Soziale Bewegung
Unter soziale Bewegung wird in der Soziologie meist ein Kollektivakteur, der verschiedene Organsationsformen umfasst und mit unterschiedlichen Mobilisierungs- und Handlungsstrategien versucht, gesellschaftlichen Wandel zu beschleunigen, zu verhindern oder umzukehren, verstanden.
Allgemein
Soziale Bewegungen können an Hand ihres Organisationsgrades, ihrer Größe, der von ihnen gewählten Strategien etc. unterschieden werden. Sie durchlaufen idealtypisch mehrere Phasen, die von der ersten Auseinandersetzungen mit dem Problem, der Thematisierung (meistens vor allem Ablehnung des Bestehenden), der Kürung charismatischer Anführer/innen, über die Entwicklung von Alternativen und eine veralltäglichende Etablierung bis hin zur langsamen Auflösung der sozialen Bewegung führt, weil entweder das Problem zufriedenstellend gelöst wurde oder zumindest allgemein als wichtiges Problem gesellschaftlich anerkannt wurde, oder weil eine andere Problemdeutung dominant wurde.
Das Typische an einer sozialen Bewegung ist, dass es zunächst keinerlei Organisationsformen gibt. Im Allgemeinen beginnen bald nach dem Aufbrechen einer Bewegung die Menschen damit, Strukturen zu schaffen (Vereine, Gesetze, etc.) Im weiteren Verlauf geschieht es oft, dass die Bewegung in den Köpfen und Herzen der Menschen längst nicht mehr existiert, jedoch die Strukturen und Formen (nicht selten von selbsternannten und durch Kooptationen ergänzten 'Kadern') weiterhin am Leben gehalten werden.
Auch bei manchen Kirchen und Religionsgemeinschaften ist dieser Effekt zu beobachten.
Historische Beispiele
Im 19. und 20. Jahrhundert wären beispielsweise zu nennen:
- die Sklavenbefreiungsbewegung in den USA, Lateinamerika und Großbritannien,
- die Genossenschaftsbewegung in England und Deutschland,
- die Arbeiterbewegung in Europa,
- der Liberalismus im 19. Jahrhundert
- die völkischen und sozialdarwinistischen Bewegungen des 19. Jahrhunderts
- die faschistischen Bewegungen im Europa des 20. Jahrhunderts
- die Bürgerrechtsbewegung in den USA,
- die frühe Frauenbewegung,
- die Jugendbewegung (in Deutschland),
- die "68er-Bewegung" in Europa und den USA.
Als neue soziale Bewegungen (siehe dort) kennt man vor allem die Bewegungen seit den 1970er Jahren, vor allem
- die Ökologiebewegung bzw. auch Anti-Atomkraftbewegung (vgl. Atomkraftgegner),
- die (neue) Friedensbewegung und
- die (neue) Frauenbewegung. Ganz aktuell sind
- die globalisierungskritische Bewegung und
- die "digital rights"-Bewegung zu nennen.
- die Lesben- und Schwulenbewegung
Literatur
- Robert Foltin: Und wir bewegen uns doch : Soziale Bewegungen in Österreich, Wien : Ed. Grundrisse, 2004, ISBN 3950192506
- Smith, Jackie/ Chatfield, Charles/ Pagnucco, Ron (Hrsg.), 1997: Transnational Social Movements and Global Politics: Solidarity Beyond the State, Syracuse University Press, Syracuse, New York
- Della Porta, Donatella/ Kriesi, Hanspeter/ Rucht, Dieter (Hrsg), 1999: Social Movements in a Globalizing World, Macmillan Press Ltd., London, Hampshire u. a.
- Raschke, Joachim (Hrsg.), 1985: Soziale Bewegungen - Ein historisch-systematischer Grundriss, Campus, Frankfurt a. M./ New York
Siehe auch
Liste sozialer und politischer Bewegungen, Portal:Soziologie, Alternativbewegung, Simple living, Neue soziale Bewegungen
Smith, Jackie/ Chatfield, Charles/ Pagnucco, Ron (Hrsg.), 1997: Transnational Social Movements and Global Politics: Solidarity Beyond the State, Syracuse University Press, Syracuse, New York
Della Porta, Donatella/ Kriesi/ Hanspeter/ Rucht, Dieter (Hrsg), 1999: Social Movements in a Globalizing World, Macmillan Press Ltd., London, Hampshire u. a.