Engerhafe
Der geschichtsträchtige Ort Engerhafe gehört seit der Gemeindegebietsreform vom 1. Juli 1972 zum Ortsteil Oldeborg-Uthwerdum der Gemeinde Südbrookmerland in Ostfriesland. Bereits 1938 wurden die früher selbständigen Landgemeinden Engerhafe, Fehnhusen, Oldeborg und Upende zu der größeren Gemeinde Oldeborg vereinigt, die zusammen etwa das Gebiet des mittelalterlichen Kirchspiels Engerhafe umfassten.
Geographie
Engerhafe liegt auf einer natürlichen Geestinsel am westlichen Rand der ostfriesischen Geest zwischen den hier verbreiteten Reihensiedlungen (Upstrecksiedlungen = Aufstrecksiedlungen) auf künstlich geschaffenen Erdwällen, zu denen auch die benachbarten Orte Victorbur und Siegelsum gehören, zwischen denen Engerhafe liegt. Die Siedlung folgt der südwestlich-nordöstlich verlaufenden Geesterhebung zwischen zwei von der Marsch kommenden Niederungen. An dem gegenüberliegenden Rand der südlichen Niederung mit dem heutigen Abelitz-Moordorf-Kanal liegt ganz in der Nähe von Engerhafe Uthwerdum und der mit einer großen Kirche versehene Ort Victorbur.
Geschichte
In frühen urkundlichen Erwähnungen von 1250 und 1276 wird Engerhafe als "Buta-ee" (außerhalb, jenseits der Ehe, eines kleinen Flusses) und "Uthengrahove" erwähnt. Uthengrahove ist danach wie "Marienhove" (= Marienhafe), "Victorishove" (= Victorbur) und "Lamberthove" (= Aurich-Lambertikirche) ein Platz, an dem Gericht gehalten wurde.
Der ostfriesische Häuptling Keno tom Brok hatte seinen Sitz auf Burg in Oldeborg bei Engerhafe. Sein Sohn Ocko tom Brok dehnte seine Macht auf beinahe ganz Ostfriesland aus. Unter Häuptling Focko Ukena aus Leer verbündeten sich viele ostfriesische Häuptlinge gegen Ocko tom Brok und versuchten, die Macht der tom Brok zu zerstören. Am 28. Oktober 1427 kam es bei Oldeborg zur letzten Schlacht, die als "Schlacht auf den Wilden Äckern" in Ostfriesland berühmt wurde. Ein Gedenkstein am Ort der Schlacht weist heute auf das - für die ostfriesische Geschichte sehr bedeutsame - Ereignis hin.
Kirche
Die von 1250-1280 erbaute Kirche von Engerhafe bildet mit dem mittelalterlichen Steinhaus (Pfarrei) noch heute eine Einheit. Von der einst größeren Kirche sind die verbliebenen Rest noch immer von imponierender Erscheinung. Die einschiffige, hochaufragende Anlage besteht aus den Resten von zwei Bauabschnitten.
Gegenüber der Kirche steht das alte Pastorenhaus. Der zweigeschossige Bau ist im Stil der ostfriesischen "Steensen" (Steinhäuser) vermutlich im 15. Jahrhundert errichtet worden. Die Decken beider Etagen ruhen auf Balkenlagen. Da die Stockwerke quer zur Längsachse unterteilt sind, erstrecken sich die Räume über die ganze Breite des Hauses. Einige kleine alte Fenster sind noch erhalten.
Konzentrationslager
Auf dem Gelände des Pfarrhauses von Engerhafe wurde im Oktober 1944 ein kurzzeitiges Nebenlager des Konzentrationslagers Neuengamme eingerichtet. Etwa 2000 Menschen waren hier unter jämmerlichsten Bedingungen untergebracht. Sie sollten insbesondere im Zusammenhang mit dem Bau des sogenannten "Friesenwalls" einen Panzergraben rund um die Stadt Aurich erstellen. Das Lager wurde Ende 1944 wieder aufgelöst. Nahezu 200 Menschen sind in der Zeit von Oktober bis Dezember 1944 hier zu Tode gekommen.