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Internationale Gemeinden Christi

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Die Internationalen Gemeinden Christi sind eine aus den Gemeinden Christi entstandener ehemals hierarchisch organisierter Gemeindeverband in der Tradition des Restoration Movement.

Synonyme und andere Sprachen

Die englische Bezeichnung ist International Churches of Christ, ältere Namen sind Boston Church of Christ und Boston Movement. Offizielle Abkürzungen sind ICC und ICOC.

Neben den Internationalen Gemeinden Christi gibt es auch die kongregationalistischen Gemeinden Christi. Verwechslungen sind leicht möglich, da beide das Namensmuster Gemeinde Christi + Ort verwenden. So gibt es z.B. in Zürich eine 1958 gegründete kongregationalistische "Gemeinde Christi Zürich" und eine 1993 gegründete "Gemeinde Christi Zürich" die zu den Internationalen Gemeinden Christi gehört.

Verbreitung

Die Internationalen Gemeinden Christi hatten auf ihrem Höhepunkt über 400 Gemeinden in mehr als 150 Ländern. Weltweit zählten sie etwa 100'000 Mitglieder (150'000 Kirchenbesucher). Die Zahlen wurden auf akribische Weise ermittelt; Statistiken sollten glaubensfördernd sein, um effektiver in der Mission zu sein. In Wirklichkeit führten sie zu Betrug, Fälschungen wie in der DDR-Planwirtschaft und zu absurden Doppel- und Dreifachtaufen von den "fruchtbarsten" Gemeinden. Obwohl die Schädlichkeit der Praxis lange bekannt war, wurde davon erst Ende 2003 Abstand genommen. In Deutschland gab es fünf Gemeinden (jetzt 3,5), die zwischen 10 und 200 Mitglieder haben, in Österreich eine Gemeinde, in der Schweiz zwei Gemeinden und 100 Mitglieder.

Lehre

Die Lehre stimmt in Bezug auf die Herstellung einer persönlichen Beziehung zu Gott teilweise überein mit der der Gemeinden Christi, von denen die ICC abstammt und hat damit vieles gemeinsam mit dem konservativen amerikanischen Protestantismus.

Während die ICC grundsätzlich trinitarisch ist, wird in der Praxis die Betonung auf Jesus als unbedingt nachzuahmendes Vorbild gelegt.

Spezifische Lehren der ICC:

  • Eine Person muss "als Jünger" getauft werden, um erlöst (in der Terminologie der ICC gerettet) zu sein, d.h. die Taufe ist nur gültig, wenn die Person, die getauft wird, das richtige Verständnis für die Taufe hat, ihre Sünden vollständig bereut und schon vor der Taufe ein Leben als Jünger Christi geführt hat.
  • Nach Ansicht der ICC kann es in einer Stadt oder Ortschaft nur eine christliche Gemeinde geben. Es hat also nie zwei Kirchen in einer Stadt, die beide mit der ICC verbunden sind.
  • Erlösung ist in der Lehre der ICC kein dauerhaft erworbener Status sondern kann durch dauerhafte Abwendung von Gott verloren gehen.

Ausgelöst durch einen offenen Brief Henry Krietes (Evangelist der Londoner Ortsgemeinde) 2003, in dem die Auswirkungen des Leistungssystems und der starren Struktur klar angesprochen werden, begann zuerst in London, aber auch schnell weltweit eine Reihe von Veränderungen in Leitung und Struktur die noch andauern. In vielen Ortsgemeinden traten Leiter zurück und änderten sich Leitungsstrukturen.

Es gibt jedoch heftige Diskussionen, in denen die einen meinen, das Kind nicht mit dem Bade ausschütten zu dürfen, und andere eine radikale Reform und eine offene Entschuldigungspraxis fordern.

Gottesdienst und Praxis

Die Gestaltung des Gottesdienstes lehnt sich an die der Gemeinden Christi an. Der Gottesdienst dauert etwa 90 Minuten und ist auch für Nichtmitglieder offen.

Auffallend im Vergleich zu anderen europäischen Freikirchen sind die häufigen Zwischenrufe wie "Ja, stimmt!" oder "Amen!".

Neben dem Gottesdienst am Sonntag wird dazu ermutigt, dass sich jedes Mitglied jeden Morgen Zeit für persönliches Gebet und Bibelstudium nimmt, dazu gibt es eine wöchentliche Abendandacht sowie Treffen in kleineren Gruppen (Familiengruppen / Bibelkreise).

Zum wöchentlichen Bibelkreis und weiteren sozialen Veranstaltungen kann das Mitglied Besucher mitbringen. Es wurde erwartet, dass jedes Mitglied aktiv zu der Verbreitung des Christentums beiträgt und Besucher zu den Bibelkreisen einlädt, was sich aber geändert hat.

Neben der wörtlichen Auslegung der Bibel als Lebensgrundlage entwickelten sich diverse Regeln für das persönliche Verhalten, insbesondere gegenüber dem anderen Geschlecht. Beispielsweise gilt in der ICC schon jeder Blick auf eine Frau, der ein Begehren derselbigen mit sich bringt als "Lüsternheit" und damit als Sünde. Begründet wird dies u.a. mit Math 5:28, Hiob31:1. Viele andere Regeln aus den letzten Jahren wurden jedoch als zu weitgehend erkannt und werden nicht mehr als bindend angesehen (1.Kor.4:6).

ICC Mitglieder werden ermutigt, zu heiraten - allerdings nur in Christus (d. h. es mussten auch Gemeindemitglieder sein, womit sich besonders für Frauen ein deprimierendes Defizit an Auswahl ergab). Auch in der ICC gehen mittlerweile eine Vielzahl von Ehen auseinander - nicht immer aufgrund von "Sünde", sondern aufgrund inkompatibler Persönlichkeitsstrukturen, die von den unerfahrenen "Beratern" vor dem Eheschluss nicht erkannt werden konnten.

Jedes Mitglied hatte einen Mentor, mit dem täglich Kontakt bestand. Dem Mentor mussten alle Sünden bekannt werden. Ebenso waren alle Probleme mit dem Mentor zu besprechen. Das Wort Mentor ist ein Euphemismus für das Wort Kontrolleur. Besonders identitätsschwächere Persönlichkeitsstrukturen sind für die Übernahme einer solchen Praxis anfällig. Ein Näherkommen mit einem Mitglied des anderen Geschlechts war nur möglich, wenn beide jeweiligen Mentoren einverstanden sind (und natürlich nur mit einem anderen Mitglied der ICC). Auch dies ist ebenfalls nicht mehr zutreffend.

Das Bibelstudium bestand meistens aus dem Studium der "First Principles", einer von Kip McKean entwickelten Bibelstudienserie. Dies war eine einseitig aufgebaute Bibelserie, der ein potenzielles Mitglied vollständig zustimmen musste, um getauft werden zu können. Absoluter Gehorsam wurde verlangt. Obwohl diese Serie nicht mehr gelehrt wird, sind die wenigen verbliebenen Mitglieder jedoch noch von dieser manipulierenden und simplen Sicht der Welt geprägt.

Organisation

Die ICC war hierarchisch organisiert. An der Spitze standen der Gründer Kip McKean, der den Titel World Missions Evangelist führt und seine Frau Elene Garcia-McKean, die Leiterin des Frauen-Dienstes ist.

Unterhalb der McKeans gab es acht Sektoren, an deren Spitze ein World Sector Leader standen, und die dann in Regionen und Länder unterteilt waren. Diese hierarchische Struktur gibt es seit 2003 nicht mehr.

Finanziert wird die ICC durch die Mitglieder. Jedem Mitglied wird empfohlen mindestens 10% seiner Bruttoeinkünfte zu spenden, bei Unverheirateten ist es in der Regel mehr, dazu kommen noch ein- oder zweimal jährlich Sondergaben, die mindestens das zehnfache einer normalen wöchentlichen Spende betragen sollen.

Dieses Gesetz ist aufgehoben worden. Die Mitglieder wissen eigentlich nicht mehr, wofür sie ihr Geld geben. Denn der Traum der Weltmission ist geplatzt. Die Mitarbeiter sind auch nicht ausgebildet, sondern oft selber Missbrauchsopfer und können somit nach Meinung erfahrener Seelsorger keine Hirtenfunktionen übernehmen.

Das Spendenaufkommen hat bis zum Ende 2004 enorm nachgelassen. Die Zahl der Gemeindeangestellten ist drastisch reduziert worden. Die vollzeitigen Mitarbeiter erwarten ein angemessenes Gehalt und eine adäquate Ausbildung. An beidem hat es bis dato erheblich gemangelt. Es gibt auch keine Ressourcen, woher dies kommen könnte.

Geschichte

1979 übernahm Kip McKean die Church of Christ in Lexington (Boston) und führte dort die Jüngerschafts-Vorstellungen der Crossroads-Bewegung ein. Durch ein starkes Wachstum ermutigt, gründete er an anderen Orten Tochtergemeinden, womit er den Grundsatz der Gemeindeautonomie verließ, der für die Gemeinden Christi charakteristisch und bindend ist.

1992 wurde der Sitz von Boston nach Los Angeles verlegt, wo Kip McKean lebte und leitete. Mittlerweile ist er Leiter der Portland ICOC.

Im deutschsprachigen Raum wurden 1988 in München, 1991 in Berlin und 1993 in Zürich Tochterkirchen gegegründet.

Die weiteren Missionsanstrengungen haben sich als mühsam erwiesen. Lediglich die Gemeinden in Berlin und München spielen numerisch eine gewisse Rolle. Die Gemeinden in Köln und Wien befinden sich in einem Erosionsprozess oder gehen auf Dauer in die traditionellen Gemeinden Christi über.

Es gibt noch Widerstände gegen eine Autonomie der Ortsgemeinden, wie sie von den traditionellen Gemeinden Christi eingefordert werden. Die Diskussion über die Umsetzung dessen, wie man sich an das Beispiel der Zusammenarbeit der Gemeinden im Neuen Testament anlehnt, ist noch im Gange.

Ökumene

Die ICC sahen sich als einzige christliche Kirche und sind bei keiner ökumenischen oder überkirchlichen Organisation Mitglied. Alle übrigen Konfessionen galten für die ICC nicht als christliche Kirchen.

Taufen anderer Kirchen werden jedoch inzwischen anerkannt, wenn sie im Sinne der Erwachsenen- oder Glaubenstaufe stattfinden.

Kontroversen

Die traditionellen autonomen Gemeinden Christi lehnten insbesondere die damalige hierarchische Struktur der ICC ab und gehörten zu ihren schärfsten Kritikern. Andererseits sieht Kip McKean die allermeisten Anhänger der traditionellen Gemeinden Christi als Nichtchristen und damit als verloren an. McKean selber zeigt auffällige soziopathische Verhaltensweisen und ist als Persönlichkeit als manipulativ klassifiziert worden. Er versucht in Portland eine Renaissance der Gesamtbewegung herbeizuführen.

Das Jüngerschaftsverständnis der ICC führt nach Ansicht von Kritikern zu einem Dauerstress. Es führt zu einem kodependenten Verhalten von Menschen, die dadurch weniger die Chance haben, sich eigene Überzeugungen aufzubauen. Es untergrabe somit die Freiheit in Christus (Galater 5).


Das Bibelstudium der ICC war nach Analysen von Kritikern methodisch ganz darauf angelegt, unter Anwendung von auslegerischen Tricks und psychologischer Manipulation der studierenden Person die Sicht der ICC als einzig richtige darzustellen. Dabei sollte nicht die Bibel an und für sich studiert werden, sondern eine gezielte Auswahl von Bibelstellen in einer gezielten Reihenfolge mit jeweils einem Kommentar, wie die betreffende Stelle ausgelegt werden sollte. Dies ist nicht mehr zutreffend.

Im deutschsprachigen Raum bemühen sich ehemalige Mitglieder um die Einrichtung von Selbsthilfegruppen.

Die ICC stellte sehr hohe Anforderungen an ihre Mitglieder bezüglich Zeitaufwand und finanzieller Beiträge, duldete keine Kritik, verlangte absoluten Gehorsam und übte systematisch eine strenge Kontrolle über das einzelne Mitglied aus, nicht nur in Glaubensfragen sondern auch in Fragen des alltäglichen Lebens. Von daher wurde sie von Kritikern als Totalitäre religiöse Gruppe eingestuft.


Die Haltung der ICC, alle anderen Konfessionen als Nichtchristen und sich als den einzigen Weg zur Erlösung anzusehen, wird Ende 2004 von nur noch wenigen Mitgliedern akzeptiert. Doch ist weiterhin kein kritikfähiger Diskurs über die Zukunft der Gemeinden möglich. Viele der auf dem Weg der cold contact-Mission erreichten Mitglieder haben momentan Schwierigkeiten, sich mit der Gemeinde- und ihrer eigenen Vergangenheit zu beschäftigen.


Was die Mitglieder zusammenhält, ist meist eine koabhängige Beziehung zu anderen Mitgliedern der Gruppe (Sucht nach Menschen und einer einfachen Welt). Die Vielzahl regional übergreifender Veranstaltungen zeigt, dass die Familie der Gemeinden um jeden Preis zusammen gehalten werden soll. Begrüßenswert ist, dass viele der Mitglieder und Ex-Mitglieder eine Therapie machen. Auch wenn formal der totalitäre Charakter der Gruppe aufgehoben wurde, steckt der kleine Dämon des Totalitären noch in vielen Mitgliedern drin. Der Wunsch, die einmal gefundene Familie zu bewahren ist größer als der Mut dazu, den an sich erfahrenen Missbrauch eindeutig zu diagnostizieren und zu bearbeiten. Inzwischen bilden sich jedoch Selbsthilfegruppen, die den Mitgliedern neue Perspektiven anbieten sollen.

Wie bei anderen Freikirchen gilt das Motto: Auch Petrus und die anderen Jünger waren einfache Jünger. Somit wird die "Leitung" von nicht ausgebildeten, meist noch lebensunerfahrenen Leuten gerechtfertigt. Diese halten sich bis in die Gegenwart an selektive Auslegung aus McKeans First Principles. Sie versuchen, das einfache und konsistente Weltbild zu erhalten. Denn die eigene Identität als Gemeinde ginge ohne diese simple Auslegung verloren. Viele Mitglieder schließen sich inzwischen biblisch orientierten Freien Evangelischen oder baptistischen Gemeinden an.

Schlimm ist der Mangel an Menschenkenntnis und seelsorgerischer Erfahrung. Dies ist frappierend deshalb, da durch die frühere Cold Contact Mission meist Menschen mit Vergangenheiten emotionalen, sexuellen oder physischen Missbrauchs zusammenführte. Die kleine Welt als striktes Regelwerk, das Ausgrenzen der "bösen Welt" und ein Leben voller Kontrolle und ohne intime Sphären wirkte in der Tat als Droge. Für ehemalige Drogenabhängige, die von ihrer Sucht loskamen, wurde die eine Sucht durch eine andere ersetzt. Dies ist zwar auch im Falle von Entziehungskuren ein übliches Verfahren, aber Menschen mit einer solch gravierenden Vergangenheit benötigten insbesondere professionelle Unterstützung.

Hilfe von außen wird oft verweigert, weil professionelle Helfer nicht als Gottes Gesandte gesehen werden. Bei einigen Mitgliedern hat hier ein Umdenken stattgefunden. Viele jedoch meinen, dass "nur das Wort Gottes" zur Heilung gereicht.

Englische Webadressen

List of the websites of Internationale Gemeinden Christi

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