Kernspaltung
Als Kernspaltung wird in der Kernphysik die Zerlegung eines Atomkerns in zwei oder mehrere Bestandteile bezeichnet. Seltener spricht man auch von der Kernfission als Kernspaltung, die nicht mit der Kernfusion zu verwechseln ist.
Durch die Spaltung schwerer Atomkerne wird Energie freigesetzt, weil die mittlere Bindungsenergie für Kerne ab einer Nukleonenzahl von A≈60 mit steigender Nukleonenzahl abnimmt. Zur Spaltung muss jedoch eine Energiebarriere, die Aktivierungsenergie, überwunden werden.
Einige der instabilen Isotope von Uran, Plutonium oder Thorium haben eine relativ niedrige Aktivierungsenergie, die durch den Tunneleffekt überwunden werden, und können sich deshalb ohne äußere Einwirkung spalten. Diesen Prozess nennt man spontane Spaltung. Er ist ist jedoch bei den meisten Isotopen im Vergleich zum Alpha- und Betazerfall und Elektroneneinfang von untergeordneter Bedeutung. So beträgt sein Anteil bei 235U nur 7*10-9% und bei 239Pu 3*10-10%.
Die Kernspaltung kann auch künstlich herbeigeführt werden (induzierte Spaltung), indem dem Kern Energie zugeführt wird. Das geschieht z.B. durch Zuführung eines Neutrons. Die dabei frei werdende Bindungsenergie reicht bei 233U, 235U und 239Pu aus, um den Kern zu spalten. Andere Isotope wie 232Th, 238U und 240Pu benötigen eine zusätzliche Energie, die als Bewegungsenergie der Neutronen geliefert werden kann. Die erstgenannten Isotope können durch langsame Neutronen, auch thermische Neutronen genannt, gespalten werden.
Bei der Spaltung schwerer Kerne entstehen zusätzlich noch zwei bis drei Neutronen, die eine Energie von einigen MeV mit sich führen. Diese Neutronen können weitere Kernspaltungen hervorrufen und so zu einer Kettenreaktion führen. Etwa 1% der Neutronen wird erst aus den Spaltprodukten freigesetzt (verzögerte Neutronen). Diese sind für die Regelung der Kernkfraftwerke wichtig.
Die Wahrscheinlichkeit für eine Kernspaltung nimmt i.d.R. mit wachsender Neutronenenergie ab. Bei 232Th und 238U ist die Wahrscheinlichkeit für Konkurrenzprozesse wie die inelastische Streuung und Neutroneneinfang so hoch, dass eine Kettenreaktion mit schnellen Neutronen nicht zustande kommen kann. Anders verhält es sich mit 233U, 235U und 239Pu. Hier ist Kernspaltung mit schnellen Neutronen möglich, was in Atomwaffen und im schnellen Brüter ausgenutzt wird. In gewöhnlichen Reaktoren werden die Neutronen jedoch mit einem Moderator abgebremst.
Die Energie, die bei einer Spaltung eines Thorium-, Uran- oder Plutoniumkerns freigesetzt wird, begrägt etwa 200 MeV. Der größte Teil davon ist die Bewegungsenergie der Spaltprodukte.
In Wasserstoffbomben dient die Kernspaltung als Zünder für die Kernfusion.
Die induzierte Kernspaltung des Urans wurde 1938 durch die Deutschen Otto Hahn und Fritz Straßmann am Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut erstmals experimentell durchgeführt.