HK G36
Allgemeines | |
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Name | G36 |
Kategorie | Sturmgewehr |
Hersteller | Heckler & Koch |
Land | Deutschland |
Kaliber | 5,56 mm x 45 (SS109) |
Feuergeschwindigkeit | 750 Schuss/Min. |
Mündungsgeschwindigkeit (V0) | 920 m/s |
Max. Kampfentfernung | 500 m |
Max. Schussweite | 2860 m |
Gewicht (ohne Magazin) | 3630 g |
Visiere | Reflexvisier bis 200 m und optisches Visier |
Gasdruck im Lauf | 2400 Bar |
Stangenmagazin | 30 Patronen |
Trommelmagazin | 100 Patronen |
Das Sturmgewehr G36 ist die Standardinfanteriewaffe der Bundeswehr. Es ist Nachfolger des Gewehrs G3. Das G36 ist bis auf Lauf, Verschluss, Federn und einige Kleinteile völlig aus Kunststoffen gefertigt. Dies brachte dem Gewehr auch die Spitznamen „Tupperteil“, „Legogewehr“ und „Plastik-Peng-Peng“ in der Bundeswehr ein.
Geschichte
Bereits 1970 formulierte die Bundeswehr die Anforderungen für einen Nachfolger des G3. Auf dieser Basis begann die Entwicklung des G11 von Heckler & Koch, welche etwa 1988 abgeschlossen war. Die veränderte politische Lage (Wiedervereinigung, Zusammenbruch des Ostblocks), sich ändernde Anforderungen und wirtschaftliche Überlegungen sowie das ungewöhnliche Konzept verhinderten eine Einführung. 1992 formulierte das deutsche Heer die Forderung nach einem Nachfolger für das G3 neu. Forderung war, dass ein schon auf dem Markt befindliches Gewehr beschafft werden muss. Sieger war letztendlich das HK50 von Heckler & Koch - eine im Vergleich zum G11 eher konservative, aber günstigere Waffe. Am 8. Mai 1995 wurde die Einführungsgenehmigung unterzeichnet, und am 3. Dezember 1997 erfolgte die offizielle Übergabe unter der Bezeichnung G36 an das Heer in der Infanterieschule Hammelburg.
Beschreibung

Das G36 ist ein Gasdrucklader mit Drehkopfverschluss mit sechs Verriegelungsnocken.
Ein wesentlicher Unterschied des G36-Systems gegenüber anderen Gasdruckladern besteht darin, dass der Verschluss nicht mit der Antriebsstange des Verschlusses verbunden ist.
Es werden auch keine Pulvergase direkt zum Verschluss geleitet, wie beispielsweise beim Colt-Gewehr M16. Das G36 ist deshalb relativ unempfindlich gegen Verschmutzung durch eigene Pulvergase.
Nach Schussabgabe werden die Verbrennungsgase durch eine Bohrung im vorderen Mittel des Rohres in die Gasabnahme auf den Gaskolben geleitet. Der Gaskolben ist mit einer Antriebsstange verbunden, welche einen Antriebsimpuls auf den Verschlussträger überträgt. Daraufhin bewegt sich der Verschlussträger aufgrund seiner Massenträgheit nach hinten und drückt über seine Steuerkurve den Steuerbolzen des Verschlusskopfes nach unten. Dadurch wird der Verschlusskopf gezwungen, eine kleine Drehung auszuführen, so dass die Verriegelungswarzen frei werden und der Verschluss entriegelt. Der Verschluss läuft weiter nach hinten und zieht die leere Patronenhülse über den Auszieher aus dem Patronenlager des Rohres. Die Patronenhülse wird vom Auswerfer schließlich ausgeworfen. Der weiter zurück laufende Verschluss spannt die Schließfeder und drückt den Schlaghebel (Hahn) nach unten in dessen Raststellung. Nachdem die restliche Rücklaufenergie des Verschlusses vom Verschlusspuffer am Ende des Rücklaufweges aufgezehrt wurde, erfolgt die Bewegungsumkehr. Die Schließfeder drückt den Verschlussträger wieder in die Ausgangsstellung, wobei durch den Vorlauf eine neue Patrone aus dem Magazin in das Patronenlager geführt wird. Der Verschlussträger dreht dabei den Verschlusskopf über dessen Steuerbolzen wieder in die Verriegelungsposition.
Bevor ein Gewehr ausgeliefert wird, muss es verschiedene Kontrollen durchlaufen, unter anderem einen Probeanschuss. Dabei werden mit besonders präzise laborierter Anschussmunition 5 Schuss auf ein Ziel in 100 m Entfernung abgegeben. Der Streukreis der Geschosse darf nicht größer als 15 cm sein. Später mit der Truppenmunition liegt der 100 m-Streukreis dann im Schnitt bei 17 cm Durchmesser.
Durch das im Gegensatz zum G3 kleinere Kaliber und den damit auch kleineren Rückstoßimpuls kann man das G36 bei längeren Feuerstößen besser im Ziel halten.
Baugruppen
Das G36 kann mit einfachen Handgriffen in seine 10 Baugruppen zerlegt werden:
- Magazin
- Trageriemen
- Griffstück vollständig
- Schulterstütze vollständig
- Bodenstück mit Schließfeder
- Verschluss
- Verschlussträger
- Sicherungsbolzen
- Schlagbolzen
- Steuerbolzen
- Verschlusskopf
- Handschutz vollständig
- Gehäuse mit Rohr und Anbauteilen
- Tragebügel mit Visiereinrichtung
- Zweibein
Die Zeitvorgabe für das Zerlegen und Zusammensetzen beträgt in der Regel zwei Minuten, ist aber mit Übung auf 90 Sekunden reduzierbar. Der Vorgang benötigt im Vergleich mit anderen Sturmgewehren deshalb etwas mehr Zeit, da einige Baugruppen (Griffstück vollständig, Bodenstück mit Schließfeder, Magazinschacht und Handschutz vollständig) von drei Haltebolzen gesichert werden. Die Haltebolzen werden in vier Bohrungen (eine Bohrung bleibt ungenutzt, da ursprünglich vier Haltebolzen geplant waren) in der Schulterstütze eingeführt. Zum Reinigen wird die Waffe wie oben beschrieben zerlegt. Beim feldmäßigen Reinigen wird die Waffe nur bis zur Entnahme des Verschlusses zerlegt. Im internationalen Vergleich ist diese „deutsche Lösung“ (ähnlich beim G3) aus gutem Grund einzigartig.
Visierung
Das G36 (Standard) verfügt über ein duales Hauptkampfvisier, bestehend aus zwei Teilen:

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Zielfernrohr
Mit einer 3-fachen Vergrößerung ist es dem Soldaten möglich, Ziele auf eine Entfernung von bis zu 500 m zu bekämpfen. Im Visier befindet sich eine Strichplatte für Mannziele bis zu einer Entfernung von 800 m (bei ca. Körpergröße von 1,75m). Diese wird zur Entfernungsschätzung benutzt. Das Fadenkreuz in der Mitte des Zielkreises ist die Zielmarke für eine Schussentfernung von 200 Metern, auf die die Waffe in der Regel auch eingeschossen ist. Weiter bildet der Kreis in der Optik drei Fadenkreuze, die jeweils als Zielmarke für 200, 400, 600 und 800 Meter dienen. Nur das oberste Fadenkreuz ist mit einem Kreis umgeben, die beiden Schnittpunkte der Außenflächen des Zielkreises mit der Visierlinie dienen als Vorhaltemarke für Ziele mit 7-8 km/h auf 200 m. Dort wo sich der unterste Punkt des Fadenkreuzes mit dem Kreis schneidet, liegt die 400 Meter Marke. Dank der flachen Flugbahn des 5,56-mm-Projektils können aber auch Ziele unter 200 Meter getroffen werden mit nur geringfügig tiefer gesetztem Haltepunkt.
Kollimatorvisier
(auch Reflexvisier, Hauptkampfvisier, Rotpunktvisier oder gespiegeltes Zielpunktvisier genannt)

Hier wird oberhalb des Visiers Sonnenlicht eingefangen und in das Visier als roter Punkt eingespiegelt. Aufgrund der Bauweise kann nur der Schütze den Punkt sehen. Bei Nacht wird die Klappe auf dem Kollimatorvisier geschlossen und eine Lichtquelle, die über eine Batterie maximal 36 Stunden gespeist wird, übernimmt die Aufgabe des Sonnenlichts.
Die Helligkeit des so erzeugten Rotpunktes passt sich automatisch den Lichtverhältnissen über einen Foto-Sensor an. Bei schlechten Kontrastverhältnissen kann der Schütze durch Drücken des Ein-/Ausschalters die Leuchtstärke erhöhen. Eine Zeitschaltung veranlasst nach ca. 45 Sekunden die Rückschaltung der Beleuchtungsstärke auf Standard.
Das Kollimatorvisier wird für Schnellschüsse bis maximal 200 Meter eingesetzt. Durch die flache Flugbahn trifft das Geschoss das Ziel auf jeden Fall in Entfernung von 50–150 Metern bei gleichem Haltepunkt. Zudem soll der Schütze mit beiden Augen offen schießen, was eine größere Beobachtungsgabe für sein Umfeld und schnellere Reaktionen ermöglicht.
Für das G36 gibt es einen Nachtsichtaufsatz (NSA 80), der ohne Werkzeug mit einer Hand auf dem Haltebügel montiert werden kann. Dadurch wird das G36 auf Entfernungen ab 20 Metern nachtkampffähig, ohne dass Einstellungen an der Zieloptik notwendig werden. Dies geschieht jedoch auf Kosten des Reflexvisiers, das vom NSA 80 abgedeckt wird. Der Schwerpunkt des G36 verschiebt sich durch das NSA 80 nach vorne und nach oben, so dass die ruhige Schussabgabe erschwert wird, was sich jedoch durch das Gegengewicht von drei aneinander gesteckten Magazinen teilweise ausgleichen lässt. Das G36 wiegt in dieser Konfiguration etwa 6 kg. Mit einer beiliegenden Adapterschiene kann der NSA 80 auch für die Panzerfaust 3 der Bundeswehr genutzt werden, wodurch der Panzerfaustschütze einer Infanteriegruppe zwei nachtkampffähige Waffen erhält.
Problematisch hingegen ist bei vielen Exemplaren des G36, dass die Visiere, besonders das Reflexvisier, bei höherer Feuchtigkeit oder Regen beschlagen können und der Schütze so deutlich schlechtere Trefferchancen hat. Außerdem kann die Visierung leicht verschmutzt oder beschädigt werden. Bei niedrigen Temperaturen reicht eine Unachtsamkeit beim Ausatmen bzw. versehentliches Anhauchen, und die Zieleinrichtung ist unbrauchbar. Schutzkappen, wie sie z. B. jeder Jäger auf seinem Zielfernrohr verwendet, waren in der Vorgabe der Bundeswehr nicht vorgesehen. In den Medien sieht man bei Berichten des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan des Öfteren Soldaten, die sich aus Putzlappen eine „Schutzvorrichtung“ für die G36-Optik gebastelt haben.
Das vorhandene Kimme/Korn-Visier am Tragebügel ist schlicht das Nahkampfvisier für die Exportversion des G36, das über kein Reflexvisier verfügt und z. B. von der spanischen Armee verwendet wird. Versuche, das mit Schrauben und Kleber montierte Reflexvisier abzuschlagen, resultieren i.d.R. in der Zerstörung aller drei Visiereinrichtungen.
Vor- und Nachteile G36
Der großzügige Einsatz von Kunststoff beim G36 ist ein klarer Fortschritt, da sowohl die Fertigung billiger ist, als auch deshalb, weil Kunststoff z.B. im Winterkampf geeigneter ist. Auch wird das Gewicht aufgrund des verwendeten Kunstoffes stark reduziert.
Weiterhin bringt der Wechsel zum kleinen, schnellen Kaliber .223 (metrisch: 5,56x45) einige Vorteile hinsichtlich Munitionsgewicht und Trefferdichte im Feuerstoß, aber Einbußen bei der Durchschlagskraft. Die Erfahrungen der US-Amerikaner in den jüngsten Konflikten (Irak, Afghanistan) zeigen bereits die Nachteile auf.
Das Konzept der kleinkalibrigen Munition mit relativ hoher Anfangsgeschwindigkeit führt bekanntlich - wenngleich kleiner und leichter - zu höheren Schäden im Weichziel als die „auf dem Papier“ stärkere NATO-Patrone .308 (7,62x51). Durch das geringe Gewicht des Projektils gibt dieses seine Energie sehr schnell ab. Außerdem vollführt das Projektil, das im Gegensatz zum weitverbreiteten Irrtum während des Fluges völlig stabil ist, nach Auftreffen im Weichziel innerhalb weniger Zentimeter Eindringtiefe durch seinen hinten gelegenen Schwerpunkt eine Überschlagbewegung. Dazu muss das Geschoss jedoch schneller als 750 m/s sein, was ab ca. 150 Metern Flugstrecke bei der .223 nicht mehr der Fall ist. Dann produziert das kleinkalibrige Geschoss allerdings einen nur relativ kleinen Wundkanal, dadurch auch nur relativ geringes Gewebstrauma. Das heisst: der Gegner ist nur schnell ausser Gefecht gesetzt, wenn unmittelbar vitale Organe, wie das Herz, getroffen werden. Selbst Treffer in der Lunge führen bei einem langsamen, kleinkalibrigen Geschoss zu keiner schnellen Kampfunfähigkeit. Natürlich stirbt der Getroffene ohne medizinische Hilfe. Aufgrund der neuen Konfliktszenarien (z.B. friedenssichernde Maßnahmen) mit hoher Überlegenheit an Aufklärung und Abstandswaffen, werden die Kampfentfernungen des Infanteristen wieder größer. So denken viele NATO-Armeen seit Langem über andere Kaliber als das .223 nach. Und dies bereits lange, bevor das G36 eingeführt wurde.
Griffstück/Abzugsbaugruppe
Für alle Versionen des G36 sind folgende Abzugsbaugruppen ("Trigger Groups") erhältlich:
Buchstabenbeschriftung (Bundeswehr/NATO-Standard):
- S: Sicher, E: Einzelschuss, F: Feuerstoß (Dauerfeuer)
- S: Sicher, F: Feuer (Einzelschuss)
Piktogramm-Beschriftung (die vorstehende Zahl steht für die Anzahl der abgebildeten Kugeln pro Feuermodus auf der Abzugsbaugruppe):
- 0: Gesichert, 1: Einzelschuss, 5: Dauerfeuer
- 0: Gesichert, 1: Einzelschuss
- 0: Gesichert, 1: Einzelschuss, 2: 2-Schuss-Feuerstoß
- 0: Gesichert, 1: Einzelschuss, 2: 2-Schuss-Feuerstoß, 5: Dauerfeuer
Versionen
Version
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Gesamtlänge mm
|
Lauflänge mm
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Gewicht kg
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Visierung
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Magazin (Schuss)
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G36, Standard | 1000 (750)
|
480
|
3,630 (4,0)
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3-fach Optik + Reflexvisier
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Stange (30), Trommel (100)
|
G36K, Kurz | 860 (615)
|
318
|
3,3 (3,7)
| ||
G36C, Compact | 718 (500)
|
228
|
2,8 (3,2)
|
Picatinny-Schiene Kunststoff, niedrig, mit mechanischer Visierung
oder Picatinny-Schiene Aluminium, mittelhoch, mit optionalen Klappvisieren ("Flip-Up Sights") | |
G36V, Variante (Ehemals G36E) |
999 (758)
|
480
|
3,3 (3,7)
|
Standard: 1,5-fach Optik
Optional: 3-fach Optik, 1,5-fach Optik + Reflexvisier, 3-fach Optik + Reflexvisier oder Picatinny-Schiene Kunststoff oder Aluminium wie bei G36C | |
G36KV, KurzVariante (Ehemals G36KE) |
860 (615)
|
318
|
3,0 (3,4)
| ||
SL8, Zivil | 980-1030 (-)
|
510
|
4,2 (4,4)
|
mechanisch (ZF als Zubehör erhältlich)
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Stange (10)
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- Gesamtlänge: Schulterstütze ausgeklappt (Schulterstütze eingeklappt)
- Gewicht: mit leerem Magazin (mit vollem Magazin)
Technische Daten
Hersteller: | Heckler & Koch |
Kaliber: | 5,56 × 45 mm (SS109) |
Mündungsgeschwindigkeit des Geschosses: | etwa 920 m/s |
Drall: | eine Umdrehung auf 178 mm, rechtsdrehend |
Kampfentfernung: | etwa 200 m, bei 3facher Visiervergrößerung etwa 500m |
Feuerrate (Kadenz): | 750 Schuss/min |
max. Schussweite: | 2860 m |
mittlerer Gasdruck: | 2400 bar |
Züge: | 6 Züge |
Zubehör

5x Vergrößerung, 10x möglich
Das wichtigste und häufigste Zubehör (u.a. bei der Bundeswehr im Einsatz):
- Zweibein (auch: Bipod genannt)
- Trommelmagazin
- NSA 80 (Nachtsichtaufsatz 80)
- IR Aufsatz (Wärmebildgerät)
- Anbau-Granatwerfer AG36
- Seitengewehr (Bajonett)
- Manöverpatronengerät (MPG)
- Sicherheitsmanöverpatronengerät (SMPG rot)
- Sicherheitsmanöverpatronengerät (SMPG weiß -> AGDUS)
- Laserlichtmodul (LLM01)
Sonstiges
Neben der Verwendung als Waffe für verschiedene Streitkräfte und Polizeien auf der Welt wird das G36 ebenfalls sehr oft bei verschiedenen Filmen und Videospielen eingesetzt.