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Kuipergürtel

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Kuipergürtel (nichtmaßstäbliches Schema)

Der Kuipergürtel ist eine scheibenförmige Region, die sich im Sonnensystem hinter der Neptunbahn in einer Entfernung von ungefähr 30 bis 50 Astronomischen Einheiten (AE) nahe der Ekliptik erstreckt und schätzungsweise mehr als 70.000 Objekte beherbergt, die je einen Durchmesser von mehr als 100 km haben.

Probleme mit der Benennung

Der Kuipergürtel ist nach Gerard Kuiper benannt, der 1951 einen Artikel über Objekte jenseits des Pluto veröffentlichte. Da diese Theorie jedoch kaum mit der heutigen Sicht dieser Region übereinstimmt, ist vor allem im englischsprachigen Raum auch häufiger vom Edgeworth Belt oder Edgeworth-Kuiper Belt (nach Kenneth Edgeworth, 1947) die Rede. Die in dem englischsprachigen Raum verwendete Bezeichnung „Edgeworth-Kuiper-Belt“ ist auch die historisch korrektere Benennung, da sowohl Edgeworth (1949) als auch Kuiper (1951) unabhängig voneinander die These aufgestellt hatten, dass sich hinter der Neptunbahn ein Bereich befindet, in dem sich aus planetarischem Material (Staub) Kometen bilden. Die Objekte in diesem Bereich werden als Kuiper Belt Objects (KBO) oder transneptunische Objekte (TNO) bezeichnet.

Klassifizierung

Verteilung der bisher bekannten Objekte im Kuipergürtel senkrecht zur Ekliptik.

Die bis jetzt zirka 800 bekannten Objekte dieser Region lassen sich aufgrund ihrer Bahnelemente in mehrere unterschiedliche Gruppen unterteilen:

  • Resonante KBOs sind Objekte, die sich auf resonanten Bahnen zu Neptun bewegen und dadurch in ihrer Bahn bei ungefähr 40 AE stabilisiert werden (zum Beispiel Plutinos mit einer 3:2 Resonanz). 1/3 der heute bekannten KBOs sind resonante KBOs.
  • Klassische KBOs (CKBO oder Cubewanos) bewegen sich mit kleinen Exzentrizitäten auf nahezu kreisförmigen Bahnen zwischen 42 und 50 AE mit Bahnneigungen von bis zu 30 °. Die Bezeichnung Cubewano leitet sich vom Asteroiden 1992 QB1 ab (Q B One), der als erstes dieser Objekte entdeckt wurde. Etwa 2/3 der bekannten KBOs bewegen sich auf einer solchen kreisähnlichen Bahn um die Sonne.
  • Gestreute KBOs (SKBO oder SDO) bewegen sich mit großen Exzentrizitäten auf Bahnen mit Periheldistanzen nahe 35 AE und Apheldistanzen bis 1000 AE. Bis jetzt sind erst wenige dieser gestreuten KBOs bekannt (zum Beispiel 1996 TL66 mit einer stark elliptischen Bahn und einer Bahnneigung von 24°).

Seit 1978 ist bekannt, dass Pluto mit Charon einen sehr großen Begleiter hat, man spricht deshalb auch vom Pluto-Charon-System. Zwischen 1997 und 2001 wurden unter den bis dahin bekannten etwa 500 KBOs weitere acht Zweifachsysteme gefunden, die sich auf alle drei KBO-Gruppen verteilen.

Entstehung

Verteilung der bisher bekannten Objekte im Kuipergürtel. Die strahlenförmige Verteilung ist durch die bisherigen, punktuellen Suchprogramme verursacht.

Die KBOs sind während der Planetenbildung vermutlich nahe der Region entstanden, in der sie heute beobachtet werden. Während sich im dichteren inneren Bereich sehr schnell sehr viele Planetesimale bildeten und sehr bald zu Planeten heranwuchsen, vollzog sich dieser Vorgang in den dünneren äußeren Bereichen sehr viel langsamer. Die Überbleibsel bilden die heute beobachtbaren KBOs.

Die CKBOs bewegen sich nahezu kreisförmig, wie man es für in diesem Bereich entstandene Objekte erwartet. Die teilweise recht großen Inklinationen erfordern jedoch einen Mechanismus, der sie aus der Ekliptik ablenkt. Dieser Mechanismus ist noch nicht verstanden:

  • Eine Möglichkeit besteht darin, dass Neptun in den frühen Phasen der Planetenentwicklung massive Planetesimale (größer als die Erde) in den Kuipergürtel gestreut hat. Diese massiven Objekte könnten die großen Bahnneigungen erklären, aber sie hätten auch die resonanten KBOs stärker abgelenkt als es den heutigen Beobachtungen entspricht.
  • Ein nahe vorbeiziehender Stern verursachte die Auslenkung aus der Ekliptik. Dieser Prozess würde die resonanten KBOs verschonen und auch den äußeren Rand des Kuipergürtels bei 50 AE erklären, aber der Stern hätte sich der Sonne auf einige hundert AE nähern müssen.

Die SKBOs wurden vermutlich während der Entstehung des Planetensystems von den großen Planeten nach außen gestreut. Ein Teil wurde von Neptun auf Bahnen nahe 35 AE Periheldistanz eingefangen, der Rest wurde weiter hinaus gestreut und hat sogar teilweise das Sonnensystem verlassen.

Die Bildungsprozesse der Zweifachsysteme sind bisher reine Spekulation. Das Hauptproblem der meisten Vorschläge ist dabei die große Anzahl dieser Systeme aus großen KBOs.

Kometen

Man vermutet, dass ein Großteil der Kometen mit mittleren Perioden aus dem Kuipergürtel stammt. Während man früher davon ausging, dass die Kometenkerne nahezu unverändert aus ihrer Bahn geworfene KBOs sind, geht man heute jedoch davon aus, dass es sich bei den Kometenkernen um Fragmente handelt, die aus Zusammenstößen von KBOs stammen.

Große KBOs

Mit Stand 2005 sind acht KBOs bekannt, deren Durchmesser (bei Unsicherheiten von 10-15 %) um 1000 km oder mehr liegt. Die größten bekannten Objekte im Kuiper-Gürtel sind:

Geschichte

  • 1951 veröffentlicht Gerard Kuiper eine Theorie über Objekte jenseits des Pluto.
  • 1978 wird Charon entdeckt.
  • 1992 wird mit 1992 QB1 das erste Objekt des Kuipergürtels entdeckt.
  • 1993 werden die ersten Plutinos (nach Pluto) entdeckt, die auch eine Diskussion über den Planetenstatus des Pluto auslösen.
  • 1996 wird mit 1996 TL66 das erste gestreute KBO entdeckt.
  • 1998 wird mit 1998 WW31 das erste Zweifachsystem (nach Pluto) entdeckt.
  • 2001 wird mit Varuna das erste TNO (nach Pluto/Charon) mit einer Größe von etwa 1000 km entdeckt.
  • 2003 wird mit Sedna (vorheriger Name 2003 VB12) ein TNO entdeckt, das bisher in kein Schema passt. Es scheint nicht mehr zum Kuipergürtel zu gehören, aber auch noch nicht zur Oortschen Wolke.
  • 2005 wird mit 2003 UB313 ein TNO entdeckt, dessen Größe die von Pluto übersteigt.

Siehe auch