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Edvard Beneš

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Edvard Beneš

Edvard Beneš, manchmal auch in deutscher Schreibung: Eduard ['benesch] (deutsch auch: Benes, Benesch oder Beness geschrieben) (* 28. Mai 1884 in Kožlany/Westböhmen, † 3. September 1948 in Sezimovo Ústí bei Tábor in Südböhmen) war Mitbegründer, Außenminister und Präsident der Tschechoslowakei.

Nach seinem Studium in Prag und in Frankreich (Paris, Dijon) arbeitete Beneš zunächst als Dozent für Soziologie an der Karls-Universität in Prag.

Während des Ersten Weltkriegs gründete Beneš zusammen mit anderen die tschechisch-nationalistische Widerstandsbewegung "Maffia". Ab 1915 kümmerte er sich von Paris aus um die tschechischen Belange: Er hielt Vorlesungen zum Slawentum an der Sorbonne und war Mitbegründer und Generalsekretär des 1916 gegründeten Tschechoslowakischen Nationalrats (anfangs kurz Tschechischer Nationalrat genannt).
Mit seinem Engagement für die tschechische Sache erwirkte er und andere schließlich die Einsetzung eigener tschechisch-slowakischer Truppen in den letzten Kriegsjahren, und konnte zusammen mit anderen erreichen, dass der Tschechoslowakische Nationalrat 1918 von Frankreich als Vertreter des neuen tschechoslowakischen Staates anerkannt wurde und ein Recht auf Mitsprache bei den Verhandlungen zum Vertrag von Versailles bekam.

In der Zwischenkriegszeit war Beneš ab 1918 Außenminister unter Präsident Masaryk und wurde 1935 dessen Nachfolger.

Hinsichtlich der tschechisch-slowakischen Beziehungen zählte er zu den führenden Verfechtern des Tschechoslowakismus, d.h. er erkannte die Slowaken nicht als eine selbständige Nation an, was dann 1938 zum Zerfall der Tschechoslowakei beitrug.

Als Hitler nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 auch die Sudetengebiete forderte, rüstete Beneš gegen ihn auf und hoffte auf die Unterstützung von England und Frankreich. Diese zogen sich aber nach anfänglichen Zusagen zurück und traten Hitler im Münchner Abkommen das Sudetenland ab, um einen Krieg zu vermeiden. Am 5. Oktober 1938 trat Beneš zurück, ging nach London und gründete dort 1940 eine Exilregierung.

Beneš war streng gegen die kommunistische Oktoberrevolution in Russland 1917 und er orientierte die tschechoslowakische Politik als Außenminister offen streng anti-sowjetisch. Erst 1933, nachdem Hitler an die Macht gekommen war, hat die Tschechoslowakei unter der Führung des berechnenden Benes am 9.6.1934 die Sowjetunion de iure als Staat anerkannt und ein Jahr später einen Freundschaftsvertrag unterzeichnet. Nach dem Münchner Abkommen lehnte er eine militärische Hilfe seitens der Sowjetunion allerdings ab.

Als bereits fest stand, dass der Krieg im Osten dank der erfolgreichen offensive aus der Sowjetunion gewonnen werden wird, unterzeichnete er am 12. Dezember 1943 in Moskau mit Stalin einen tschechoslowakisch-sowjetischen Beistandsvertrag, der auch die Nachkriegszusammenarbeit verankerte. Von da an galt die Sowjetunion als Garant des tschechoslowakischen Staates.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Beneš durch die Siegermächte wieder zum tschechoslowakischen Staatspräsidenten bestimmt. Seine so genannten Beneš-Dekrete bestimmten, dass die Sudetendeutschen, wie auch die Ungarn, als unerwünschte Ethnien im damaligen Verständnis der "Kollektivschuld" entschädigungslos enteignet werden sollten und die Deutschen zusätzlich das Land zu verlassen haben. Deutsche, die 1938-45 als Bürger loyal zur Tschechoslowakei gestanden hatten (wie etwa der Dramatiker Franz Werfel) sollten von den Zwangsmaßnahmen ausgenommen werden; dies geschah jedoch nur in Ausnahmefällen. Die alliierten Siegermächte hatten der Aussiedlung im Potsdamer Abkommen zugestimmt.

Die Folge war eine Vertreibungswelle, die über 3 Millionen Menschen, deren Familien seit Jahrhunderten in Böhmen, Mähren, Schlesien und zum Teil auch in der Slowakei wohnten, unter brutalsten Umständen außer Landes brachte. Im Verlauf dieser Vertreibung kam es auch immer wieder zu Massakern, zum Beispiel im Brünner Todesmarsch.

Im Februar 1948 nahm Beneš das Rücktrittsangebot der nichtkommunistischen Minister an und ermöglichte damit die Machtergreifung durch die Kommunisten. Im Mai 1948 verweigerte er die Unterschrift unter die neue Verfassung, am 2. Juni 1948 trat er zurück. Sein Nachfolger wurde Klement Gottwald.


Vorgänger:

Tomáš Garrigue Masaryk

Präsidenten der Tschechoslowakei Nachfolger:

(1939) Emil Hácha
(1948) Klement Gottwald