Zum Inhalt springen

Osttimor

Dies ist ein als lesenswert ausgezeichneter Artikel.
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. August 2006 um 18:40 Uhr durch 84.173.180.71 (Diskussion) (Religion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Demokratische Republik Timor-Leste, auch Osttimor, ist ein Inselstaat in Südostasien. Osttimor ist nur die umgangssprachliche Bezeichnung. Während der Landesname in allen anderen Sprachen, auch im Deutschen, offiziell Timor-Leste ist, wird das Land in der Amtssprache Tetum Timor Loro Sa'e genannt, was soviel wie Timor der aufgehenden Sonne bedeutet. Der internationale (portugiesische) Name Timor-Leste bedeutet wörtlich übersetzt „Ost-Osten“ vom indonesischen timur „Osten“ und portugiesischen leste „Osten“.

Geographie

Der Tatamailau vom Flugzeug aus

Die Insel Timor gehört zum östlichen Teil des indonesischen Archipels und zu den Kleinen Sunda-Inseln. Im Nordwesten der bergigen Insel liegt die Sawusee, nördlich die Bandasee und südlich dehnt sich die Timorsee 500 km bis nach Australien aus. Der Staatsgebiet Osttimors umfasst die östliche Hälfte der Insel, die im indonesischen Westteil gelegene Exklave Oecussi-Ambeno, sowie die kleinen Inseln Atauro und Jaco. Die höchste Erhebung ist mit 2.963 Metern der Tatamailau. Die Küstenlinie hat eine Länge von 706 km, die Landgrenze zu Indonesien ist insgesamt 228 km lang. Der Grenzverlauf ist zu 99 % festgelegt. Strittig sind mit Indonesien lediglich noch ein Gebiet um die Exklave Oecussi-Ambeno sowie die genauen Modalitäten eines Korridors von Oecussi-Ambeno zum Hauptstaatsgebiet.

Das lokale Klima ist tropisch, im Allgemeinen heiß und schwül und wird von einer ausgeprägten Regen- und Trockenzeit charakterisiert.

Die Städte mit über 10.000 Einwohner sind (Stand 1. Januar 2006): Dili 59.069 Einwohner, Dare 19.141 Einwohner, Lospalos 17.186 Einwohner, Baucau 14.961 Einwohner, Ermera 13.142 Einwohner und Maliana 12.065 Einwohner.

Siehe auch: Liste der Städte in Osttimor, Liste der Berge oder Erhebungen in Osttimor

Binnengewässer

Fast alle Flüsse Osttimors entspringen im zentralen Bergland. Durch das hohe Gefälle sind sie gezwungen sehr steil in Richtung Norden oder Süden abzufließen. Die Fließgewässer bilden im zentralen Gebiet der Insel ein dichtes hydrografisches Netz. Jedoch gibt es, wie bei vielen kleinen Inseln mit starken Erhebungen, fast nur Bäche, die kurz, gewunden und rasch fließend sind und die meiste Zeit des Jahres trocken liegen.

Intensive Niederschläge während der Regenzeit führen zur Entstehung von Sturzbächen, die durch ihre starke Erosionskraft große Mengen des Erdreiches abtragen. Mit dem Ende des Regens fällt der Pegel der Bäche jedoch wieder, sodass sie bequem durchwatet werden können. Mit der Rückkehr der trockenen Winde, die von Australien her kommen, verbleiben nur dünne Rinnsaale in breiten Flussbetten voller Müll und Geröll, die sich jedes Jahr verbreitern.

Keine der Flüsse sind schiffbar. Da sie einige Monate im Jahr zu Sturzbächen werden, behindern sie sogar den Warenverkehr zwischen den fruchtbaren Ebenen im Süden und dem restlichen Land. Es gibt Bestrebungen mit Hilfe von Anpflanzungen die Erosion der Ufer einzuschränken und somit das Zerstörungspotential der Bäche zu verringern.

Ganzjährig wasserführende Flüsse gibt es genau genommen nur im Süden Osttimors. Der Grund dafür liegt in der im Vergleich zum Norden längeren Regenperiode. Flüsse, die auch im Norden ganzjährig Wasser führen, werden aus dem Süden gespeist. Dies ist der Fall beim nördlichen Lacló, der das größte hydrografische Becken Osttimors bildet und dem Lóis, dem längsten Fluss Osttimors mit 80 km, der bei Manatuto mündet. Nach Süden fließend haben Tafara, Bé-lulic, Carau-úlun, Sui, Südlicher Lacló und Cler das ganze Jahr Wasser. In der Exklave Oecussi-Ambeno ist der Hauptfluss der Nuno-eno der westlich von Pante Macassar das Meer erreicht.

In einigen permanenten Gewässern entlang der südlichen Küste sammelt sich durch die starken Gezeiten Sand an den Flussmündungen, was den Abfluss immer mehr blockiert und zur Bildung von Marschland führt. Meeresfische, die ihre Brutstätten Flussaufwärts haben, und Krokodile leben hier weiter, bis sie von den Einheimischen, im Laufe eines Rituals durch einen gegrabenen Ausgang getrieben werden. Fische, Garnelen, Schlangen und kleine Krokodile werden dabei mit der Hand gefangen.

An den Küsten bilden sich leicht Sümpfe nach den schweren Regengüssen. Auch einige Seen kann man finden. Der größte See ist der Suro-bec im äußersten Osten mit 6,5 km Länge und 3 km Breite. Weitere Seen sind der Lago Maubara und der Tibar. Aufgrund der bergigen Landschaft gibt es viele Wasserfälle. Am bekanntesten ist der Wasserfall von Bandeira.

Die Gewässer Osttimors sind noch wenig erforscht. Teilweise gibt es sogar Kontroversen über ihre Namensgebung, da die Gewässer in den verschiedenen Regionen, die sie durchfließen unterschiedliche Namen haben.

Fauna und Flora

Leistenkrokodil
Der Riesenlaubfrosch kommt auch in Osttimor vor

Hauptartikel Fauna Timors und Flora Timors

Timor gehört zum Gebiet von Wallacea und ist somit Teil der biogeografischen Übergangszone zwischen der asiatischen und der australischen Flora und Fauna. Allerdings gibt es nur wenige australische Arten, wie den Kuskus. Die wenigen Säugetiere, wie Mähnenhirsche, Flughunde, Spitzmäuse und Affen, sowie Vögel und Insekten ähneln gewöhnlichen malaiischen Formen. Es gibt aber auch 23 Vogelarten, die nur in der Region Timor-Wetar vorkommen, was Osttimor gerade für Ornithologen interessant macht. Zu den etwa 240 Vogelarten gehören u. a. zahlreiche Papageien wie Amadinen, Kakadus und die Wetar-Taube. Besondere kulturelle Bedeutung hat das in Meer und Flüssen lebende Leistenkrokodil.

Siehe auch Das gute Krokodil - Die Krokodillegende aus Osttimor auf Wikisource

Auch andere Reptilien bereichern die Tierwelt Timors, so etwa der nach der Insel benannte Timor-Waran (Varanus timorensis), die Timor-Wasserpython (Liasis mackloti) und die im Meer lebende Timor-Riffschlange (Aipysurus fuscus).

In Osttimor sind mindestens acht Amphibienarten aus vier Familien heimisch: die zu den Australischen Laubfröschen (Familie Hylidae) gehörenden Everett-Laubfrosch (Litoria everetti), Riesenlaubfrosch (Litoria infrafrenata) und Roter Laubfrosch (Litoria rubella), der zu den Engmaulfröschen gehörende Braune Ochsenfrosch (Kaloula baleata), die Echten Frösche Mangrovenfrosch (Fejervarya cancrivora), Fejervarya verruculosa und Rana elberti, sowie von den Ruderfröschen der Weißbart-Ruderfrosch (Polypedates leucomystax). Keiner dieser Froschlurche ist allerdings endemisch nur auf Timor beschränkt.

Die Fläche des ursprünglichen Primärwald Osttimors ist auf 220.000 Hektar oder ein Prozent des Territoriums zusammen geschrumpft. Dichten Wald findet man nur noch im Süden und in den Bergregionen.

Mangrovenwälder bedecken nur etwa 7.500 Hektar, da im Gegensatz zu anderen Inseln des Archipels Ausbuchtungen in der Küstenlinie wenig vorhanden sind. Sie kommen hauptsächlich an der Nordküste vor, wo die See ruhiger ist. So etwa bei Metinaro (Distrikt Dili), Tibar und Maubara (Distrikt Liquiçá). An der Südküste breiten sich die Mangroven nicht viel weiter als über die Flussmündungen und sumpfigen Gelände hinaus aus.

Die Vegetation besteht hauptsächlich aus Sekundärwald, Savannen und Grasland. Es gibt zumeist Kasuarinengewächse, Eukalyptus, Sappanholz, Sandelholz, Cendana und Lontarholz. Die Gesamtfläche des Waldes nahm zwischen 1990 und 2000 um 0,6 % ab.

Bevölkerung

Etwa 60 % der Bevölkerung sind Analphabeten. Die Einschulungsquote von Kindern im Grundschulalter beträgt lediglich 75 %. Fast die Hälfte der Bevölkerung muss mit weniger als 55 US-Cent pro Tag überleben. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 5,3 %. Der Anteil der Bevölkerung mit einem Alter unter 15 Jahren beträgt 49,5 %, der der Personen über 65 beträgt 1,7 %. Der Anteil der städtischen Bevölkerung beträgt 7,7 % (2003).

Sprachen und Volksgruppen

Übersichtskarte über die Sprachen Osttimors

Hauptartikel: Sprachen Osttimors

Timor wurde von mindestens drei Einwanderungswellen (Veddo-Austronesen, Melanesier und Proto-Malaien) besiedelt, deren Nachkommen die verschiedenen einheimischen Völker der Insel stellen. Dazu kommen noch Einwanderer aus der jüngeren Geschichte, wie etwa Chinesen, Araber und Portugiesen.

Es gibt auf Osttimor etwa 15 Ethnien, davon 12 größere Stammesverbände. Sie sprechen meist austronesische (malayo-polynesische und melanesische) Sprachen und Papua-Sprachen. Amtssprachen sind Tétum und Portugiesisch. Während Tetum weit verbreitet ist, sprechen nur etwa 10 % Portugiesisch. Auch viele Lehrkräfte sprechen kein oder nur sehr schlecht Portugiesisch. Aufgrund dieser Probleme wird die ersten drei Jahre der Unterricht in Tetum gehalten und schrittweise Portugiesisch eingeführt.

Die malayo-polynesischen Tetum bilden mit etwa 100.000 Angehörigen die größte Ethnie Osttimors. Weitere malayo-polynesische Ethnien sind die Mambai (80.000-90.000), die Tokodede (63.170), die Galoli (50.000) und die Kemak (50.000 in West- und Osttimor). Die Baikeno in Oecussi-Ambeno (50.000) sprechen eine malayo-polynesische Sprache, stammen aber von der veddo-austronesischen Einwanderungswelle ab. Melanesischer Herkunft sind die Sprecher der Papuasprachen: Die Bunak (50.000 in West- und Osttimor), die Fataluku (30.000) und die Makasae (70.000-100.000). Neben der Amtssprache Tetum sind die 15 anderen Sprachen der einheimischen Völker von der Verfassung als Nationalsprachen anerkannt: Dies sind Atauru, Baikeno, Bekais, Bunak, Fataluku, Galoli, Habun, Idalaka, Kawaimina, Kemak, Makuva, Makalero, Makasae, Mambai und Tokodede.

Ein kleiner Teil der Bevölkerung ist gemischter portugiesisch-timoresischer Herkunft. In Portugiesisch wird diese Bevölkerung Mestiço genannt. Staatspräsident Xanana Gusmão und Premierminister José Ramos-Horta sind Mestiços. Zudem gibt es noch eine kleine Gruppe reiner Portugiesen. Auch einige Einwanderer aus Indonesien sind nach der Unabhängigkeit Osttimors im Land geblieben. Bahasa Indonesia hat allerdings als Verkehrssprache an Bedeutung verloren, während Englisch durch die ausländischen UN-Soldaten gewonnen hat. An der Universität in Dili werden aber weiterhin viele Studiengänge noch in Bahasa Indonesia gehalten. Durch die Einwanderung von Chinesen (viele davon Hakka-Händler) gibt es kleine Gruppen, die Hakka, Hochchinesisch und Kantonesisch sprechen. Während der bis 1999 dauernden indonesischen Besatzung war der Gebrauch der portugiesischen Sprache offiziell verboten.

Die kulturellen Regionen Osttimors: Loro Munu (rosa) und Loro Sae (rot).

Die Unruhen von 2006 haben, trotz der starken Nationalbewegung aus der das Land entstand, eine Teilung des Landes in einen Ost- und einen Westteil wieder hervortreten lassen, die seit der Kolonialzeit besteht und einen deutlichen Einfluss auf das alltägliche Leben in Osttimor hat. Die westliche Bevölkerung aus Loro Munu wird Kaladi, die östliche aus Loro Sae wird Firaku genannt. Die Bezeichnung Firaku leitet sich vermutlich vom portugiesischen vira o cu (jemanden dem Rücken zuwenden) ab, was wohl auf den Hang der östlichen Timoresen zur Rebellion verweist. Der Osten besteht aus den Distrikten Lautém, Baucau, Viqueque und Manatuto. Die Firaku sehen sich als diejenigen, die durch ihren langen Widerstand die indonesische Besatzungsmacht besiegt haben. Zu den Firaku gehören wichtige osttimoresische Persönlichkeiten aus dem Militär und der Präsident Xanana Gusmão.

Die Bezeichnung Kaladi für die westlichen Osttimoresen leitet sich vermutlich vom portugiesischen calada (still, leise) ab. Loro Munu besteht aus den Distrikten Dili, Aileu, Ainaro, Manufahi, Ermera, Bobonaro, Cova Lima, Liquiçá und Oecussi-Ambeno. Dem Westen werfen die Firaku vor mit den Indonesiern sympathisiert zu haben. Viele der Polizisten, die die Indonesier rekrutiert haben, waren Kaladi. Die UN und das unabhängige Osttimor hat die meisten dieser Polizisten in ihren Dienst übernommen. Der schwellende Konflikt zwischen Polizei und Militär resultiert daraus. Dili als Schmelztiegel der verschiedenen Ethnien und Gruppen des Landes ist Schauplatz von regelmäßigen Straßenkämpfen zwischen Banden aus dem Osten und dem Westen.

Trotzdem gibt es auch zahlreiche verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Distrikten. Die engen Vernetzungen der einzelnen Stämme und Ethnien durch Heirat haben eine lange Tradition, die schon vor der Kolonisation die Insel und ihre grobe Teilung in einen West-, einen zentralen und einen Ostteil verband. Die Stämme am Westrand des Einflussgebietes von Wehale hatten gleichzeitig Bündnisse mit dem westlichen Timor und Oecussi, die Stämme im Osten mit dem östlichen Timor und seinen Zentren Atsabe und Lospalos. Auf diese Weise bildete die Insel aus Sicht vieler Timoresen eine Einheit, die erst durch die koloniale Spaltung durch Niederländer und Portugiesen zerstört wurde. Doch auch von Fehden und Kriegen wird berichtet. Die alten Beziehungen und familiären Strukturen haben auch heute noch einen erheblichen Einfluss auf die Politik des Landes.

Religion

Fast alle Einwohner Osttimors sind christlichen Glaubens (95 %). Davon sind über 92 % Katholiken, Protestanten bilden eine christliche Minderheit (3 %). Es gibt Minderheiten von Muslimen (5 %), Hindus und Buddhisten. Der animistische Glauben ist weitgehend verschwunden. Allerdings tauchen animistische Elemente im katholischen Ritus und im Alltag auf.

Statue der Mutter Gottes von Fátima in Dili

Die katholische Kirche war während der portugiesischen Kolonialherrschaft auf die Hauptstadt Dili und wenige größere Orte beschränkt. Die Mehrheit der Bevölkerung waren Animisten. Um 1975 betrug der Anteil der Katholiken an der Bevölkerung nur etwa 30 %. Während des Freiheitskampfes gegen Indonesien wurde die katholische Kirche jedoch zur einigenden Klammer zwischen den zwölf größeren Stammesverbänden gegen die überwiegend muslimischen Indonesier. In keinem anderen Land der Erde hat die katholische Kirche einen derart großen Zuwachs erreicht. Sie verdankt das unter anderem dem damaligen Apostolischen Administrator der 1940 errichteten Diözese Dili, Martinho da Costa Lopes, der gegen die Menschrechtsverletzungen der Indonesier predigte. 1983 musste er auf Druck Jakartas abdanken und wurde ersetzt durch Carlos Filipe Ximenes Belo. Doch auch er wandte sich gegen die Besatzer. In einem offenen Brief an den Generalsekretär der Vereinten Nationen forderte er ein Referendum über die Eigenständigkeit Osttimors. Weiteren Auftrieb erhielt die katholische Kirche durch den Besuch von Papst Johannes Paul II. in Osttimor 1989. 1996 erhielt Bischof Belo, zusammen mit José Ramos-Horta, für sein gewaltloses Eintreten für die Freiheit Osttimors den Friedensnobelpreis. Die Befreiungsbewegung FRETILIN hatte zwar kommunistische Züge, deren Führer wurden aber stark durch die Befreiungstheologie Lateinamerikas von katholischen Priestern beeinflusst.

Im Jahr 1996 wurde die Diözese Baucau eingerichtet (eine dritte ist nach Angaben des Premierminister Ramos-Horta in Planung). Sowohl Dili als auch Baucau sind kirchenrechtlich direkt dem Heiligen Stuhl unterstellt. Zu den Feierlichkeiten für die Unabhängigkeit, wurde 2002 eine Marienstatue aus Fátima nach Dili verschifft. Das Land wurde der Mutter Gottes von Fatima geweiht. Osttimor ist laut der Verfassung ein säkularer Staat und es herrscht Religionsfreiheit. Premierminister Ramos-Horta betonte aber in seiner Antrittsrede die Bedeutung der katholischen Kirche als ein das Land vereinigendes und, zwischen den verschiedenen Konfliktparteien, aussöhnendes Element. In einem nächsten Schritt möchte die Regierung durch die Entsendung eines ständig beim Heiligen Stuhl akkreditierten Botschafters die Beziehungen zum Vatikan weiterentwickeln. Außerdem erwartet man die Entsendung eines apostolischen Nuntius nach Osttimor.

Gesundheit

Die medizinische Versorgung ist immer noch mangelhaft. 48 % der Einwohner haben kein sauberes Trinkwasser, 67 % keinen Zugang zu Sanitäreinrichtungen. Die Kindersterblichkeit liegt bei 124, die Säuglingssterblichkeit bei 87 von 1.000 Geburten. Die Lebenserwartung liegt bei 62 Jahren. Die Geburtenrate liegt bei 46 Geburten auf 1.000 Einwohner, die Sterberate bei 13 Sterbefälle auf 1.000 Einwohner. Die Fruchtbarkeitsrate liegt pro Frau bei 7,6 (alle Daten von 2003).

Ein großes Problem ist die Malaria, die während der Regenzeit auftritt. Reisenden wird dringend empfohlen Malariaprophylaxen einzunehmen. Daneben sind das Denguefieber und die japanische Encephalitis weit verbreitet. Daher sollte man sich gerade in der Regenzeit vor Mücken schützen.

Geschichte

Demonstration für die Unabhängigkeit Osttimors im Ausland

Hauptartikel: Geschichte Osttimors

Timor wurde ab 40.000 v. Chr. in drei Wellen von Austronesen, Melanesiern und Proto-Malaien besiedelt. Im 16. Jahrhundert gründeten die Portugiesen ihre Kolonie Portugiesisch-Timor. Die Japaner besetzten die Kolonie während des Zweiten Weltkrieges, obwohl Portugal ein neutrales Land war. 1975 entließ Portugal Osttimor in die Unabhängigkeit, doch nur wenige Tage danach annektierte Indonesien das neue Land und machte es trotz internationaler Verurteilung zu seiner 27. Provinz Timor Timur. In den 24 Jahren der indonesischen Besetzung wurde etwa ein Drittel der 800.000 Einwohner getötet. Nach einer Volksabstimmung (Referendum), die zu Gunsten einer Unabhängigkeit ausging und weiteren Verbrechen durch pro-indonesische Milizen und der indonesische Armee, entsendeten die Vereinten Nationen unter australischer Führung die Friedenstruppe INTERFET. Osttimor kam unter Verwaltung der UNTAET, bis es schließlich am 20. Mai 2002 endgültig unabhängig wurde.

Seit Ende April 2006 erlebt Osttimor die schwersten Unruhen seit seiner Unabhängigkeit. Ausgangspunkt dafür war die Entlassung von etwa 40 % der Armeeangehörigen, die aus Protest gegen Missstände bei den Verteidigungskräfte Osttimors Anfang des Jahres desertierten. Über 2.000 Soldaten wurden aus verschiedenen Ländern nach Osttimor geschickt um die Situation wieder zu stabilisieren. Kriminelle Banden plündern und morden in Dili aber weiterhin. Ein Großteil der Bewohner der Hauptstadt hat in Flüchtlingslagern und Kirchen Zuflucht gesucht.

Aktuelle Situation

Hauptartikel: Unruhen in Osttimor 2006

Der zurückgetretene Premierminister Marí Bin Amude Alkatiri

Seit Ausbruch der Unruhen Ende April 2006 wurde auf der Straße der Rücktritt von Premierminister Marí Bin Amude Alkatiri gefordert. Alkatiri ist als Technokrat verschrien, zudem ist er Muslim, was in weiten Teilen der mehrheitlich katholischen Bevölkerung Erinnerungen an die ehemalige indonesisch-muslimische Herrschaft weckt. Außerdem wird Alkatiri übel genommen, dass er während der Besatzungszeit im Exil in Mosambik war, anstatt wie etwa Gusmão im Land gegen die Indonesier kämpfte. Dazu kommen Vorwürfe, dass Alkatiri Personen aus dem Ostteil des Landes jenen aus dem Westteil bei der Besetzung von Ämtern vorzöge. Die Entlassung der rebellierenden Soldaten aus der Armee durch Alkatiri gilt zudem als Auslöser der Unruhen.

Als Präsident Gusmão den Ausnahmezustand ausrief und die direkte Kontrolle über Polizei und Armee von den jeweiligen Ministern übernahm, kam es zum offenen Konflikt zwischen Premierminister und Präsidenten. Schließlich einigte man sich vorläufig dadurch, dass Alkatiri zwei seiner engsten Vertrauten unter den Ministern entlassen musste. Am 21. Juni forderte Gusmão Alkatiri erneut zum Rücktritt innerhalb von einer Woche auf. Ex-Innenminister Rogerio Lobato wurde verhaftet und unter Hausarrest gestellt, da er Zivilisten mit Waffen ausgerüstet und diese auf politische Gegner Alkatiris angesetzt haben soll. Alkatiri werden Verwicklungen dabei vorgeworfen. Am 25. Juni 2006 traten der Außenminister José Ramos-Horta und der Minister für Transport, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Ovidio Amaral von ihren Ämtern aus Protest zurück, nachdem die Regierungspartei FRETILIN Alkatiri das Vertrauen ausgesprochen hatte. Einen Tag später gab Alkatiri aber auf und trat zurück. Ramos-Horta führte seitdem die Regierungsgeschäfte weiter. Am 8. Juli wurde er dann offiziell von Präsident Gusmão zum Premierminister ernannt und am 10. Juli vereidigt.

In Dili herrscht zur Zeit gespannte Ruhe. Ramos-Horta wird von allen Seiten akzeptiert. Langsam kehren die Flüchtlinge in ihre Heimat zurück oder ziehen, wenn ihre Häuser zerstört sind, in die von der Regierung bereit gestellten Massenzeltlager. Die Zahl der niedergebrannten Häuser soll in die Tausende gehen. Bei den Unruhen sind mindestens 37 Menschen getötet worden, 155.000 waren auf der Flucht.

Politik

Die Verfassung wurde nach portugiesischem Vorbild entwickelt.

Siehe Verfassung Osttimors (Englisch).

Exekutive

Präsident Xanana Gusmão
Premierminister José Ramos-Horta

Der Präsident von Osttimor wird alle fünf Jahre gewählt und hat eher symbolische Befugnisse, er besitzt aber ein Vetorecht bei der Gesetzgebung. Ihm steht der Staatsrat beratend zur Seite. Nach den Parlamentswahlen bestimmt der Präsident einen Premierminister, der die Mehrheit einer Partei oder Koalition hat. Als Kopf der Regierung sitzt er dem Kabinett vor. Erster Premierminister nach der indonesischen Besatzung war bis zu seinem Rücktritt am 26. Juni 2006 Marí Alkatiri. Zu seinem Nachfolger wurde am 8. Juli der vorige Außenminister und Friedensnobelpreisträger José Ramos-Horta ernannt und am 10. Juli vereidigt. Stellvertreter sind Landwirtschaftsminister Estanislau da Silva und Gesundheitsminister Rui Araujo. Ramos-Horta führt die Regierung bis zu den regulären Neuwahlen Anfang 2007.

Bei den ersten Präsidentenwahlen nach dem Abzug Indonesiens setzte sich Xanana Gusmão gegen Francisco Xavier do Amaral mit 82,7 % durch[1]. Der frühere Chef der Befreiungsbewegung FRETILIN, die ihrerseits am 30. August 2001 die meisten Sitze im Parlament errang[2], wird als eine Art Volksheld verehrt. Nachdem die Eigenstaatlichkeit Osttimors als großes Ziel erreicht war, wollte sich Gusmão eigentlich aus der aktiven Politik zurückziehen, stellte sich dann aber doch den vielen Bitten, weiter eine verantwortungsvolle Position einzunehmen.

Siehe auch Kabinett Osttimors

Legislative

Nationalparlament von Osttimor in Dili

Das Parlament (Parlamento Nacional) besteht nur aus einer Kammer. Seine Mitglieder werden alle fünf Jahre in freien Wahlen bestimmt. Die Anzahl der Sitze kann zwischen 52 und 64 variieren. Während der laufenden ersten Wahlperiode wurden ausnahmsweise 88 Sitze vergeben, weil es die erste Regierungszeit überhaupt ist. Die Regierungspartei FRETILIN verfügt mit 55 Sitzen zwar über eine eine überragende Mehrheit, ist aber in sich in verschiedene Gruppen zersplittert. Die nächsten Wahlen finden Anfang 2007 statt.

Judikative

Das Oberste Gericht besteht aus einem Richter, der durch das Parlament und weiteren Richtern, die der Obere Judikative Rat bestimmt.

Außenpolitik

Osttimor gehört seit dem 24. Februar 2003 zur Blockfreienbewegung. Außerdem ist es Mitglied bei der Gemeinschaft der Portugiesischsprachigen Länder. Als Beobachter nahm Osttimor am 3. Gipfel der African, Caribbean and Pacific Group im Juli 2002 und am Pacific Island Forum im August 2003 teil. Nach der Aufnahme in den ASEAN Regional Forum (ARF) im Juli 2005 strebt Osttimor mittelfristig auch die Mitgliedschaft in der ASEAN an. Der Antrag soll am 28. Juli 2006 in Kuala Lumpur gestellt werden. Man rechnet mit einer Wartezeit von fünf Jahren. Während Indonesien Osttimor bei seinem Wunsch auf Vollmitgliedschaft unterstützt, werden unter vorgehaltener Hand Bedenken geäußert, die ASEAN hätte bereits mit Myanmar genug Probleme. In Vorbereitung zum Beitritt will Osttimor demnächst den Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit mit den ASEAN-Staaten unterzeichnen. Osttimor hat bereits Botschaften in Jakarta und Kuala Lumpur, weitere sollen bald in Bangkok und Manila folgen.

Zur ehemaligen Kolonialmacht Portugal bestehen enge Beziehungen. Portugal leistet Entwicklungshilfe und ist der wichtigste Geldgeber im Erziehungs- und Justizsektor.

Auch zu Australien gibt es enge Bindungen aufgrund der geographischen Nähe und der jüngsten Geschichte, in der Australien das Land auf dem Weg zur Unabhängigkeit unterstützte und unterstützt. Der Streit über die Erdöl- und Erdgasvorkommen in der Timorsee sind beigelegt.

Indonesien ist Osttimors größter Handelspartner. Als Staatsoberhaupt hat Xanana Gusmão sich vor allem dem Versöhnungsgedanken verschrieben. Nur eine Normalisierung der Beziehungen zur früheren Besatzungsmacht Indonesien und ein gewisser Schlussstrich unter die Vergangenheit, so seine Überzeugung, können das bitterarme und durch die lange Fremdherrschaft rückständige Land in die Zukunft führen. Die Teilnahme der damaligen indonesischen Präsidentin Megawati Sukarnoputri an der Unabhängigkeitsfeier 2002 in Dili zeugt von dem Willen Indonesiens, die Unabhängigkeit Osttimors nunmehr endgültig zu akzeptieren. Anfang 2005 empfing er den im Vorjahr neugewählten indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono zu einem Staatsbesuch. Das Treffen der beiden Männer verlief außergewöhnlich herzlich und wurde als Neuanfang in den bilateralen Beziehungen gewertet. Die osttimoresische Regierung hält trotz der Kritik von Menschenrechtsorganisationen und der Katholischen Kirche an dieser Versöhnungspolitik fest. Eine vom UN-Generalsekretär eingesetzte dreiköpfige unabhängige internationale „Commission of Experts“ hat in ihrem am 27. Juni 2005 vorgelegten Abschlussbericht festgestellt, dass die juristische Aufarbeitung der 1999 in Osttimor begangenen Menschenrechtsverletzungen in Indonesien „völlig unzureichend“ ist.

Die USA sind der drittgrößte Geber von Entwicklungshilfe für Osttimor. Durch Premierminister Alkatiri wurde die Zusammenarbeit mit der Volksrepublik China, sowohl im militärischen, als auch im wirtschaftlichen Bereich verstärkt. Osttimor hat daher eine Botschaft in Peking eröffnet.

Mit dem zweiten katholischen Land in Asien, den Philippinen, entwickelten sich seit der Unabhängigkeit Osttimors gute Beziehungen zwischen den einzigen christlich-dominierten Ländern des Kontinents. Dies erstreckt sich über den wirtschaftlichen, den kulturellen und den Bildungssektor.

Deutschland hat keine Botschaft in Osttimor. Zuständig ist die deutsche Botschaft in Jakarta/Indonesien. In dringenden Fällen können sich deutsche Staatsbürger an die portugiesische Botschaft in Dili wenden. Die für Deutschland zuständige Botschaft Osttimors befindet sich in Brüssel.

Administrative Aufteilung

Hauptartikel: Administrative Aufteilung Osttimors

Osttimor ist in 13 administrative Distrikte aufgeteilt. Diese sind in insgesamt 65 Subdistrikte, 443 Sucos und in 2.336 Dörfer unterteilt. Die Insel Atauro gehört zum Distrikt Dili, die Insel Jaco zum Distrikt Lautém. 2003 wurden die Sucos neu geordnet und einige Distriktgrenzen verschoben.

Distrikte Osttimors
Administrativer Distrikt (Zahl auf der Karte) HASC Einwohner Fläche in km² Hauptstadt
Aileu (6) TP.AL 32.500 729 Aileu
Ainaro (10) TP.AN 44.100 797 Ainaro
Baucau (2) TP.BC 97.600 1.494 Baucau
Bobonaro (11) TP.BB 90.700 1.368 Maliana
Cova Lima (12) TP.CL 63.900 1.226 Suai
Dili (5) TP.DL 179.600 372 Dili
Ermera (9) TP.ER 89.500 746 Gleno
Lautém (1) TP.BT 52.100 1.702 Lospalos
Liquiçá (8) TP.LQ 54.800 543 Liquiçá
Manatuto (4) TP.MT 34.900 1.706 Manatuto
Manufahi (7) TP.MF 37.200 1.325 Same
Oecussi-Ambeno (13) TP.AM 50.500 815 Pante Macassar
Viqueque (3) TP.VQ 59.600 1.781 Viqueque

Siehe auch zu diesem Thema:

Transport und Verkehr

Dilis Flughafen Presidente Nicolau Lobato International Airport (IATA Code: DIL) liegt westlich der Stadt bei Comoro (Komoro) im Distrikt Liquiçá und wird international von Passagiermaschinen angeflogen. Die Airnorth (IATA Code: TL) fliegt die Strecke von Darwin (Australien) nach Dili und zurück täglich in zwei Stunden mit einer Embraer. An drei Tagen der Woche wird die Strecke sogar zweimal bedient. Täglich fliegt die Merpati Nusantaro Airlines (IATA Code: MZ) von Denpasar auf Bali (Indonesien) nach Dili mit einer Boeing 737-200.

Zusammen mit der Phuket Air und Jerry Desousa hat die osttimoresische Regierung 2002 eine eigene Gesellschaft namens East Timor Air (ICAO Code: ETA) gegründet. Sie soll in Zukunft mit kleinen Maschinen oder Boeing 737 von Dili nach Darwin fliegen.

Für den ehemals größten Flughafen Osttimors Cakung bei Baucau (IATA Code: BCH) erscheinen keine Flugverbindungen mehr in dem internationalem Buchungssystem der Fluggesellschaften.

Der Grenzübergang Batugade zum indonesischen Westtimor hin ist geöffnet, aber es gibt keinen regelmäßigen Busverkehr. Auch bei Oesilo in Oecussi-Ambeno gibt es einen offenen Grenzübergang nach Westtimor.

Pferde am Markttag in Maubisse

Eine Fährgesellschaft hat inzwischen, mit deutscher finanzieller Unterstützung, eine wöchentliche Verbindung zu der Enklave Oecussi-Ambeno hergestellt.

Wer, wie die meisten Timoresen, nicht über einen allradbetriebenen Wagen verfügt, ist bei Reisen über Land auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen, die es in zwei Formen gibt.

Der Biskota ist ein größerer Bus, der die Hauptortschaften, wie Lospalos oder Baucau mit Dili verbinden. Sie fahren auf den zumeist noch asphaltierten Straßen. Um zu kleineren Orten zu gelangen muss man auf Kleinbusse, sogenannte Mikroléts umsteigen. Egal aber welchen Bustyp man nimmt, sie sind durchweg überfüllt mit Menschen und Handelsware. Auch die Straßenverhältnisse erleichtern nicht das Reisen. In der Regenzeit sind viele der Wege nur noch Schlammpisten und gar nicht mehr befahrbar.

In einigen Regionen sind kleine Pferde noch ein alltägliches Transportmittel, so etwa bei Maubisse.

Wirtschaft

Situation

Bis Ende 1999 wurden ungefähr 70 % der ökonomischen Infrastruktur durch proindonesische Milizen und Militärs verwüstet und über 260.000 Menschen waren gezwungen, nach Westen zu fliehen. Das Bruttoinlandsprodukt fiel 1999 um 30 %. Während der folgenden drei Jahre wurde das Gebiet mit einem massiven internationalen Hilfsprogramm unter Führung der UN wieder aufgebaut. Das Programm umfasste zivile Beobachter, eine 5.000 Mann starke Friedenstruppe und 1.300 Polizisten. Das Bruttoinlandsprodukt stieg daher getragen von der Nachfrage an Dienstleistungen und vom Bausektor kräftig an (15,4 bzw. 18,3 %) und das Vorkrisenniveau wurde wieder erreicht. Seit dem Abzug der UN sank das Wachstum wieder und das Bruttoinlandsprodukt stagniert seit 2002. Im Jahre 2005 war ein Wachstum von 2,9 % zu verzeichnen. Die langfristigen Wachstumsziele der Regierung im Nicht-Öl- und Gassektor liegen bei 5 bis 6 %.

Probleme bereitet immer noch die zerstörte Infrastruktur (Straßen und Energieversorgung), ein eklatanter Fachkräftemangel und das hohe Lohnniveau aufgrund der internationalen Präsenz und der Einführung des US-Dollars als Währung. Diese Faktoren verringern die Konkurrenzfähigkeit Osttimors gegenüber seinen Nachbarländern.

Bis Mitte 2002 sind fast alle der 50.000 Flüchtlinge wieder zurückgekehrt. Das Land steht noch immer vor der großen Herausforderung des Aufbaus der Infrastruktur und der Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bevölkerung. Ein Mobilfunkunternehmen hat bereits ein GSM-Netz aufgebaut.

Osttimor ist, laut den Vereinten Nationen, heute das ärmste Land Asiens. Seit dem Abzug des UN-Personals sei die Wirtschaft des Landes weiter geschrumpft, heißt es in dem Bericht "Der Weg aus der Armut" des UN-Entwicklungsprogramms 2006. Die Wirtschaftsindikatoren lägen weit hinter denen anderer asiatischer Länder. Die Arbeitslosigkeit beträgt ca. 20 %.

Schätzungen zufolge seien jährliche Investitionen von 40 Millionen Euro nötig, um pro Jahr ein Wirtschaftswachstum von fünf bis sieben Prozent zu erzielen. Damit könne die Armut bis 2015 um ein Drittel reduziert werden. "Angesichts der voraussichtlichen Einnahmen aus dem Handel mit Öl und Gas ist dies technisch und finanziell machbar", stellt der UN-Report fest.

Wirtschaftspolitik

Osttimor ist Mitglied des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank sowie der Asian Development Bank (ADB).

Die Lage des Staatshaushalts verbessert sich aufgrund der gestiegenen Einnahmen im Öl-und Gasektor in Folge des hohen Ölpreises zusehends. Eine Auslandsverschuldung existiert nicht, da die internationalen Hilfeleistungen bisher als Zuschüsse („grants“) gewährt wurden.

Ziel der Wirtschaftspolitik sind stabile Staatsfinanzen und die Förderung des Privatsektors. Eine Aufsichtsbehörde für das Banken- und Zahlungssystem (Banking and Payments Authority) wurde bereits gegründet, ein statistisches Amt ist geplant. Die Politik wird geprägt von einer vernünftigen Ausgabenpolitik, der Begrenzung der Zahl der im öffentlichen Dienst Beschäftigten und den Bemühungen um eine Verbreiterung der steuerlichen Basis, so dass Osttimor auf dem richtigen Weg zu sein scheint.

Zur Zeit wird ein Industriepark gebaut, um ausländische Investoren anzulocken. Investitionshemmnisse müssen noch abgebaut um die Privatwirtschaft in die Gänge zu bringen. Mit Programmen zur Erleichterung des Zugangs zu Krediten für die klein- und mittelständische Industrie sollen weitere Anreize geschaffen werden. Die Regierung hat ein Investitionsgesetz verabschiedet, dass Anlegern Rechtssicherheit garantiert. Hiermit soll die Attraktivität Osttimors für Investoren gesteigert werden.

Währung

50 Centavos-Münzen von Osttimor

Landeswährung ist seit Januar 2000 der US-Dollar. Daneben sind seit 2003 eigene Centavo-Münzen im Gebrauch. Ein Centavo entspricht dabei einem US-Cent. Die Münzen gibt es in Werten von 1, 5, 10, 25 und 50 Centavos. Eigene Banknoten werden nicht ausgegeben.

Die Einführung des US-Dollars war eine politische Entscheidung. Als Alternativen standen die Einführung einer eigenen Währung oder später die des Euro zur Auswahl. Eine eigene Währung schien aufgrund der Landesgröße als sinnlos. Der Euro wurde erst wenige Monate vor der Unabhängigkeit Osttimors 2002 als Bargeld eingeführt. Der Wechselkurs zum US-Dollar war zu diesem Zeitpunkt sehr gering, die Zukunft schien noch unsicher. Der US-Dollar wurde schon zuvor von Privatleuten als sichere Währung verwendet. Außerdem hat er auch für die Volkswirtschaften der Nachbarstaaten große Bedeutung. Ebenso für den Erdölhandel auf den Osttimor große Hoffnungen setzt. Daher wurde trotz der engen Beziehungen zu Portugal der US-Dollar als offizielles Zahlungsmittel eingeführt.

Durch die Dollarisierung verzichtet Timor-Leste auf eine eigenständige Geldpolitik. Die Seigniorage-Einnahmen beschränken sich auf die Ausgabe der Centavos-Münzen.

Siehe auch: Münzen Osttimors

Ressourcen

Datei:Coffee1.jpg
Ein wichtiges Handelsgut für Osttimor: Kaffee

In der indonesischen Besatzungszeit wurde ein Ölfeld in der Timorsee zwischen Timor und Australien entdeckt und am 11. Dezember 1989 ein Vertrag zwischen den Regierungen Indonesiens und Australiens geschlossen. Erst im Mai 2004 bestätigte die australische Regierung erneut die Gültigkeit des Vertrages in einer Form, die die Seegrenze, und damit auch die Rohstoffe, zu Gunsten Australiens verschoben hat.[3] Am 12. Januar 2006 einigten sich die beiden Länder, den Gewinn aus dem Öl- und Gasvorkommen der Greater Sun Rise Area 50:50 zu teilen. Diese Vorkommen gehören zu den reichsten im Asiatisch-Pazifischen Raum. Ein 50-Jahre-Moratorium bezüglich der Seegrenze wurde vereinbart, ohne dass Osttimor auf seine Ansprüche verzichtet. Weitere Bodenschätze spielen derzeit keine Rolle. Marmor gibt es in nennenswerten Mengen. Dazu etwas Gold, Mangan und Kupfer.

Siehe auch: UN-Untersuchungen zum Mineralienvorkommen in Osttimor

Seit 1815 wird Kaffee in Osttimor angebaut und exportiert. Sein Potential wird aufgrund fehlender Transport-und Veredelungsmöglichkeiten bisher nur teilweise ausgeschöpft. Gerade im Hochland wächst ein besonders aromatischer und milder Kaffee. 2005 hat Starbucks ein Drittel der Kaffeeernte aufgekauft. 2006 kam es aufgrund der Unruhen aber zu Ernteausfällen von bis zu 20 %. Durch den Anbau von Vanille, Kakao und Erdnüssen neben dem bereits als Exportgut etablierten Kaffee sind hier zukünftig Ertragssteigerungen zu erwarten. Außerdem ist Osttimor für seine farbenfrohen gewebten Stoffe in der Region berühmt.

Vor und während der Kolonialzeit war Timor für sein Sandelholz bekannt.

Tourismus

Strand der Stadt Baucau

Das Land bietet zum Wandern geeignete Berge, wundervolle Strände, hervorragenden Tauchgebieten, heiße Quellen (z.B. im Distrikt Bobonaro) und eine beeindruckende kultureller Vielfalt. Dazu kommt die unmittelbare Nähe zu Australien. Die Menschen sind durchweg freundlich, aufgrund der Armut muss aber, wie auch anderswo in der Welt, mit Kriminalität gerechnet werden, vor allem in Dili.

Die derzeitigen Unruhen machen aber touristische Reisen nicht empfehlenswert. Außerdem bereiten die fehlende Infrastruktur und teilweise hohe Preise aufgrund der ausländischen Truppen immer noch Schwierigkeiten, weswegen bisher eher Rucksacktouristen den Weg hierher fanden.

2006 warb Osttimor zum ersten Mal auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin um Besucher.

Siehe auch: Reisewarnung des Auswärtigen Amts

Kultur

Tradition

Gebäude im traditionellen Stil in Lospalos
Hafengebäude in Dili mit Dach im traditionellem Stil

Die Kultur Osttimors weist, neben europäischen und asiatischen Merkmalen, auch zahlreiche pazifische Einflüsse auf. Die Lebensweise der Einwohner Osttimors hat mit der der Einwohner des indonesischen Westens der Insel wenig gemein. Der Einfluss der katholischen Kirche auf die Lebensweise der Einwohner ist beschränkt und die Gesellschaft sehr liberal.

Ein interessanter Punkt der Kultur Osttimors ist, dass sich Frauen ab der Vollendung des 15. Lebensjahres generell die gesamte Körperbehaarung entfernen (inklusive der Haare an den Unterarmen), mit Ausnahme des Haupthaars und der Augenbrauen.

Auffällig sind auch die traditionellen, steilen Dächer der timoresischen Häuser, die leider aus dem alltäglichen Bild der Orte nahezu verschwunden sind. Allerdings gibt es aufgrund des neuen nationalen Selbstbewusstseins Neubauten, die solche Dächer wieder verwenden. So zum Beispiel der Flughafen und Hafen von Dili oder die Schule von Lospalos.

Die unterschiedlichen Kulturen Timors hängen ökonomisch von Nahrungsmitteln wie Mais, Reis und Süßkartoffeln ab. In den Hochlandregionen, welche beispielsweise die Makasae im Osten Osttimors besiedeln dominieren Mais- den Reisanbau, bei den Tetum, die die Ebenen bewohnen, ist es umgekehrt. Dasselbe gilt für die domestizierten Tiere: während Büffel und Schwein auf Timor überall gezüchtet werden, besitzt der Büffel zum Beispiel für die Makasae größere Bedeutung als das Schwein. In anderen Regionen, bei den Ost-Tetum beispielsweise, sind die Büffel von sekundärer wirtschaftlicher Bedeutung im Gegensatz zum Schwein. Andere Haustiere sind Hühner, Ziegen und Pferde.

Die kulturellen Traditionen der Timor-Kulturen zeichnen sich durch unterschiedliche soziale Institutionen aus. Die sozialen Organisationen der einzelnen Timor-Gesellschaften können matrilinear / uxorilokal oder patrilinear / patrilokal strukturiert sein; einzelne Gruppen schwanken zwischen diesen Möglichkeiten verwandtschaftlicher Organisation. Während die soziale Organisation der Baikeno wahrscheinlich durch eine symmetrische Allianz charakterisiert ist, findet sich die asymmetrische Allianz beispielsweise bei den Makasae, Naueti und Fataluku. Bei den Tetum herrschen bilaterale beziehungsweise kognate Abstammungsregeln vor.

Heiraten und wirtschaftlich-rituelle Allianzen, die sich entlang dieser Organisationsstrukturen bilden, werden über die soziale Institution des sogenannten "Brautpreises" gesteuert, bei dem Frauen und Güter, die zwischen den sozialen Gruppen zirkulieren, immer in eine bestimmte Richtung fließen. Patrilineare und patrilokale Organisationen zeichen sich gegenüber matrilinearen und uxorilokalen durch eindrucksvolle Gütertransaktionen aus. In den meisten Kulturen Timors bestimmt die Vollständigkeit des übergebenen "Brautpreises" die Residenz des Ehepaares. Wird kein oder nur ein unzureichender "Brautpreis" gezahlt, wohnt der Ehemann in der Frauengeberlineage; die Kinder verbleiben ganz in dieser Lineage.

Literatur

Der bekannteste Autor dürfte wohl Präsident und ehemalige Freiheitskämpfer Xanana Gusmão sein. Er schrieb zwei Bücher während seines Kampfes für die Unabhängigkeit. Auch als Dichter und Maler ist er tätig. Seine Werke beschreiben Kultur, Werte und Fähigkeiten der osttimoresischen Bevölkerung. Weitere wichtige Schriftsteller sind Luís Cardoso, Fernando Sylvan, Ponte Pedrinha, Jorge Barros Duarte, Crisodio Araujo, Jorge Lauten, Francisco Borja da Costa, Afonso Busa Metan und Fitun Fuik.

Siehe auch: Legenden aus Timor (Englisch)

Musik

Die Musik Osttimors spiegelt den Einfluss der Fremdherrschaft wieder unter der das Land fast 500 Jahre stand. Portugiesen und Indonesier brachten beide ihre Musik mit wie etwa Gamelan und Fado. Die am weitesten verbreitete Volksmusikrichtung ist der Likurai-Tanz der für die vom Krieg heimkehrenden Männer von den Frauen vorgeführt wird. Der Tanz wurde von einer kleinen Trommel begleitet. In früheren Zeiten trug man dazu die Köpfe erschlagener Feinde in einer Prozession durch das Dorf. Heutzutage wird dieser Tanz von den Frauen zur Werbung verwendet.

Die moderne, timoresische Musik hat enge Bindungen zur ehemaligen Unabhängigkeitsbewegung. So hat etwa die Band Dili All Stars ein Lied veröffentlicht, dass zu einer Hymne während der Vorbereitung zum Unabhängigkeitsreferendum 1999 wurde. Die Vereinten Nationen gaben den Auftrag zu dem Lied Hakotu Ba von Lahane, dass die Bevölkerung ermutigen sollte, sich für das Referendum zu registrieren.

Zu den osttimoresischen Popmusikern gehört Teo Batiste Ximenes, der in Australien aufwuchs und Folkrhythmen Osttimors in seiner Musik verwendet. Viele osttimoresische Auswanderer brachten ihre Volksmusik auch in die Welt, so nach Portugal und Australien. In Portugal wurde diese mit Musikrichtungen aus anderen portugiesischen Kolonien, wie Angola und Mosambik vermischt. Weitere Einflüsse stammen von Rock'n Roll, Hip Hop und Reggae.

Die Gitarre ist seit langem ein wichtiger Bestandteil der osttimoresischen Musik. Sie wurde von den Portugiesen eingeführt, jedoch gibt es auch einheimische Saitenintrumente, die ihr ähneln.

Bildende Kunst und Theater

Seit Februar 2003 gibt es in Dili die erste freie Kunstschule Arte Moris. Ihr Hauptziel soll Kunst als ein Baustein im psychologischen und sozialen Wiederaufbau von einem Land, das von Gewalttätigkeit verwüstet worden ist, mit besonderer Betonung auf die Hilfe seiner jungen Bürger. Arte Moris bietet Malerei, Bildhauerei und ist mit der Dramaschauspieltruppe Bibi Bulak auch mit Theaterstücken auf der Landessprache Tetum aktiv.

Essen und Trinken

Die osttimoresische Küche spiegelt die verschiedenen Einflüsse wieder, denen das Land unterworfen war. Man findet in ihr chinesische, portugiesische und indonesische Elemente.

In den Bergen wächst Kaffee, der hocharomatisch und mild ist. Er wird gerne zum Frühstück getrunken. Dazu gibt es Brot und Butter. Tee wird heiß und süß in Gläsern serviert. Drei Mahlzeiten am Tag sind üblich, wobei das Mittagessen gewöhnlich zwischen zwölf Uhr mittags und zwei Uhr nachmittags eingenommen wird.

Mais, Reis, Erdnüsse, Sago, Taro, Kartoffeln, Brotfrucht und Süßkartoffeln werden angebaut. Auch Obst, wie Mangos und Bananen sind hier vorhanden. Dazu lokale Früchte, wie Salak, Jambulan (Jamblang), Uha, Saramalé und Aidák. Reis wird in den meisten Restaurants Osttimors als Beilage serviert. Daneben züchtet man Hühner, Schweine, Büffel und Ziegen. Neben dem Fleisch werden auch die Innereien gegessen. Fisch hat aufgrund der Transportschwierigkeiten nur an der Küste für die Ernährung der Bevölkerung eine Bedeutung. So wird zum Beispiel Thunfisch als gegrilltes Steak serviert. In den Dörfern an der Küste wird Soboko zubereitet. Dies sind Sardinen mit Tamarindesauce und Gewürzen, die in Palmenblättern am Feuer gekocht werden. Der Geschmack kann von mild bis sehr scharf reichen. Der Verzehr von Hunden ist hier, wie in vielen anderen Teilen Ostasiens, üblich.

Ein typisches Gericht ist Kaldeirada, gekochtes Fleisch (meist Lamm) mit Kartoffeln, Paprika, Gewürzen und Oliven als Beilage. Auch beliebt ist Tukir, ein Lammgericht, das mit vielen Gewürzen in Bambus gekocht wird.

Als Nachtisch bekommt man frittierte Bananen, Koibandera und Koirambu (Reismehlkuchen) und als regionale Spezialität Koirambu. Der wörtlich übersetzte Name ist Haarkuchen. Er sieht aus, wie zu einem Dreieck geformte dünne Haare.

Traditionelle Alkoholika sind verschiedene Palmweine (Tuaka und Tua Mutin) und Palmweinbrand (Tua Sabu). Bier wird aus Australien, Indonesien und Singapur importiert und die Portugiesen brachten in der Kolonialzeit den Wein nach Osttimor.

Sport

Der beliebteste Sport in Osttimor ist Fußball. Die Osttimorische Fußballnationalmannschaft war allerdings bei ihren bisherigen internationalen Auftritten nicht erfolgreich. Sie konnte bisher noch keinen Sieg für sich verzeichnen. Osttimor ist seit September 2005 Mitglied der FIFA.
Das erste Mal nahm Osttimor an den Olympischen Sommerspielen 2004 in Athen teil. Gil da Cruz Trinidade startete beim Marathonlauf, erreichte das Ziel aber nicht.
Weit verbreitet ist die Tradition des Hahnenkampfs, bei dem auch um Geld gewettet wird.

Öffentliche Feiertage

Datum Name Anmerkung
1. Januar Neujahr
März/April Karfreitag
März/April Ostersonntag
20. Mai Unabhängigkeitstag 2002
15. August Mariä Himmelfahrt
30. August Consulta Jahrestag des Volksreferendum 1999
20. September Freiheitstag für die UN-Streitkräfte von 1999
1. November Allerheiligen
12. November Santa Cruz Tag Jahrestag des Santa Cruz Massakers 1991
8. Dezember Maria Empfängnis
25. Dezember Weihnachten

Siehe auch

Literatur

  • Oliver Franz: Osttimor und das Recht auf Selbstbestimmung. Eine Untersuchung zur Anwendung des Selbstbestimmungsrechts der Völker am Beispiel Osttimors. (=Schriften zum internationalen und zum öffentlichen Recht. 59). Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main u.a. 2005, ISBN 3-631-53178-8
  • Ekkehard Launer: Zum Beispiel Osttimor (2003), ISBN 3889774652
  • Jörg Meier: Der Osttimor-Konflikt (1998 - 2002). Gründe und Folgen einer gescheiterten Integration. (Bewaffnete Konflikte nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes. 17). Verlag Dr. Köster, Berlin 2005, ISBN 3-89574-560-X
  • José Ramos-Horta: Funu. Ost-Timors Freiheitskampf ist nicht vorbei! Ahriman-Verlag Freiburg 1997. ISBN 3-89484-556-2
  • Monika Schlicher: Osttimor stellt sich seiner Vergangenheit. Die Arbeit der Empfangs-, Wahrheits- und Versöhnungskommission, hrsg. v. Missio, Internationales Katholisches Missionswerk e.V., Fachstelle Menschenrechte. Aachen 2005, ISSN 1618-6222. (PDF; 297 KB)
  • Tony Wheeler, Xanana Gusmao, Kristy Sword-Gusmao: Lonely Planet: East Timor (2004), Lonely Planet, ISBN 1740596447
Commons: Osttimor – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien


Vorlage:Koordinate Artikel