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Marc Dutroux

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Marc Dutroux (* 6. November 1956 im Brüsseler Stadtteil Ixelles, Belgien) ist ein belgischer Kindermörder. Er hat mehrere Kinder im Alter von 8 bis 19 Jahren entführt, sexuell missbraucht und getötet.

Dutrouxs kriminelles Leben und vorzeitige Haftentlassung

Dutroux hat drei Brüder und eine Schwester. Er ist das älteste Kind seiner Eltern, die beide von Beruf Lehrer waren. Einige Monate nach der Scheidung seiner Eltern verließ Marc Dutroux im Alter von 16 Jahren sein zu Hause und schlug sich zunächst als Strichjunge durch. Im Alter von 20 Jahren heiratete er seine erste Frau. Die beiden hatten zwei Kinder und ließen sich 1983 wieder scheiden, als Dutroux bereits eine Affäre mit Michelle Martin hatte.

Polizeilich bekannt war Dutroux für Autodiebstähle, Überfälle und Drogendelikte. 1986 wurde Dutroux mit seiner Lebensgefährtin Martin wegen Entführung und Missbrauch von fünf Kindern verhaftet. 1989 wurde Dutroux zu 13 Jahren und sechs Monaten Freiheitsentzug verurteilt, Martin zu fünf Jahren. Im gleichen Jahr heirateten die beiden im Gefängnis. Wegen guter Führung wurde Dutroux 1992 vorzeitig entlassen, nachdem er drei Jahre im Gefängnis verbracht hatte, obwohl Marc Dutrouxs Mutter dem Gefängnisdirektor in einem Brief davon abriet.

Nach Dutrouxs Entlassung bescheinigte ihm ein Psychiater eine Behinderung, durch die er eine staatliche Rente bekam, sowie Schlafmittel und Sedativa, die er später zur Betäubung seiner Opfer einsetzte.

Martin und Dutroux haben drei Kinder zusammen.

Erneute Kindesentführungen

Dutroux baute im Keller eines seiner Häuser eine Gefängniszelle. Hinter einer massiven Tür, die als Regal getarnt ist, befand sich ein 2,15 Meter langer, weniger als 1 Meter breiter und 1,64 Meter hoher Raum.

Am 24. Juni 1995 wurden Melissa Russo (8) und Julie Lejeune (8) entführt, in Dutrouxs Zelle gefangen gehalten und mehrfach sexuell missbraucht. Am 22. August 1995 wurden Eefje Lambrecks (19) und An Marchal (17) entführt und ebenfalls missbraucht. Da sich im Kellerverlies bereits die beiden achtjährigen Mädchen befanden, sperrte Dutroux Eefje und An im ersten Stock des Hauses ein.

Da Dutroux in Autodiebstähle verwickelt war, wurde er am 6. Dezember 1995 verhaftet. Bei der Untersuchung der Diebstähle durchsuchte die Polizei auch Dutrouxs Haus, wo die beiden achtjährigen Mädchen gefangen gehalten wurden. Eefje und An waren zu diesem Zeitpunkt bei einem Komplizen untergebracht oder bereits tot. Der leitende Beamte gab später an, im Keller Kinderstimmen gehört zu haben, nahm jedoch an, sie kämen von der Straße, daher wurden die Mädchen nicht aufgefunden. Nach Dutrouxs späteren Aussagen sollte sich seine Frau Martin um die Pflege der Kinder kümmern, während Dutroux im Gefängnis war. Martin gab an, sie wollte den Kindern Essen geben, tat es jedoch nicht, da sie Angst hatte, die Kinder könnten fliehen. So verhungerten die beiden eingesperrten Mädchen. Eines war bei Dutrouxs Freilassung am 20. März 1996 bereits tot, das andere verstarb nach Dutrouxs Aussage in seinen Armen.

Am 28. Mai 1996 entführte Dutroux Sabine Dardenne (12), indem er sie in seinen Transporter zerrte. Am 9. August widerfuhr dies auch Laetitia Delhez (14). Bei der polizeilichen Ermittlung wurde ein Augenzeuge gefunden, der sich einen Teil von Dutrouxs Autokennzeichen gemerkt hatte. Darauf wurden am 13. August Marc Dutroux, Michelle Martin und der Komplize Michel Lelièvre verhaftet, am darauf folgenden Tag auch der Komplize Michel Nihoul. Eine Durchsuchung von Dutrouxs Häusern blieb wieder ergebnislos, worauf Dutroux die Beamten auf das versteckte Kellerverlies hinwies, aus dem die Polizei am 15. August 1996 Sabine und Laetitia befreien konnte. Dutroux führte die Fahnder am 17. August zu den Leichen der achtjährigen Mädchen sowie dem Komplizen Bernard Weinstein, den Dutroux zusammen mit den Mädchen im Garten eines seiner Häuser vergraben hatte. Am 3. September erklärte Dutroux der Polizei, wo die Leichen von An und Eefje zu finden waren.

Dutroux behauptete, er selbst sei nur eine Art Handlanger gewesen. Die Mädchen seien nicht nur für ihn allein bestimmt gewesen, sondern auch für andere Personen, die teilweise „höchste Protektion von ganz oben” genießen würden.

Pannenserie

Bei den Ermittlungen gab es immer wieder Pannen. So lag den Ermittlern schon einen Monat nach der Entführung von Mélissa und Julie ein Bericht vor, in dem ein Informant behauptete, Marc Dutroux hätte ihm Geld geboten, damit er aus einer Schule junge Mädchen entführe. Dafür wurden ihm 150.000 Franc in Aussicht gestellt. Ferner baue Dutroux im Keller eines seiner drei Häuser Zellen. Trotz dieses Berichts und der Vorstrafe des Beschuldigten wurde das Anwesen Dutrouxs erst Monate später ohne Ergebnis durchsucht. Die neu eingezogene, frisch verputzte Wand fiel den Ermittlern in dem ansonsten heruntergekommenen Haus ebensowenig auf wie deutlich zu hörende Kinderschreie. Hinter dieser Wand befanden sich zum Zeitpunkt der Durchsuchung Mélissa und Julie.

Im April 1998 dann die nächste schwerwiegende Panne: In einem Gerichtsgebäude entriss Dutroux einem seiner Bewacher die Dienstwaffe und floh. Nachdem Tausende Beamte fast vier Stunden im Großeinsatz waren, fanden Spürhunde den Kindervergewaltiger in einem Waldstück. Als Reaktion auf diese Vorfälle traten Innenminister Johan Vande Lanotte, Justizminister Stefaan de Clerck sowie Polizeichef Willy Deridder von ihren Ämtern zurück. Einem Beamten sagte Dutroux kurz nach der Festnahme: „Ich bin glücklich, wenn ich das Chaos sehe, in das ich Belgien gestürzt habe”.

Der Prozess

Der Prozess gegen Marc Dutroux begann am 1. März 2004 mit der Auswahl der Geschworenen. Es sammelten sich knapp 400.000 Seiten in den Akten des Falles an. Neben Dutroux selbst waren auch seine Frau, Michelle Martin, sowie seine Komplizen Michel Lelièvre und Michel Nihoul angeklagt.

Der erste Untersuchungsrichter Jean-Marc Connerotte, der bei einer Dankesfeier mit den beiden befreiten Mädchen Laetitia und Sabine anwesend war, wird wegen Befangenheit abgesetzt. Im Volk brach Empörung aus. Über 300.000 Menschen ziehen dann auch beim Weißen Marsch durch Brüssel. Neuer Untersuchungsrichter wird Jacques Langlois.

Eventuelle Verstrickungen

Während der Ermittlungszeit bis zum Prozessbeginn verstarben 27 Zeugen teilweise durch Selbstmord, Unfall oder auf unerklärliche Art und Weise. Zum Beispiel wurde der ermittelnde Polizist Simon Poncelet nachts auf der Wache erschossen. Die Bekannte des Komplizen von Marc Dutroux fand man erhängt. Ein Verdächtiger starb, als er gegen ein Haus fuhr. Eine Sozialarbeiterin starb bei einem Autounfall, nachdem sie Todesdrohungen bekommen hatte. Der Schrotthändler Bruno Tagliaferro wollte gegen Dutroux aussagen, wurde aber vergiftet. Seine Frau verbrannte im Bett. Sex-Club-Besitzer Poiro, ein Bekannter Nihouls, wurde erschossen. Eine Frau, die über Dutroux aussagen wollte, wurde erwürgt aufgefunden. Der Staatsanwalt Hubert Massa beging Selbstmord.

Viele Bürger wurden mit der Zeit dem Staat gegenüber misstrauisch. Sie glauben, dass die Reichen und Mächtigen des Landes gedeckt werden, während der Staat, Justiz und Polizei die Normalbürger nicht zu schützen wissen.

Das Urteil

Am 22. Juni 2004 gab das Gericht das Strafmaß bekannt: Dutroux muss lebenslänglich ins Gefängnis. Bereits in der Woche zuvor hatten die Geschworenen geurteilt, dass Dutroux mehrere Mädchen entführt und getötet habe. Trotz mehrfacher Appelle seines Verteidigers hüllte sich der Kinderschänder über die angeblichen Hintermänner seiner grausamen Taten aus Kreisen der Politik weiterhin in Schweigen.

Die Ex-Frau von Dutroux, Michelle Martin, erhielt 30 Jahre Gefängnis. Michel Lelièvre bekam wegen seiner Beteiligung an den Verbrechen eine Haftstrafe von 25 Jahren. Michel Nihoul erhielt eine Gefängnisstrafe von 5 Jahren, weil er Anführer eines Drogen- und Menschenhändlerringes gewesen sei - vom Vorwurf der Beteiligung an den Mädchenentführungen wurde er freigesprochen.

Die Haft

Dutroux verbüßt derzeit seine Gefängnisstrafe, in welcher er die Taten geleugnet hat und sich auf Erinnerunglücken beruft.

Er bekommt viel Post von Verehrerinnen und sogar von jenen Heiratsanträge.

Literatur

  • Douglas Coninck: Marc Dutroux. Het stilste jongetje van de klas. Houtekiet, Antwerpen 2004, ISBN 90-5240-747-9
  • Sabine Dardenne, Marie-Thérèse Cuny: Ihm in die Augen sehen. 80 Tage in der Gewalt von Marc Dutroux. Knaur, München 2006, ISBN 3-426-77847-5
  • Michel Dutroux: Mijn zoon Marc Dutroux. De speurtocht van een vader naar de wortels van het kwaad. Standaard, Antwerpen 2003, ISBN 90-02-21405-7
  • Hans Knoop: De zaak Marc Dutroux. BZZT, s'Gravenhage 1998, ISBN 90-5501-585-7
  • Xavier Magnée: Marc Dutroux, un perverse isolé? Calman-Levy, Paris 2005, ISBN 2-7021-3563-3