Robotic Process Automation
Robotic Process Automation (RPA, deutsch: Robotergesteuerte Prozessautomatisierung) ist ein „Ansatz zur Prozessautomatisierung bei dem manuelle Tätigkeiten durch sogenannte (Bot) Softwareroboter erlernt und automatisiert ausgeführt werden“[1]. Softwareroboter emulieren die Eingaben auf der bestehenden Präsentationsschicht einer Anwendungssoftware, die notwendigen Schritte werden mit modellgetriebenen und selbstlernenden Ansätzen aufgezeichnet.[1] RPA vereint die Visualisierung von Abläufen, (GUI-)Skripting (Vorläufer siehe z. B. AutoIt) und Job-Scheduling.
Softwareroboter als Paradigma der Automatisierung
Softwareroboter sind Anwendungen, die eine menschliche Interaktion mit Benutzerschnittstellen von Softwaresystemen nachahmen.[2] Dabei arbeiten Softwareroboter in einer vergleichbaren Art und Weise auf dem User Interface, wie es ein Mensch tun würde. Während RPA die manuellen Schritte digitalisiert, ändert traditionelles Business Process Management (BPM) die Ebene der Geschäftslogik.[1] Beispielsweise kann die Ausführung einer Dateneingabe in ein ERP-System oder sogar das Ausführen eines gesamten Geschäftsprozesses durch einen Softwareroboter abgebildet werden.[3]
Historische Entwicklung
Nachdem zunächst einfache Probleme mittels RPA-basierter Systeme gelöst werden konnten, sind moderne Softwareroboter mittlerweile bereits in der Lage, komplexe Aufgaben zu übernehmen. So liegt der Fokus vor allem auf der Prozessoptimierung im Kundendienst. Seit Anfang 2000 werden Softwareroboter vermehrt für die Erstellung von Social Media Beiträgen, den Versand generierter E-Mails oder auch für die telefonische Kundenberatung in Form von Interactive Voice Response eingesetzt. Der größte Entwicklungsschritt in der Geschichte der robotergesteuerten Prozessautomatisierung erfolgte jedoch in der Testautomatisierung der Software-Qualitätssicherung.[4]
Das Screen Scraping ist eine der robotergesteuerten Prozessautomatisierung verwandte Art der Automatisierung. RPA gilt allerdings als eine wesentlich bedeutsamere, technologische Weiterentwicklung dieser Technik. Aus ihr hervorgehende Softwareplattformen bieten einen wesentlich reiferen, flexibleren, skalierbareren und verlässlicheren Ansatz zum Einsatz in großen Unternehmen.[5]
Fortschrittliche RPA Lösungen können in ihrer Erscheinung über reine Software Roboter hinausgehen und verfügen neben Maschinen Vision Systemen sogar über Kinematiken und Stimmen und auch Touch Devices und sprachgesteuerte Geräte bedienen zu können.[6]
Deployment
Das Anbieten von solchen RPA-Diensten unterstreicht die Metapher des KI-getriebenen Arbeiters in dem Sinne, dass jede Softwareroboterinstanz ihrer eigenen virtuellen Workstation zugewiesen wird, vergleichbar der eines menschlichen Arbeiters. Der Roboter verwendet dabei Kontrollinstrumente für Maus und Tastatur, um Interaktionen auf der Benutzeroberfläche auszuführen. Verständlicherweise finden diese Interaktionen im Verborgenen in einer virtuellen Umgebung ohne physischen Bildschirm statt, da ein Softwareroboter auf diesen verzichten kann – stattdessen interpretiert er das Bildschirmsignal elektronisch.[7]
Charakteristiken von RPA-Anwendungen
Programmierung
RPA-Plattformen bedienen sich der Technik von Flussdiagrammen, um so eine graphische Prozessmodellierung mittels Drag&Drop zu ermöglichen. Diese Visualisierung von Ablauflogik wird dann in der Regel innerhalb der RPA-Software in eine Skriptsprache übersetzt.
Eine wesentliche Herausforderung von traditionellen Softwaredeployments ist, dass Änderungen von bestehenden Systemen zunächst die Kenntnis der komplexen Zusammenhänge erfordert. Dementsprechend stellen die Erneuerung, Erweiterung oder sogar der Austausch bestehender Systeme in großen Unternehmen ein großes Hemmnis dar. Ein Prinzip von RPA ist es, solche Änderungen in Form von Prototypen zu testen, indem äquivalente Geschäftsprozesse erstellt werden.
Ziele der RPA
Zu den häufigsten Zielen einer RPA Lösung gehören[8]:
- Kostenreduktion repetitiver Tätigkeiten / Arbeitsschritte
- Vermeidung von Risiken durch menschliche Fehler:
- Bei der Durchführung der eigentlichen Aufgabe
- Bei der Erstellung eines RPA Prozesses
- Mitarbeiterentlastung zur Fokussierung auf wertschöpfende Tätigkeiten
- Prozessgeschwindigkeit erhöhen
- Reduzierung der Abhängigkeit vom Fachkräftemangel
- Prozessstabilität
Die Zukunft von RPA
Die Zukunft von RPA kann vielfältig sein. Aus der Mehrheit der frühzeitigen Anwender ergeben sich neue Anwendungsfälle und Synergien. Mögliche Szenarien können wie folgt aussehen:
- Annäherung von Plattformen des Business Process Managements (BPM) und RPA.
- Ein breiterer Einsatz von künstlicher Intelligenz zur fortgeschrittenen Entscheidungsfindung.
Gesellschaftlicher Einfluss
Akademische Studien gehen davon aus, dass RPA neben anderen technologischen Trends maßgeblich für Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen verantwortlich sein wird und in diesem Zusammenhang innerhalb der nächsten zwei Dekaden (~2035), wenn auch nicht allein auf RPA zurückzuführen, rund 47 % aller amerikanischen Berufe automatisiert werden könnten.[9][10]
Der Unternehmer David Moss zeichnet ein Szenario bei einem TEDx-Event, in dem der Einsatz digitaler Arbeitskräfte den Dienstleistungssektor revolutionieren wird. Neben einem weitreichenden Einfluss auf die Kostenstrukturen von Dienstleistungen ergeben sich vor allem Möglichkeiten in der Dienstleistungsreichweite, -ausgestaltung, -qualität und insbesondere der Individualisierbarkeit von Dienstleistungen.[11]
Prof. Willcocks geht indes davon aus, dass Softwareroboter darüber hinaus maßgeblich das gesellschaftliche Bild verändern. Durch das Wegfallen (die Übernahme durch die Softwareroboter) von vielen profanen und hochrepetitiven Tätigkeiten wird das tägliche Arbeitsvolumen maßgeblich reduziert. Das führt zu einer gesteigerten Arbeitszufriedenheit und intellektueller Stimulation. Somit können humane Arbeitnehmer sich mehr auf ihre wesentlichen Tätigkeiten konzentrieren.[10]
Einzelnachweise
- ↑ a b c Christian Czarnecki, Gunnar Auth: Prozessdigitalisierung durch Robotic Process Automation. In: Digitalisierung in Unternehmen: Von den theoretischen Ansätzen zur praktischen Umsetzung (= Angewandte Wirtschaftsinformatik). Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-658-22773-9, S. 113–131, doi:10.1007/978-3-658-22773-9_7 (springer.com [abgerufen am 14. August 2019]).
- ↑ Hal Hodson: AI interns: Software already taking jobs from humans. In: New Scientist. 31. März 2015, abgerufen am 29. November 2016 (englisch).
- ↑ Michael Azoff: Blue Prism’s robotic process automation offers scope for artificial intelligence. In: Ovum.com. 24. Juni 2015, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 31. Juli 2016; abgerufen am 29. November 2016 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Entstehung der Robotic Process Automation. Abgerufen am 23. September 2018.
- ↑ Phil Fersht, Jim Slaby: Robotic Automation emerges as a threat to traditional Low-Cost Outsourcing. In: HfS-Research.com. 24. Oktober 2012, abgerufen am 29. November 2016 (englisch).
- ↑ Michael Wilczynska: Say “Hi” to EMMA – The Learning (ML) Robotic Process Automated (RPA) Test Engineer. Abgerufen am 18. Mai 2020.
- ↑ Eric Lambeth: How robotics can improve legacy sourcing agreements: Go beneath the surface of your contract. In: kpmg-institutes.com. Abgerufen am 29. November 2016 (englisch).
- ↑ Robotic Process Automation - RPA Erklärung, RPA Ethik, RPA Management und RPA Zweck. Abgerufen am 17. Mai 2020.
- ↑ Carl Benedikt Frey, Michael A. Osborne: The future of employment: how susceptible are jobs to Computerisation? Oxford University Engineering Sciences Department, 13. September 2013, abgerufen am 29. November 2016 (englisch).
- ↑ a b Leslie P. Willcocks, Mary C. Lacity: Nine likely scenarios arising from the growing use of robots. London School of Economics, 2015, abgerufen am 29. November 2016 (englisch).
- ↑ White Collar Robots: The Virtual Workforce. TEDx Talks, abgerufen am 29. November 2016 (englisch).