Weighted Average Cost of Capital
Weighted Average Cost of Capital (WACC) (deutsch Gewichtete durchschnittliche Kapitalkosten) bezeichnet einen zu den Discounted-Cash-Flow-Verfahren der Unternehmensbewertung gehörenden Ansatz.
Die gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten werden von vielen Unternehmen verwendet, um den Diskontzinssatz in Investitionsprojekten zu bestimmen. Der WACC-Kapitalkostensatz gibt hierzu eine wirtschaftlich vernünftige Mindestrendite vor.
Firmen finanzieren sich über zwei Quellen (die Kapitalstruktur): Eigenkapital und Fremdkapital (Verschuldung in Form von z. B. Anleihen, Bankkrediten etc.). Der WACC-Satz entspricht dem kapitalgewichteten Durchschnitt der verschiedenen Zinssätze und Mindestrenditen.
Überblick
Der Sinn der Discounted Cash Flow Verfahren besteht in einer genauen (quantitativen) Bestimmung des Steuervorteiles aus einer anteiligen Fremdfinanzierung. Jetzt hängt die Höhe des Steuervorteiles von der Finanzierungspolitik des Unternehmens ab. In vielen Fällen wird nur eine Unternehmenssteuer (also beispielsweise eine Körperschaftsteuer oder Gewerbesteuer) unterstellt, eine Besteuerung der Anteilseigner wird vernachlässigt.
Wird nun weiterhin angenommen, dass das Unternehmen eine so genannte marktwertorientierte Finanzierung betreibt (bei einer marktwertorientierten Finanzierung wird bereits heute die zukünftige Fremdkapitalquote, also das Verhältnis von Fremdkapital zu Aktienwert, in der gesamten Zukunft exakt vorgegeben, Abweichungen oder andere Unsicherheiten werden ausgeschlossen), dann bietet sich die Verwendung des WACC-Ansatzes (Weighted Average Cost of Capital) an. Die Verwendung des WACC-Ansatzes ist an die Voraussetzung einer marktwertorientierten Finanzierung gebunden - wird das Unternehmen anders als marktwertorientiert finanziert, dann wird der korrekte Unternehmenswert nicht mit dem WACC-Wert übereinstimmen.
Neben dem WACC-Ansatz kann man ebenfalls den TCF-Zugang oder die FTE-Gleichung verwenden. Alle drei Verfahren führen zum gleichen Unternehmenswert. Welche der drei Methoden man verwendet richtet sich danach, welche Informationen der Bewerter besitzt. Beim WACC-Verfahren wird angenommen, dass der Bewerter die erwarteten Cashflows des unverschuldeten Unternehmens und außerdem die gewichteten Kapitalkosten des verschuldeten Unternehmens kennt. Sowohl das FTE- wie auch das TCF-Verfahren treffen andere Annahmen hinsichtlich dieser Informationen.
Berechnung der WACC
Die WACC sind definiert als:
wobei
unter Verwendung der folgenden Symbole:
Symbol | Bedeutung | Einheit |
---|---|---|
weighted average cost of capital | % | |
Verzinsungsanspruch der Eigenkapitalgeber (risikolose Kapitalanleihe + Risikoprämie, siehe auch CAPM) | % | |
Erforderliche oder erwartete Fremdkapitalverzinsung, oder Fremdkapitalkosten | % | |
Unternehmenssteuerrate | % | |
Summe der Schulden und Leasingverbindlichkeiten | $ or € or £ | |
Marktwert der Aktien und aktienähnlichen Papiere | $ or € or £ | |
Insgesamt investiertes Kapital unter Annahme der Unternehmensfortführung | $ or € or £ |
Diese Gleichung beschreibt die Situation mit homogenem Aktien- und Fremdkapital. Wenn das Kapital z. B. zusätzlich bevorzugtes Aktienkapital enthält mit einem anderen Kurswert (z. B. Namensaktien mit anderem Nennwert, Kurs aber gleicher Stimmenzahl) muss die Formel für jede solche zusätzliche Kapitalklasse um einen Term erweitert werden.
Problematik des WACC
Einführung
Der Kapitalkostensatz () ergibt sich als gewichteter Mittelwert der Fremdkapitalkosten und der Eigenkapitalkosten , wobei die steuerlichen Vorteile des Fremdkapitals (Steuersatzes ) erfasst werden müssen. In der Literatur wird bei der Berechnung des Kapitalkostensatzes () die Gewichtung von Eigen- und Fremdkapital zu Marktpreisen empfohlen. Die Formel stellt sich wie folgt dar:
Fehleinschätzungen in der Praxis
Die Eigenkapitalkosten werden dabei als erwartete Rendite einer Alternativanlage meist mittels des Capital-Asset-Pricing-Modells (CAPM) berechnet: , wobei der risikolose Zinssatz, die erwartete Marktrendite für risikobehaftetes Eigenkapital (Marktportfolio) und das Maß für das relative systematische (also unternehmensübergreifende) Risiko eines Unternehmens darstellt. Bei der Berechnung der Eigenkapitalkosten mit dem CAPM (Capital-Asset-Pricing-Modell), werden durch den Beta-Faktor () nur die systematischen Risiken erfasst, welche aus historischen Kursentwicklungen an der Börse abgeleitet werden. Dies unterstellt, dass der Kapitalmarkt über die zukünftige Risikosituation eines Unternehmens mindestens so gut informiert ist, wie die Unternehmensleitung selbst. Sämtliche für die Zukunft geplante Maßnahmen des Risikomanagements (z.B. Abschließen von Versicherungen) hätten keinen Einfluss auf die Kapitalkostensätze, wenn der Kapitalmarkt diese nicht kennt, was eine Fehleinschätzung des Wertbeitrags sämtlicher geplanter Maßnahmen bedeutet. Ein weiteres Problem stellen die asymmetrisch verteilten Informationen in unvollkommenen Kapitalmärkten dar, weil sie zu relativ hohen (und mit der Verschuldung steigenden) Kosten der Fremdfinanzierung führen (Pecking-Order-Theorie). Diese Agency-Kosten bewirken, dass Unternehmen für die Finanzierung zunächst sämtliche internen Finanzquellen nutzt und erst später auf zusätzliches Fremdkapital (und noch später auf eine Erhöhung des Eigenkapitals) zurückgreift, was eine Abhängigkeit von Kapitalkostensätzen und des Investitionsvolumens von den verfügbaren Cashflows zur Folge hat, die es gemäß der Theorie vollkommener Märkte nicht geben dürfte. In unvollkommenen Märkten mit Investoren, die nicht perfekt diversifizierte Portfolios aufweisen, sind auch unsystematische Risiken, die Cashflow Schwankungen bewirken, für die Kapitalkostensätze und die Bewertung relevant, was das CAPM nicht berücksichtigt. (Kerins, Smith, Smith 2004; Brennan, Torous 1999).
Die genanten Probleme basieren auf der grundlegenden Annahme der traditionellen Kapitalmarkttheorie, dass die Märkte vollkommen und damit informationseffizient seien. Konkurskosten, Transaktionskosten, asymmetrisch verteilte Informationen, begrenzt rationales Verhalten und nicht diversifizierte Portfolios zeigen aber, dass die grundlegenden Annahmen in der Realität nicht zutreffend sind. Somit besteht das Problem, dass die heute üblichen Verfahren zur Bestimmung der Kapitalkosten (wie CAPM und APT) die gravierenden Konsequenzen unvollkommener Kapitalmärkte nicht berücksichtigen.
Lösungsansatz
Um diese Problematik zu lösen empfiehlt sich beispielsweise der so genannte „Risikodeckungsansatzes“ Die Grundidee besteht darin, die Kapitalkostensätze in Abhängigkeit des Eigenkapitalbedarfs als Risikomaß zu bestimmen, der mittels Risikoaggregation ermittelt werden kann. Der Eigenkapitalbedarf (EKB) beschreibt den Umfang möglicher Verluste, der in einer Planungsperiode (die durchaus auch mehrere Jahre umfassen kann) mit einer vorgegebenen (von den Fremdkapitalgebern akzeptierten) Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird (Value-at-Risk bzw. Earnings-at-Risk oder CVaR). Von den zwei Komponenten, die die Gesamtkapitalkosten bestimmen, nämlich Risikoprämie und Risikoumfang, wird in diesem Ansatz letztere also durch überlegene unternehmensinterne Daten (der Planung) bestimmt. Damit wird beim „Risikodeckungsansatz“ der Informationsvorsprung der Unternehmensführung gegenüber dem Kapitalmarkt berücksichtigt („Insider-Informationen“).
Zur Berechnung des Kapitalkostensatzes () in Abhängigkeit des Eigenkapitalbedarfs als Risikomaß wird die folgende Formel herangezogen (Gleißner 2005):
Diese Gleichung zeigt, dass ein zunehmendes Risiko zu einem höheren Bedarf „teuren“ Eigenkapitals und damit steigenden Gesamtkapitalkostensätzen () führt .
Das Gesamtkapital erfasst dabei alle für die ökonomische Replikation erforderlichen Vermögenswerte (z.B. auch die Marke, etc.)
Die Anpassung des Kapitalkostensatzes geschieht jedoch nicht über den Beta-Faktor als Risikomaß, sondern über den Eigenkapitalbedarf (Risikokapital), der auch die (nicht diversifizierten) unsystematischen Risiken berücksichtigt, was für nicht (perfekt) diversifizierte Portfolios sinnvoll ist.
Der Eigenkapitalkostensatz wird dabei auf den ermittelten Eigenkapitalbedarf angewendet. Das restliche, nicht risikotragende Kapital (Gesamtkapital – Eigenkapitalbedarf) wird lediglich mit dem Fremdkapitalkostensatz bewertet, weil es keine Risikoprämie benötigt. „Überschüssiges“ Eigenkapital, das prinzipiell auch ausgeschüttet werden könnte, ohne damit die von den Fremdkapitalgebern akzeptierte Insolvenzwahrscheinlichkeit p und das entsprechende Rating zu beeinträchtigen, kann näherungsweise wie Fremdkapital als „quasi risikofrei“ angesehen werden (z.B. als Gesellschafterdarlehen).
Für die Ermittlung der Eigenkapitalkosten in Abhängigkeit der vom Gläubiger akzeptierten Ausfallwahrscheinlichkeit (Rating) wird berechnet, welche erwartete Rendite ein Investment in ein Aktienportfolio (Marktportfolio) hätte, wenn dieses aufgrund eines Einsatzes von Fremdkapital die gleiche Ausfallwahrscheinlichkeit aufweisen würde. Dieser notwendige Anteil des Eigenkapitals kann in Abhängigkeit der erwarteten Rendite des Marktportfolios (), der Standardabweichung dieser Rendite () und der akzeptierten Ausfallwahrscheinlichkeit aus dem unteren Quantil der erwarteten Rendite des Marktportfolios (zur gegebenen Wahrscheinlichkeit) ermittelt werden.
Zusammenfassung
Aus dem Bedarf an Eigenkapital kann auf den Kapitalkostensatz geschlossen werden. Je weniger relativ teures Eigenkapital ein Unternehmen bereithalten muss, um Risiken auffangen zu können, desto geringer sind die Kapitalkosten. Eine Reduzierung des Risikos hat eine Reduzierung der Kapitalkostensätze zur Folge und damit auch direkt Auswirkungen auf den Unternehmenswert. Im Gegensatz zur CAPM-Theorie wird beim „Risikodeckungsansatzes“ die Ableitung von Kapitalkostensätzen über risikobedingte Eigenkapitalbedarfe realisiert, weil unvollkommene Märkte angenommen werden. Der Gesamtkapitalkostensatz (WACC) bestimmt sich aus dem benötigten Risikodeckungspotential und dem sonstigen im Unternehmen gebundenen nicht-risikobehafteten (Fremd-)Kapital inkl. „risikofreien“ Eigenkapitals.
Bewertungseffekt der Steuern
Die Ökonomen Merton Miller und Franco Modigliani haben in ihren Theoremen gezeigt, dass in einer perfekten Volkswirtschaft (insbesondere ohne Steuern) der Unternehmenswert unabhängig vom Verschuldungsgrad ist. Da aber viele Regierungen einen Abzug der Fremdkapitalzinsen von der Steuerbasis erlauben, schafft dies eine Neigung zur Fremdfinanzierung.
Wert des verschuldeten Unternehmens
mit:
- Wert des verschuldeten Unternehmens
- gewichtete Kapitalkosten des verschuldeten Unternehmens im Zeitpunkt t
- erwartete Cashflows des unverschuldeten Unternehmens im Zeitpunkt t
Das WACC-Verfahren setzt (im Gegensatz zur landläufigen Meinung) nicht die Konstanz der Kapitalstruktur voraus. Die gewichteten Kapitalkosten können mit so genannten Anpassungsformeln von Miles-Ezzel oder Modigliani-Miller aus den Eigen- und Fremdkapitalkosten des verschuldeten Unternehmens berechnet werden.
Weblinks und Literatur
- WACC erklärt in Manalex Management Lexikon
- Wissenschaftliche Literatur zum Thema WACC und Unternehmensbewertung
- Brennan M., Torous W.: “Individual Decision-Making and Investor Welfare”, in: Economic notes 1999, Heft 28(2), S. 119-143.
- Froot, K.; Scharfstein, D.; Stein, J.: A Framework for Risk Management, in: Harvard Business Review 1994, Nov.-Dez., S. 91-102.
- Gleißner, W.: FutureValue – 12 Module für eine wertorientierte strategische Unternehmensführung, Wiesbaden 2004, S. 318-325, ISBN 3 409 11698 2.
- Gleißner, W.: Kapitalkosten: Der Schwachpunkt bei der Unternehmensbewertung und im wertorientierten Management, in: Finanzbetrieb 2005, Heft 4, Seite 217-229.
- Haugen, R. A.: Inefficient Stock Markets, Prentice Hall 2002.
- Hering, T.: Finanzwirtschaftliche Unternehmensbewertung. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden 1999, ISBN: 3 824 47044 6.
- Kerins F.; Smith J.K.; Smith R.: “Opportunity Cost of Capital for Venture Capital Investors and Entrepreneurs”, in: Journal of financial and quantitative analysis 2004, Vol. 39, No. 2, S. 385-405.
- M. Miller und F. Modigliani: Corporate income taxes and the cost of capital: a correction. American Economic Review, 48 (1963), S. 261-297.
- J. Miles und J. Ezzell: The weighted average cost of capital, perfect capital markets and project life: a clarification. Journal of Financial and Quantitative Analysis, 15 (1980), S. 719-730.
- Myers, S.; Majluf, N. S.: Corporate Financing and Investment Decisions when Firms have Information that Investors Do Not Have, in: Journal of Financial Economics 1984, Vol. 13, S. 187-221.
- Shleifer, A.: Inefficient Markets: An Introduction to Behavioral Finance, Oxford University Press, Oxford 2000.