Siliciumcarbid
Kristallstruktur | |||||||||||||||||||
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Allgemeines | |||||||||||||||||||
Name | Siliciumcarbid | ||||||||||||||||||
Andere Namen | |||||||||||||||||||
Verhältnisformel | SiC | ||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
in reinstem Zustand farblose, hexagonale und rhomboedrische, meist blättrig ausgebildete Kristalltafeln[2] | ||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||||||||||||||
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Eigenschaften | |||||||||||||||||||
Molare Masse | 40,10 g·mol−1 | ||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | ||||||||||||||||||
Dichte |
3,21 g·cm−3[3] | ||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | |||||||||||||||||||
Löslichkeit |
praktisch unlöslich in Wasser[3] | ||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||||||||||||
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MAK |
Schweiz: 3 mg·m−3 (gemessen als alveolengängiger Staub)[4] | ||||||||||||||||||
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Siliciumcarbid (Trivialname: Karborund; andere Schreibweisen: Siliziumcarbid und Siliziumkarbid) ist eine zur Gruppe der Carbide gehörende chemische Verbindung aus Silicium und Kohlenstoff. Die chemische Formel ist SiC.
Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften
Hochreines Siliciumcarbid ist farblos. Technisches Siliciumcarbid ist schwarz bis grün (wg. Al2O3-Verunreinigung) und nimmt mit zunehmender Reinheit Farbtöne bis flaschengrün (diese Güte wird durch die Auswahl der Rohstoffe, Sand + Petrolkoks erreicht, besonders muss für SiC-grün die Verunreinigung mit Aluminiumoxid vermieden werden) an. Seine Dichte beträgt 3,217 g·cm−3. SiC-grün ist auch „weicher“ als dunkles SiC und wird – auch wegen des sehr viel höheren Preises – nur für spezielle Anwendungen hergestellt.
Siliciumcarbid ist auch bei Temperaturen über 800 °C gegen Sauerstoff relativ oxidationsbeständig durch Bildung einer passivierenden Schicht aus Siliciumdioxid (SiO2, „passive Oxidation“). Bei Temperaturen oberhalb von ca. 1600 °C und gleichzeitigem Sauerstoffmangel (Partialdruck unter ca. 50 mbar) bildet sich nicht das glasige SiO2, sondern das gasförmige SiO; eine Schutzwirkung ist dann nicht mehr gegeben, und das SiC wird rasch verbrannt („aktive Oxidation“).
Es zeigt eine hohe Härte von 9,6 (Mohs) und 2600 (Vickers, Knoop), gute Wärmeleitfähigkeit (reines SiC ca. 350 W/(m·K) technisches SiC ca. 100–140 W/(m·K), je nach Herstellungsverfahren) und Halbleiter-Eigenschaften. Die Bandlücke liegt dabei mit 2,39 eV (3C-SiC) bis 3,33 eV (2H-SiC) zwischen der von Silicium (1,1 eV) und der von Diamant (5,5 eV).[5][6]
In Schutzgas oder Vakuum kann es nicht zum Schmelzen gebracht werden, sondern es zersetzt sich: nach älteren Daten bei ca. 2700 °C (1986) oder 2830 °C (1988), nach neueren Daten (1998) allerdings erst bei 3070 °C.
Phasen
Der Stoff ist im Aufbau und den Eigenschaften ähnlich wie Diamant, da sich Silicium und Kohlenstoff in derselben Hauptgruppe und benachbarten Perioden des Periodensystems befinden und der Atomdurchmesser von Silicium nur leicht größer ist. Eine Besonderheit von SiC ist seine Polytypie: Es existiert in vielen unterschiedlichen Phasen, die sich in ihrer atomaren Struktur unterscheiden. Bei allen bisher bekannten Polytypen von SiC ist jedes Silicium-Atom durch kovalente Bindungen mit vier Kohlenstoff-Atomen verknüpft und umgekehrt, sie haben daher einen tetraedrischen Aufbau.[7]
Die sogenannte kubische Phase β-SiC (aufgrund ihrer abc-Schichtenfolge auch 3C genannt) kristallisiert in einer Zinkblende-Struktur, die mit der von Diamant verwandt ist. Sehr seltenes, natürlich vorkommendes Siliciumcarbid wird Moissanit genannt und ist Diamanten in vielfältiger Hinsicht zum Verwechseln ähnlich. Die anderen Polytypen besitzen eine hexagonale oder rhomboedrische (15R-SiC, 21R-SiC etc.) Struktur, wobei die hexagonalen Typen insgesamt am häufigsten auftreten. Die einfachste hexagonale Struktur (auch α-SiC genannt) ist Wurtzit-artig und wird aufgrund der ab-Schichtenfolge auch als 2H bezeichnet.[8] Häufiger anzutreffen und technologisch am bedeutsamsten sind die Polytypen 4H und 6H (Schichtenfolge abcb und abcacb), die eine Mischung aus dem rein hexagonalen 2H-Polytyp und dem rein kubischen Polytyp 3C darstellen und häufig ebenfalls als alpha-SiC bezeichnet werden. Dabei befinden sich eingebettet zwischen zwei hexagonalen Schichten eine (4H) bzw. zwei (6H) kubische Schichten.
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Molvolumen von α-SiC (6H, Moissanit) als Funktion des Drucks bei Zimmertemperatur
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Molvolumen von β-SiC (3C) als Funktion des Drucks bei Zimmertemperatur
Anwendung in der Technik
Mechanik
In der Technik wird Siliciumcarbid aufgrund seiner Härte und des hohen Schmelzpunktes als Schleifmittel (Carborundum, z. B. für optische Spiegel und Linsen) und als Komponente für Feuerfeststoffe verwendet. Große Mengen an weniger reinem SiC werden als metallurgisches SiC zur Legierung von Gusseisen mit Silicium und Kohlenstoff verwendet. Die Anwendung erfolgt auch als Isolator von Brennelementen in Hochtemperaturreaktoren. Ebenso dient es in Mischung mit anderen Materialien als Hartbetonzuschlagsstoff, um Industrieböden abriebfest und Tresorräume widerstandsfähig zu machen. Ringe an hochwertigen Angelruten werden ebenfalls meist aus SiC gefertigt. Auch hier liegt der Vorteil gegenüber anderen Materialien in der Härte, die verhindert, dass die Angelschnur unter hohen Belastungen eine Kerbe in den Ring einschneidet und schließlich durch Abrieb zerreißt.
SiC ist aufgrund seiner Härte bei gleichzeitig geringem Gewicht und der hohen Verfügbarkeit eine häufig verwendete Ingenieurkeramik. Außerdem wird SiC dank seiner geringen Wärmeausdehnung auch in Weltraumteleskopspiegeln verwendet. Das größte gefügte Einzelstück, das je gefertigt wurde, ist der aus 12 Segmenten zusammengelötete 3,5 m große Spiegel des Weltraumteleskops Herschel.[9][10] Dabei stand besonders die Gewichtseinsparung im Vordergrund. Gegenüber einem Gewicht von 1,5 Tonnen bei Herstellung in Standardtechnik wog dieser Spiegel nur 350 kg.[11] Das größte Einzelstück ist der 1,5 m Hauptspiegel des GREGOR-Teleskops aus dem im Silicierverfahren hergestellten Verbundwerkstoff Cesic des Herstellers ECM.[12]
Bremsscheiben werden aus kohlenstofffaserverstärkter SiC-Keramik hergestellt.
Heizelemente
Heizelemente aus Siliciumcarbid eignen sich für höhere Temperaturen besser als solche aus Metall und wurden ab 1904 von Siemens in Lichtenberg (später EKL) hergestellt.
Halbleitermaterial

Siliciumcarbid ist ein polytypes Material, einige Polytype weisen jedoch eine Bandlücke von bis zu 3,33 eV (2H-SiC) auf und SiC ist damit ein Halbleiter mit breitem Bandabstand. Halbleiter dieser Art sind unter anderem interessant für die Fertigung von blauen Leuchtdioden (460–470 nm, entspricht rund 2,65 eV). Bereits 1907 entdeckte der englische Wissenschaftler Henry Joseph Round, dass beim Anlegen einer Spannung an einen Siliciumcarbidkristall dieser zum kalten Glimmen angeregt wurde – dieser nach ihm benannte Round-Effekt ist Grundlage der Leuchtdiode. Neben dieser historischen Rolle ist SiC neben dem Diamant einer der wichtigsten indirekten Halbleiter mit breitem Bandabstand, obwohl trotz andauernder Bemühungen, die Eigenschaften SiC-basierender LEDs zu verbessern, die Emissionseffektivität dieser LEDs weiterhin rund zwei Größenordnungen unter der von Nitrid-Halbleitern liegt.[5]
Analog eignet sich SiC durch den großen Bandabstand für Photodioden, die empfindlich für Ultraviolettstrahlung sind. Das Maximum der Empfindlichkeit liegt bei etwa 300 nm. Für sichtbares Licht sind sie hingegen nahezu unempfindlich. Bei extrem kurzwelliger Ultraviolettstrahlung von etwa 10 nm Wellenlänge zeigen SiC-Photodioden ein weiteres Maximum der Empfindlichkeit.[13]
Neben der Anwendung als LED und Photodiode wird SiC für Varistoren, ultraschnelle Schottky-Dioden, Isolierschicht- und Sperrschicht-Feldeffekttransistoren sowie darauf basierende elektronische Schaltkreise und Sensoren, die hohe Temperaturen oder hohe Dosen ionisierender Strahlung aushalten müssen, verwendet. SiC-basierte Halbleiterschaltungen können unter Laborbedingungen bei Temperaturen bis zu 600 °C eingesetzt werden.[14][15] Zum Vergleich: Auf Silicium basierende Halbleiterelektronik hat ein physikalisch bedingtes oberes Betriebstemperaturlimit im Bereich von 150 °C. Oberhalb dieser Temperatur kommt es zu einem schnellen Anstieg von Leckströmen (mehr Ladungsträger im Leitungsband durch thermische Anregung). Diese Grenze kann durch den Einsatz von Halbleitern mit breitem Bandabstand wie SiC zu höheren Temperaturen verschoben werden. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat damit Wechselrichter auf der Basis von Siliciumcarbid-JFETs realisiert (HERIC-Topologie).[16]
Die Fertigung ist aktuell noch deutlich teurer als die von Silicium-Halbleitern (geringe Stückzahlen, vergleichsweise neue Technologie, höhere intrinsische Defektdichte, härteres Material).[17]
Der Vorteil von SiC liegt zum einen in den zwei Größenordnungen niedrigeren Leistungsverlusten, gegenüber auf Silicium basierenden MOSFETs, und zum anderen in den höheren Schaltgeschwindigkeiten.[18] Zudem weist 4H-SiC eine im Vergleich zu Silizium 10-fach höhere Durchbruchspannung für pn-Übergänge auf,[19] wodurch kompaktere Bauelemente oder höhere nutzbare Spannungen möglich werden. Hauptkonkurrent in diesem Bereich ist aktuell der Verbindungshalbleiter Galliumnitrid, welcher ähnlich gute oder bessere Eigenschaften zeigt.
Aufgrund der guten Wärmeleitfähigkeit wird SiC auch als Substrat für andere Halbleitermaterialien eingesetzt.
Optik
SiC wird als Schleifmittel zur Fertigung optischer Elemente eingesetzt. Das Material wird auch als Material für die Fertigung von Spiegeln eingesetzt. Ein Beispiel ist das Astrometrie-Weltraumteleskop Gaia, bei dem auf einem leichten, stabilen und vorgeschliffenen Grundkörper aus gesintertem SiC eine weitere SiC-CVD-Schicht aufgebracht und poliert wurde, um die gewünschte optische Qualität zu erhalten.[20] Anschließend wurden die Spiegel mit einer reflektierenden Silberschicht versehen.
Verwendung in der Biotechnologie
Siliciumcarbid-Kristallnadeln finden Anwendung bei der Erzeugung transgener Pflanzen.[21] Die Methode zeichnet sich im Vergleich zur biolistischen Transformation[22][23] durch deutlich geringere Kosten aus. Verglichen mit der Transformation durch Agrobakterien[24] ist der geringere Aufwand ein Pluspunkt der Methode. Dem gegenüber steht in beiden Fällen eine deutlich geringere Transformationseffizienz.[25]
Herstellung

Technische Siliciumcarbide/SiC-Keramiken
Die typischen Eigenschaften kommen bei den Werkstoffvarianten unterschiedlich stark zum Tragen. Je nach Herstellungstechnik muss bei Siliciumcarbidkeramiken zwischen artfremdgebundenen und arteigengebundenen Keramiken unterschieden werden, sowie zwischen offenporöser und dichter Keramik:
- Offenporige Siliciumcarbidkeramiken
- Silikatisch gebundenes Siliciumcarbid
- Rekristallisiertes Siliciumcarbid (RSiC)
- Nitrid- bzw. oxynitridgebundenes Siliciumcarbid (NSiC)
- Dichte Siliciumcarbidkeramiken
- Reaktionsgebundenes, siliciuminfiltriertes Siliciumcarbid (SiSiC)
- Gesintertes Siliciumcarbid (SSiC)
- Heiß (isostatisch) gepresstes Siliciumcarbid (HpSiC, HipSiC)
- Flüssigphasengesintertes Siliciumcarbid (LPSSiC)
Art und Anteil der Bindungsarten sind entscheidend für die jeweiligen charakteristischen Eigenschaften der Siliciumcarbidkeramiken.
Acheson-Verfahren
Beim Acheson-Verfahren (nach Edward Goodrich Acheson) werden in großen Becken lange, in pulverisierten Koks eingebettete und mit Sand bedeckte Kohlenstoff-Formkörper durch elektrischen Stromfluß auf 2200–2400 °C erhitzt. In einer endothermen Reaktion entsteht so hexagonales α-Siliciumcarbid.
CVD-Verfahren
Mit der chemischen Gasphasenabscheidung (engl. chemical vapour deposition, CVD), einem Beschichtungsverfahren, lässt sich ebenfalls SiC darstellen. Als Ausgangsstoffe werden dabei chlorhaltige Carbosilane mit der chemischen Grundformel:
verwendet. Sinnvollerweise sind dies auch Stoffe, die bei Raum- oder leicht erhöhten Temperaturen gasförmig sind, wie zum Beispiel das Methyl-Trichlor-Silan (MTS, CH3SiCl3) mit einem Siedepunkt von 70 °C.
Bei der Abscheidung unter hohen Temperaturen und mit Wasserstoff als Katalysatorgas bildet sich auf den heißen Oberflächen beta-SiC und HCl muss als Abgas entsorgt werden.
Einkristallines SiC wird durch CVD-Epitaxie oder durch Sublimation von polykristallinem SiC in einem Temperaturgradienten erzeugt (PVT-Verfahren, modifizierte Lely-Methode).[26][27]
Silicatisch gebundenes Siliciumcarbid
Silicatisch gebundenes Siliciumcarbid wird aus groben und mittelfeinen SiC-Pulvern hergestellt und mit ca. 5 bis 15 % aluminosilicatischer Bindematrix unter Luftatmosphäre gebrannt. Die Festigkeiten, Korrosionsbeständigkeiten und vor allem die Hochtemperatureigenschaften werden durch die silicatische Bindematrix bestimmt und liegen daher unterhalb der nichtoxidisch gebundenen SiC-Keramiken. Bei sehr hohen Einsatztemperaturen beginnt die silicatische Bindematrix zu erweichen, der Werkstoff verformt sich unter Last bei hohen Temperaturen. Vorteil ist sein vergleichsweise geringer Herstellungsaufwand.
Typische Anwendung findet dieser Werkstoff überall dort, wo Mengen und eine kostengünstige Herstellung ausschlaggebend sind, z. B. als Tellerkapsel beim Porzellanbrand.
Rekristallisiertes Siliciumcarbid (RSiC)
RSiC ist ein reiner Siliciumcarbidwerkstoff mit ca. 11 bis 15 % offener Porosität. Diese Keramik wird bei sehr hohen Temperaturen von 2300 bis 2500 °C gebrannt, wobei sich ein Gemisch aus feinstem und grobem Pulver schwindungsfrei zu einer kompakten SiC-Matrix umwandelt. Bedingt durch seine offene Porosität hat das RSiC im Vergleich zu den dichten Siliciumcarbidkeramiken geringere Festigkeiten.
RSiC zeichnet sich infolge seiner Porosität durch eine hervorragende Temperaturwechselbeständigkeit aus. Die schwindungsfreie Brenntechnik erlaubt analog zum SiSiC die Herstellung großformatiger Bauteile, die vorwiegend als hoch belastbare Brennhilfsmittel (Balken, Rollen, Platten etc.) z. B. beim Porzellanbrand eingesetzt werden. Bedingt durch seine offene Porosität ist diese Keramik nicht dauerhaft oxidationsbeständig und unterliegt als Brennhilfsmittel oder auch als Heizelement einer gewissen Korrosion. Die maximale Anwendungstemperatur liegt bei rund 1600 °C.
Nitridgebundenes Siliciumcarbid (NSiC)
NSiC ist ein poröser Werkstoff, mit 10 bis 15 % Porosität und davon 1 bis 5 % offener Porosität, der schwindungsfrei hergestellt wird, indem ein Formkörper aus SiC-Granulat und Si-Metallpulver in einer Stickstoffatmosphäre bei ca. 1400 °C nitridiert. Dabei wandelt sich das anfänglich metallische Silicium zu Siliciumnitrid um und bildet damit eine Bindung zwischen den SiC-Körnern aus. Anschließend wird das Material oberhalb 1200 °C einer oxidierenden Atmosphäre ausgesetzt. Das bewirkt die Entstehung einer dünnen Oxidationsschutzschicht in Form einer Glasschicht an der Oberfläche.
Die Siliciumnitridmatrix bewirkt, dass Werkstücke aus NSiC durch Nichteisenmetallschmelzen schlecht benetzbar sind. Wegen seiner gegenüber RSiC geringeren Porengröße weist NSiC eine deutlich höhere Biegebruchfestigkeit sowie eine bessere Oxidationsbeständigkeit auf und unterliegt aufgrund seiner besseren Oberflächenbeständigkeit keiner Verformung über die Einsatzdauer hinweg. Dieser Werkstoff ist hervorragend als hoch belastbares Brennhilfsmittel bis 1500 °C geeignet.
Reaktionsgebundenes siliciuminfiltriertes Siliciumcarbid (SiSiC)
SiSiC besteht zu ca. 85 bis 94 % aus SiC und entsprechend aus 15 bis 6 % metallischem Silicium. SiSiC besitzt praktisch keine Restporosität. Dies wird erreicht, indem ein Formkörper aus Siliciumcarbid und Kohlenstoff mit metallischem Silicium infiltriert wird. Die Reaktion zwischen flüssigem Silicium und dem Kohlenstoff führt zu einer SiC-Bindungsmatrix, der restliche Porenraum wird mit metallischem Silicium aufgefüllt. Vorteil dieser Herstellungstechnik ist, dass im Gegensatz zu den Pulversintertechniken die Bauteile während des Silicierungsprozesses keine Schwindung erfahren. Daher können außerordentlich große Bauteile mit präzisen Abmessungen hergestellt werden. Der Einsatzbereich des SiSiC ist aufgrund des Schmelzpunktes des metallischen Siliciums auf ca. 1400 °C begrenzt. Bis zu diesem Temperaturbereich weist SiSiC hohe Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit, verbunden mit guter Temperaturwechselbeständigkeit und Verschleißbeständigkeit auf. SiSiC ist daher prädestiniert als Werkstoff für hoch belastete Brennhilfsmittel (Balken, Rollen, Stützen etc.) und verschiedenste Brennerbauteile für direkte und indirekte Verbrennung (Flammrohre, Rekuperatoren und Strahlrohre).
Es findet aber auch im Maschinenbau bei hoch verschleißfesten und korrosionsbeständigen Bauteilen (Gleitringdichtungen) Anwendung.
In basischen Medien wird das freie Silicium chemisch jedoch korrosiv angegriffen, was an der Bauteiloberfläche zu Einkerbungen führt. Dadurch wird wegen der Kerbempfindlichkeit und geringen Bruchzähigkeit dieser Keramik die Festigkeit des Bauteils geschwächt.
Drucklos gesintertes Siliciumcarbid (SSiC)
SSiC wird aus gemahlenem SiC-Feinstpulver hergestellt, das mit Sinteradditiven versetzt, in den keramiküblichen Formgebungsvarianten verarbeitet und bei 2000 bis 2200 °C unter Schutzgas gesintert wird. Neben feinkörnigen Varianten im Mikrometerbereich sind auch grobkörnige mit Korngrößen bis 1,5 mm erhältlich. SSiC zeichnet sich durch eine hohe Festigkeit aus, die bis zu sehr hohen Temperaturen (ca. 1600 °C) nahezu konstant bleibt.
Dieser Werkstoff weist eine extrem hohe Korrosionsbeständigkeit gegenüber sauren und basischen Medien auf, denen er ebenfalls bis zu sehr hohen Temperaturen standhalten kann. Diese Eigenschaften werden durch eine hohe Temperaturwechselbeständigkeit, hohe Wärmeleitfähigkeit, hohe Verschleißbeständigkeit und eine diamantähnliche Härte ergänzt.
Das SSiC ist daher für Anwendungen mit extremen Ansprüchen prädestiniert, z. B. für Gleitringdichtungen in Chemiepumpen, Gleitlagern, Hochtemperaturbrennerdüsen oder auch Brennhilfsmittel für sehr hohe Anwendungstemperaturen. Die Verwendung von SSiC mit Grafiteinlagerungen steigert die Leistung von Tribosystemen.
Heiß gepresstes Siliciumcarbid (HPSiC)
Heiß gepresstes Siliciumcarbid (HPSiC) sowie heiß isostatisch gepresstes Siliciumcarbid (HIPSiC) weisen gegenüber dem drucklos gesinterten SSiC sogar noch höhere mechanische Kennwerte auf, da die Bauteile durch die zusätzliche Anwendung von mechanischen Pressdrücken bis zu ca. 2000 bar während des Sintervorganges nahezu porenfrei werden. Die axiale (HP) bzw. die isostatische (HIP) Presstechnik beschränkt die zu fertigenden Bauteile auf relativ einfache bzw. kleine Geometrien und bedeutet zusätzlichen Aufwand gegenüber dem drucklosen Sintern. HPSiC bzw. HIPSiC finden daher ausschließlich Anwendung in Bereichen extremer Beanspruchung.
Flüssigphasengesintertes Siliciumcarbid (LPSSiC)
LPSSiC ist ein dichter Werkstoff, der SiC und eine oxinitridische SiC-Mischphase sowie eine oxidische Sekundärphase enthält. Der Werkstoff wird aus Siliciumcarbidpulver und variierenden Mischungen von oxidkeramischen Pulvern, oft auf der Basis von Aluminiumoxid und Yttriumoxid, hergestellt. Dabei sind die oxidischen Bestandteile für die gegenüber SSiC etwas höhere Dichte verantwortlich. Die Bauteile werden in einem Drucksinterverfahren bei einem Druck von 5–30 MPa und einer Temperatur von über 1950 °C verdichtet.
Der Werkstoff zeichnet sich durch die feine SiC-Kristallitgröße und dadurch, dass er praktisch porenfrei ist, durch sehr hohe Festigkeit und eine (im Vergleich zu den übrigen Siliciumcarbid-Varianten) etwas höhere Bruchzähigkeit aus. LPSiC liegt somit von den mechanischen Eigenschaften her gesehen zwischen dem SSiC und Siliciumnitrid.
SiC-Fasern
SiC-Fasern (Nicalon) werden ausgehend von Dichlordimethylsilan hergestellt. Dieses polymerisiert zu Polydimethylsilan, welches beim Erhitzen unter Kondensation und Abspaltung von Chlor zu Polycarbosilan umlagert. Daraus werden Fasern gezogen, die später in Siliciumoxycarbidfasern pyrolysiert werden.[28]
Verbundwerkstoffe
Die Entwicklung einer speziellen kohlenfaserverstärkten Siliciumcarbid-Verbundkeramik (oft auch englisch als ceramic matrix composites, CMC, bezeichnet) durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart hat zu neuartigen Hitzeschutzkacheln für Raumfahrzeuge geführt. Der letzte große Praxistest für dieses Material und andere faserverstärkte Keramiken fand bei dem europäischen Projekt SHEFEX (Sharp Edge Flight Experiment)[29] 2005 in Norwegen statt. Der gleiche Werkstoff findet inzwischen auch Verwendung als Bremsscheibenmaterial in hochpreisigen Sportwagen. Mit Siliciumcarbidfasern verstärkte Siliciumcarbid-Verbundkeramik der MT Aerospace AG wird schon seit 1994 als Wellenschutzhülse in wassergeschmierten Gleitlagern von Großpumpen verschiedener Pumpenhersteller eingesetzt. Durch die Einbettung mit Fasern erhält der Werkstoff eine deutlich höhere Bruchzähigkeit, die im Bereich von Metallen wie zum Beispiel Grauguss liegt.
Der Markenname Cesic bezeichnet einen isotropen SiSiC-Werkstoff. Kurze Kohlenstofffasern werden mit einem Phenolharz zu Formkörpern verpresst und pyrolysiert. Der Grünkörper ist porös und lässt sich auf Maß bearbeiten. Anschließend reagiert der Formkörper im Vakuum oberhalb 1600 °C über Silicium-Flüssigphaseninfiltration nahezu formstabil zu SiC. Bei Raumtemperatur beträgt der thermische Längenausdehnungskoeffizient weniger als 3·10−6 K−1, ungefähr 1/10 von Aluminium.[30]
Trivia
Die ursprüngliche Markenbezeichnung Carborundum wird seit dem Zweiten Weltkrieg für das pseudolateinische Motto Illegitimi non carborundum verwendet.
Weblinks
- Eigenschaften technischer SiC-Keramiken
- SiC-Wafer (Link down, Archivlink)
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag zu SILICON CARBIDE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission
- ↑ Eintrag zu Siliciumcarbid. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag
- ↑ a b c d e Eintrag zu Siliciumcarbid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich) .
- ↑ Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 409-21-2 bzw. Siliciumcarbid), abgerufen am 2. November 2015.
- ↑ a b K. Takahashi, A. Yoshikawa, A. Sandhu: Wide Bandgap Semiconductors: Fundamental Properties and Modern Photonic and Electronic Devices. Springer-Verlag, New York 2007.
- ↑ C. Persson, U. Lindefelt: Detailed band structure for 3C-, 2H-, 4H-, 6H-SiC, and Si around the fundamental band gap. In: Phys. Rev. B. Band 54, Nr. 15, 1996, S. 10257–10260, doi:10.1103/PhysRevB.54.10257.
- ↑ W. Y. Ching, Y. N. Xu, P. Rulis, L. Ouyang: The electronic structure and spectroscopic properties of 3C, 2H, 4H, 6H, 15R and 21R polymorphs of SiC. In: Materials Science & Engineering A. Band 422, Nr. 1–2, 2006, S. 147–156, doi:10.1016/j.msea.2006.01.007.
- ↑ Martin Hundhausen: Die nachstehende Seite ist nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2017. (Suche in Webarchiven.) Polytypismus von SiC. (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (Abbildung zur Struktur von 3C- und 2H-SiC)
- ↑ Ditrich Lemke: Das Weltraumteleskop Herschel vor dem Start Sterne und Weltraum 47 Nr. 1, Januar 2008, S. 36–46.
- ↑ ESA: Giant Herschel telescope assembled.
- ↑ Herschel – Ein alles revolutionierendes Weltraumteleskop bei Airbus Defence and Space Abruf 1. September 2016
- ↑ GREGOR. Die wichtigsten optischen Eigenschaften. Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik. Abgerufen 26. September 2010.
- ↑ John F. Seely, Benjawan Kjornrattanawanich, Glenn E. Holland, Raj Korde: Response of a SiC photodiode to extreme ultraviolet through visible radiation. In: Optics letters. Vol. 30, No. 23, 1. December 2005. (Opticsinfobase)
- ↑ A. K. Agarwal, G. Augustine, V. Balakrishna, C. D. Brandt, A. A. Burk, Li-Shu Chen, R. C. Clarke, P. M. Esker, H. M. Hobgood, R. H. Hopkins, A. W. Morse, L. B. Rowland, S. Seshadri, R. R. Siergiej, T. J. Smith, S. Sriram: SiC electronics. In: International Electron Devices Meeting, 1996. 1996, S. 225–230, doi:10.1109/IEDM.1996.553573.
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- ↑ purdue.edu: History and Status of Silicon Carbide Research ( vom 19. Juli 2010 im Internet Archive)
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- ↑ Flugexperiment SHEFEX erfolgreich gestartet
- ↑ Cesic Datenblatt