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Santería

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Die Santería ist eine Hauptreligion in Kuba. Aspekte der Orishas (Götter der Santería) werden katholischen Heiligen (spanisch santos) zugeordnet, um so u.a. von Tieropfern und heidnischen Riten abzulenken [1].

Viele Katholiken in Kuba suchen Rat und Heil bei einer Santera / einem Santero (Priester der Santería) oder einem Babalawo (Hohepriester des Orakelsystems Ifá[2]) und sind praktizierende Anhänger der Santería. Durch die vorgebliche Einheit von katholischen Heiligen mit Aspekten der Götter der Santería sehen sie in ihrem Handeln auch keinen Widerspruch. Die katholische Kirche lehnt die Santería und ihre Praktiken zwar grundsätzlich ab[3], ist aber zum beiderseitigen Vorteil relativ tolerant[4].

In den USA hat sich bei bestimmten Bevölkerungsgruppen aus der Santería ein Spiritismus entwickelt, der so genannte Santerismus, bei dem nach dem Vorbild Allan Kardecs die Geister von Verstorbenen, katholische Heilige und Götter der Santería in Sitzungen beschworen werden [5].


Die kubanische Santería

Virgen de la Caridad del Cobre - kubanische Nationalheilige, gleichzeitig Ochún in der Santería

Christianisierung

Die Kolonialmächte Spanien und Portugal christianisierten zwar ihre Sklaven, die Kosten dafür wollten die Sklavenhalter aber neben der Verpflegung nicht tragen [6].

Im 17. Jahrhundert führte die Katholische Kirche in den kubanischen Städten Bruderschaften (cofradías) ein, um den christlichen Glauben und die Heiligenverehrung zu fördern, und bot damit den Sklaven ungewollt die Chance, hier ihre religiösen Traditionen weiterhin zu pflegen. Am Ende des 18. Jahrhunderts gab es allein in Havanna bereits 21 cofradías [6].

Afrokubanische Religionen

Darüber hinaus existieren zahlreiche andere Gruppen wie die der Voudou (auch Vudú oder Voodoo), die Regla Arará (oder Arada) und die Gangá Longobá.

Verschmelzungen

Es gibt eine Verschmelzung ganz besonderer Art:

Da die Santería nicht auf religiösen Schriften beruht, verändert sie sich ständig und passt sich aufgrund der praktischen Ausübung ihrer Anhänger den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen an. Jeglicher Versuch, die religiösen Regeln zu kanonisieren, scheitert, da es keine Institution gibt, die über richtige oder falsche Religionsausübung entscheidet.

Ausbreitung

Obwohl die Santería eigentlich eine Religion der Schwarzen ist, lässt sich besonders seit den 1970er Jahren, ausgehend von kubanischen Intellektuellen, eine starke Ausbreitung auch unter weißen Kubanern beobachten. Seit der kubanischen Revolution 1959 breitet sich die Santería auch in den USA aus und ist in jüngster Zeit auch in Europa anzutreffen.

Die folkloristische Variante der Santería ist durch den Kuba-Tourismus seit Beginn der 1980er Jahre bekannt geworden. Das führte an deutschprachigen Universitäten zu einer stärkeren Beschäftigung mit diesen Religionen. Die von Touristen mitunter recht teuer bezahlte Aufnahme in die Santería kann eher als eine Form von Bauernfängerei gesehen werden, da der über Generationen gewachsene soziale und religiöse Hintergrund der Santería weit mehr als ein Bekenntnis zu einem Glauben beinhaltet.

Orishas der Santería

Die hier vorgenommene Zuordnung soll nur eine Vorstellung vom Synkretismus vermitteln und ist weder vollständig noch verbindlich. In der Santería (Regla de Ocha) gibt es etwa 200 verschiedene Orishas, von denen ca. 20 als Kernbereich angesehen werden können. Neben den hier genannten gibt es noch viele andere Aspekte und Riten, die den jeweiligen Orishas zugeordnet sind.

Orisha Herrschaftsbereich kath. Heiliger Farbe
Elegguá öffnet und schließt die Wege Antonius von Padua rot + schwarz, schwarz + weiß
Yemayá Meer, Geburt, Tod Virgen de Regla,
Patronin der Seeleute
hellblau + weiß/ blau + transparent (je nach Camino)
Changó Gott des Krieges Barbara rot u. weiß
Obatalá Köpfe Nuestra señora de las Mercedes weiß
Ochosí Pfeil u. Bogen, Gefängnis Norbert von Xanten,
Albert
blau + amber
Orichaoko Äcker, Ernte, Regen, Fruchtbarkeit Isidro blau u. rosa
Ochún Göttin der Flüsse und der Liebe Virgen de la Caridad del Cobre
kubanische Nationalheilige
amber u. gelb, korall + gel, rot + gelb (je nach Camino)
Oyá Wind, Friedhofstor, Sturm, Theresa von Ávila braun mit schwarzen u. weißen Streifen
Osain Berge, Pflanzen, Heilkräuter Silvester alle Farben
Aggayú[7] Flüsse, Laken Christophorus

Schutzpatron von Havanna

rotbraun und weiß
Oggún Eisen, Berge, Wälder Petrus (Havanna),
Paulus,
Johannes der Täufer (Matanzas)
schwarz + Grün
Babalú Ayé Gesundheit Lazarus weiß-blau gestreift, schwarz, rotbraun (je nach Camino)

Literatur

Die wichtigste Literatur zu afrokubanischen Religionen ist leider nicht in deutscher Sprache erhältlich:

  • Anibal Argüelles Mederos / Ileana Hodge Limonta. Los llamados cultos sincréticos y el espiritismo. Havanna 1991
  • Enrique Sosa Rodriguez. Los Ñañigos. Havanna 1982
  • Lydia Cabrera. El Monte. Havanna 1981 ISBN 0939544164
  • Fernando Ortíz Fernández (siehe Artikel)


Fußnoten

  1. sehr schön hat der Santería-Priester Raul Canizares dies in seinem Buch "Cuban Santería" ISBN 0892817623 beschrieben, wo er nicht von Synkretismus spricht, sondern von Verheimlichung/Verstellung (Dissimulation)
  2. Kerstin Volkenandt: 6.2 Orakelsysteme (siehe auch unter Weblinks)
  3. Katechismus der Katholischen Kirche 2116: „Sämtliche Formen der Wahrsagerei sind zu verwerfen: Indienstnahme von Satan und Dämonen, Totenbeschwörung oder andere Handlungen, von denen man zu Unrecht annimmt, sie könnten die Zukunft „entschleiern" [Vgl. Dtn 18,10; Jer 29,8.]. Hinter Horoskopen, Astrologie, Handlesen, Deuten von Vorzeichen und Orakeln, Hellseherei und dem Befragen eines Mediums verbirgt sich der Wille zur Macht über die Zeit, die Geschichte und letztlich über die Menschen, sowie der Wunsch, sich die geheimen Mächte geneigt zu machen. Dies widerspricht der mit liebender Ehrfurcht erfüllten Hochachtung, die wir allein Gott schulden.
  4. Kerstin Volkenandt: 7.2 Die Santería und die Katholische Kirche (siehe auch unter Weblinks)
  5. siehe hierzu George Brandon: Santería from Africa to the New World - The Dead Sell Memories ISBN 0253312574
  6. a b Kerstin Volkenandt 4.2 Missionierung der afrikanischen Sklaven
  7. El panteón Yoruba