Marketing
Marketing (von engl. marketing: auf den Markt bringen, Vermarktung) ist eine zentrale Funktion der Betriebswirtschaftslehre und bietet Organisationen einen systematischen Ansatz, um Entscheidungen markt- und kundenorientiert zu treffen. Alle Maßnahmen, die diesem Ziel untergeordnet sind, werden im Begriff "Marketing" zusammengefasst. Diese können je nach Ansatz auch auf indirekt marktrelevante Bereiche eines Unternehmens ausgeweitet werden. Marketing wird daher auch als Unternehmensprozess verstanden, bei dem ein Unternehmen Absätze planmäßig vorbereitet, durchführt und sichert.
Zum Marketing gehört auch, neue Märkte zu erschließen und vorhandene Märkte zu erweitern. Eine allgemein akzeptierte Marketing-Definition hat die wissenschaftliche Literatur nicht hervorgebracht.
Vielfalt der Marketing-Definitionen
Während in der Praxis das operative Verkaufen losgelöst von strategischen Überlegungen stattfindet (hier geht es um Tagesumsätze, neue Abschlüsse und Provisionen), ist Marketing die "Vertriebstheorie" und "Unternehmensausrichtung" dahinter. Das bedeutet in erster Linie, dass ein Anbieter strategisch plant seine Leistungen am Markt zu verkaufen. Die Funktion der Vermarktung lässt sich insofern vom Prozess des Marketing abgrenzen, als hierbei eine Zielfunktion des Marketing im Groß- und Einzelhandel gemeint ist. Viele Branchen haben eigenständige Begriffsdefinitionen für an sich theoretisch definierte Funktionsbegriffe entsprechend neu belegt.
In neueren Publikationen wird Marketing als Management komparativer Konkurrenzvorteile unter Nutzung der Marketinginstrumente verstanden. Unter komparativen Konkurrenzvorteilen (KKVs) versteht man Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz, welche aus Kundensicht wichtig und wahrnehmbar sind und aus Unternehmersicht dauerhaft und ökonomisch sinnvoll realisiert werden müssen.
Funktionale Betrachtungen
Umgangssprachlich wird Marketing immer noch häufig auf die sichtbaren operativen Tätigkeiten eingeschränkt und auf werbliche oder verkäuferische Tätigkeiten sowie den kommerziellen Bereich bezogen. Aber auch aus Sicht einzelner Autoren wird weiterhin eine eher enge Auslegung funktionalisiert.
Das Orbis Wirtschaftslexikon definiert noch 1989: „Alle Maßnahmen einer Unternehmung, die darauf ausgerichtet sind, den Absatz zu fördern.“ Diese ältere Verkürzung ist insofern auch heute noch zutreffend, als die Elemente des Marketing dem Unternehmen dazu dienen, eine erfolgreiche Teilnahme am Marktgeschehen durch die Erreichung der Unternehmensziele zu realisieren.
Auch Philip Kotler, ein bedeutender US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, definiert Marketing ähnlich: „Bedürfnisse profitabel zu befriedigen.“
Holger Jung, Vorstand von Jung von Matt und Präsident des GWA nennt "acht Bereiche des Marketing"[1]
- Außenwerbung
- Dialog-Marketing
- Electronic-Marketing
- Eventmarketing
- Media
- Messewesen
- Point-of-Purchase-Marketing
- Werbeartikel
Diese, auch bei Produktionsmessen wie der Marketing Services (Messe) (2005) in Hamburg vermittelte Sicht, spiegelt vor allem die Elemente der Marktkommunikation wieder, die aus Sicht der Werbetreibenden mit Schwerpunkt Konsumgüterindustrie relevant ist. Sie wird von Investitionsgüteranbietern eher nicht geteilt, weil die Werbeträger der Publikumswerbung und Werbeartikel dort beispielsweise keine Rolle spielen und dafür z.B. Kontrahierungspolitik oder politisch erfolgreiche PR sehr wichtig sind.
Umfassende Betrachtungen

In einem umfassenden Sinne versteht man unter Marketing die marktorientierte Verwirklichung von Unternehmenszielen und die Ausrichtung des gesamten Unternehmens am Markt.
Eine ältere ganzheitliche Definition beschreibt Marketing als einen Prozess im Wirtschafts- und Sozialgefüge, durch den Einzelpersonen und Gruppen ihre Bedürfnisse und Wünsche befriedigen, indem sie Produkte und andere Dinge von Wert erzeugen, anbieten und miteinander austauschen (vgl. älterer Absatzbegriff von Erich Gutenberg).
Im Jahr 1968 definiert die „American Marketing Association“ (AMA) Marketing wie folgt:
„Der Planungsprozess der
von Produkten und Dienstleistungen, um Austauschprozesse zu erreichen, die individuelle und organisationale Ziele erfüllen.“
Diese Definition ist bis heute allgemeine Lehrmeinung. (Original in Englisch): "Marketing is the process of planning and executing the conception, pricing, promotion and distribution of ideas, goods and services to create exchanges that satisfy individual and organisational objectives."
Auch Peter Winkelmann begreift Marketing als eine im Kern unternehmerische Denkhaltung. Er zitiert eine ältere Auflage von Nieschlag, Dichtl und Hörschgen von 1985, die Marketing beschreiben als Ausdruck eines marktorientierten unternehmerischen Denkstils, der sich durch eine schöpferische, systematische und zuweilen auch agressive Note auszeichnet...
Heribert Meffert und Klaus Backhaus, zwei Wirtschaftswissenschaftler mit eher ganzheitlichem Ansatz und starkem Bezug zum Investitionsgütermarkt, fassen Marketing ebenfalls weiter. Meffert greift besonders die unternehmensweite Funktion des Marketing auf und definiert: „Die bewusst marktorientierte Führung des gesamten Unternehmens, die sich in Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potenziellen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten niederschlägt.“
Hiermit ist insbesondere die Motivation nicht nur der kundennahen Wertschöpfungsbereiche zur überzeugenden Leistung gemeint. In einem Unternehmen sollte sich jeder Mitarbeiter darüber bewusst sein, welchen Anteil er persönlich für die Zufriedenheit oder gar die Begeisterung des Kunden (siehe auch: Empfehlungsmarketing) beitragen kann.
So formuliert auch Franz-Rudolf Esch in der Vision des Deutschen Marketing-Verbandes das Konzept wie folgt: Marketing im Sinne einer marktorientierten Unternehmensführung kennzeichnet die Ausrichtung aller relvanten Unternehmensaktivitäten auf die Wünsche und Bedürfnisse von Anspruchsgruppen. (Stakeholder-Ansatz)
Historische Entwicklung
Der Begriff „Marketing“ wurde erstmalig zwischen 1905 und 1920 an US-amerikanischen Universitäten verwendet.
In Deutschland sprachen die Fachleute jedoch bis in die 1960er Jahre von „Absatzwirtschaft“. Verkauf und Werbung stehen im Mittelpunkt des absatzpolitischen Instrumentariums.
Eine Ausnahme bildet die Untersuchung von Stackelbergs aus dem Jahre 1939: Im Gegensatz zur damals vorherrschenden Preistheorie, welche von Preis und Menge als alleinige Aktionsparameter von Unternehmungen ausgeht, berücksichtigte er erstmalig Qualitätsvariationen und Vertriebspolitik.
Die Einführung des heutigen Marketingbegriffes wurde vom Wandel der Absatzmärkte begleitet, weg vom Verkäufermarkt, in dem der Verkäufer aufgrund des Mangels an Gütern und Dienstleistungen Preise und Konditionen weitgehend bestimmen kann, hin zu einem Käufermarkt, in dem die Vielzahl an Wettbewerben immer mehr Kunden die Wahl ermöglicht, ob sie das Angebot überhaupt annehmen.
Die Geburtsstunde des Marketings kam in Deutschland mit der Erfindung des Backpulvers durch Dr. Oetker. Durch Massenwerbung wurde dem Kunden erstmals ein Produkt angeboten, das ihm eine Arbeitserleichterung verschaffte, von dem er aber bis dahin nicht gewusst hatte, dass er es überhaupt brauchte. Da die Weiterentwicklung durch Erfindungen neuer Produktvarianten immer weiter voranschritt, reicht der Erfolg des Angebots bis in die Gegenwart hinein.
Auf universitärer Ebene entwickelte sich Marketing Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre durch den Aufbau des ersten Instituts für Marketing durch Heribert Meffert an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster (Westfalen).
Marketingziele
Die Marketing-Konzeption ist ein in sich geschlossener Gesamtplan und stellt einen Kernbereich der Führung eines Unternehmens oder einer Organisation dar. Sie umfasst Marketing-Ziele, Marketing-Strategien und die operative Umsetzung in konkrete Marketing-Maßnahmen im Marketing-Mix sowie die Erfolgskontrolle.
Da ein Käufermarkt entweder sehr umfassende oder ausgesprochen spezialisierte Vorgehensweisen (siehe Marktsegmentierung) erfordert, haben sich in der Vergangenheit verschiedene Entwicklungen unabhängig voneinander abgezeichnet. Daran hat sich auch nichts dadurch geändert, dass im Unterschied zu den Zeiten vor dem Internet die heutigen Märkte durch eine scheinbar extreme Markttransparenz gekennzeichnet sind (Stichwort: zum Wettbewerb „googeln“).
Strategische Marketingziele können sein:
(Entweder horizontale/vertikale Diversifikation oder Spezialisierung)
- Beispiele für Marktdurchdringung (Penetration):
- Erhöhung der Produktverwendung und Markentreue bei bestehenden Kunden durch Cross Selling.
- Gewinnung bisheriger Nichtverwender
- Gewinnung neuer Kunden von Mitbewerbern.
- Beispiele für Markterschließung (Abschöpfung):
- Erschließung zusätzlicher, räumlicher Absatzgebiete
- Eindringen in andere Verwendungsbereiche
- Orientierung an neuen Zielgruppen.
Daraus ergeben sich Unterziele, beispielsweise in den Bereichen Platzierung, Qualität, Regalfläche, Inhalt der Handelswerbung und der Kundenwerbung etc. Eine Zielformulierung könnte z.B. lauten: „Wir wollen unseren Marktanteil im Hochbau der Bundesrepublik im nächsten Jahr von 3 auf 5 Prozent steigern“ oder „wir planen die Außendienstkosten in Berlin innerhalb der nächsten 6 Monate um 25 Prozent zu senken.“
Neben den reinen Ergebniszielen, wie Art und Menge der verkauften Produkte oder die damit verbundenen Kosten, sind auch qualitative oder informelle Prozessziele zu beachten. Sinnvoll sind in konkrete Zahlen gefasste (quantifizierbare) Größen. Kaum sind damit unscharfe Prozessziele. Ein Ziel „Wir wollen die Zufriedenheit unserer Kunden im nächsten Jahr steigern.“ bleibt im Ungefähren, der Erfolg lässt sich hier nicht nachweisen.
Auch ein Prozessziel kann exakt formuliert werden:
„Wir wollen die Produktqualität im Bereich schnell drehender Konsumgüter im nächsten Geschäftsjahr mit Hilfe einer neu eingerichteten Einzelhändler-Hotline so weit steigern, dass wir einen Kunden-Reklamationsstand von unter 5 Prozent erreichen. Dazu ist ein Budget von 100.000,- € p.a. unter der Leitung von Dr. Mayermüller mit Sitz in Hannover vorgesehen. Die Ergebnisse sind der Fachabteilung Marktkommunikation quartalsweise zur Verfügung zu stellen.“
Ziele im Marketing sind so detailliert zu formulieren wie in jedem technischen Führungsbereich (z.B. Produktion).
Operative Marketingziele betreffen z.B.:
- Absatz
- Umsatz (Erlös)
- Marktanteil
- Deckungsbeitrag
- Bekanntheitsgrad
- Imagepositionierung
- Branding (Markenführung).
Auch diese Ziele können und sollten operational (nach Inhalt, Ausmaß und Zeit) formuliert werden.
Duales Führungskonzept
Es wird sich oft die Frage gestellt, wo Marketing in einer betrieblichen Struktur zu stehen hat. Das so genannte „duale Führungskonzept“ zeigt, dass Marketing zwei grundlegende Funktionen hat:
- neben anderen Funktionen wie z.B. Einkauf und Produktion auf einer hierarchischen Stufe,
- in der Unternehmensleitung
Das Marketing ist also nicht nur einer von vielen Unternehmenszweigen, sondern es wird immer mehr zur „Chefsache“. Marketing als marktorientierte Unternehmensführung kommmt im Zeitalter der Globalisierung höhere Bedeutung zu.
Corporate Identity
Eine bedeutende Fragestellung im strategischen Marketing ist: wie präsentiert sich mein Unternehmen als Ganzes gegenüber der Außenwelt und nach innen gegenüber den Mitarbeitern. Dazu wurde in den 80er Jahren das Konzept der "Unternehmensidentität" entwickelt.
Die Unternehmensidentität (Corporate Identity oder kurz CI) mit ihren drei Teilaspekten Corporate Communication (CC), Corporate Design (CD) und Corporate Behaviour (CB) entwickelt systematisch ein einheitliches, prägnantes Erscheinungsbild des Unternehmens mit Außen- und Innenwirkung.
Innenwirkung:
- Die Mitarbeiter identifizieren sich mit ihrem Unternehmen. Es entsteht ein Wir-Gefühl: der Mitarbeiter von VW fährt idealerweise selbst z.B. einen Golf und keinen Ford Focus.
Außenwirkung:
- Das Unternehmen wird nach außen einheitlich präsentiert. Dazu gehören operativ die Geschäftsausstattung mit Logo, Farbgebung, Schrifttypografie und Layoutvorgaben (Corporate Design) sowie eine strategisch als geschlossen wahrnehmbare Kommunikationspolitik, mit der die anderen Elemente des Marketing-Mix den Marktteilnehmern zugänglich gemacht werden.
Die kommunizierte Zusammengehörigkeit (Corporate Behaviour: im Zusammenhang mit den anderen Bestandteilen des CI eine schlüssige und widerspruchsfreie Ausrichtung der Verhaltensweisen einer Organisation nach innen und aussen) führt zu einer eindeutigen und unverwechselbaren Marktpräsenz. Wenn die CI stimmig ist, erscheint das Unternehmen glaubwürdiger.
Siehe hierzu eigenständige Artikel Werbung und Kommunikationspolitik mit ihren Unterartikeln.
Marketingthemen im Überblick
Klassischer Marketing-Mix der American Marketing Association (4 Ps)
- Produkt- bzw. Leistungspolitik
- Preispolitik / Kontrahierungspolitik
- Kommunikationspolitik
- Distributionspolitik (Vertrieb, Logistik)
Geläufige Erweiterung um wichtige benachbarte Funktionen
- Marktforschung und Meinungsforschung
- Balanced Scorecard
- Qualitätsmanagement
- Controlling als Marketingcontrolling
- Brand Management
- Mitarbeitermanagement, Ausstattung- und Prozesspolitik im Dienstleistungsbereich
Marketingausrichtungen
- Konsumgütermarketing (B2C)
- Investitionsgütermarketing (B2B)
- Channel-Marketing
- Dienstleistungsmarketing
- Beteiligungsmarketing
- Marketing nach innen
- Non-Profit-Marketing (z.B.: Politikmarketing)
- Gender Marketing
- Patentmarketing
Neueste Forschungsrichtungen
- Innerhalb der Neuroökonomie, um das Entscheidungsverhalten objektiv zu messen
Fußnoten
- ↑ Holger Jung im Spiegel-TV-Interview des Manager-Magazin über XXP am 7.9.06
Siehe auch
Strategische Marketing-Planung
Literatur
- Kotler, Philip/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management. Analyse, Planung und Verwirklichung. Schäffer-Poeschel, 10. Aufl. 2001, 1399 Seiten
- Nieschlag, Robert/Dichtl, Erwin/Hörschgen, Hans: Marketing. Duncker & Humblot, 19. Aufl. 2002, 1349 Seiten
- Meffert, Heribert: Marketing; Gabler Verlag 9.; überarb. u. erw. Aufl. 2000. XXIV. ISBN 3-409-69017-4
- Bruhn, Manfred: Marketing. Grundlagen für Studium und Praxis. 7. überarb. Aufl., Wiesbaden 2004.
Weblinks
- Linkkatalog zum Thema Marketing und Werbung bei odp.org (ehemals DMOZ)