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Panzerkampfwagen VI Tiger

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Der Panzerkampfwagen VI "Tiger" Ausf. E (Sd.Kfz. 181) – auch als Tiger I bekannt – war der erste schwere deutsche Kampfpanzer, der im Zweiten Weltkrieg zum Einsatz kam. Er wurde im Jahre 1942 eingeführt, nachdem sich die Unterlegenheit der bisherigen Modelle Panzer III sowie Panzer IV gegen den sowjetischen T-34 wie auch den KW-1 gezeigt hatte.

Erster Tiger der den Alliierten in die Hände fiel 1943 nahe Tunis

Beschreibung

Der "Tiger I" war für seine Zeit (Start der Serienproduktion August 1942) außergewöhnlich stark gepanzert, und die verwendete 88-mm-Kanone (8,8 cm KwK 36 L/56) hatte eine enorme Durchschlagskraft, die bis Kriegsende von nur wenigen Panzergeschützen übertroffen wurde und der Panzerung der alliierten Panzerfahrzeuge mehr als gewachsen war.

Schwächen des Tigers waren seine ungünstige Formgebung (im Gegensatz z. B. zum T-34 oder Panzer V Panther hatte er keine gerundete / abgeschrägte Panzerung), seine (im Verhältnis zum bewegten Gewicht) schwache Motorisierung (V12 Maybach HL 230 P45 Vergasermotor mit maximal 700 PS Leistung) und das anfällige Schachtellaufwerk. Auch der hohe Produktionsaufwand und der hohe Bedarf an hochwertigen Rohstoffen stellten angesichts der zunehmend schlechter werdenden Versorgungslage einen gravierenden Nachteil dar. Ein weiterer Nachteil war, dass zur Verladung des Tigers auf Züge extra Verladeketten aufgezogen werden mussten (20 cm schmaler als Geländeketten). Das hohe Gefechtsgewicht (56.900 kg) beschränkte auch stark die Anzahl der Brücken, die benutzt werden konnten.

Daher sollte der Tiger im Notfall Flüsse auch ohne Brücken überwinden können. Aufgrund der hohen Silhouette und den nach oben ragenden Auspuffrohren hatte der Tiger ohnehin eine Wattiefe von zwei Metern, jedoch genügte dies nicht für die teils tiefen Flüsse der Sowjetunion. Daher wurde im Motorbereich am Heck ein Schnorchel angebracht, der Kampfraum und Motor mit Luft versorgen sollte. Luken und Klappen wurden luftdicht verschlossen. So konnte die Watfähigkeit auf über vier Meter erhöht werden. Jedoch wurden nur die ersten 495 Tiger so ausgestattet; ab 1943 wurde aufgrund von Materialengpässen darauf verzichtet. Der Stahl wurde dringender bei der Herstellung der eigentlichen Panzer benötigt.

Einsatz

Seinen ersten Einsatz erlebte der Tiger im Herbst 1942 bei Leningrad. Dieser geriet aufgrund der geringen Stückzahlen und des ungünstigen Geländes zu einem verlustreichen Fehlschlag.

Die Seitenwände des Tiger I waren konservativ senkrecht angeordnet, was ihn trotz der Panzerungsdicke verwundbar machte. Zwar konnte die Besatzung dies durch Schrägstellung zum Feind ausgleichen, was jedoch bei der zahlenmäßigen Übermacht des Feindes an allen Fronten in einer Feldschlacht unmöglich wurde. Trotzdem war der Panzer VI "Tiger" der vom Gegner am meisten gefürchtete deutsche Panzer. Seine Stärke konnte der Tiger vor allem in der Verteidigung und im Zusammenwirken mit anderen Truppen ausspielen. Abwehrkämpfe mit Stellungswechsel unter Feuerschutz anderer Panzer ließen die hohe Feuerkraft zur Geltung kommen. Anders als in offenem Feld konnte der Gegner das hohe Gewicht, die geringere Geschwindigkeit und die Schwachstellen der Panzerung so nicht zu seinen Gunsten nutzen.

Der erste Einsatz der „Schneetiger“ (schwere Panzerabteilung 502) war im Februar 1943, als eine deutsche Infanteriekompanie von 24 T-34 überrannt wurde. Als Tiger in das Geschehen eingriffen und der deutschen Infanterie zu Hilfe kamen, konnten sie schon aus großer Entfernung zehn T-34 ohne eigene Verluste ausschalten. Begünstigt wurde dies durch die mangelnde Erfahrung und Ausbildung der sowjetischen Panzerbesatzungen - ein generelles Problem der russischen Panzerstreitkräfte während des gesamten Krieges.

Im Sommer 1943 war diese Einheit die Speerspitze der deutschen Gegenoffensive von Generalfeldmarschall Erich von Manstein. Sie setzten damit den Grundstein der "Tigerlegende". Den über 1.000 T-34 der Roten Armee standen in etwa 250 deutsche Panzer gegenüber, die zum Großteil aus Panzer IV und einigen Sturmgeschützen und Tigern bestanden. Nach einem dreimonatigen Stellungskrieg in der wohl größten Panzerschlacht der Geschichte, wurden von der schweren Panzerabteilung 502 um die 150 T-34 zerstört und über 250 T-34 schwer beschädigt; zusätzlich wurden noch über 90 PaK ausgeschaltet. Diesen kleinen Erfolg hatten die Deutschen aber großteils ihren Reparaturmannschaften zu verdanken, die spät in der Nacht noch die fehleranfälligen Tigerpanzer reparierten. Dabei zeigten Beschussversuche der Sowjets mit einem erbeuteten Tiger in Kubinka, dass die 100 mm Frontalpanzerung des Tiger auf 1.000 m problemlos von der 85 mm Kanone des T-34 durchschlagen werden konnte; er also selbst von vorne keineswegs unverwundbar war.

Vor allem nach der Landung der Alliierten in der Normandie verursachten die Tiger unter den amerikanischen und britischen Panzerverbänden überproportionale Verluste. Die psychologische Wirkung verstärkte noch die Wirksamkeit. Die alliierten Panzerbesatzungen erfasste zum Teil eine Art "Tigerhysterie", so dass sie den weitaus häufigeren Panzer IV mit dem sehr viel kampfstärkeren Tiger verwechselten, und über Funk Help! Help! Tiger tank! riefen – bis es den Besatzungen 1944 verboten wurde, das Wort Tiger zu erwähnen.

Ein Beispiel welches Potential der Tiger unter günstigen Bedingungen hatte, war der zunächst von Michael Wittmann nur mit einem Tigerpanzer ausgeführte Angriff bei Villers-Bocage, an dem dann insgesamt 13 Tigerpanzer und ein Panzer IV beteiligt waren. Bei diesem Angriff wurden 27 britische Panzer (darunter Sherman Firefly) und dazu sämtliche Rad-, Halbketten- und Kettenfahrzeuge der Panzerbrigade 22 der 7. britischen Panzerdivision („Desert Rats“) vernichtet. Dabei gingen auf deutscher Seite nur vier Tiger und der Panzer IV verloren.

In Italien abgeschossener Tiger, von Alliierten von der Straße geräumt.

1944 war der Tiger im Westen jedem Panzer überlegen, jedoch produzierten zu dieser Zeit allein die Amerikaner in einem Monat soviele Sherman Panzer wie die Deutschen Tiger I und II während des gesamten Krieges. Auf sowjetischer Seite war die Situation nicht grundsätzlich anders. Dieser zahlenmäßigen Überlegenheit konnte auch der Tiger dauerhaft weder im Westen (Westfront 1944/1945) noch im Osten (Russlandfeldzug) standhalten. Das Verhältnis der Verluste zu den Produktionszahlen verschlechterte sich rapide zum Nachteil Deutschlands.

Auch an der "Südfront" in Italien waren Tigerpanzer oft die Anker in der Frontlinie. Als Paradebeispiel gilt die 2. Kompanie der schweren Panzerabteilung 504, die im Juli und August 1944 über 70 alliierte Panzerfahrzeuge kampfunfähig machte. Dabei verlor sie von 17 eingesetzten Tiger I nur drei durch Totalschaden bei alliierten Tieffligerangriffen und einen weiteren durch Kettenbruch. Im September wurde die Panzerabteilung dann aber bei einem großen alliierten Panzerangriff zusammengeschossen. Von 21 verfügbaren Tiger I und 17 Panzerkampfwagen III und IV, konnten nur elf Tiger I und acht sonstige Panzerwagen gerettet werden.

Derivate

Auf Basis des Tiger wurden nur wenige andere Modelle gebaut, und diese in geringer Anzahl:

  • Sturmpanzer VI Sturmtiger (38 cm-Mörser)
  • Bergetiger (Sd.Kfz. 185)
  • Panzerjäger Tiger(P) Ferdinand/Elefant (Porsche-Fahrgestell) (Sd.Kfz. 184)
  • Bergepanzer Tiger(P), ähnlich dem Bergetiger aber Porsche Fahrgestell, Umbau von mindestens 3 Tiger(P) Prototypen
  • Rammpanzer Tiger(P),stark abgeschrägter, nach oben verjüngender Aufbau, gedacht um feindliche Panzer zu rammen und umzukippen oder Barrikaden zu durchbrechen, Umbau von drei Tiger(P) Prototypen
  • Befehlspanzer Tiger(P), ein Tiger(P) Prototyp (Fahrgestellnummer 150013) mit zusätzlicher Funkausrüstung

Technische Daten

  • Besatzung: 5
  • Gewicht
    • Gefechtsgewicht: 56,9 t
    • Verladegewicht: 52,5 t
    • Turm: 11 t
  • Bodendruck: 1,088 kg/cm² mit Geländekette / 1,442 kg/cm² mit Verladekette
    • Gewicht der einbaufertig gebohrten Wanne mit Decke: 20,8 t
  • Länge
    • über alles, Rohr nach vorn: 8,45 m
    • über alles, Rohr nach hinten: 8,434 m
    • Wanne ohne Rohrüberstand: 6,316 m
    • Rohrüberstand bei Rohr nach vorn: 2,116 m
  • Breite
    • Breite über Kette, Geländekette: 3,547 m
    • Breite über Kette, Verladekette: 3,142 m
  • Kettenbreite: 72,5 cm Geländekette / 52 cm Verladekette
  • Spurweite: 2,822 m
  • Höhe: 3,00 m
  • Bodenfreiheit: 47 cm
  • Feuerhöhe: 219,5 cm
  • Kletterfähigkeit: 79 cm
  • Steigfähigkeit: bis zu 35°
  • Watfähigkeit: 160 cm
  • Grabenüberschreitfähigkeit: 250 cm
  • Tauchfähigkeit: 410 cm (nur die ersten 495 Exemplare, danach 200 cm)
  • Hersteller: Henschel, Wegmann
  • Stückzahl: 1.355 (1942: 82 Stück / 1943: 649 Stück / 1944: 623 Stück (die letzten im August))
  • Preis je Fahrzeug: 250.800 RM
  • durchschnittliche Bauzeit je Fahrzeug: 14 Monate

Bewaffnung

  • 88 mm KwK-36/L 56
    • Zielmittel: TZF 9 b
    • maximale Schussweite: 10.500 m bei 15° Erhöhung / im direkten Richten: 1150 m
    • Feuerrate: bis zu 10 Schuss/min
    • Mündungsgeschwindigkeit
      • Panzergranate: 810 m/s
      • Sprenggranate: 780 m/s
    • Munition: 92 Schuss
    • Gewicht der Kanone: 1,3 t
    • Lebensdauer des Rohres: rund 6.000 Schuss
  • ein 7,92 mm MG 34 im Bug
  • ein 7,92 mm MG 34 o. 42 koaxial im Turm
    • Munitionsvorrat der MGs insgesamt: 5.850 Schuss (39 Gurtsäcke à 150 Schuss)
  • eine MP40 Kal. 9 mm
  • eine Signalpistole
  • sechs Nebelkerzenwerfer (nur späte Version)

Antrieb

  • Motor: 700 PS Maybach HL 230 P 45, 12-Zylinder-Ottomotor; Hubraum 23 l (erste 250 Exemplare: Maybach HL 210 P 45 mit 478 kW (650 PS))
  • Leistungsgewicht: 9,1 kW/t bzw. 8,4 kW/t
  • Geschwindigkeit
    • Straße: 38 km/h
    • Gelände: 20 km/h
  • Kraftstoffvorrat: 540 l
  • Fahrbereich: 195 km auf Straße, 110 km in mittelschwerem Gelände

Panzerung

  • Wanne
    • 100 mm Bug / 66° Neigung
    • 100 mm Fahrerfront / 81°
    • 60 mm Wannenseite unten / 90°
    • 80 mm Wannenseite oben / 90°
    • 82 mm Heck / 81°
    • 25 mm Boden / 0°
  • Turm
    • 110 mm Turmblende
    • 100 mm Turmfront / 80°
    • 80 mm Turmseite / 90°
    • 80 mm Heck / 90°
    • 25 mm Decke / 0-9°

Durchschlagsleistung der Hauptwaffe
Die Durchschlagsleistung der 8,8 cm KwK L 56, betrug auf 500 m bei einem Auftreffwinkel von 30 Grad 110 mm Panzerstahl.

Literatur

  • Walter J. Spielberger: Militärfahrzeuge, Bd.7, Der Panzerkampfwagen Tiger und seine Abarten, Motorbuch Verlag Stuttgart, 2003, ISBN 3-87943-456-5
  • Wolfgang Fleischer & Horst Scheibert: Panzerkampfwagen Tiger, Nebel Verlag, 2002, ISBN 3-89555-051-5
  • Roger Ford: Tiger-Panzer, Nebel Verlag, 2000, ISBN 3-89555-768-4
  • Egon Kleine & Volkmar Kühn: Tiger - Die Geschichte einer legendären Waffe 1942-1945, Motorbuch Verlag Stuttgart, 1999, ISBN 3-87943-414-X
  • F. Senger und Etterlin & F. M. von Sen Etterlin: Die deutschen Panzer 1926-1945, Bernard & Graefe Verlag, ISBN 3-76375-988-3
  • Thomas J. Lentz: Tiger I & II Kampf und Technik, Podzun-Pallas Verlag, ISBN 3-79090-691-3
  • Wolfgang Fleischer: Waffen-Arsenal Tiger in der Truppe, Special-Band 21, Podzun-Pallas, ISBN 3-79090-637-9
  • Horst Scheibert: Waffen-Arsenal Tiger I im Einsatz, Sonderband S-20, Podzun-Pallas, ISBN 3-79090-410-4

Siehe auch

Commons: Tiger I – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien