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Jörg Schönbohm

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Jörg Schönbohm (* 2. September 1937 in Neu Golm/Mark Brandenburg) ist ein deutscher Politiker (CDU) und General a. D.

Er ist Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Mitglied des Präsidiums der CDU und Vizepräsident der Denkfabrik Studienzentrum Weikersheim.

Leben

Militär

Jörg Schönbohm wuchs nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik Deutschland auf. Er begann 1957 seine militärische Karriere bei der Deutschen Bundeswehr. Nach verschiedenen Verwendungen als Offizier wurde er 1985 zum Brigadegeneral befördert. Im Zuge der Deutschen Einheit wurde er zum Befehlshaber des Bundeswehrkommandos Ost in Strausberg ernannt. Ein Jahr zuvor erfolgte die Beförderung zum Generalleutnant. Sein Auftrag war es, die Auflösung der 90.000 Mann starken Nationalen Volksarmee (NVA) der früheren DDR zu koordinieren und die verbliebenen Soldaten in die Bundeswehr zu integrieren. Im September 1991 wurde Schönbohm für fünf Monate Inspekteur des Heeres, bis er unter dem Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg 1992 zum verbeamteten Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung berufen wurde.

Politik

Von 1996 bis 1998 war er unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen Innensenator von Berlin. Anfang 1999 wurde Schönbohm Landesvorsitzender der CDU Brandenburg. Bei der Landtagswahl im selben Jahr konnte sich seine Partei von 18,7 % auf 26,5 % der Stimmen steigern, während die SPD die absolute Mehrheit verlor.

SPD und CDU vereinbarten daraufhin die Bildung einer großen Koalition unter Führung von Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD). CDU und SPD stellten seit dem 13. Oktober gemeinsam die Landesregierung. Schönbohm trat als Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident des Landes Brandenburg ins Kabinett ein.

Seit dem 10. April 2000 ist Schönbohm auch Mitglied des Präsidiums der CDU Deutschlands.

Nach dem Rücktritt Stolpes als Ministerpräsident und der Wahl von Matthias Platzeck zu dessen Nachfolger im Juni 2002 verblieb Schönbohm in seinem Amt.

Bei den Landtagswahlen im September 2004 sackte die CDU auf 19,4 % der Stimmen ab und wurde nach SPD (31,9 %) und PDS (28,0%) nur noch drittstärkste Kraft, die Koalition wurde jedoch erneuert. Schönbohm wurde wieder zum Innenminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg ernannt.

Privat

Jörg Schönbohm ist evangelisch, verheiratet, hat drei Kinder und wohnt in Kleinmachnow im Landkreis Potsdam-Mittelmark.

Politische Äußerungen

Jörg Schönbohm zur Leitkultur

Im Gespräch mit der "Berliner Zeitung" vom 22.6.1998 kreierte der Ex General Jörg Schönbohm den Begriff "deutsche Leitkultur". 1998 stellte er vor konservativ, rechtsextrem gemischtem Publikum, das Buch "Für eine Berliner Republik", der Autoren Ulrich Schacht und Heimo Schwilk vor. In der Jungen Freiheit, erschienen am 26. März 1999 ein Interview mit ihm über "deutsche Leitkultur und sein Verständnis von nationaler Identität in Europa" und am 15. November 2002 ein zweites unter dem Titel "Die Union muß auf konservative Werte setzen". Ein weiteres Interview erschien im rechten Militärmagazin DMZ ("Deutsche Militärzeitschrift"). 2003 bei der gemeinsamen Jahresversammlung des "Bundes der Selbständigen (BDS)" und der "Bundesvereinigung mittelständischer Unternehmen (BVMU)" die beide von Rechtsextremismusexperten als beobachtungswert eingestuft werden, hielt er die Laudatio auf Martin Hohmann. Er ist regelmäßig Gast beim Tag der Heimat der "Landsmannschaft Ostpreussen" und verfasste einen Artikel für die Sonderausgabe zum 8.Mai der "Preußischen Allgemeinen Zeitung" / "Ostpreussenblatt". 2005 trat er bei der von der Landesbehörde für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Hamburger Burschenschaft Germania auf. Im Juli 2006 hat er Kritik mit seinem Vorschlag der Umbenennung von Radiomultikulti in Radio Schwarz Rot Gold ausgelöst.

Zum Menschenbild der CDU

Schönbohm sagte am 9. September 2004 zur Zeitung Rheinischer Merkur: „Die Unionsparteien haben ein anderes Menschenbild als die SPD …“ - darauf fragte die Zeitung nach: „… das bitte wie aussieht?“ – Schönbohm: „Der Bürger ist kein vom Staat abhängiges Wesen, sondern frei. Die Sozialdemokraten gehen einen anderen Weg. Sie sprechen viel von Gemeinschaft, weniger von Eigenverantwortung. Solidarität wird heute oft missverstanden. Sie kann nur denen gelten, die sich selbst nicht helfen können. Aus der Gleichheit, auch das wird heute oft vergessen, ergibt sich Unfreiheit. Eine Politik, die alles auf Gleichheit ausrichtet, muss in die Irre führen. Es geht nicht um Chancengleichheit, sondern allein um Chancengerechtigkeit, also darum, dass alle dieselben Voraussetzungen haben, ihr Glück zu suchen. So hat es auch Ludwig Erhard gewollt und so hat es die Union auch anfangs gesehen.“

Zur Zuwanderung

Schönbohm etablierte das politische Schlagwort „Leitkultur“. Er, wie auch der damalige CDU-Bundestagsfraktionsvorsitzende Friedrich Merz forderten, Zuwanderer müssten die „deutsche Leitkultur“ respektieren. Sie hätten einen eigenen Integrationsbeitrag zu leisten, indem sie sich an die in Deutschland gewachsenen kulturellen Grundvorstellungen annäherten und insbesondere die deutsche Sprache erlernten. Sein "Nein" in der turbulenten Abstimmung zum Zuwanderungsgesetz verhinderte letztlich das Zustandekommen dieses Gesetzes in der ursprünglichen Fassung.

Über die Indizierung von „Killerspielen“

Am 9. November 2004 sagte Schönbohm auf eine Ansprache durch das Nachrichtenformat Frontal21 (ZDF) über das sogenannte „KillerspielDoom 3: „Dass nunmehr durch die unabhängige Selbstkontrolle Filme und solche Spiele nicht indiziert und damit verboten werden, ist nicht akzeptabel. Was umso schwieriger ist, wenn man sich überlegt, dass die Vorgängerspiele von einer ähnlichen Brutalität und Grausamkeit schon von der Bundesprüfstelle verboten wurden und jetzt nicht. Hier muss eingegriffen, hier muss etwas geändert werden.“

Über Kriminalität und Rassismus in den neuen Bundesländern

In seiner umstrittenen Bemerkung im Zusammenhang mit dem Fall einer Mutter, die vermutlich neun ihrer neugeborenen Kinder getötet habe (Neonatizid), hat er im August 2005 als Ursache „für die Zunahme von Verwahrlosung und Gewaltbereitschaft“ in Brandenburg „die vom SED-Regime erzwungene Proletarisierung verantwortlich“ gemacht. Nach Kritik auch aus seiner eigenen Partei betonte er, dass er die Ostdeutschen nicht beleidigen wollte, und entschuldigte sich, verblieb jedoch bei seinen Aussagen. Später relativierte Schönbohm seine Aussagen: Sie seien „missverständlich“. Es gehe „nicht darum, die Menschen im Osten verantwortlich zu machen“. Rücktrittsforderungen lehnte er ab.

Im Zusammenhang mit dem Mordversuch an einem Deutschen äthiopischer Abstammung in Brandenburg im April 2006 kritisierte Schönbohm die Arbeit des Generalbundesanwalts Kay Nehm. Dieser habe „aus der Sache ein Politikum gemacht“ und habe zu einer „Stigmatisierung Brandenburgs beigetragen“. Die Hinweise der Bundesanwaltschaft auf einen möglichen rechtsextremen Hintergrund der Tat seien fragwürdig (so zur „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“).

Werke

  • Zwei Armeen und ein Vaterland. Das Ende der Nationalen Volksarmee. 1992, ISBN 3886804526

Siehe auch

Vorlage:PND

Literatur

  • Ulrich Schacht, Heimo Schwilk: Für eine Berliner Republik. Streitschriften, Reden, Essays nach 1989. Langen/Müller, Juli 2002. ISBN 3-784-42678-6