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Benutzer:Tsui/in Arbeit3

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DDr. Ella Lingens, (* 18. November 1908 in Wien als Ella Rainer; † 30. Dezember 2002 ebenda) war eine österreichische Juristin und Ärztin. Als Gegnerin des Nationalsozialismus, wegen ihrer Hilfe für verfolgte Juden während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich, war sie von 1943 bis 1945 in KZ-Haft.

Leben

Elternhaus und Jugend

Ella Lingens enstammte als fünftes Kind einer wohlhabenden Wiener Familie. Ihre Mutter, Elsa Thommen, war die Tochter des aus der Schweiz nach Österreich zugewanderten Achilles Thommen, der unter anderem als Bauingenieur an der Errichtung der Semmeringbahn und der Brennerbahn beteiligt und Leiter der Nordbahn gewesen war und ihr ein beträchtliches Vermögen hinterlassen hatte. Ihr Vater, Friedrich Rainer, war Besitzer eines ausgedehnten Jagdrevieres in Westslawonien (Kroatien), das er nach der Regulierung der Drau in fruchtbares Ackerland und schließlich einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb umwandelte. Dort besaß er mehr als eintausend Stück Vieh und baute, nachdem er sie selbst aus den USA eingeführt hatte, Sojabohnen an. Er gründete die Edelsoja-Werke und wurde Teilhaber der Wiener Privatbank Kathrein & Co. Nach dem Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie in Folge des Ersten Weltkrieges wurde er jugoslawischer Staatsbürger und auch seine Tochter Ella wurde so für einige Zeit Jugoslawin.

Politisch war Ella Lingens Elternhaus konservativ aber weltoffen. Nationalismus war ihnen, nicht zuletzt auf Grund ihrer Schweizer Wurzeln und seiner Verbindung nach Jugoslawien, ebenso fremd, wie der in Österreich zu jener Zeit oft vorherrschende kleinbürgerliche Katholizismus. Sie waren vermögend, aber, wie sich Enkel Peter Michael Lingens erinnert, was etwa die Dinge des Alltags betraf „evangelisch puritanisch“. Großzügig gefördert wurde von ihnen, die selbst zum Bildungsbürgertum gehörten, hingegen die Ausbildung ihrer Kinder. So lernte Ella Lingens auf Reisen schon früh Frankreich, Italien und die skandinavischen Länder kennen und reiste nach der Matura nach England. Sie wurde von ihrer Mutter im Sinn des Augsburger Bekenntnisses erzogen, besuchte eine evangelische Privatschule und erlebte auch dort eine tolerante Geisteshaltung; unter ihren neun Mitschülerinnen waren zwei ohne Glaubensbekenntnis, eine Jüdin und eine Französin. In ihrer Jugend unternahm sie oft mehrtägige Wanderungen, trug dabei in ihrem Rucksack neben Proviant und Kleidung auch ein Zelt und mitunter ein zerlegbares Faltboot mit sich, mit dem sie unter anderem die Donau und die Loire befuhr. Als Bergsteigerin bestieg sie unter anderem das Matterhorn und führte eine Seilschaft auf die Drei Zinnen in den Sextener Dolomiten.

Während ihrer Schulzeit trat sie dem Verein Sozialistischer Mittelschüler bei, war während des Studiums im Verband Sozialistischer Studenten und blieb ihr Leben lang Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (bis zum Verbot 1934 Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs). Die Stadt Wien war in ihrer Jugend, nach dem Ende der Monarchie 1918 bis zur Ausschaltung der Demokratie unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß im Jahr 1934, sozialdemokratisch regiert und geprägt von umfassenden kommunalen Programmen (vgl. „Das Rote Wien“). Zu ihrem Bekanntenkreis zählten etwa Karl Popper, den sie aber erst lange nach dem Krieg näher kennen lernte, und ihr Jugendfreund Paul Felix Lazarsfeld, der heute als Begründer der empirischen Sozialforschung gilt und mit dem sie als 17-jährige über die Schriften von Karl Marx diskutierte. Am Sozialismus schätzte sie vor allem anderen den Grundsatz der Solidarität der Stärkeren gegenüber den Schwächeren. Dabei war sie keinen Ideologien und Dogmen zugänglich, sondern vertraute auf ihr christlich geprägtes Gewissen – wobei sie nicht religiös war – und ihr eigenes Empfinden von Recht und Unrecht.

Antisemitismus und der aufkommende Nationalsozialismus waren ihr fremd und sie sagte später über Adolf Hitler: „Mir ist bis heute unbegreiflich, dass die Leute nicht laut aufgelacht haben, wenn sie Hitler reden gehört haben. Wie konnte ein so lächerlicher Mensch auf irgendjemanden die geringste Faszination ausüben?“ Die Zeit des Nationalsozialismus betrachtete sie zurückblickend sowohl als soziales, wie auch als psychisches Phänomen: „Die Deutschen waren das in humanitärer Hinsicht am meisten fortgeschrittene Volk. Sie haben sich [...] von archaischen Wünschen nach Mord, nach Vergewaltigung, nach Hass oder nach Rache entfernt, und eben deshalb sind diese zurückgestauten Bedürfnisse dann mit solcher Wucht aus ihnen hervorgebrochen“.


und Jura studiert.

Widerstand und KZ-Haft

19XX heiratete Ella Rainer den „ReichsdeutschenKurt Lingens, Sohn des Kölner Polizeipräsidenten. Kurt Lingens war schon 1933 wegen seiner Zugehörigkeit zu einer antifaschistischen Studentengruppe von allen deutschen Hochschulen ausgeschlossen worden war

und hatte sein Studium in Wien fortgesetzt ????

Ella Lingens-Rainer studierte in München, Marburg und Wien Medizin, interessierte sich für die Arbeiten des Verhaltensforschers Konrad Lorenz und strebte die Ausbildung zur Psychoanalytikerin an. Ein Kommilitone Ella Lingens-Rainers war Karl Motesiczky, der eine von August Aichhorn geleitete private psychoanalytische Studiengruppe initiierte, der auch Ella und Kurt Lingens angehörten. Motesiczky selbst war nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938, als Sohn einer jüdischen Mutter und eines protestantischen Vaters, gemäß den Nürnberger Rassengesetzen als „Mischling“ vom universitären Studium der Psychologie ausgeschlossen worden.

Am 8. August 1938 kam Ella und Kurt Lingens Sohn Peter Michael Lingens, heute einer der bekanntesten Journalisten Österreichs, zur Welt. Sein Taufpate war Karl Motesiczky.

Nachdem Österreich als „Ostmark“ zu einem Teil des nunmehr „großdeutschen Reiches“ geworden war, überlegten Ella und Kurt Lingens, ob sie das Land verlassen oder bleiben sollten, ob es möglich wäre zu bleiben, ohne mitschuldig zu werden. Sie entschlossen sich vorerst noch nicht zu emigrieren, aber nicht zu zögern, wenn sie Verfolgten helfen konnten. In den Monaten nach dem „Anschluss“ halfen sie jüdischen Kommilitonen die ins Exil gingen bei der Ausreise. Während der Novemberpogrome („Reichskristallnacht“) gewährten sie in ihrem Haus am Rande Wiens zehn jüdischen Familien Unterstand. Weiteren Juden half das Paar nach Ungarn zu fliehen, nahm Einzelne vorübergehend bei sich auf und unterstützte die Eltern ausgewanderter Freunde mit Lebensmitteln.

1939 war so bereits eine kleine antifaschistische Widerstandsgruppe entstanden, der auch Karl Motesicky angehörte. Im Sommer 1942 begannen die umfangreichen Deportationen der noch in Wien verbliebenen Juden. Einige wandten sich an das Ehepaar Lingens um Hilfe. Im Sommer 1942 wurden Ella und Kurt Lingens von der polnischen Untergrundbewegung, mit der sie in Kontakt standen, ersucht zwei jüdische Ehepaaren bei der Flucht zu helfen. Sie nahmen ein Paar bei sich auf und fanden ein Versteck für das Zweite. Mit Hilfe eines Mittelsmannes sollten die beiden Paare in die Schweiz gebracht werden. Dieser Mittelsmann, ein ehemaliger Schauspieler namens Klinger, war allerdings ein Spitzel der Gestapo, der die Fliehenden am 4. September 1942 in Feldkirch an die Behörden verriet und ihre Helfer denunzierte. Ella und Kurt Lingens wurden am 13. Oktober verhaftet um im Wiener Hauptquartier der Gestapo am Morzinplatz inhaftiert. Ihren Sohn Peter Michael Lingens hatte sie bereits im März 1942 in die Obhut der Gouvernante Fr. „Nolle“ Blaschke übergeben. Sie rechnete zu jenem Zeitpunkt im Fall ihrer Verhaftung noch mit einer Haft von höchstens einem Jahr.


Ella Lingens wurde zunächst vier Monate im Gestapo-Gefängnis in Wien eingesperrt und wiederholt verhört. Kurt Lingens wurde einer Strafkompanie in Russland zugewiesen. Im Februar 1943 wurde sie, wie auch Karl Motesiczky, ein enger Freund der Familie und Taufpate ihres Sohnes, der mit dem Paar an der Rettung von Wiener Juden beteiligt gewesen war, in das KZ Auschwitz deportiert. Motesicky starb dort am 25. Juni 1943. Bis zum Dezember 1944 blieb Lingens in Auschwitz

Häftlingsärztin / traf auf Josef Mengele / verhinderte durch das Fälschen von Attesten die „Selektion“ und Ermordung Schwerkranker


wurde dann in das KZ Dachau überführt. 1945 war sie unter den Überlebenden, als die US-amerikanische Armee die Inhaftierten des Konzentrationslagers befreite. Später schrieb sie, sie habe sich in Auschwitz im Gedanken an ihr Kind durch den Nationalsozialismus nicht ihre Ehre und Selbstachtung rauben lassen.


Nach dem Krieg

Nach ihrer Rückkehr aus der Gefangenschaft holte sie ihren Sohn in Birnbaum im Kärntner Lesachtal ab, wo er die vergangenen Jahre bei „Nolle“ verbracht hatte. Sie zogen nach Kötschach im nahegelegenen Gailtal und kamen bei der Mutter eines früheren Hausmädchens unter. Wenig später fand sie, mit Unterstützung der britischen Militärverwaltung, als Sekundarärztin Arbeit in der Lungenheilanstalt Laas, wo sie, etwa eine halbe Stunde Fußweg von der Unterkunft ihres Sohnes entfernt, auch ein Quartier erhielt. In dieser Zeit entstanden die ersten Kapitel ihres autobiographischen Buches Eine Frau im Konzentrationslager, das sie zum größten Teil während eines späteren Aufenthaltes in Velden fertig stellte.

1947 erschien Prisoners of Fear / im Verlag Gollancz in London publiziert (CHECK!!!) / das in Großbritannien und den USA ein großer Erfolg wurde

Als Generalsekretärin der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung versuchte sie einen Dialog zwischen Psychoanalytikern und Verhaltensforschern voranzubringen.

Nach dem Krieg beendete sie ihr Medizinstudium, arbeitete in mehreren Kliniken und im öffentlichen Gesundheitswesen Österreichs. Sie wurde Ministerialrätin im Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz und trat 1973 in den Ruhestand.

1980 wurde Ella Lingens-Rainer in der Gedenkstätte Jad waSchem in Jerusalem, zusammen mit Kurt Lingens und Karl Motesiczky, der Ehrentitel Gerechte unter den Völkern geehrt.

Am 30. Dezember 2002 starb Ella Lingens-Rainer in Wien. Sie wurde im „Ehrenhain“ des Wiener Zentralfriedhofs bestattet. Ihr Grabstein trägt die Inschrift: Sie wagte ihr Leben für das Leben anderer.

2003 erschien Gefangene der Angst - Ein Leben im Zeichen des Widerstandes, herausgegeben von Peter Michael Lingens, der inzwischen zu einem der bekanntesten Journalisten Österreichs geworden war. Es ist eine von beiden gemeinsam überarbeitete Fassung ihres erstmals 1947 erschienen Buches Prisoners of Fear.

Sonstiges

Eine Mittelschule im 21. Wiener Gemeindebezirk Floridsdorf trägt seit dem Jahr 2006 den Namen Ella-Lingens-Gymnasium.

Literatur

  • Ella Lingens: Gefangene der Angst - Ein Leben im Zeichen des Widerstandes, Deuticke im Zsolnay-Verlag, Wien 2003, ISBN 3216307123
  • Elisabeth Welzig (Hg.): Leben und überleben - Frauen erzählen vom 20. Jahrhundert, böhlau-Verlag, Wien 2005, ISBN 3205773365
  • Gabriele Hebenstreit: Nach dem Ersten Weltkrieg war Frauenstudium für uns gar nichts Außergewöhnliches, Gespräch mit Ella Lingens über ihr Studium und ihre berufliche Laufbahn zum Jubiläum „100 Jahre Frauenstudium“, in: Stichwort-Newsletter Heft 1/1996 (Archiv der Frauen- und Lesbenbewegung)
  • Hans G. Adler, Hermann Langbein, Ella Lingens (Hg.): Auschwitz. Zeugnisse und Berichte, Europäische Verlagsanstalt/Rotbuch, Mannheim 1962, ISBN 3434462236

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