Hengameh Yaghoobifarah
Hengameh Yaghoobifarah (* 1991 in Kiel) schreibt Essays und Kolumnen zu den Themen Popkultur und Queerfeminismus und identifiziert sich nach eigenen Angaben als nichtbinär, das heißt weder als weiblich noch männlich.[1]
Leben
Nach dem Abitur am Albert-Einstein-Gymnasium in Buchholz in der Nordheide studierte Yaghoobifarah ab 2011 Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik an der Universität in Freiburg im Breisgau sowie der schwedischen Universität Linköping mit dem Abschluss Bachelor und einer Arbeit über die Farbe Pink im feministischen Diskurs.[2][3]
Seit 2014 lebt Yaghoobifarah in Berlin, arbeitet redaktionell für das Missy Magazine[2] und schreibt freiberuflich für deutschsprachige Medien wie SPEX,[4] an.schläge – hier insbesondere von 2014 bis 2017 die rotierende Kolumne „neuland“[5] – sowie seit 2016 die Kolumne „Habibitus“ für die Die Tageszeitung.[6] Mit Queer Vanity betrieb Yaghoobifarah von 2014 bis 2017 einen Blog, der sich mit Mode und „Körperpolitik“ beschäftigte.[7]
Gemeinsam mit Fatma Aydemir gab Yaghoobifarah 2019 das Sachbuch Eure Heimat ist unser Albtraum heraus, ein Manifest gegen einen als antisemitisch und rassistisch verstandenen deutschen Heimatbegriff, mit Texten von Sasha Marianna Salzmann, Sharon Dodua Otoo, Max Czollek, Mithu Sanyal, Margarete Stokowski, Olga Grjasnowa, und Reyhan Şahin.[8]
Das 2020 von Amina Aziz herausgegebene Nachschlagewerk Encyclopaedia Almanica versammelt Tweets von People of Color, darunter von Yaghoobifarah.[9]
Beim „listen to berlin Award“ 2018 wurde Yaghoobifarah in der Kategorie „Preis für Musikjournalist*innen“ nominiert.[10]
Ab April 2020 veröffentlicht Yaghoobifarah wöchentlich den Podcast Auf eine Tüte: Der Potcast mit Hengameh. Dort sind verschiedene Personen aus der Politik und Popkultur zu Gast, es gab Gespräche mit Alice Hasters, Tarik Tesfu, Fatma Aydemir oder Nura.[11]
Kontroversen um Yaghoobifarahs Artikel
Im Missy Magazine veröffentlichte Yaghoobifarah 2016 den polemischen Artikel Fusion Revisited: Karneval der Kulturlosen, der dem „weißen Publikum“ des Fusion Festivals und dessen Veranstaltern kulturelle Aneignung und Rassismus vorwarf, unter anderem wegen zu mild gewürzter „exotischer“ Imbissangebote und des Tragens von Dreadlocks.[12] Der Text wurde in der deutschen Linken kontrovers aufgenommen und diente in der Folge als Ausgangspunkt für Debatten in linken Medien. Einige sahen in Yaghoobifarahs Text ein Beispiel für neurechte oder ethnopluralistische Argumentationsmuster in der antirassistischen Szene.[13][14][15] Erweitert wurde dieser Artikel 2018 zu dem Essay Ich war auf der Fusion, und alles was ich bekam, war ein blutiges Herz.
Im Jahr 2017 zog Yaghoobifarah mit einer Kolumne Rassismus-Vorwürfe auf sich, nachdem sie dort die deutsche Kultur pauschal als „Dreckskultur“ bezeichnet hatte.[16][17][18]
In einer Kolumne in der taz am 15. Juni 2020 unter dem Titel „All cops are berufsunfähig“ hat Yaghoobifarah vorgeschlagen, Polizisten könnten nach einer eventuellen Abschaffung der Polizei unter „ihresgleichen“ auf der Mülldeponie arbeiten. Der geeignete Platz für die „über 250.000 Menschen, die dann keine Jobs mehr haben“ sei dort, „wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.“[19] Verschiedene Stellen sahen darin einen Vergleich mit Müll.[20]
Von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Berlin[21] und verschiedenen Medien wurde die Kolumne als volksverhetzend kritisiert. Die Neue Zürcher Zeitung nannte sie „als Satire verbrämte Volksverhetzung“.[22][23]
Dagegen verteidigte der Schauspieler und Autor Schlecky Silberstein die Kolumne im Deutschlandfunk als gelungene Satire und attestierte den Kritikern ein falsches Textverständnis.[24]
Die taz-Chefredakteurin Barbara Junge teilte mit, dass sie es zwar grundsätzlich ablehne, Menschen als Müll zu bezeichnen, verteidigte aber die Satire.[25] Laut einem Bericht des Tagesspiegels gab es auch innerhalb der taz sehr unterschiedliche Reaktionen auf den Text. Einige hätten ihn stark kritisiert.[26]
Veröffentlichungen
- Looks Like Lookism. In: Lea Schmid, Darla Diamond, Petra Pflaster (Hrsg.): Lookismus: Normierte Körper – Diskriminierende Mechanismen – (Self-)Empowerment. Unrast, Münster 2017, ISBN 978-3-89771-139-6.
- Ich war auf der Fusion, und alles, was ich bekam, war ein blutiges Herz. Essay, illustriert von El Boum. Verlag SuKuLTuR, Berlin 2018, ISBN 978-3-95566-082-6.
- Hrsg. mit Fatma Aydemir: Eure Heimat ist unser Albtraum. Ullstein, Berlin 2019, ISBN 978-3-96101-036-3.
Weblinks
- Literatur von und über Hengameh Yaghoobifarah im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek.
- Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Hengameh Yaghoobifarah bei Perlentaucher.
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- Yaghoobifarahs Blog Queer Vanity
- Feministische Popkultur. Serien, Alben und Ereignisse, die die Genderdebatte geprägt haben. Hengameh Yaghoobifarah im Gespräch mit Christine Watty, Deutschlandfunk Kultur, 30. Dezember 2019 (abgerufen am 26. Mai 2020)
Einzelnachweise
- ↑ Hengameh Yaghoobifarah: Genderfluidität: Was für ein Glück, ein 90s Kid zu sein. In: Zeit Online. 2. September 2018, abgerufen am 3. März 2020.
- ↑ a b Profil: Über uns. In: Missy Magazine. Abschnitt Hengameh Yaghoobifarah
- ↑ Profil: Hengameh Yaghoobifarah. In: Speakerinnen.org. 2020, abgerufen am 3. März 2020 (deutsch).
- ↑ Hengameh Yaghoobifarah: Es wird besser. Oder? In: SPEX. 31. Januar 2019, abgerufen am 3. März 2020.
- ↑ Artikelbeiträge: Hengameh Yaghoobifarah. In: an.schläge. 2020, abgerufen 3. März 2020.
- ↑ Artikelbeiträge: Hengameh Yaghoobifarah. In: taz.de. 2020, abgerufen 3. März 2020.
- ↑ Gertrud Lehnert, Maria Weilandt (Hrsg.): Ist Mode queer? Neue Perspektiven der Modeforschung. Transcript, Bielefeld 2016, ISBN 978-3-8376-3490-7, S. 224.
- ↑ Rezensionsnotizen bei Perlentaucher
- ↑ Sebastian Doerfler im Gespräch mit Nana Brink: „Encyclopaedia Almanica“. So tickt er, der Alman. In: Deutschlandfunk Kultur. 26. März 2020, abgerufen am 16. Juni 2020.
- ↑ Preis für Musik-journalist*innen Nominierte 2018. In: listen-to-berlin-award.de
- ↑ Hengameh Yaghoobifarah: Auf eine Tüte: Der Potcast mit Hengameh. In: SoundCloud. 2020, abgerufen am 16. Juni 2020.
- ↑ Hengameh Yaghoobifarah: Fusion Revisited: Karneval der Kulturlosen – Bis in zwei Jahren. Vielleicht auch bis nie. In: Missy Magazine. 5. Juli 2016, abgerufen am 3. März 2020.
- ↑ Marcus Latton: Kulturelle Aneignung wird mit Rassismus gleichgesetzt – Jedem Stamm seine Bräuche. In: Jungle World. 1. September 2016, abgerufen 3. März 2020.
- ↑ Anja Hertz: Kommentar: Neurechts argumentierende Linke. In: Neues Deutschland. 2. September 2016, abgerufen 3. März 2020.
- ↑ Dominique Haensel: Der böse, böse Essenzialismus. In: analyse & kritik. 18. Oktober 2016, abgerufen 3. März 2020.
- ↑ https://taz.de/Kolumne-Habibitus/!5453932/
- ↑ https://www.spiegel.de/politik/deutschland/jan-fleischhauer-kampf-gegen-rechts-kolumne-a-1174855.html
- ↑ https://www.cicero.de/kultur/rassismus-debatte-im-netz-hass-rede-taz-deutsche-dreckskultur
- ↑ https://taz.de/Abschaffung-der-Polizei/!5689584/
- ↑ Eine Kolumne der „taz“ polarisiert auch in der eigenen Redaktion. Abgerufen am 18. Juni 2020.
- ↑ https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/polizisten-mit-muell-verglichen-polizeigewerkschaften-zeigen-taz-an/25921506.html
- ↑ https://www.nzz.ch/international/mehr-klicks-mit-volksverhetzung-die-neue-truebe-taz-ld.1561596
- ↑ https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/muellabfuhr-der-taz-kommentar-zur-kolumne-ueber-die-polizei-16819362.html
- ↑ https://www.deutschlandfunkkultur.de/polizei-kolumne-der-taz-der-massstab-fuer-texte-kann-nicht.1008.de.html?dram:article_id=478845
- ↑ https://uebermedien.de/50110/taz-verteidigt-muell-kolumne/
- ↑ https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/polizisten-auf-den-muell-eine-kolumne-der-taz-polarisiert-auch-in-der-eigenen-redaktion/25923782.html
Personendaten | |
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NAME | Yaghoobifarah, Hengameh |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-iranische/r Journalis/tin |
GEBURTSDATUM | 1991 |
GEBURTSORT | Kiel |