Zum Inhalt springen

Großwasserraumkessel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. August 2006 um 17:24 Uhr durch Rasi57 (Diskussion | Beiträge) (Brennstoffe). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Großwasserraumkessel ist ein Dampfkessel und dient der Erzeugung von Wasserdampf oder Heißwasser in Industrieunternehmen und an Bord von Dampfschiffen. Charakteristisch für die Kesselbauart ist ein zylindrischer Wasser-Dampf-Raum mit ebenen oder gekrempten Böden. Die Befeuerung erfolgte ursprünglich von außen. Bei aktuellen Konstruktionen erfolgt die Beheitzung ausschließlich von innen über das Flammrohr und Rauchrohre. Im Gegensatz zum Wasserrohrkessel wird das Rauchgas in den Rohre geführt.

Historische Entwicklung

Genieteter Flammrohrkessel: Wasserraum mit Flammrohr und genietetem Mantel und Boden, Leistung: 1 t/h, Heizfläche: 30 m2, Baujahr 1945
Doppelflammrohrkessel der Zeche Carl in Essen-Altenessen (Das Kesselhaus ist abgerissen)

Die ersten Dampfkessel im Überdruckbereich zum Ende des 18. Jahrhunderts, die Dampf mit einem Überdruck von 0,5 - 1 bar erzeugten, waren genietete Kofferkessel. Es folgte der Walzenkessel, als Urform der spannungsgünstigen Bauform mit zylindrischem Mantel und gewölbten Böden. Der Kessel war eingemauert und wurde von unten befeuert. Die Rauchgas wurden um die Außenwandungen des Kessels geleitet. Die Wärmeausnutzung dieser Bauart ist sehr ungünstig und er bedarf einer sehr langen Aufheitzzeit.

Als weiterer Entwicklungsschritt entstand 1811 der Flammrohrkessel. Diese bestanden aus einem zylindrischen Mantel und einem Flammrohr, dass zwischen den beiden Kesselböden eingenietet wurden. Die ersten Kessel dieser Bauart konnten mit einem Druck bis 7 bar betrieben werden. Die Feuerung erfolgte ausschließlich mit Festbrennstoffen auf dem Rost im Flammrohr. Der Wärmeübergang erfolgte durch Strahlung im Bereich der Flammenausbildung und Konvektion. Diese Kessel waren eingemauert und die Rauchgase wurden durch gemauerte Zwischenwände um die Mantelwand geleitet, so dass der Wärmeinhalt des Rauchgases so gut wie möglich genutzt werden konnten. Eine Weiterentwicklung bildete der Doppelflammrohrkessel. Diese Bauart war in Industriebetrieben weit verbreitet, wenn Dampf mit Drücken bis ca. 16 bar benötigt wurde. Diese Kessel waren in Kesselanlagen des Bergbaus stark verbreitet, um Dampf für die Fördermaschinen zu erzeugen oder in Indurstriebbetrieben, die Dampfmaschinen für den Antrieb einer Transmission (Maschinenbau) einsetzten.

Genietete Dampfkessel wurden bis ca. 1945 gebaut. Nachteil der Flammrohrkessel war die nicht optimale Nutzung des Wärmeinhalts der Rauchgase, da eine Vergrößerung der Heizfläche konstruktionsbedingt am Kessel selbst nicht möglich ist. Eine optimierte Ausnutzung der Rauchgaswärme war nur durch den Einbau von Nachschaltheizflächen möglich, die als Überhitzer und /oder Speisewasservorwärmer einsetzbar sind.

Zur Mitte des 20. Jahrhunderts hatte sich auch die Schweißtechnik und die Güte der Werkstoffe soweit entwickelt, dass Schweißverbindungen auch für höher belastete Bauteile zuverlässig hergestellt werden konnte. Hinzu kommt, dass nahtlose Stahlrohre seit Ende des 19. Jahrhunderts (Mannesmann) zur Verfügung standen. Es wurde der Flammrohrrauchrohrkessel entwickelt, den folgende Konstruktionsdetails auszeichnen:

  • alle Verbindungen sind geschweißt,
  • Der Kessel hat ein Flammrohr und die Rauchgase werden mehrfach in Längsrichtung des Kessels umgeleitet. Der Kessel weist mehrere Züge auf (2 - 5 Rauchgaszüge), die durch Wendekammern am hinteren und vorderen Boden verbunden sind. Über den Flammrohren durchzieht man den Kessel mit Rohren, die wesentlich kleiner im Durchmesser sind als die Flammrohre: die so genannten Rauchrohre. Der konvektive Wärmeübergang in einer Vielzahl von Rauchrohren ist wegen des geringeren hydraulischen Durchmessers (größere Reynoldszahl) wesentlich besser als bei einem Rohr mit großem Durchmesser.
  • Der Kessel wird nur noch von innen beheizt. Es entfällt das Mauerwerk und die Wandungen sind nach außen wärmegedämmt ausgeführt.

Konstruktive Details

Dreizug-Flammrohrrauchrohrkessel

Flammrohrrauchrohrkessel mit niedriger Belastung haben oft ein glattes Flammrohr und ebene Böden. Großraumwasserkessel mit höheren Betriebsdrücken sind mit gewellten Flammrohren (höhere Festigkeit gegenüber Einbeulen) und ebenen gekrempten Böden ausgeführt. Der Vorteil des gekrempten Bodens ist die Lage der Schweißnaht im zylindrischen Bereich vor der Krempe, so dass die Naht nur durch Zugspannungen belastet wird. Bei ebene Boden treten zusätzlich ungünstige Biegespannungen auf.

Um die thermischen Spannungen in den Kesselbauteilen gering zu halten, werden möglichst geringe Wandstärken insbesondere an Kesselböden verwendet. Um die Biegespannungen auf die ebenen Böden zu beherschen und möglichst gleichmäßig auf den Mantel zu abzuleiten werden in den nicht berohrten Bereichen zusätzlich Eck- oder Zuganker eingeschweißt. Dies sind spannungstechnisch kritische und schadensanfällige Komponenten. Hier müssen insbesondere die Schweißnähte druchgeschweißt sein und durch die Form der Anker muss ein gleichmäßiger Spannungsfluss gewährleistet sein.

Mehr als drei Züge sind bei heutigen Großwasserraumkesselkonstruktionen nicht üblich. Die Großwasserraumkessel zeichnen sich durch einen hohen Wasserinhalt (1 - 30 t) und somit eine hohe Wärmespeicherfähigkeit und Unempfindlichkeit gegen schwankenden Dampfverbrauch aus, jedoch sind sie nicht für hohe Drücke geeignet (bis ca. 30 bar)und erzeugen keine besonders hohen Dampfmengen (ca. 30 t/h). Sie sind aufgrund ihrer Bauweise (Niete, Bleche, Rauchrohre, Verstärkungs- und Zuganker) empfindlich gegen Wärmespannungen beim Hochheizen und Abkühlen. Die Kessel werden daher langsam hochgefahren.

Um den Kohle- bzw. Ölverbauch weiter zu senken, wurden Zusatzvorrichtungen wie Luftvorwärmer (Luvo) und Ekonomiser (Eko) entwickelt. Im Luftvorwärmer wird die Verbrennungsluft mit Hilfe der heißen Rauchgase auf 100 bis 200 Grad Celsius vorgewärmt, bevor sie in die Flammrohre geblasen wird. Im Ekonomiser wird das Kesselspeisewasser stark erwärmt, bevor es von den Speisepumpen aus dem Kondensator wieder zurück in den Kessel gepumpt wird. Auch hier bedient man sich der Restwärme der Rauchgase.

Die Kessel wurden zur Mitte des 20. Jahrhunderts meistens mit Festbrennstoffen (Kohle, Holz) beheizt. In den 50er und 60er Jahren wurden viele Kessel wegen der einfacheren Handhabung mit Heizöl befeuert. Der preisgünstigste Brennstoff war das schwere Heizöl S, das für die Förderung erwärmt werden muss. Wegen der Emissionen (hoher Schwefelgehalt, NOx und Staubbelastung) sowie dem aufwändigeren Betrieb (Brenner und Kessel müssen regelmäßig gereinigt werden, Verkleben von Zuleitungen bei ausgefallener Begleitbeheizung) wird das Heizöl S kaum noch verwendet, und es wird fast nur noch Heizöl EL eingesetzt. Mit der Verbreitung von Erdgas in den 60er Jahren es 20. Jahrhunderts wurde das Gas verstärt für die Feuerung von Großwasserraumkesseln verwendet. Der Vorteil der Erdgasfeuerung liegt in der emissionsarmen Verbrennung und es tritt bei korrekter Brennereinstellung praktisch keine Verrußung auf.

Speisewasser

Das Speisewasser von Großwasserraumkesseln muss aufbereitet werden, um Korrosionen und Kesselsteinablagerungen zu verhindern. Soweit das eingesetzte Zusatzwasser nicht eine besonders hohe Härte aufweist, reicht es in den meisten Fällen aus, die Härtebildner an einem mit Kochsalz regenerierten Basenaustauscher durch Cl-Ionen auszutauschen. Das Speisewasser sollte thermisch entgast werden. Dem Speisewasser muss Konditinierungsmittel zugesetzt werden, um den Ausfall von Resthärte zu verhindern, Restsauerstoff chemisch abzubinden und den ph-Wert anzuheben.

Schiffsdampfkessel

Lagen die Schiffe im Hafen, wurde bei einer Liegezeit von bis zu 3 Wochen durchgeheizt, das heißt, wenigstens ein Flammrohr, meist der sogenannte "monkey", also das Flammrohr an der niedrigsten Stelle des Kessels, wurde sparsam weiterbefeuert, um das Kesselwasser gerade bei etwa 100 °C und etwa 1 bar Druck zu halten.

Solange Dampfschiffe keine Entsalzungsanlagen hatten, musste Reservewasser mitgeführt werden, um unvermeidliche Verluste durch Abschlammung, Dampfleckagen oder die Dampfpfeife auszugleichen.

Seitliche Ansicht eines Niederdruckdampfkessels (PS = 1 bar, Hersteller: Loos), zu sehen sind; Wasserstandsglas, Leitfähigkeitssonde, Absalzventil

Beschaffenheitsanforderungen

Großwasserraumkessel sind Druckgeräte im Sinne der Druckgeräterichtlinie 97/23/EG und dürfen nur in Verkehr gebracht werden, wenn der Hersteller durch ein Konformitätsbewertungsverfahren unter Beteiligung einer benannten Stelle nachgewiesen hat, dass die grundlegenden Sicherheitsanforderungen der Richtlinie eingehalten hat. Der Hersteller bingt das CE-Zeichen an und stellt eine Konformitätserklärung aus. Harmonisierte Produktnormen für Großwasserraumkessel sind:

  • EN 12953-1 bis 14: Großwasserraumkessel
  • EN 14222: Edelstahl-Großwasserraumkessel

Bei Anwendung dieser Norm kann der Hersteller davon ausgehen, dass er die grundlegenden Sicherheitsanforderungen der Richtlinie erfüllt (Vermutungswirkung).

Druckgeräte Online - Informationsportal

Vergleich Schnelldampferzeuger - Großwasserraumkessel

Vergleich Wasserrohrkessel - Großwasserraumkessel