Weimarer Klassik
Unformatierten Text hier einfügenBei dem Bild handelt es sich nicht um den Weimarer Musenhof, sondern um die münsteraner "familia Sacra" um die Fürstin Amalia von Gallitzin

Der Ausdruck Weimarer Klassik bezeichnet in der deutschen Literatur die Epoche nach Johann Wolfgang Goethes erster Italienreise 1786. Die Weimarer Klassik dauerte etwa bis 1810. Teilweise wird mit Weimarer Klassik auch die gemeinsame Schaffensperiode der befreundeten Dichter Goethe und Friedrich Schiller bezeichnet, die von 1794 bis 1805 dauerte.
Voraussetzungen für die Weimarer Klassik
Als Johann Joachim Winckelmann 1755 seine Gedanken über die „Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst“ und 1764/67 seine „Geschichte der Kunst des Altertums“ schrieb, ahnte er nicht, welche Wirkung diese Werke bis ins 19. Jahrhundert hinein auf die vorwiegend römisch orientierte Kunst und Kultur haben sollten. Seine ästhetische Betrachtung der griechischen Kunst war die Grundlage für die Zeit der Klassik. Auch die literarische Klassik, später auch Weimarer Klassik genannt, blieb diesen Grundsätzen treu.
Zeitlicher Ablauf
Bevor Goethe 1775 mit 26 Jahren nach Weimar zog, war er - vor allem durch den Briefroman "Die Leiden des jungen Werthers" - zum Führer des Sturm und Drang geworden. Mit Goethes Übersiedelung nach Weimar wurden seine Werke kontinuierlich reifer im Sinne eines sich inhaltlich und formal der klassischen Antike annähernden ästhetischen Ideals. Diesem Ideal auch räumlich nachstrebend reiste Goethe 1786 nach Italien. Unmittelbar nach seiner Rückkehr im Frühjahr des Jahres 1788 ließ er sich von seinen bisherigen Ämtern befreien und lernte im September Schiller in Rudolstadt kennen. Diese Begegnung war für beide eher ernüchternd: Goethe hielt Schiller für einen Heißsporn des Sturm und Drangs und Schiller konnte mit Goethes klassischen Wertmaßstäben nichts anfangen.
Als Schiller und Goethe sich 1794 bei einem Vortrag in Jena näher kamen, sahen die Urteile übereinander schon ein wenig anders aus. Ausschlaggebend für diese Erkenntnisse sind zwei Briefe Schillers an Goethe, einer vom 23. August und der andere vom 31. August 1794. Eines der wertvollsten Zeugnisse der Weimarer Klassik ist der darauf folgende Briefwechsel der beiden. Schiller und Goethe beeinflussten einander über die Maßen. So schaffte es Schiller immer wieder, Goethe zum Dichten zu disziplinieren, und Goethe schaffte es, Schiller aus seinem persönlichen Sturm und Drang in die Klassik zu heben.
Das zeitgeschichtlich bewegendste Ereignis war die Französische Revolution von 1789 und der erste Koalitionskrieg Frankreichs gegen die europäischen Großmächte.
Kennzeichen und Merkmale
Die Französische Revolution mit ihrer Forderung nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit bildet die Basis für die Weimarer Klassik. Im Zentrum des klassischen Kunstkonzepts steht das Streben nach harmonischem Ausgleich der Gegensätze. In Anlehnung an das antike Kunstideal wird nach Vollkommenheit und der Übereinstimmung von Inhalt und Form gesucht. Wo Goethe in der Natur ein Modell für den universalen Zusammenhang aller Erscheinungen suchte, wurde für Schiller die Geschichte zum wichtigsten Bezugspunkt. Weitere Merkmale sind:
- Auseinandersetzung mit der Französischen Revolution
- Nicht durch einen gewaltsamen Umsturz (Französische Revolution), sondern durch eine evolutionäre Fortentwicklung (langsame Höherentwicklung) der Gesellschaft gelange man zu dem Ziel des Vernunftstaates.
- Zentralisierung auf Weimar
- Stellt der Unruhe der Zeit das Programm der ästhetischen Erziehung gegenüber: Die Menschen sollen durch Kunst und Literatur zu Humanität erzogen und dadurch reif für gesellschaftliche Veränderungen werden.
- Erziehungsideal ist die „schöne Seele“, d.h. der Mensch, dessen Handeln, Pflicht und Neigung in Übereinstimmung sind (Ideal eines ruhigen, abgeklärten, in sich selbst ruhenden Menschen).
- Zeitlosigkeit der Epoche, indem sie Gegenstände zur Betrachtung wählt, die „über allen Einfluss der Zeiten erhaben“ sind.
- Streben nach Harmonie
- Humanität
Zu den wichtigsten Motiven der Weimarer Klassik gehören unter anderem Menschlichkeit und Toleranz. Die wichtigste Gattung ist das Drama, wobei Lyrik und Epik nebensächlich bleiben. Typisch war eine wohlgestaltete Sprache.
Die Weimarer Klassik hat ihren Namen durch die Orientierung hin zur Antike erhalten, die sich - vor allem bei Goethe - in der Form seiner Werke widerspiegelt. Daher bezeichnet der Begriff nicht eine vorbildliche Epoche, sondern eine Epoche, die eine andere zum Vorbild genommen hat.
Die literaturhistorisch korrekte Bezeichnung wäre also Weimarer Klassizismus. Obwohl von einigen Germanisten gefordert, hat sich der richtige Begriff über die Fachkreise hinaus nicht durchgesetzt.
Autoren und Werke
Werke von Friedrich Schiller
- Don Carlos (1787)
- Wallenstein-Trilogie (1798/99)
- Maria Stuart (1800)
- Die Jungfrau von Orléans (1801)
- Wilhelm Tell (1804)
- Über die ästhetische Erziehung des Menschen
Werke von Johann Wolfgang von Goethe
- Iphigenie auf Tauris (1787)
- Egmont (1788)
- Torquato Tasso (1789)
- Reineke Fuchs (1794)
- Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795/96)
- Hermann und Dorothea (1798)
- Faust I (1808)
- Die Wahlverwandtschaften (1809)
- West-östlicher Divan (1814/19)
- Wilhelm Meisters Wanderjahre (1821)
- Faust II (1832)
- Aus meinem Leben Dichtung und Wahrheit