Lluís Llach
Lluís Llach i Grande (* 7. Mai 1948 in Girona, Katalonien, Spanien) ist katalanischer Musiker und Liedermacher.
Die Katalanische Sprache war zu Zeiten der Franco-Diktatur streng verboten. Lluis Llach ließ sich den Mund nicht verbieten, weshalb er Auftrittsverbote erhielt und schließlich in das Exil nach Paris ging. Nach dem Ende der Herrschaft Francos kehrte er nach Spanien zurück. Sein im Jahr 1968 entstandenes, bekanntestes politisches Lied L'estaca (dt.: der Pfahl) [1] gilt heute weltweit als das Symbollied für den Kampf gegen politische Unterdrückung.
Kindheit
Lluís Llach wurde 1948 in einer bürgerlichen Familie in Girona (Katalonien) geboren und verbrachte seine gesamte Kindheit im Dorf Verges (Katalonien, Baix Empordá). Sein Vater war Landarzt und stammte von einem großen Gut der Umgebung. Seine Mutter war Lehrerin und stammte aus Barcelona. Zusammen mit seinem älteren Bruder Josep Maria genoss Lluís eine bürgerliche Erziehung. Die Mutter brachte das musikalische Moment in die Familie ein. Lluís und sein Bruder spielen auf der Gitarre der Mutter. Auch ein Klavier steht den beiden Jungen im Haus zur Verfügung. Bereits im Alter von 6 und 7 Jahren komponiert Lluís erste Melodien. 1965 veröffentlichen Lluís (Melodie) und sein Bruder Josep Maria (Text) gemeinsam ihr erstes Lied: „Que feliç era, mare" (Dt.: Wie glücklich war ich, Mutter). Lluís Llach studierte unter anderem am Konservatorium Musik.
Die künstlerische Frühphase
1967 gibt Lluís Lach als Mitglied der Bewegung „La Nova Cançó Catalana“ in der Gruppe Els Setze Jutges (Dt.: Die Sechzehn Richter) sein Debüt als Sänger. Die Bewegung La Nova Canço, zu der auch Liedermacher wie Joan Manuel Serrat und Raimon zu zählen sind, hatte sich als Antwort auf die Diskriminierung und Unterdrückung der katalanischen Sprache und Kultur im spanischen Einheitsstaat nach dem spanischen Bürgerkrieg herausgebildet. Innerhalb dieser Gruppe entschied sich Lluís Llach für die Linie des „offenen Bloßstellens“ der politischen Situation im frankistischen Spanien. Dies beeinflusste sehr stark seine weitere künstlerische Laufbahn. Nach großen Erfolgen trat er 1969 als Solist im Palau de la Música Catalana in Barcelona auf. Er entwickelte sich zu einem der besten Chansoniers mit einer ungeheuren Popularität.
Es folgen Auftritte in Kuba, Südamerika und Madrid. Vor allem die Auftritte in Madrid ziehen die Zensur des Regimes und ein 4-jähriges Auftrittsverbot in Spanien nach sich. Lluís Llach emigriert nach Frankreich und gibt dort – vor allem im „Olympia“ in Paris – zahlreiche Konzerte. In dieser Phase integriert und adaptiert er viele Elemente des französischen Chansons in sein Werk. Im Jahr 1975 wird er nach einem Konzert in Barcelona festgenommen und wiederum mit 8 Monaten Auftrittsverbot in Spanien belegt.
L'estaca (der Pfahl)
Als Franco im Herbst 1975 starb, blühte die katalanische Sprache und Kultur zunächst vorsichtig, aber mit beständig zunehmendem Selbstvertrauen wieder auf. In Zeitungen und Flugblättern, im Radio und in öffentlichen Veranstaltungen wurde die zuvor verbotene Sprache wieder gesprochen. 1976 – über ein Jahr nach Francos Tod – erlaubt die immer noch bestehende Zensurbehörde sieben Llach-Konzerte in Barcelona. Sein Lied L'estaca war in der Zeit der Diktatur in Katalonien allseits bekannt geworden. Das Lied handelt von einem Pfahl, der entfernt werden muss. Der Pfahl (katalanisch: l'estaca) steht hierbei sinnbildlich für l'estat, den Staat.
- "...
- Ich drücke hier, und du ziehst weg.
- So kriegen wir den Pfahl vom Fleck,
- werden ihn fällen, fällen, fällen,
- werfen ihn morsch und faul zum Dreck.
- ..."
(Auszug aus der deutschsprachigen Nachdichtung des Liedes von Oskar Kröher, die die Stimmungslage der katalanischen Originalversion hervorragend trifft [2])
Llach sang das Lied nicht öffentlich, er spielte die Begleitakkorde an und summte die Melodie dazu, worauf die Zuhörer zunächst in tosenden Beifall ausbrachen. Dann wurden, während das Lied vorsichtig mitgesummt wurde, tausende Kerzen angezündet und im Rhythmus der Musik bewegt. Das bis dato absolut verbotene Lied durfte erstmals in der Öffentlichkeit erklingen. [3]
Strophe | Katalanisch | Deutsch |
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1 |
L'avi Siset em parlava de bon matí al portal mentre el sol esperàvem i els carros vèiem passar.
a on estem tots lligats? si no podem desfer-nos-en mai no podrem caminar! |
Opa Siset sprach zu mir am frühen Morgen am Tor, als wir auf die Sonne warteten und die Bauernkarren vorbeifahren sahen.
an den wir alle angebunden sind? Wenn wir es nicht schaffen, ihn loszuwerden, werden wir niemals gehen können. |
Ref |
Si estirem tots ella caurà i molt de temps no pot durar. Segur que tomba, tomba, tomba, ben corcada deu ser ja.
i jo l'estiro fort per allà. Segur que tomba, tomba, tomba, i ens podrem alliberar. |
Wenn wir alle ziehen, wird er fallen und lange kann es nicht mehr dauern. Ganz sicher, er wird fallen, fallen, fallen, ziemlich wurmzerfressen muss er schon sein.
und ich ziehe kräftig von dort, ganz sicher, er wird fallen, fallen, fallen, und wir können uns alle befreien. |
2 |
Però Siset, fa molt temps ja, las mans se'm van escorxant. I quan la força se me'n va ella és més ampla i més gran.
però és que, Siset, costa tant que a cops la força m'oblida. Torna'm a dir el teu cant. |
Aber Siset, es ist schon lange Zeit vergangen, meine Hände werden schon rissig. Und wenn meine Kraft nachlässt wird er wieder dicker und größer.
aber Siset es ist so schwierig, dass mich manchmal die Kraft verläßt. Singe mir noch einmal dein Lied. |
Ref |
Si estirem tots ella caurà i molt de temps no pot durar. Segur que tomba, tomba, tomba, ben corcada deu ser ja.
i jo l'estiro fort per allà. Segur que tomba, tomba, tomba, i ens podrem alliberar. |
Wenn wir kräftig ziehen, wird er fallen. Es wird nicht mehr lange dauern. Ganz sicher, er wird fallen, fallen, fallen, er ist schon ziemlich wurmzerfressen
und ich ziehe kräftig von dort, ganz sicher, er wird fallen, fallen, fallen, und wir können uns alle befreien. |
3 |
L'avi Siset ja no diu res mal vent que se'l va emportar, ell, qui sap cap a quin indret, i jo a sota el portal.
estiro el coll per cantar el darrer cant d'en Siset el darrer que em va ensenyar. |
Opa Siset sagt jetzt nichts mehr, ein böser Wind hat ihn fortgenommen, ihn, wer weiß schon an welchen Ort, und ich verbleibe hier weiter am Tor.
strecke ich den Hals um zu singen. das letzte Lied von Siset, das letzte, das er mich lehrte. |
Ref |
Si estirem tots ella caurà i molt de temps no pot durar. Segur que tomba, tomba, tomba, ben corcada deu ser ja.
i jo l'estiro fort per allà. Segur que tomba, tomba, tomba, i ens podrem alliberar. |
Wenn wir kräftig ziehen, wird er fallen. Es wird nicht mehr lange dauern. Ganz sicher, er wird fallen, fallen, fallen, er ist schon ziemlich wurmzerfressen
und ich ziehe kräftig von dort, ganz sicher, er wird fallen, fallen, fallen, und wir können uns alle befreien. |
Zum Gesamtwerk und zur Diskographie
Neben vielen eigenen Texten hat Lluís Llach auch Texte bekannter katalanischer Dichter wie Joan Salvat-Papasseit, Joan Oliver, Josep Maria de Sagarra, Màrius Torres und Miquel Martí i Pol vertont.
Viele, der von Lluís Llach dargebotenen Chansons haben eine außerordentliche Popularität erreicht. Hiefür stehen u.a. folgende Titel:
- L'Estaca (Der Pfahl)
- El Bandoler (Der Wegelagerer)
- La Gallineta (Das kleine Huhn)
- Si arribeu (Wenn ihr ankommt)
- I si canto trist (Und wenn ich traurig singe)
- Que tinguem sort (Auf dass wir Glück haben)
- Fills d'Hiroshima (Kinder von Hiroshima)
- Itaca (Itaka)
- Vaixell de Grècia (Das Schiff aus Griechenland)
- Jo també he dormit a l'alba (Ich habe auch geschlafen beim Tagesanbruch)
Folgende LPs und CDs hat Lluís Llach veröffentlicht.
- Els èxits de Lluís Llach (1968)
- Ara i aquí (1970)
- Com un arbre nu (1972)
- Lluís Llach a l'Olympia (1973)
- I si canto trist... (1974)
- Viatge a Itaca (1975)
- Barcelona, gener de 1976 (1976)
- Campanades a morts (1977)
- El meu amic, el mar (1978)
- Somniem (1979)
- Verges 50 (1980)
- I amb el somriure, la revolta (1982)
- T'estimo (1984)
- Maremar (1985)
- Camp del Barça, 6 de juliol de 1985 (1985)
- Astres (1986)
- Geografia (disc de Lluís Llach)|Geografia (1988)
- La forja de un rebelde (BSO)(1990)
- Torna aviat (1991)
- Ara, 25 anys en directe (1992)
- Un pont de mar blava (1993)
- Rar (1994)
- Porrera (disc de Lluís Llach)|Porrera (1995)
- Nu (disc de Lluís Llach)|Nu (1997)
- 9 (disc de Lluís Llach)|9 (1998)
- Temps de revoltes (2000)
- Jocs (disc de Lluís Llach)|Jocs (2002)
- Junts (2003)
- Poetes (2004)
Fußnoten
- ↑ Die in WP dargebotene Basisübersetzung des Liedes L'Estaca aus dem Katalanischen ins Deutsche erfolgte durch Wamitos. Diese Übersetzung wurde dankenswerterweise von Koautoren verfeinert.
- ↑ Liedercircus - Liederbücher aus der kunter-bund-edition Bd. 4, p. 89
- ↑ Die Basisautorin dieses Artikels durfte eines dieser sieben legendären Barceloneser Llach-Konzerte live miterleben.
Literatur
- Liedercircus (Liederbücher aus der kunter-bund-edition Bd. 4), Köln (Bund-Verlag GmbH), 1985 (2.Aufl.) ISBN 3-7663-1025-9 (auf Seite 89 ist das Lied L'estaca im Originaltext mit einer weiteren Übersetzung sowie mit der singbaren deutschen Nachdichtung von Oss Kröher veröffentlicht)
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Llach, Lluis |
ALTERNATIVNAMEN | Lluís Llach i Grande |
KURZBESCHREIBUNG | Musiker und katalanischer Liedermacher |
GEBURTSDATUM | 7. Mai 1948 |
GEBURTSORT | Verges, Katalonien |