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Plattdeutsch

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. August 2006 um 19:26 Uhr durch Sassisch~dewiki (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Plattdeutsch, Niederdeutsch

Gesprochen in

Deutschland, Niederlande
Sprecher verstanden von 10 Millionen, 3 Millionen Muttersprachler
Linguistische
Klassifikation
Sprachcodes
ISO 639-1

keine

ISO 639-2 (B) nds (T) –

Plattdeutsch oder Niederdeutsch ist eine Sammelbezeichnung für die zentralen und östlichen Dialekte der niederdeutschen Sprachen. Es umfasst das Niedersächsische und das Ostniederdeutsche.

Synonyme Begriffe sind platt, plattdüütsch und platdütsk. Plautdietsch wird die Sprache bei den Russlandmennoniten genannt.

Schriftsprache

Sprachgebiet

Die plattdeutsche Sprache hat keine normierte Schriftsprache. Allerdings haben sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts Schreibkonventionen herausgebildet, die sich mehr oder weniger stark an die gesprochene Sprache anlehnen. In der gesprochenen Sprache gibt es viele verschiedene Dialekte der plattdeutschen Sprache (so wie es viele verschiedene Dialekte des Alemannischen gibt): „Dat gifft 'n Hümpel Grootdialekten un soveel Dörpsdialekten as Fleigen op de Mess.“ (Es gibt einen Haufen Großdialekte und so viele Dorfdialekte wie Fliegen auf dem Mist.) Dennoch gehören die plattdeutschen (niederdeutschen) Dialektausformungen zum deutschen Dialektkontinuum.

Gliederung

Westniedersächsische Varietäten in den Niederlanden

in anderen Ländern

Bedeutende plattdeutsche Dichter und Schriftsteller

Lautverschiebung

Die plattdeutsche (plattdüütsche) Sprache machte die zweite hochdeutsche Lautverschiebung nicht mit, ebenso wenig wie andere mittelniederdeutsche Sprachen, wozu auch das Niederfränkische gehört.

Niederdeutsche Konsonanten -> hochdeutsche Konsonanten

k -> ch :

  • plattd.: ik -> ich und koken -> hdt. kochen
  • plattd.: maken und engl.: to make -> hdt. machen

d -> t :

  • plattd.: dag und engl.: day -> hdt. Tag

t -> s :

  • plattd.: dat, wat, iäten und engl.: that, what, eat-> hdt. das, was, essen

t -> z :

  • plattd.: tied, Timmermann -> hdt. Zeit, Zimmermann

t -> tz :

  • plattd.: sitten und engl.: sit -> hdt. sitzen

p -> f :

  • plattd.: slapen oder slopen und engl.: sleep -> hdt. schlafen
  • plattd.: Schipp und engl.: ship -> hdt. Schiff

p -> pf :

  • plattd.: Piäper und engl.: pepper -> hdt. Pfeffer

v, w, f -> b :

  • plattd.: wief, wiewer und engl.: wife -> hdt. Weib, Weiber
  • plattd.: leev, leewer -> hdt. lieb, lieber

Weitere Unterschiede zwischen dem Hoch- und dem Niederdeutschen

Weitere Unterschiede zwischen dem Hoch- und dem Niederdeutschen, die jedoch nicht aus der 2. Lautverschiebung resultieren:

s -> sch :

sm -> schm :

  • plattd.: smeeren, Smeer und schwed.: Smör -> schmieren, Schmiere

sl -> schl :

  • plattd.: slapen und engl.: sleep -> schlafen

sw -> schw :

  • plattd.: Swien -> Schwein

st -> scht :

  • plattd.: steen und engl.: stone -> schtein (gesprochen aber nicht geschrieben)

sp -> Schp :

  • plattd.: spitz -> schpitz (gesprochen aber nicht geschrieben)

Insbesondere in den nördlichen Gebieten zeigen sich in der modernen plattdeutschen Sprache einige Skandinavismen bzw. Anglizismen, von denen das Fehlen des Präfix ge- beim Partizip Perfekt am auffälligsten ist.<br\> Ik hebb köfft -> ich habe gekauft (vgl. z.B. schwed. "jag har köpt").<br\> He hett seten -> Er hat gesessen.<br\> Die Ursache dieses Unterschiedes ist nicht eindeutig geklärt. Es ist unsicher, wie das Partizip in der altsächsischen Sprache gebildet wurde. So weist der Heliand im Vaterunser die Zeile auf: geuuîhid sî thîn namo uuordo gehuuilico, auf Plattdeutsch heißt es: hilligt warrn schall dien Naam. Vergleiche mit der nahe verwandten angelsächsischen Sprache legen ebenfalls nahe, dass das Partizip möglicherweise mit Präfix gebildet wurde. Alte schriftliche Quellen aus der karolingischen Zeit zeigen beide Formen, da sie jedoch von fränkischen Mönchen geschrieben wurden, sind sie diesbezüglich nicht besonders zuverlässig. Mittelniederdeutsche Quellen aus dem 14. und 15. Jahrhundert zeigen beide Formen.

Die regionale Verbreitung liefert eher Hinweise zur Genese dieses Phänomens: Die grammatische Form des Partizips ohne Präfix ist typisch für das Emsland (Binnenland!) und die Küstenregionen von Ostfriesland über den Raum Hamburg/Bremen bis Schleswig-Holstein, Mecklenburg und Vorpommern. Dagegen wird im westfälischen und ostfälischen Raum sowie in den im Hoch- und Spätmittelalter kolonisierten Gebieten östlich der Oder das Partizip mit dem Präfix ge- gebildet. Dieser Umstand lässt einen Einfluss über die Seefahrt und die intensiven Beziehungen zu England und Skandinavien zur Hansezeit und später vermuten.

Gleichzeitig waren die Gebiete, in denen das Partizip nach skandinavischem Muster gebildet wird, in der Neuzeit teilweise über längere Zeit skandinavisch verwaltet. So führte der Dreißigjährige Krieg zu einer schwedischen Besetzung im Gebiet zwischen Hamburg und Bremen (z.B. Stade) und in Pommern. Schleswig und Holstein hatten den dänischen König als Landesherren und eine teilweise dänisch geprägte Verwaltung. Dies könnte ohnehin in der Sprache vorhandene Tendenzen zum präfixlosen Partizip verstärkt haben.

Generell ist zu beobachten, dass es im nördlichen Sprachraum eine über das Partizip hinaus gehende Abneigung gegen das Präfix ge- gibt. So wird bereits in älteren Quellen ein Geschlechterbuch Slechtbook genannt. Mit dem hochdeutschen Verb gehören korrespondiert das plattdeutsche hören / heurn und - präziser - tohören / toheurn. He heurt de vun de Geest to = Er gehört zu denen von der Geest.

Gerade an den Grenzgebieten wie z.B. der Niederrhein wird heute noch die Plattdeutsche Sprache gepflegt.

Der Übergang zwischen Niederdeutsch und Niederländisch ist fließend.

Verwendung in der EDV

Die Desktop-Oberfläche für Unixsysteme und Derivate wie GNU/Linux, KDE, gibt es seit Version 3.2.1 auch in einer plattdeutschen Sprachvariante. Eine plattdeutsche GNOME-Variante befindet sich in der Planung.

Weiterhin gibt es unter nds.wikipedia.org eine plattdeutsche Ausgabe (plattdüütsche Utgaav) der Wikipedia.


Plattdeutsch als Amtssprache

Vielerorts wird Plattdeutsch auch als zweite Amtssprache verwendet. Unter anderem in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und in Teilen Russlands und der Niederlanden. Dort sind die Behörden nicht nur verpflichtet auf Plattdeutsch gestellte Anträge und Anfragen zu bearbeiten, sondern auch auf Plattdeutsch zu antworten.

Siehe auch

Wikibooks: Plattdeutsch – Lern- und Lehrmaterialien

Literatur

  • Handbuch zur niederdeutschen Sprach- und Literaturwissenschaft, hg. v. Gerhard Cordes und Dieter Möhn, Berlin 1983
  • Sachsensprache, Hansesprache, Plattdeutsch. Sprachgeschichtliche Grundzüge des Niederdeutschen; Willy Sanders; Göttingen 1982
  • Plautdietsches Neues Testament; REIMER Übersetzung (2001)
  • Asterix - De Törn för nix; R. Goscinny, A. Uderzo; Ehapa, Berlin 1996; ISBN 3-7704-0467-X
  • Asterix - Asterix un de Wikingers; R. Goscinny, A. Uderzo; Ehapa, Berlin 1997; ISBN 3-7704-0475-0
  • Asterix - Lütt Obelix op grote Fohrt; R. Goscinny, A. Uderzo; Ehapa, Berlin 1998; ISBN 3-7704-2251-1
Wiktionary: Plattdeutsch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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