Highway Heat
"The Chase" ist der Titel einer Komödie aus dem Jahr 1994 über eine Geiselnahme und dem daraus entstehenden Verfolgungsrennen. Er gilt als einer der ersten Filme mit massivem product placement und enthält viel Kritik über die Sensationslust der (amerikanischen) Medien.
Weitere Filme dieses Namens stammen aus dem Jahr 1946 (Robert Cummings, Michèle Morgan und Peter Lorre) und dem Jahr 1966 (Marlon Brando, Jane Fonda und Robert Redford). Zudem heißen ein Album von Garth Brooks und ein Album der schottischen Band Wolfstone "The Chase".
Dieser Artikel handelt ausschließlich vom Film aus dem Jahr 1994.
Darsteller
- Jackson "Jack" Davis Hammond: Charlie Sheen
- Natalie "Natty" Voss: Kristy Swanson
- Dalton Voss: Ray Wise
- Yvonne Voss: Claudia Ann Christian
- Chief Boyle: Wayne Grace
- Polizist Figus: Josh Mostel
- Polizist Dobbs: Henry Rollins
- Helikopterreporter Byron Wilder: Rocky Carrol
- Nachrichtenfrau Wendy Sorenson (Channel 6): Bree Walker
- Nachrichtenmann Bill Cromwell (Channel 6): Wirt Cain
- Nachrichtenmann Steve Horsegroovy (Channel 8): Cary Elves
- Nachrichtenfrau Lolli Juniper (Channel 8): Gabriella Lamiel
- Ari Josephson: Marshall Bell
- "Der Produzent": Cassian Elwes
- Produziert von: Eduard Sarlui und Charlie Sheen
- Director of Photography: Alan Jones
Story
Die Geschichte beginnt ohne Vorspann mit einem rasant gestaltetem Titelschriftzug.
Jack (Charlie Sheen) kommt mit einem silbergrauen Golf Cabrio (Baujahr 1989) an eine Tankstelle in Newport Beach (nördlich von San Diego), um Zigaretten, einen Schokoriegel (der Marke "Butterfinger", und das ist nicht einmal das erste Produkt mit Werbewirkung) und Benzin für fünf Dollar zu kaufen. Mit ihm im Laden ist Natalie (Kristy Swanson). Als zwei Polizisten dazu kommen, wird Jack sichtlich nervös, zudem der Verkäufer ewig für seine Bestellung braucht. Die Cops bekommen einen Funkspruch, dass ein silbergrauer Golf gesucht wird. Sie fragen Jack, der streitet ab, mit dem Auto hier zu sein, doch in diesem Moment sagt der Verkäufer "Fünf Dollar für Nummer Fünf".
Jack bekommt Panik, schnappt sich Natalie und drückt ihr den Schokoriegel in den Rücken. Die Polizisten und Natalie kaufen den Bluff und Jack macht mit einer Polizeiwaffe (die andere verliert er beim Hinausgehen) und Natalie in ihrem roten BMW den Abgang.
Zur selben Zeit sind Figus und Dobbs mit einem Produzenten und einem Kameramann im Polizeiwagen, um eine "Copshow" zu drehen. Sie sind die ersten, die Jack und Natalie verfolgen - bis ganz zum Ende des Films. Verfolgt von drei Wagen (der Rest ist bei einem Beräbnis) flieht Jack auf den Freeway Richtung Süden. Dort wird die Verfolgungsjagd von Byron Wilder vom Helikopter aus entdeckt, und sämtliche lokalen Fernsehsender springen auf die Geschichte auf.
Jack, der erst einen Tag zuvor wegen eines Bankraubs verurteilt wurde, den er nicht begangen hat, hat ausgerechnet Natalie Voss entführt, die einzige Tochter von Dalton Voss, dem "Donald Trump von Kalifornien". Daraus machen die Medien eine gigantische Geschichte ("Terror on the Freeway", "Kidnapped at 100 Mph"). Während der Verfolgungsjagd verliert ein Laster der Medizinischen Hochschule Leichen, Jack schießt versehentlich einem Polizeiauto den Reifen platt und verursacht damit einen spektakulären Unfall und zwei verrückte Monster-Truck-Fahrer versuchen, sie von der Straße zu rammen, um nur einige humoristische und Actionelemente herauszustreichen. Traumhaft auch die passive Hilfe der Polizei bei der Flucht - die meisten Polizisten sind bei der Beerdigung von Capt'n Lambeck in Long Beach und stehen nicht zur Verfügung, der Hubschrauber ist an eine Filmgesellschaft ausgeliehen, weil ihn die Polizei von Newport Beach seit Jahren nicht gebraucht hat, und im Übereifer behindern sich die Polizisten mehrfach gegenseitig.
"The Chase" ist aber auch eine romantische Komödie. Durch seine unkonventionelle Art gewinnt Jack das Herz der "verwöhnten Göre" Natalie. Sie schlafen miteinander im Auto, danach beschließt Natalie als "Betty Hurst", mit Jack nach Mexiko zu fliehen und seine Geisel zu sein, damit ihm nichts passiert. An der Grenze ist eine Straßensperre, der Jack und Natalie entkommen, aber anstatt zu fliehen, hält Jack an. Seiner Meinung nach hätte Natalie zuviel zu verlieren, und er will nicht der Grund dafür sein. Er gibt ihr die Pistole (die echte, den Schokoriegel haben sie auf der Fahrt gemeinsam aufgegessen) und ergibt sich. Doch als die Polizisten ihn die Härte des Gesetzes spüren lassen, schnappt sich Natalie "den Produzenten", erpresst Jacks Freilassung und beide fliehen mit Byrons Helikopter nach Mexiko.
Besonderheiten
Die Komödie hat einige herausragende Punkte, die sie besonders wertvoll machen.
Die deutsche Übersetzung ist hervorragend gelungen, viele zusätzliche humoristische Höhepunkte wurden eingefügt. Die Komödie läuft (als geschnittene Version, in der z.B. die Leiche auf der Motorhaube fehlt) gelegentlich im privaten Fernsehen (Pro7 hat die Rechte). Im Deutschen kommen Figus und Dobbs sogar besser weg, da die Stimmschauspieler einen hervorragenden Job gemacht haben. Die meisten sprachlichen Gags der amerikanischen Produktion wurden nicht wörtlich, sondern sinngemäß übersetzt oder mit deutschen Kommentaren ersetzt. Beispiele dafür: "Whatever" (nicht "wie auch immer" sondern "vergiss es") übersetzt mit "Glaub ich dir aufs Wort", "This guy is pissing me off" mit "Der Kerl geht mir auf den Sack".
Ebenfalls sehr gut gelungen ist der Schnitt. Der Film ist rasant, hat wenige Längen und viele humoristische, actiongeladene und romantische Höhepunkte. Letzteres ist durchaus wörtlich zu nehmen.
Wie bereits erwähnt ist der Film voll bis zum Dach mit product placement, vom BMW über den Schokoriegel bis zu Plakaten an der mexikanischen Grenze. Neben der (humoristischen) Tatsache, dass man im Notfall auch Butterfinger als Waffe benutzen kann, fällt dabei auf, dass der Film dadurch deutlich realistischer wird. Schließlich ist die Werbung in Wirklichkeit ja auch überall. Randnote: Butterfinger waren auch mehrfach Teil von Folgen der amerikanischen Comicserie Die Simpsons und vor allem bekannt dafür, der erste Riegel mit genetisch veränderten Zutaten in den USA (und inzwischen auch in Deutschland) zu sein.
"The Chase" markiert einen der ersten Filme, die Charlie Sheen selbst produziert hat. Cary Elves (Robin Hood - Helden in Strumpfhosen, in Hot Shots! an der Seite von Sheen) spielt eine Nebenrolle.
Die massive Kritik an der Sensationslust amerikanischer Medien, die mit "America's most wanted", "Swat" und anderen "Copshows" vor allem Angst, Terror und Panik im großen Stil vermarkten, ist neben dem Humor die Hauptbotschaft im Film. Dies ist auch eines der zentralen Themen des Dokumentarfilms Fahrenheit 9/11 von Michael Moore.
Fehler
So gut die Übersetzung auch ist, ein kleiner Fehler hat sich eingeschlichen. Jack schreit im Original: "And you, grab their guns!" Der Verkäufer antwortet: "Who, me?", und Jack reagiert mit einem ungeduldigen "Who else, you mutt!" In der deutschen Übersetzung wurde daraus "Wen sonst, du Blödarsch!" Keineswegs falsch, aber der Verkäufer antwortet auf die Aufforderung "Und du, schnapp dir ihre Knarren!" mit "Wer, ich?", die korrekte Übersetzung hätte also "Wer sonst" lauten müssen.
Natalie schießt mit einer 9mm Automatik-Standardwaffe der amerikanischen Polizei auf den Polizeihubschrauber. Dieser explodiert. Danach zeigt eine Nahaufnahme Natalie mit der Pistole. Bei einer Automatik ist der Schlagbolzen hinten, wenn sie abgefeuert wurde. Hier ist der Schlagbolzen aber vorne, in Ruhestellung. Zudem explodieren nur im Film Fahr- und Flugzeuge, wenn man auf sie schießt (gut parodiert in Last Action Hero: "Sind alle eure Taxis gepanzert?"). Es ist sehr unwahrscheinlich, bei einem ungezielten Schuss direkt den Tank zu treffen, und selbst dann ist die Kugel selten so heiß und soviel Sauerstoff in der Umgebung, dass der Treibstoff explodiert. Da nicht davon auszugehen ist, dass die Polizei von Newport Beach ihre Waffen standardmäßig mit Leuchtspur-, Brand- oder gar Explosivmunition lädt, ist diese Szene zwar beeindruckend, aber höchst unrealistisch.
Nochmal Automatik - kein Polizist, schon gar nicht in Newport Beach, trägt seine Waffe durchgeladen und ungesichert im Holster. Jack Hammond kriegt die Waffen vom hypernervösen Verkäufer (beim dritten Versuch) direkt vom Holster in die Tasche. Beim Hinausgehen verliert er eine Pistole. Diese schlägt mit dem hinteren Teil zuerst auf den Boden auf, woraufhin sich ein Schuss löst, der die Getränkepackungen durchschlägt. Selbst, wenn die Waffe versehentlich entsichert wurde - sie war sicherlich nicht durchgeladen. Erst beim Durchladen wandert eine Kugel vom Magazin in den Lauf, und erst dann kann sich auch ein Schuss lösen. Bei einem Revolver wäre die Sachlage anders - es ist zwar auch unrealistisch, dass sich daraus ein Schuss löst, aber immerhin ist im geladenen Zustand immer eine Kugel vor dem Lauf.
Die Überwachungskamera der Tankstelle hat Jack Hammond aufgenommen. Im Hauptquartier von Newport Beach wird die Aufnahme analysiert. Eine Frage wäre schon mal, wie sie da hingekommen ist, da doch "alle verfügbaren Einheiten" Jack verfolgen. Viel interessanter ist, was der Techniker macht. Er stoppt das Bild, als das Gesicht in die Kamera schaut, und vergrößert den Ausschnitt. Schon vorher war das Bild gestochen scharf - höchst ungewöhnlich für eine Überwachungskamera, auch in den USA wird zumeist nicht mit den besten, manchmal nicht einmal mit echten Modellen gearbeitet - aber nach der Vergrößerung wird das Bild geradezu printtauglich. Selbst beim besten Nachziehen der Schärfe produziert keine Tankstellenüberwachungskamera so eine Aufnahme. Zusätzlich gleicht der Computer die Aufnahme mit der Kartei der Straftäter ab - ebenso unrealistisch.
Als Natalie "carsick" wird, kotzt sie aus dem Fenster. Ersten landet NICHTS davon auf dem BMW (der hinter dem Vorderfenster ja nicht wirklich aufhört) und ALLES auf dem Fenster des Polizeiwagens, und zweitens kommt das zu spät. Im Schnitt sind einige Fahrszenen vor die Kotzszene gerutscht. Man sieht deutlich den Unterschied: Die Fensterscheibe ist verschmiert, nach dem nächsten Schnitt aber wieder völlig klar. Das passiert zweimal, bevor Natalie sich übergibt und die Szenen passend wären. Dies passiert lustigerweise auch danach: Im Film wird öfter durch die Vorderscheibe gefilmt (Kameramann auf der Motorhaube). Als die Polizisten "dem Produzenten" erklären, wer Natalie Voss ist, erscheint die Scheibe klar wie nach einer Komplettwäsche - obwohl die Szene nach Natalies temporärer Übelkeit steht.
Chief Boyle, seine Beamten, Yvonne Voss, die Mutter von Natalie und "Mr. Macanurny" schauen in einen kleinen, tragbaren Antennenfernseher, um das Resultat der Straßensperre an der Grenze zu Mexiko live mitzuerleben. Interessant dabei, was sie überhaupt noch da machen. Der Hubschrauber bringt nur Dalton Voss zu der Straßensperre - nicht aber den Chief oder zumindest einen weiteren Beamten? Noch interessanter ist, was passiert, als Chief Boyle den Fernseher schüttelt. Ein so klarer Empfang ist auch in den USA selten, aber beim Schütteln wechselt das Bild auf "Planet der Affen", ausgerechnet bei der Szene "damn dirty ape". Dies kann ja noch als Gag akzeptiert werden, aber selbst zur Abendzeit sendet kein Nicht-Kabelsender "Planet der Affen", schon gar nicht in den USA, wo große Filme fast nie in öffentlichen Sendern zu sehen sind.