Documenta 7

Vom 19.Juni bis 28. September 1982 fand die documenta 7 unter der künstlerischen Leitung von Rudi (Rudolf Hermann) Fuchs statt. Die documenta 7 war die theoriefernste Weltausstellung der Kunst und markierte eine Trendwende gegenüber den documenten, die bis dahin stattgefunden hatten.
Rudi Fuchs betonte im Vorwort zum Ausstellungskatalog, dass er eine nervöse Ausstellung vermeiden wollte, vielmahr eine documenta veranstalten wollte, die der Würde der Kunst gerecht wird. Die documenta 7 bekam daher einen sehr musealen Charakter.
Mit 378.691 verkauften Eintrittskarten wurde erneut ein Besucherrekord in Kassel festgestellt.
Ausstellungsorte
Museum Fridericianum, Orangerie, Neue Galerie, Karlsaue
Das Museum Fridericianum präsentierte sich erstmals in einem neuen, durch das Staatliche Hochbauamt durchgeführten Renovierungszustand. Der provisorisch rauhe Charakter des vorherigen Zustands, der den vorangegangenen documenten ihre spezielle Ausstrahlung verlieh, war dadurch beseitigt worden. Zu dem musealen Charakter der documenta 7 waren die neuen Ausstellungsräume dagegen eher passend aufbereitet.
Die Kunstwerke
Der Schwerpunkt der documenta 7 lag auf der Malerei. Der Strömung der sogenannten „Neuen Wilden“ wurde dabei viel Raum gegeben. Ein weiter Schwerpunkt der Ausstellung lag auf der Konzeptkunst.
Der spektakulärste Beitrag wurde von Joseph Beuys geliefert, der mit seiner Aktion „Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ und der damit verbunden Pflanzaktion von 7000 Bäumen im ganzen Stadtgebiet für rege Diskussion sorgte. Es sollte fünf Jahre dauern, bis die letzte Basaltstele, die mit jedem gepflanzten Baum gesetzt wurde, von dem aufgetürmten Haufen vor dem Museum Fridericianum an ihren Bestimmungsort transportiert wurde. Der letzte Baum wurde von Joseph Beuys´s Sohn 1987 zur documenta 8 neben der ersten Eiche vor dem Fridericianum gepflanzt.
Mit dem documenta-begleitenden Veranstaltungsprogramm der Fee International University und der öffentlichen Einschmelzaktion eines Repliks einer Zarenkrone zu einem goldenen Hasen sorgte Beuys für weitere publikums- und medienwirksame Happenings neben dem Hauptprogramm der documenta 7.
Zum Wahrzeichen avancierte die Spitzhacke von Claes Oldenburg, die (von Herkules in Verlängerung der Achse der Wilhelmshöher Allee geworfen) am Fuldaufer verblieb.
documenta urbana
Schon der documenta-Gründer Arnold Bode wollte eine Verknüpfung der Kunstausstellung documenta mit den Themen der Architektur und des Städtebaus erreichen. Der begriff „documenta urbana“ taucht bereits in den 60er Jahren auf.
Zur documenta 7 wird die Idee Bodes – nach dessen Tod - von den Kasseler Hochschullehrern und Architekten Lucius Burckhardt und Vladimir Nikolic aufgegriffen und realisiert. Die documenta urbana bestand aus zwei Projekten:
=1. Sichtbarmachen
Fünfzehn städtbauliche und architektonische Stationen im Zentrum Kassels wurden ausgesucht und dokumentiert. Die Pläne und Photos dieser Stationen wurden 1981an über eintausend Künstler, Architekten und Hochschulen mit der Aufforderung Entwürfe abzugeben versandt. Die Aufgabe bestand darin die Mängel dieser einzelnen Stationen durch künstlerische Eingriffe sichtbar zu machen. Über einhundert Entwürfe wurden eingereicht. Die Ergebnisse wurden dokumentiert.
2. Wohnschlange an der Dönche
In einem beschränkten Wettbewerb wurden neun Architekturbüros aufgefordert, als Gutachterverfahren Entwürfe für beispielhaftes „Wohnen in der Stadt“ einzureichen. Die Büros verständigten sich allerdings darauf, keinen Wettbewerb durchzuführen sondern das Projekt gemeinsam zu realisieren.
So entstand 1982 am Rande des Naturschutzgebietes Dönche eine dreigeschossige Bebauung als geschwungene Zeile mit Etagenwohnungen und vorgelagerten zweigeschossigen Einfamilienhäusern sowie neun einfachen Reihenhäusern als beispielhafte städtische Wohnbebauung.
Die beteiligten Architekturbüros: ASB (jetzt: Baufrösche, Kassel / Baller + Partner, Berlin / Hillmer + Sattler, München / Hertzberger, Amsterdam / Olivegren, Stockholm / Patschan, Werner, Winking, Hamburg / Planungskollektiv Nr. 1, Berlin / Rainer, Wien und Steidle + Partner, München
Teilnehmende Künstlerinnen und Künstler
- A Marina Abramović, Ulay Abramović , Vito Acconci, Anatol (Anatol Herzfeld]], Carl André, Giovanni Anselmo, Siegfried Anzinger, Siah Armajani, Armando , Art & Language, Richard Artschwager, Michael Asher
- B Elvira Bach, Marco Bagnoli, Gerrit van Bakel, John Baldessari, Miquel Barcelo, Robert Barry, Georg Baselitz, Jean-Michel Basquiat, Lothar Baumgarten, Bernd und Hilla Becher, Joseph Beuys, James Biedermann, Dara Birnbaum, Alighiero e Boetti, Jonathan Borofsky, Troy Brauntuch, Marcel Broodthaers, Stanley Brouwn, Günter Brus, Daniel Buren, Alberto Burri, Scott Burton, Michael Buthe, James Lee Byars
- C Miriam Cahn, Loren D. Calaway, John Chamberlain, Alan Charlton, Sandro Chia, Abraham David Christian, Francesco Clemente, William N. Copley, Tony Cragg, Enzo Cucchi
- D Walter Dahn, René Daniëls, Hanne Darboven, Nicola de Maria, Jan Dibbets, Martin Disler, Jiří Georg Dokoupil, Gino de Dominicis, Felix Droese, Marlene Dumas, Edward Dwurnik
- G General Idea, Isa Genzken, Ludger Gerdes, Gilbert & George, Jack Goldstein, Ludwig Gosewitz, Dan Graham, Erwin Gross
- H Hans Haacke, Keith Haring, Frank van Hermert, J. C. J. van der Heyden, Albert Hien, Antonius Höckelmann, Hans van Hoek, Jenny Holzer, Rebecca Horn
* I Jörg Immendorff
- K On Kawara, Anselm Kiefer, Per Kirkeby, Pierre Klossowski, John Knight, Imi Knoebel, Joseph Kosuth, Jannis Kounellis, Barbara Kruger
- L Wolfgang Laib, Maria Lassnig, Bertrand Lavier, Barry Le Va, Bernhard Leitner, Sherrie Levine, Sol Le Witt, Christian Lindow, Guido Lippens, Richard Paul Lohse, Richard Long, Robert Longo, Markus Lüpertz
- M Luigi Mainolfi, Robert Mangold, Robert Mapplethorpe, Carlo Maria Mariani, Stephen McKenna, Bruce McLean, Gerhard Merz, Mario Merz, Marisa Merz, Klaus Mettig, Matt Mullican
- P Mimmo Paladino, Brett de Palma, Giulio Paolini, A. R. Penck (Ralf Winkler), Giuseppe Penone, Michelangelo Pistoletto, Sigmar Polke, Norbert Prangenberg
- R David Rabinowitch, Markus Raetz, Arnulf Rainer, Roland Reiss, Gerhard Richter, Judy Rifka, Martha Rosler, Ed Ruscha (Edward), Claude Rutault, Reiner Ruthenbeck, Ulrich Rückriem, Robert Ryman
- S David Salle, Salome, Remo Salvadori, Sarkis , Julião Sarmento, Klaudia Schifferle, Barbara Schmidt-Heins, Gabriele Schmidt-Heins, Jean Frédéric Schnyder, Horst Schuler, [Richard Serra]], Joel Shapiro, Cindy Sherman, Katharina Sieverding, Ettore Spalletti, Klaus Staeck, Peter Struycken, Hans-Jürgen Syberberg
- W Jeff Wall, Franz Erhard Walther, Andy Warhol, Isolde Wawrin, Boyd Webb, Lawrence Weiner, Ian Wilson
In Kassel verbliebene Kunstwerke
- 7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung von Joseph Beuys, (1982-1987 - zur documenta 8 vollendet) - Ort: Überall im Stadtgebiet
- Granitblock (330 x 180 x 100 cm) in drei Teile gespalten, von Ulrich Rückriem - Ort: Freigelände an der Neuen Galerie
- Spitzhacke von Claes Oldenburg - Ort: Am Ufer der Fulda
- Truisms (Wandbemalung) von Jenny Holzer (bis 2002, dann bei der Sanierung das Hauses zerstört) - Ort: Neue Fahrt/Ecke Opernstraße.
Quellen und Literatur
- Schneckenburger, Manfred (Hrsg.); documenta - Idee und Institution: Tendenzen, Konzepte, Materialien; München 1983 ISBN 3-7654-1902-8
- Pressematerialien zur documenta 7, Kassel 1982
- Zumpfe, Ralf / Schrader, Karin / Thiemann, Carsten; Architekturführer Kassel 1900 – 1999; Kassel 1997 ISBN 3-87816-087-9
- Katalog zur documenta 7, Kassel 1982