen Phased-Array-Antenne von 1 km Durchmesser auf 5,8 GHz zur Erde übertragen werden, eine relativ niedrige Frequenz, bei der die übertragene Leistung auch bei monsunbedingt bedecktem Himmel wenig gedämpft wird.[50] Beim Stand der Technik von 2015 konnte ein derartiges Kraftwerk mit einer auf der Erde in das Stromnetz einspeisbaren Leistung von 2 GW frühestens 2050 realisiert werden. Die Vorplanungen dafür wurden dennoch von der Nationalen Stiftung für Naturwissenschaften gefördert.[51] Zum Vergleich: die Drei-Schluchten-Talsperre in Hubei liefert 22,5 GW.

Im Oktober 2018 stellten Duan Baoyans Mittarbeiter Li Meng (李萌) und Zhang Yiqun (张逸群) in den Acta Astronautica ein weiteres Konzept vor. Dort ist geplant, eine schwenkbare, auf die Sonne ausrichtbare Anordnung von leichten Fresnel-Linsen mit jeweils 10 m Durchmesser zu verwenden, von denen jede das Sonnenlicht 1600-fach bündelt. Im Fokus einer jeden Linse, 12,5 m hinter der Linse, befindet sich das Ende eines flexiblen Lichtleitkabels, das am anderen Ende mittels einer Kupplung über einem unbeweglichen, quadratischen Sandwich-Modul aus Solarzellen, dem Mikrowellensender und der Phased-Array-Antenne befestigt ist. Die einzelnen Lichtleitkabel werden hierbei nach dem Prinzip der Konzentratorzelle auf engem Raum zusammengefasst.[52][53][54] Eines der Probleme hierbei ist, dass sich – anders als bei der SSPS-OMEGA, wo das rotierende Solarmodul von der Mikrowelleneinheit getrennt und mit dieser über ein Kabel und einen straßenbahnähnlichen Stromabnehmer verbunden ist – nicht nur die Solarzellen, sondern auch die mechanische Struktur und die Elektronik für den Mikrowellensender erhitzen können. Bei einer Entfernung von 200 m von der Linsenanordnung, wo die Fresnel-Linsen das Sonnenlicht nur noch etwa 50-fach konzentrieren, treten auf dem Solarmodul Temperaturen von bis zu 400 °C auf, bei 800 m immer noch mehr als 80 °C. Bei dem Solarmodul und bei der Linsenanordnung handelt es sich um starre Strukturen, während die Lichtleiter-Bündel biegsam sind. Um die Anlage stabil zu halten, sind neben jeweils einem mit einem Schwenkmotor versehenen Satelliten an den beiden Enden der Rotationsachse der Linsenanordnung vier weitere Satelliten an den Ecken des Solarmoduls nötig.[52] Die bei der Ausrichtung der Linsenanordnung auf die Sonne hin auftretenden Kräfte sind schwierig zu modellieren, die Schwingungsunterdrückung gestaltet sich anspruchsvoll.[55]

Einzelnachweise

  1. 常远: “钱学森运载技术实验室”与“钱学森空间技术实验室”. In: blog.sina.com.cn. 14. Dezember 2011, abgerufen am 13. August 2020 (chinesisch).
  2. 国防科技工业空间技术创新中心2020年度开放基金项目征集公告. In: jmjh.miit.gov.cn. 25. Mai 2020, abgerufen am 13. August 2020 (chinesisch).
  3. Neue Sphären der Zusammenarbeit: Russland und China wollen Raumfahrt-Technologien austauschen. In: russische-botschaft.ru. 20. April 2016, abgerufen am 14. August 2020.
  4. a b 实验室简介. In: qxslab.cn. Abgerufen am 13. August 2020 (chinesisch).
  5. 李婷: 航天科技集团五院宇航系统总体实行重组. In: tech.ifeng.com. 15. August 2020, abgerufen am 15. August 2020 (chinesisch).
  6. 陈泓. In: qxslab.cn. Abgerufen am 14. August 2020 (chinesisch).
  7. 现任领导. In: qxslab.cn. Abgerufen am 14. August 2020 (chinesisch).
  8. 徐菁: 围绕中国航天发展需要 加强空间技术创新能力 钱学森空间技术实验室学术委员会成立. In: jiuyelib.com. 6. September 2013, abgerufen am 14. August 2020 (chinesisch).
  9. 包为民. In: beidou.org. Abgerufen am 14. August 2020 (chinesisch).
  10. 学术委员会成员组成. In: qxslab.cn. Abgerufen am 14. August 2020 (chinesisch).
  11. 钱学森实验室与航天东方红成立联合研发中心. In: qxslab.cn. 2. März 2018, abgerufen am 15. August 2020 (chinesisch).
  12. 郑平. In: qxslab.cn. Abgerufen am 15. August 2020 (chinesisch).
  13. 郑平. In: qxslab.cn. Abgerufen am 15. August 2020 (chinesisch).
  14. 团队成员. In: qxslab.cn. Abgerufen am 23. August 2020 (chinesisch).
  15. 组织机构. In: qxslab.cn. Abgerufen am 15. August 2020 (chinesisch).
  16. 实验室举办太空探索实验计划行星科学专题研讨会. In: qxslab.cn. 25. April 2019, abgerufen am 16. August 2020 (chinesisch).
  17. 吴伟仁 et al.: 太阳系边际探测研究. In: scis.scichina.com. 9. Januar 2019, abgerufen am 16. August 2020 (chinesisch). S. 1 und 4.
  18. 倪伟: 专访于登云:获世界航天奖是因“到了人类没去过的地方”. In: news.sina.cn. 24. Juni 2020, abgerufen am 12. August 2020 (chinesisch).
  19. Jiangchuan Huang's research while affiliated with China Academy of Space Technology (CAST) and other places. In: researchgate.net. Abgerufen am 17. August 2020 (englisch).
  20. 黄江川 et al.: 嫦娥二号卫星飞越探测小行星的目标选择. In: 中国科学: 技术科学 2013 年 第43 卷 第6 期, S. 602–608.
  21. Andrew Jones: China is moving ahead with lunar south pole and near-Earth asteroid missions. In: spacenews.com. 5. August 2020, abgerufen am 16. August 2020 (englisch).
  22. Zhang Xiaojing et al.: ZhengHe – A Mission to a Near-Earth Asteroid and a Main Belt Comet. (PDF) 17. März 2019, abgerufen am 17. August 2020 (englisch).
  23. 倪伟: 中国火星探测命名“天问一号”,透露一项更长远太空计划. In: bjnews.com.cn. 24. April 2020, abgerufen am 25. August 2020 (chinesisch).
  24. Institut für Materialphysik im Weltraum. In: dlr.de. 24. April 2015, abgerufen am 4. Januar 2020.
  25. In Retrospect: AM Ceramics 2018. In: am-ceramics.dkg.de. Abgerufen am 4. Januar 2020.
  26. a b 3D-Druck im Space - Teil 4: Pre-Test für den Einsatz in einer Forschungsrakete. In: bam.de. 30. August 2019, abgerufen am 21. August 2020.
  27. Metallbasierte Additive Fertigung für Raumfahrt und Schwerelosigkeit. In: dlr.de. Abgerufen am 21. August 2020.
  28. Additive Fertigung. In: ipgphotonics.com. Abgerufen am 21. August 2020.
  29. Gunter Dirk Krebs: Malemute. In: space.skyrocket.de. Abgerufen am 21. August 2020 (englisch).
  30. Powering the future with lunar soil. In: esa.int. 18. Juli 2019, abgerufen am 21. August 2020 (englisch).
  31. 姚伟. In: qxslab.cn. Abgerufen am 22. August 2020 (chinesisch).
  32. 中国空间技术研究院-南京理工大学2019年联合招收博士研究生招生简章. In: yz.chsi.com.cn. Abgerufen am 22. August 2020 (chinesisch).
  33. Liu Ming et al.: Digital light processing of lunar regolith structures with high mechanical properties. In: sciencedirect.com. 1. April 2019, abgerufen am 21. August 2020 (englisch).
  34. 空间应用中心完成国际上首次微重力环境下陶瓷材料立体光刻制造技术试验. In: csu.cas.cn. 20. Juni 2018, abgerufen am 21. August 2020 (chinesisch).
  35. 中国科学院太空制造技术重点实验室完成国际上首次微重力环境下陶瓷材料立体光刻制造技术试验. In: klsmt.ac.cn. 18. Juni 2018, abgerufen am 21. August 2020 (chinesisch).
  36. 董雯: 中德科学家热议“太空3D打印”. In: mp.weixin.qq.com. 26. Februar 2019, abgerufen am 20. August 2020 (chinesisch).
  37. 2010年中德非晶物理和材料研讨会成功召开. In: mmp.iphy.ac.cn. 21. Oktober 2010, abgerufen am 22. August 2020 (chinesisch).
  38. 第二届中德非晶物理和材料研讨会在德国科隆召开. In: iop.cas.cn. 14. November 2012, abgerufen am 22. August 2020 (chinesisch).
  39. Deutsch-Chinesischer Workshop zu metallischen Massivgläsern. In: dlr.de. Abgerufen am 22. August 2020.
  40. 钱学森实验室成立地外生存物理化学过程院士工作室. In: qxslab.cn. 18. April 2018, abgerufen am 22. August 2020 (chinesisch).
  41. 汪卫华. In: qxslab.cn. Abgerufen am 22. August 2020 (chinesisch).
  42. 钱学森实验室主办第二届“太空3D打印”中德研讨会. In: qxslab.cn. 30. Oktober 2019, abgerufen am 22. August 2020 (chinesisch).
  43. Standorte. In: bam.de. 1. Juli 2020, abgerufen am 22. August 2020.
  44. 3D-Druck im Space - Teil 2: Versuche mit Metallpulver. In: bam.de. 5. März 2018, abgerufen am 22. August 2020.
  45. Ein Schraubenschlüssel aus Metall wird gedruckt. In: bam.de. 8. März 2018, abgerufen am 22. August 2020.
  46. 钱学森实验室与德国联邦材料研究所达成合作意向. In: qxslab.cn. 5. November 2019, abgerufen am 22. August 2020 (chinesisch).
  47. Chen Na: Chinese Scientists Mull Power Station in Space. In: english.cas.cn. 31. März 2015, abgerufen am 23. August 2020 (englisch).
  48. 段宝岩. In: qxslab.cn. Abgerufen am 15. August 2020 (chinesisch).
  49. 段宝岩: 加快发展空间太阳能电站研究. In: cae.cn. 26. Dezember 2014, abgerufen am 24. August 2020 (chinesisch).
  50. 空间太阳能电站系统多场、多域、多尺度耦合. In: qxslab.cn. Abgerufen am 24. August 2020 (chinesisch).
  51. Duan Baoyan et al.: A novel design project for space solar power station (SSPS-OMEGA). In: researchgate.net. 6. Januar 2016, abgerufen am 24. August 2020 (englisch).
  52. a b Li Meng, Zhang Yiqun et al.: A fresnel concentrator with fiber-optic bundle based space solar power satellite design. In: sciencedirect.com. 25. Oktober 2018, abgerufen am 24. August 2020 (englisch).
  53. 李萌. In: qxslab.cn. Abgerufen am 23. August 2020 (chinesisch).
  54. 张逸群. In: qxslab.cn. Abgerufen am 24. August 2020 (chinesisch).
  55. 段宝岩院士工作室. In: qxslab.cn. 5. September 2018, abgerufen am 15. August 2020 (chinesisch).

Koordinaten: 40° 4′ 28,7″ N, 116° 16′ 25″ O