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Akkommodation (Auge)

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Akkommodation (von lateinisch accomodare „anpassen, adaptieren, anlegen, festmachen“) ist die Fähigkeit zur Änderung der optischen Brechkraft der körpereigenen Augenlinse des Auges. Der Zweck dieser Funktion ist, den Lichtweg im Auge so zu ändern, dass Gegenstände unterschiedlicher Entfernung in der Netzhautebene scharf abgebildet werden.

Die folgenden Angaben gelten für das menschliche Auge.

Durch eine Kontraktion des Ziliarmuskels (vom lateinischen Musculus ciliaris) im Strahlenkörper stellen sich optisch-geometrische Veränderungen im Auge ein, die die Gesamtbrechkraft des Auges um bis zu 15 Dioptrien verändern. Nicht immer kann die Akkommodation bewusst gesteuert werden.

Als Pseudoakkommodation wird die Fähigkeit bezeichnet, sowohl Gegenstände in der Ferne als auch in der Nähe ohne aktive Brechkraftänderung des Auges hinreichend scharf erkennen zu können.

Mechanismus

Zwei Theorien erklären die aktive Brechkraftveränderung durch Akkommodation:

  • Die etablierte Theorie von Helmholtz geht von einer Linsenverformung während der Akkommodation aus. Die elastische Augenlinse wird bei Fernblick durch den Zug der Zonulafasern an der Linsenkapsel in eine Ellipsenform ausgespannt. Bei Akkommodation entspannen sich die Zonulafasern durch die konzentrische Verengung des Strahlenkörpers. Die Linse verzieht sich dann durch die elastischen Kräfte der Linsenkapsel in ihre kugelförmigere Ruheform (mechanischer Memory-Effekt), was mit einer Zunahme der Brechkraft einhergeht.
  • Die neuere Schachar-Theorie (Ronald A. Schachar US-amerikanischer Wissenschaftler) geht zusätzlich von einer Vorverlagerung der Augenlinse bei der Akkommodation aus, welche ebenfalls eine Zunahme der Brechkraft des Auges herbeiführt.

Beide Theorien werden durch dynamische Ultraschallbiomikroskopie gestützt.

Parallel zu der Anspannung des Ziliarkörpers führen beide Augen eine Konvergenzbewegung aus (beide Augen bewegen sich synchron zur Nase hin). Diese Konvergenzbewegung ist Voraussetzung für die Fusion der Seheindrücke beider Augen zu einem dreidimensionalen Seheindruck in der Nähe.

Akkommodationsbreite

Akkommodationsbreite und minimale Sehweite in Abhängigkeit vom Alter.

Die maximal mögliche Brechkraftänderung wird als Akkommodationsbreite bezeichnet. Bei Kleinkindern beträgt sie ca. 14 dpt. Bezogen auf die Gesamtbrechkraft des Auges von ca. 58 dpt entspricht dies einer Variation von ca. 25 %. Im hohen Alter fällt die Akkommodationsbreite auf Werte unter 2 dpt bzw 4 % ab. Dadurch vergrößert sich der kleinste Abstand, in dem Gegenstände noch scharf gesehen werden können, von ca. 10 cm auf mehr als 50 cm.

Ursächlich für die Abnahme ist eine im zunehmenden Alter herabgesetzte Elastizität der Linsenkapsel bzw. eine Linsenverdickung durch lebenslanges Wachstum der Linsenschale (Helmholtz-Theorie), während die Schachartheorie den verbleibenden Rest an Akkommodation erklären kann.

Das Diagramm zeigt die Altersabhängigkeit der durchschnittlichen Akkommodationsbreite.

Mit

  • b:= Bildweite bei entspanntem Auge ohne Brille (in Metern)
  • f:= Bildweite des betrachteten Objekts (in Metern)
  • A:= Akkommodationsaufwand (in Dioptrien = 1/Meter)

gilt idealisiert die Linsengleichung

A + 1/b = 1/f

Bei Ausnutzung der vollen Akkommodationsbreite, also maximalem Akkommodationsaufwand (Amax) ergibt sich die minimale Gegenstandsweite ("minimale Sehweite") ohne Brille (fmin)

Amax + 1/b = 1/fmin

oder fmin = 1/(Amax + 1/b)

Bei Emmetropie (Normalsichtigkeit) ist definitionsgemäß b unendlich und die minimale Gegenstandsweite der Kehrwert der Akkommodationsbreite. Für Nicht-Normalsichtige kann fmin berechnet werden, indem man für 1/b den negativen Brillenwert für die Ferne (in Dioptrien) einsetzt - vorausgesetzt das Auge ist beim Tragen der Brille und Blick in die Ferne entspannt und sieht scharf.

Die altersabhängige minimale Gegenstandsweite ("minimale Sehweite") für Normalsichtige ist in der unteren Grafik gezeigt. Für Nicht-Normalsichtige gilt dieselbe Kurve beim Tragen einer Brille, die in der Ferne ein entspanntes, scharfes Sehen ermöglicht.

Deutliche Sehweite

Die deutliche Sehweite, auch Bezugs- oder Normsehweite genannt, ist festgelegt auf 250 mm. Die Bezugsgröße ist erforderlich, um beispielsweise den Vergrößerungsfaktor einer Lupe zu definieren.

Akkommodationsstörungen

Presbyopie

Fällt die Akkommodationsbreite mit zunehmendem Alter (siehe Abbildung) unter etwa 3 Dioptrien (die Zeitung muss zum Lesen mit Fernbrille in über 35 cm Abstand gehalten werden) spricht man von einer Presbyopie. Eine einfache Lesebrille, eine Bifokalbrille oder Gleitsichtbrillen können die Presbyopie erfolgreich ausgleichen.

Es existieren ferner verschiedene Verfahren zum kosmetisch unauffälligen Ausgleich der Presbyopie, die allesamt auf Pseudoakkommodationsverfahren basieren

  • Monovision: ein Auge wird durch eine Kontaktlinse auf die Nähe abgestimmt
  • Multifokale Kontaktlinsen
  • Multifokale Intraokularlinsen

Seit 2000 werden auch Kunstlinsen implantiert,die durch minimale axiale Bewegung im Kapselsack eine Optik-Shift Akkommodation (analog der Schachar-Theorie) erbringen. Die Ergebnisse haben allerdings eine hohe Streubreite aufgrund zu vieler noch nicht bekannter Einflussfaktoren. Das Sehen wird bei solchen "akkommodativen" Intra Ocularlinsen nicht schlechter, als mit klassischen Kunstlinsen,allerdings ist die Vorhersagbarkeit der zu erzielenden Lesefähigkeit noch nicht ausreichend sicher.

Akkommodationslähmung

Der Musculus ciliaris wird von einem Nerven des parasympathischen Nervensystems innerviert (Nervus oculomotorius). Von manchen chemischen Stoffen wird diese Innervation gehemmt, was auch Zykloplegie genannt wird. Eine Augenglasbestimmung unter Zykloplegie sollte nicht als endgültige Brillenkorrektion dienen, da Orthopetal-Reize fehlen. Scharfes Sehen in der Nähe ist daher nach Einwirkung dieser Mydriatica für eine gewisse Zeitspanne nicht mehr möglich. Auch bei einer Schädigung des Nervus oculomotorius, in dem die parasympathischen Nervenfasern verlaufen stellt sich eine Akkommodationslähmung ein.

Akkommodationskrampf

Für scharfes Sehen ist eine Akkommodation bei weitsichtigen Augen bereits beim Blick in die Ferne erforderlich. Die Akkomodationsbreite reduziert sich daher um diese (reflektorische) Akkomodation zum Ausgleich der Weitsichtigkeit. Bei erheblicher Weitsichtigkeit oder bei einer durch eine zu starke Brille korrigierten Kurzsichtigkeit kann sich nach längerer Zeit ein Akkommodationskrampf einstellen. Dieser Zustand äußert sich in Kopfschmerzen und vorübergehendem Verschwommensehen. In solchen Fällen hilft eine optimal angepasste Brille auch Weitsichtigen mit guter Sehschärfe ohne Brille.

Konvergenzexzess

Als Konvergenzexzess wird ein Einwärtsschielen durch eine überschießende Konvergenzreaktion bei Akkommodation bezeichnet. Typischerweise sind weitsichtige Personen vergleichbar mit dem Akkommodationskrampf betroffen.