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Pommerellen

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Pommerellen bildet den Ostteil der historischen Landschaft Pommern. Es liegt in Polen und bedeutet in etwa "Klein-Pommern". Pommerellen besteht aus der Grund- und Endmoränenlandschaft des baltischen Landrückens zwischen Persante und der unteren Weichsel. Es grenzt im Norden an die Ostsee und reicht südlich bis zur Warthe und Netze. Die hier ursprünglich wohnenden Pomoranen oder Kaschuben sind heute zu einer Minderheit gegenüber der polnischen Bevölkerungsmehrheit geworden. (siehe auch Kaschubien). Größte Stadt in Pommerellen ist die ehemalige Hansestadt Danzig.

Geschichte

Frühgeschichte

Etwa um 100 n. Chr. nennt der römische Schriftsteller Tacitus in Kap. 45 seiner „Germania“ die Goten als Bewohner des Weichseldeltas. Etwa um 200 n. Chr. begannen die germanischen Stämme das Weichselgebiet zu verlassen und wanderten nach Südosten. Viele Orts- und Gewässernamen, aber auch die Tatsache, dass die kaschubische Sprache Substratelemente aus dem Altprußischen enthält, deuten darauf hin, dass zu einer nicht bestimmbaren Zeit Prußen in Pommerellen gesiedelt haben könnten. Westslawische Stämme rückten seit etwa 600 n. Chr. in Pommerellen ein. Vom 9. bis zum 12. Jahrhundert haben auch zunächst die Wikinger und dann folgend die Dänen deutliche Spuren in Pommerellen hinterlassen. Namen wie Oxhöft, Rixhöft, Heisternest und Hela (vgl. engl. "heel") haben sich bis in die Gegenwart erhalten und bezeugen dauerhafte wikingische Siedlungen. Auch die Wikinger in der östlich des Weichseldeltas gelegenen Prußensiedlung Truso und noch weiter im Innern des Prußenlandes dürften stark nach Pommerellen hinein gewirkt haben. Zahlreiche arabische Silbermünzen des 8. bis 10. Jahrhunderts, vielfach zu „Hacksilber“ zerkleinert, wurden in Pommerellen gefunden. Sie sprechen für wikingische Handels- oder Beutefahrten von Pommerellen aus bis in die arabische Welt. Auch die uralte Bernsteinstraße führte vom Samland über das Weichseldelta südwärts bis an die Adria und verband Pommerellen mit der mediterranen Welt.

Etwa seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts haben Historiker aller Nationen als „Sklaven der Politik“ immer wieder versucht, die oft sehr vagen Aussagen von Quellen im jeweils politisch gewünschten Sinne zu interpretieren, um aus angeblich früheren Zuständen gegenwärtige Besitzstände oder Besitzansprüche zu legitimieren. Das gilt insbesondere für Pommerellen und allgemein für die deutsch-polnische Geschichte. Diese Spekulationen haben als "Fakten" auch Eingang in Schulbücher gefunden, aus denen viele Zeitgenossen - und leider auch einige Autoren dieser Wikipedia - ihr "Wissen" schöpfen. Das führt dann zu den leidigen "edit-wars". Diese Art von Quelleninterpretation wird heute von Historikern zunehmend als nicht korrekt angesehen.

Die Verfasser der ältesten polnischen Chroniken, der Gallus Anonymus (Anfang des 12. Jahrhunderts) in Krakau, Vinzenz Kadlubek, Bischof von Krakau (etwa 1200) und Boguphal, Bischof von Posen (etwa 1250), berichten von den Versuchen Polens, Pommerellen zu erobern oder sich gegen pommerellische Angriffe zu verteidigen. Gallus Anonymus nennt die Pommerellen ein heidnisches Volk, vergleichbar den Prußen. Boguphal kennt auch schon den slawischen Stamm der „Caszubitae“, also der Kaschuben. In den Berichten dieser Chronisten wird nicht zwischen West- und Ostpommern unterschieden. Danzig wird in diesen Schriften nicht erwähnt. Es ist nicht zu erkennen, ob Boleslaw I. Chrobry mehr erreicht hat, als ein gelegentliches Vorstoßen bis zur Ostsee. Vermutlich kam er bis nach Kolberg und konnte dort kurzfristig Herrschaft ausüben.

Es ist nicht zu erkennen, welche Herrschaftsstrukturen um 1000 in Pommerellen vorhanden waren und ob Danzig damals schon als Hauptort Pommerellens angesehen werden konnte. Viele Diskussionen hat die Tatsache ausgelöst, dass Johannes Canaparius in seiner Lebensbeschreibung Adalberts von Prag Danzig als "urbs" bezeichnet hat. "urbs" (Stadt) ist für die damalige Zeit in Ostmitteleuropa völlig ungewöhnlich. Man hätte "castrum" (Burg) erwartet oder "oppidum" (großer Ort). So gibt es bis heute die unterschiedlichsten Interpretationen, was "urbs" in diesem Zusammenhang bedeuten könnte. Sie reichen von "Burgsiedlung" bis zu "Mittelpunkt eines Herrschaftsterritoriums".

Als im Jahre 1000 das Erzbistum Gnesen gestiftet wurde und ihm die Suffraganbistümer Krakau, Breslau und Kolberg unterstellt wurden, wurde nicht Danzig Bischofssitz, sondern Kolberg, das bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal erwähnt wurde. Es liegt an der Mündung der Persante in die Ostsee und wird schon zu Pommern, nicht zu Pommerellen gerechnet. Erster Bischof war der Sachse Reinbern. Aber das Bistum Kolberg ist sehr bald untergegangen und wurde nicht mehr erneuert.

Danzig hat Ende des 10. Jahrhunderts in einem wie auch immer gearteten freundschaftlichen oder abhängigen Verhältnis zu Polen gestanden. Die Heidenpredigt Adalberts in Danzig im Jahre 997 und die Tatsache, dass Danzig im Jahre 1000 nicht Bischofssitz wurde, sprechen nicht für eine feste Zugehörigkeit Danzigs zu dem damals bereits christlichen Polen. Von Mieszko I. wissen wir, dass er zum Unterlauf der Oder in die Gegend von Stettin vorgestoßen war, aber das gehört nicht zu Pommerellen.

Der Gallus Anonymus spricht von langen und harten Kämpfen der Polen gegen die Pommerellen. Schließlich bildete die Kette von Grenzbefestigungen von Wyszegrod (beim heutigen Fordon) an der Weichsel, Nakel, Usch, Czarnikau, Filehne und Driesen die Grenze Polens nach Norden.

Herzogtum Pommerellen

Für die Zeit zwischen 997 und etwa 1185 gibt es keine Quellen zur Geschichte Pommerellens.

Für die Zeit von 1185 bis 1294 siehe den Artikel Samboriden.

Mestwin II. hatte keine Leibeserben. Nach den Regeln des Lehnsrechts musste daher sein Land mit seinem Tode als „heimgefallenes Lehen“ an Brandenburg fallen. Inzwischen war er durch den Tod seiner Onkel Herrscher über ganz Pommerellen geworden. Er änderte seinen Sinn und wollte den Heimfall Pommerellens an Brandenburg verhindern. Daher übertrug er am 15. Februar 1282 im Vertrag von Kempen durch eine „donatio inter vivos“ (Geschenk unter Lebenden) sein Land an Przemyslaw II., den Neffen und Nachfolger Boleslaws des Frommen von Großpolen-Kalisch. Dieser sollte nach dem Tode Mestwins die Herrschaft in Pommerellen übernehmen. Brandenburg erkannte diesen Vertrag nicht an, weil er gegen die Treuepflicht aus dem Lehnsverhältnis verstieß.

Dem Deutschen Orden musste Mestwin II. aufgrund des Schiedsspruchs eines päpstlichen Legaten am 18. Mai 1282 das Land Mewe, das Große Werder und einen Teil der Frischen Nehrung abtreten. Dieses Land hatte Mestwins Onkel Sambor II. dem Orden bereits 1276 geschenkt. Der Orden erbaute noch im selben Jahr das Komturschloss Mewe und fasste damit Fuß auf dem linken Weichselufer.

Am 25. Dezember 1294 verstarb Mestwin und Przemyslaw II. gliederte den größten Teil Pommerellens seinem Machtbereich ein. Brandenburg erhob Einspruch.

Am 26. Juni 1295 wurde Przemyslaw II. in Gnesen durch den Erzbischof Jakub Swinka zum König gekrönt. Er herrschte über Posen und Gnesen-Kalisch und eben über große Teile Pommerellens.

Im Februar 1296 wurde Przemyslaw II. von oppositionellen Adligen, den Zaremba und den Nałęcz, in Rogasen (Rogozno) ermordet. Dahinter sollen die Markgrafen von Brandenburg oder Wenzel II. von Böhmen gesteckt haben.

Da Przemyslaw II. nur die Tochter Rixa Elisabeth hinterließ, begann ein Kampf um seine Nachfolge, aus dem Wenzel II. von Böhmen als Sieger hervorging. Er nahm 1300 Großpolen und Pommerellen in Besitz, verlobte sich mit Rixa Elisabeth und ließ sich von Jakub Swinka in Gnesen zum König krönen. Zur weiteren Sicherheit nahm er noch 1300 seine polnischen Gebiete von König Albrecht I. als Lehen an. Er kehrte nach Prag zurück und ließ sich in den polnischen und pommerellischen Gebieten durch „Capitanei“ (Starosten) vertreten. Die Verwaltung Pommerellens hatte er dem einheimischen Palatin von Danzig, „Pan“ Swęca, übertragen. Dieses einheimische Geschlecht der "Swenzonen" hatte, gestützt auf Neuenburg und umfangreiche Ländereien im Flussgebiet der Brahe mit Tuchel, Größe und Macht eines selbständigen Fürstentums erlangt.

Als Wenzel II. im Juni 1305 plötzlich starb, folgte ihm sein 16jähriger Sohn Wenzel III. nach. Dieser ernannte einen Sohn des alten Swęca, Peter von Neuenburg, zum Hauptmann von Pommerellen. Inzwischen drang Władysław Łokietek von Südosten nach Großpolen ein. Wenzel war bereit, die Hilfe des Deutschen Ordens gegen ihn anzunehmen. Er selbst rüstete sich zu einem Zug gegen Władysław Łokietek, wurde aber im August 1306 in Olmütz ermordet. Łokietek konnte im Winter 1306/1307 Pommerellen besetzen, wo er das mächtige Geschlecht der Swenzonen (Święca) entmachtete. Diese schlossen im Juli 1307 einen Übergabevertrag mit Waldemar von Brandenburg. Peter trieb Brandenburg an, seine Lehnsansprüche auf Pommerellen erneut geltend zu machen.

Brandenburgische Truppen unter den Markgrafen Otto und Waldemar besetzten im Sommer 1308 die strategisch wichtigsten Punkte. Die überwiegend deutsche Stadt Danzig öffnete ihnen die Tore; die polnisch-kaschubische Besatzung der etwa 300 Meter entfernt gelegenen Burg mit dem Landrichter Bogussa und anderen kaschubischen Amtsträgern konnte widerstehen. Władysław Łokietek war nicht in der Lage, seinen Statthaltern in Pommerellen Hilfe zu leisten.

Auf den Rat des dem Polenherzog treu ergebenen Dominikanerpriors Wilhelm bat der Landrichter Bogussa mit Zustimmung Łokieteks den Deutschen Orden gegen Ersatz der Kosten um Hilfe. Im August 1308 kam Gunther von Schwarzburg, der Landkomtur von Kulm, mit Truppen nach Danzig, verstärkte die Besatzung der Burg und nötigte die Brandenburger im September zum Abzug. Die Ordensritter bekamen jedoch wegen der Kostenerstattung mit der polnisch-kaschubischen Besatzung Streit und drängten sie aus der Burg, die sie fortan selbst besetzt hielten.

Inzwischen war unter dem Landmeister Heinrich von Plotzke eine starke Streitmacht aufgestellt worden. Sie belagerte die deutsche Stadt Danzig. Vieles spricht dafür, dass zumindest 16 kaschubische Ritter der verdrängten Burgbesatzung mit ihren Angehörigen Aufnahme in der Stadt gefunden hatten.

  • Das „Danziger Blutbad“
  • Am 13. November 1308 wurde die Stadt vom Orden eingenommen. Dabei wurden 16 kaschubische Ritter und eine unbekannte Zahl von in der Stadt weilenden Polen und deutschen Bürgern getötet. Die deutschen Bürger mussten ihre Häuser zerstören und die Stadt verlassen, die Ritter legten die Stadtbefestigung nieder. Erst nach zwei Jahren durften die Bürger zurückkehren und ihre Stadt auf dem Gelände der Rechtstadt wieder aufbauen.
  • Die Anzahl der bei der Einnahme Danzigs vom Orden getöteten Menschen ist jahrhundertelang ein Streitpunkt zwischen deutschen und polnischen Historikern gewesen. Schon 1310 verklagte der polnische König den Orden beim Papst. Der erste Prozess fand bereits 1310 – 1312 in Riga statt. In der Bulle Papst Clemens´ V. vom 19. Juni 1310 wird von zehntausend Ermordeten gesprochen. Diese Zahl hat der polnische Geschichtsschreiber Długosz kritiklos übernommen und das Ereignis legendenhaft ausgeschmückt. Die unwahrscheinlich große Zahl von 10.000 ist sicher ein Irrtum. Heute nehmen auch polnische Historiker an, dass die Zahl der Getöteten bei etwa einhundert gelegen haben dürfte.
  • Die Inbesitznahme der Danziger Burg und die Einnahme der Stadt mit den dabei verübten Straf- oder Racheakten wird im kollektiven polnischen Geschichtsgedächtnis als Verrat angesehen und hat eine schmerzende Wunde hinterlassen, obwohl die Mehrzahl der getöteten Menschen doch Deutsche gewesen sein müssen.

Der Orden besetzte 1309 ganz Pommerellen, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen. Łokietek konnte die sehr hohe vom Orden geforderte Kriegsentschädigung nicht zahlen. Andererseits kaufte der Orden dem brandenburgischen Markgrafen Waldemar dessen Ansprüche aus dem heimgefallenen Lehen im Vertrag von Soldin (13. September 1309) für die hohe Summe von 10.000 Mark ab.

Die Auseinandersetzungen zwischen dem Deutschen Orden und Polen beruhten nicht in erster Linie auf ethnischen Divergenzen. Der Orden hat ja auch die deutschen Bürger Danzigs nicht geschont. Es lag in der Zeit, dass alle Herrscher auf Vergrößerung ihrer Territorien unter Anwendung aller Mittel bedacht waren. So blieben denn auch die kujawischen Fürsten, Verwandte Łokieteks, in guten Beziehungen zum Orden und verkauften ihm ihren Landbesitz in Pommerellen. Herzog Leszek von Kujawien-Inowracław verkaufte dem Orden 1317 sogar das Michelauer Land. Andererseits hat Polen den Verlust Pommerellens nie verwinden können.

Pommerellen Teil des Ordensstaates

1309 verlegte der Deutsche Ritterorden seinen Hochmeistersitz von Venedig nach Pommerellen in die Marienburg.

Władysław Łokietek (Ellenlang) hatte die polnischen Teilfürstentümer wieder vereinigt und wurde 1320 zum König gekrönt. Sein erklärtes Ziel war es, Pommerellen für Polen zu gewinnen. Vorstöße bei der Kurie in Avignon blieben ohne Wirkung. Er verbündete sich mit dem größten Feind des Ordens, mit Litauen, und verheiratete seinen Sohn Kasimir 1325 mit Aldona-Anna, der Tochter des Litauerfürsten Gedimin. Der Orden hatte sich dagegen mit Böhmen, mit Brandenburg und mit drei masowischen Fürsten verbündet.

1327 begann Władysław Łokietek (Ellenlang) einen Krieg gegen den Orden. Der Krieg bestand aus gegenseitigen Verwüstungsfeldzügen. Als ein Ordensheer aus dem östlichen Großpolen zurückkehrte, griff Łokietek es am 27. September 1331 bei Płowce an und vernichtete eine der drei Abteilungen. Die Schlacht blieb im Ergebnis unentschieden, wenn auch die psychologische Wirkung dieses ersten Teilerfolgs in offener Feldschlacht gegen den Orden erheblich war. Długosz schrieb später, es seien hierbei 40.000 (!) Ordensritter und nur 500 Polen gefallen!

Schließlich konnte der Orden die polnisch-litauischen Angriffe abschlagen und seinerseits Teile von Kujawien und das Dobriner Land besetzen.

Wladyslaw starb 1333. Sein Sohn, Kasimir IV., der Große, musste in dem Streit nachgeben. Im Frieden von Kalisch am 23. Juli 1343 erkannte Kasimir IV. die Herrschaft des Deutschen Ordens über Pommerellen und das Kulmerland „endgültig“ an. Dafür gab der Orden das von ihm besetzte Kujawien und das Dobriner Land an Polen zurück. Der Verzicht wurde von den polnischen Großen ausdrücklich bestätigt. Kasimir nannte sich aber weiterhin „heres Pomeraniae“ (Erbe Pommerellens), obwohl er im Friedensvertrag darauf verzichtet hatte. Damit herrschte für einige Jahrzehnte äußerlich Frieden zwischen dem Orden und Polen.

Der Orden hatte sich 1309 sofort intensiv dem Ausbau des Landes gewidmet. Im Süden der Komtureien Schlochau und Konitz wurde die Grenze zu Polen durch die planmäßige Anlage von deutschen Dienstgütern und Zinsdörfern gesichert und die Stadt Friedland am Übergang über die Dobrinka an deren Nordufer gegründet. Die pommersche Grenze wurde durch die Städte Baldenburg und Hammerstein und durch deutsche Dienstgüter gesichert.

Im Inneren des Landes gab es zahlreichen geistlichen Streubesitz der Klöster Oliva, Pelplin, Zarnowitz, Zuckau, des Bistums Kujawien usw. In den Jahren 13151340 wurden die Werder im Weichseldelta eingedeicht und ausschließlich mit deutschen Bauern besetzt. Die kaschubischen Dörfer im Norden Pommerellens wurden durch die Einführung der deutschen Hufenverfassung und durch die Verleihung des kulmischen Rechts wirtschaftlich leistungsfähiger gemacht. Die Dreifelderwirtschaft und die Schulzenverfassung wurden eingeführt. Neu gegründete Städte wurden Mittelpunkte für den Binnenverkehr der umliegenden Dörfer.

Einen großen wirtschaftlichen Aufschwung nahmen die großen Städte wie Danzig, das wegen seiner günstigeren Lage das zunächst vom Orden bevorzugte Elbing bald überflügelte. Herzog Przemyslaw hatte der Stadt Danzig bereits das magdeburgische anstelle des ursprünglichen lübischen Rechts verliehen. Hochmeister Ludolf König erteilte der Stadt 1342 oder 1343 das kulmische Recht, freilich nur der inneren Stadt, der „richtigen“ Stadt, die davon den Namen der „Rechtstadt“ erhielt. Schon um 1380 war die massive Ummauerung dieser Stadt beendet. Der heute noch erhaltene Stockturm ist ein Überbleibsel dieser mittelalterlichen Befestigung. Der Grundstein für den Neubau der Marienkirche, des größten Kirchenbaus im Ostseeraum, soll 1343 gelegt worden sein. Die Stadt ist damals bereits dicht besiedelt gewesen. Der Artushof wird 1350 zum ersten Mal erwähnt. Das rechtstädtische Rathaus wurde als reines Verwaltungsgebäude um 1380 von Hinrich Ungeradin erbaut.

Danzig war Mitglied der Hanse und wurde gegen Ende des 14. Jahrhunderts Führerin der preußischen Städte. Der Fernhandel war trotz aller damit verbundenen Risiken die Grundlage für das Aufblühen der Stadt. Ausgeführt wurden hauptsächlich Getreide, Holz, Asche und Teer, eingeführt wurden flandrische Tuche, englische Wolle und Salz, vorwiegend aus Lübeck. Im 14. Jahrhundert ließen sich englische Kaufleute in Danzig nieder, erwarben Hausgrundstücke und schlossen sich zu einer Genossenschaft unter Leitung eines „governor“ zusammen.

Seine eigenen umfangreichen Staatsgüter, die Domänen, bewirtschaftete der Orden selbst von eigenen Höfen aus. Die Erträge der Eigenwirtschaften, des Mühlenmonopols und des vom Orden selbst betriebenen Handels ermöglichten es, auf Steuern und Abgaben weitgehend zu verzichten.

Der Eigenhandel des Ordens wurde im Laufe der Jahre von den immer selbstbewusster werdenden Städten jedoch zunehmend als bedrohliche Konkurrenz empfunden. Die Regionaltagungen der preußischen Hansestädte dienten zwar der Vorbereitung gemeinsamen Vorgehens auf den Tagfahrten der Hanse, es kamen natürlich aber auch Beschwerden gegen den Orden zur Sprache.

Die landfremden Ritter ohne familiäre Kontinuität konnten kein Vertrauensverhältnis zu den inzwischen seit Generationen eingesessenen Familien der städtischen Patrizier, aber auch nicht zu dem landständischen Adel, herstellen. Sie wurden als arrogant empfunden. Die eingeborenen Familien hatten keine Möglichkeit, in höhere Verwaltungsstellen des Staates aufzusteigen. Institutionelle Gremien, in denen die Angelegenheiten des Landes mit den Landesherren besprochen werden konnten, gab es nicht. So kam zunehmend Unzufriedenheit im Lande auf.

Auch die außenpolitische Lage hatte sich gegen Ende des 14. Jahrhunderts verändert. Das Kaisertum war durch die Zugeständnisse geschwächt, die Karl IV. den Kurfürsten 1376 machen musste, um die Wahl seines Sohnes Wenzel zum römischen König durchzusetzen. Das Papsttum war durch das Schisma (13781415) handlungsunfähig geworden. Der litauische Großfürst Jagiello ließ sich taufen und heiratete die polnische Prinzessin Hedwig, die 1384 zum „König von Polen“ gekrönt worden war. Nachdem er versprochen hatte, seine gesamten litauischen und russischen Lande für ewige Zeiten mit der Krone Polens zu verbinden und die „dem polnischen Reiche verlorenen Länder“ – hierbei war in erster Linie an Pommerellen und an das Kulmerland gedacht – wiederzugewinnen, wählte ihn der polnische Adel 1386 zum König von Polen. Jagiello nahm den Namen Wladyslaw II. an.

Der Orden war dadurch von einem übermächtigen Feind umgeben, ohne auf die Hilfe von Kaiser oder Papst rechnen zu können. Durch die Christianisierung Litauens war der Orden zudem in seiner Existenzberechtigung gefährdet. Mit der Unterstützung durch Kreuzfahrer aus ganz Europa war nicht mehr zu rechnen. Auch die Kriegstechnik hatte sich verändert. Erste Feuerwaffen kamen auf. Ritterheere waren auf die Unterstützung von Söldnern angewiesen; die kosteten Geld.

1409 begann der Orden einen Präventivkrieg gegen Polen und Litauen, der zunächst ohne größere Kämpfe erfolgreich für den Orden verlief. Während eines Waffenstillstandes gab der als Schiedsrichter angerufene König Wenzel von Böhmen am 15. Februar 1410 einen dem Orden günstigen Schiedsspruch ab, den Polen aber ablehnte. Nach Ablauf des Waffenstillstandes begann der Krieg wieder am 24. Juni. Er führte zu der für den Orden vernichtenden Schlacht am 15. Juli 1410, die in der deutschen Geschichtsschreibung als Schlacht bei Tannenberg, bei den Polen als Schlacht bei Grunwald bekannt geworden ist. Das siegreiche polnisch-litauische Heer rückte auch in Pommerellen ein. Viele der kleinen Städte und der Landadel huldigten dem polnischen König. Nur Rheden, Schwetz, Konitz und Schlochau hielten zum Orden.

Die siegreichen Polen, Litauer und Tartaren hatten die Marienburg belagert. Der Polenkönig musste die Belagerung aber abbrechen, weil dem Orden von Deutschland her Hilfe nahte, im Belagerungsheer Seuchen ausgebrochen waren und der Litauerfürst Witold abgezogen war, um sein Land gegen eine Bedrohung von Livland her zu schützen. Schnell ging die Initiative wieder auf den Orden über. Innerhalb von 14 Tagen nach Aufhebung der Belagerung war fast das ganze Land wieder in den Händen des Ordens.

Am 9. November 1410 wurde der erfolgreiche Verteidiger der Marienburg, Heinrich von Plauen vom Generalkapitel des Ordens einstimmig zum Hochmeister gewählt. Er konnte am 1. Februar 1411 auf einer Insel in der Weichsel bei Thorn Frieden schließen, den Ersten Frieden von Thorn. Der Orden behielt sein ganzes altes Gebiet einschließlich der Neumark und verzichtete nur auf das Dobriner Land „für immer“. Der Orden musste aber zur Auslösung der zahlreichen vornehmen Gefangenen 100 000 Schock böhmischer Groschen an bestimmten Terminen an den König von Polen zahlen.

Der neue Hochmeister griff mit brutaler Härte durch, um die Untertanen zu bestrafen, die dem polnischen König nach der Schlacht von Tannenberg so schnell gehuldigt oder Verhandlungen aufgenommen hatten. Am schlimmsten war es in Danzig, dessen Komtur ein gleichnamiger Bruder des Hochmeisters war. Er lud die beiden Bürgermeister Konrad Letzkau und Arnold Hecht sowie den Ratsmann Bartel Groß, einen Schwiegersohn Letzkaus, auf das Schloss und ließ sie dort in der folgenden Nacht ohne Recht und Urteil ermorden. Die Leichen wurden nach Intervention beim Hochmeister erst acht Tage danach vor das Burgtor geworfen. Die Bürgerschaft war ungeheuer erregt. Der Vorfall stand noch in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts in Danziger Volksschul-Lesebüchern.

Dreizehnjähriger Krieg und Zweiter Friede von Thorn

Heinrich von Plauen wollte sich nicht mit dem Frieden abfinden. Er begann aufzurüsten. Dafür und für die Zahlungsverpflichtungen aus dem Friedensvertrag benötigte er Geld. Das sollten die Städte und die Landstände zahlen. Die Situation wurde für das Land nicht besser, als Heinrich von Plauen 1413 abgesetzt wurde.

Die Ritterdienste der Inhaber von Dienstgütern waren für den Orden wegen des Aufkommens der Söldnerheere uninteressant geworden. Deshalb versuchte er, die Rechte der Besitzer von Dienstgütern mit allen – auch widerrechtlichen – Mitteln zu verschlechtern. Er war am möglichst schnellen Heimfall der Güter interessiert, die er mit Bauerndörfern aufsiedeln wollte. Die Zinszahlungen der Bauern waren ihm mehr wert als die Ritterdienste der Gutsbesitzer.

Desgleichen begann der Orden, massiv in die Verfassungen der Städte einzugreifen, um die führenden Positionen der Stadtherrschaft mit ihm genehmen Leuten zu besetzen.

Das alles, zusammen mit der Arroganz der landfremden Ritter baute sich zu einer bedrohlichen Stimmung gegen den Orden auf. Am 14. März 1440 schlossen sich die pommerellischen Stände, also die Ritterschaft, der Adel und die Städte, in Marienwerder zu einem "Bund vor Gewalt" zusammen. Man wollte sich zunächst nicht vom Orden lösen, sondern sich gegen die Unterdrückung wehren und mit einer Stimme sprechen. Die Meuchelmorde von Danzig waren nicht vergessen, auch in anderen Städten waren ähnliche, wenn auch nicht so schlimme Dinge passiert.

Es wurde ein aus 20 Mitgliedern bestehender „Enger Rat“ gegründet. Als Sitz dieses Rates wurde Thorn bestimmt, weil es an der Grenze zu Polen lag. Der Hochmeister Ludwig von Ehrlichshausen verlangte die Auflösung des Bundes. Der Bund lehnte ab. Schließlich wurde die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Bundes dem Kaiser anvertraut. Der Kaiser setzte den Gerichtstag auf den 24. Juni 1453 in Wien fest. Am 1. Dezember 1453 wurde der Bund für rechtswidrig erklärt und seine Auflösung befohlen.

Am 4. Februar 1454 kündigte der Bund dem Orden den Gehorsam auf und begann den wohlvorbereiteten Krieg. In wenigen Tagen war der größere Teil des Landes in den Händen der Aufständischen. Alle Burgen des westlichen Preußen mit Ausnahme von Marienburg und Marienwerder waren von Bundestruppen besetzt.

Der Bruch mit dem Orden war vollzogen worden, ohne dass eine feste Vereinbarung mit dem König von Polen getroffen worden war. Aber seit Herbst 1452 gab es zwischen der Kulmer Ritterschaft sowie den Städten Kulm und Thorn lose Verhandlungen mit dem König von Polen. Der „Enge Rat“ erhielt eine Einladung, nach dem 2. Februar 1454 Bevollmächtigte zum Reichstag nach Krakau zu schicken. Dort hielt König Kasimir IV. gerade seine Hochzeit mit Elisabeth von Habsburg, als eine Bundesgesandtschaft unter Hans von Baysen ihm die Oberherrschaft über Preußen antrug. In einem auf den 6. März (wahrscheinlich zurück-) datierten Dokument erklärte Kasimir die Inkorporation des gesamten Ordensgebiets in den polnischen Staat, erteilte dem Adel Rechte, die denen des polnischen Adels entsprachen, und bestätigte die der Städte.

Am 4. Februar 1454 sagte der Bund dem Orden den Gehorsam auf und begann den Krieg. Am 22. Februar erklärte auch der polnische König dem Orden den Krieg und schon am 6. März nahm er die Ergebung der preußischen Stände an und inkorporierte den gesamten Ordensstaat dem polnischen Reich. Am 23. Mai nahm er die Huldigung der Stände in Thorn entgegen. Er teilte das Land in vier Wojewodschaften: Kulm, Pommerellen, Elbing, Königsberg und ernannte Hans von Baysen zum Statthalter

Der Orden hielt sich nur in wenigen Burgen: Marienburg, Stuhm und Konitz. Die meisten Burgen waren nur mit sehr wenigen Ordensrittern besetzt und wurden von den Aufständischen ohne Schwierigkeiten genommen.

Der König hatte Schwierigkeiten, den großpolnischen und kujawischen Adel während der Herbstarbeit auf den Gütern aufzubieten. Der König sah sich gezwungen, dem Adel große Zugeständnisse zu machen. Erst danach konnte er mit dem Aufgebot von Großpolen und Kujawien nach Konitz ziehen, um die Verbindung des Ordens nach Westen zu verhindern. Es kam am 18. September 1454 zur Schlacht bei Konitz, der einzigen großen Feldschlacht des Krieges. Sie endete trotz doppelter zahlenmäßiger Überlegenheit der Polen mit ihrer vernichtenden Niederlage gegen Ordenstruppen aus dem Reich unter Herzog Rudolf von Sagan.

Daraufhin kehrten zahlreiche Städte, insbesondere auch Königsberg, zum Orden zurück. Im weiteren Verlauf gab es keine großen offenen Schlachten mehr. Es war nur noch ein Verwüstungskrieg mit Söldnern um feste Plätze. Dabei lag die Kriegführung kaum beim polnischen Adel. Es waren besonders die Städte des Bundes, voran Danzig, die das Geld für die Söldner aufbrachten.

Zur See führte Danzig einen erfolgreichen Kaperkrieg gegen Lübeck und die anderen wendischen Städte um deren Handel mit den Häfen des Ordens, Königsberg und Memel, zu unterbinden und den Orden dadurch zu schwächen.

Durch den Verlust weiter Landesteile verlor der Orden seine Einnahmen. Aus Geldmangel musste er schon 1454 die Neumark an Brandenburg verkaufen. Unterstützung aus Livland oder von den deutschen Balleien erhielt er nicht. Mit Vertrag vom 9. Oktober 1454 musste er eine Reihe von Burgen an seine Söldner verpfänden.

Als er die vereinbarten Zahlungstermine nicht einhalten konnte, übergaben Söldnerhauptleute nach langen Verhandlungen am 16. August 1456 die Marienburg und 5 andere Burgen an den König und den Bund. Der Bund zahlte den böhmischen Söldnern 304.000 Mark, wovon Danzig allein 144.400 übernahm. Der Verkauf der Burgen an den Feind wurde von einigen Söldnerführern als ehrenrührig angesehen.

Der Hochmeister räumte die Marienburg im September 1456 kampflos und zog nach Königsberg.

Am 8. Juni 1457 zog Kasimir triumphierend in die Burg ein

Schließlich waren auch die auch Finanzkräfte des Bundes erschöpft. Vermittlungsversuche Bürgermeister Castorps aus Lübeck in den Jahren 1463/64 scheiterten. Schließlich führten intensive Verhandlungen des päpstlichen Legaten Rudolf von Rüdesheim, Bischof von Lavant, im Jahre 1466 zum Erfolg. Der Zweite Frieden von Thorn wurde am 19. Oktober 1466 geschlossen.

Pommerellen, zusammen mit dem Kulmer und Michelauer Land und dem Ermland wurden als „Preußen königlichen Anteils“ in einer rechtlich nicht klar definierten Union mit der „Krone“ Polen verbunden. Die Sonderstellung des „Königlichen Preußen“ gegenüber der Krone, eigene Landtage mit Deutsch als Verhandlungssprache, eigene Landesregierung (Landesrat), eigener Münze, eigene Wehrhoheit der großen Städte, das Recht der großen Städte, eigene dipolomatische Verbindungen mit dem Ausland zu unterhalten usw. wurden für ein Jahrhundert Gegenstand ständiger Auseinandersetzungen. Hierbei von einer „Rückkehr Polens in seine uralten Gebiete“ zu sprechen, ist schon deshalb nicht möglich, weil zwischen dem zeitweilig zu Polen gehörenden und oft von ihm beanspruchten Pommerellen und dem niemals einen Teil Polens bildenden, auch nie geforderten Preußen ostwärts der Weichsel gar nicht unterschieden wurde.

Pommerellen hatte damit als politische Einheit zu bestehen aufgehört. Umgangssprachlich wurde allerdings noch im 20. Jahrhundert die preußische Provinz Westpreußen als „Pommerellen“ bezeichnet. Politisch und geographisch korrekt war das nicht.

Literatur

  • Hartmut Boockmann, Deutsche Geschichte im Osten Europas, Ostpreußen und Westpreußen, Berlin: Siedler 1992, ISBN 3-88680-212-4
  • Wilhelm Brauer, Prußische Siedlungen westlich der Weichsel, Siegen 1983 im Selbstverlag der J. G. Herder-Bibliothek Siegerland e. V.
  • Waldemar Epp, Danzig, Schicksal einer Stadt, Esslingen 1983, ISBN 3-7628-0428-1
  • Philippe Dollinger, Die Hanse, 3. Aufl. Kröner, Stuttgart 1976, ISBN 3-520-37103-0
  • Ernst Gall, Danzig und das Land an der Weichsel, Deutscher Kunstverlag, 1953
  • Erich Keyser, Danzigs Geschichte, Danzig 1928, Ndr. Hamburg
  • Heinz Lingenberg, Die Anfänge des Klosters Oliva und die Entstehung der deutschen Stadt Danzig, Stuttgart: Klett-Cotta 1982, ISBN 3-12-914900-7
  • Gotthilf Löschin, Geschichte Danzigs, 2. Aufl. Danzig 1822, Ndr. Danziger Verlagsgesellschaft Paul Rosenberg, 2300 Klausdorf/Schwentine
  • Gotthold Rhode, Geschichte Polens, 3. Aufl. Darmstadt 1980, ISBN 3-534-00763-8
  • Bruno Schumacher, Geschichte Ost- und Westpreußens, 3. Aufl. Würzburg 1958