Keltenkreuz



Ein Keltenkreuz bzw. (Hoch)-Kreuz oder Irisches Kreuz (oder das seltenere piktische Kreuz sh. Cross-slab) ist ein Element der frühmittelalterlichen und mittelalterlichen sakralen Kunst im keltischen Sprachraum (Bretagne, Cornwall, Irland, Isle of Man, Schottland, Wales).
Das Objekt ist ein Balkenkreuz, oft mit verlängertem Stützbalken (lateinisches Kreuz), meist aus Stein gehauen, bei dem um den Schnittpunkt der Balken ein Ring gelegt ist. Besonders die frühen irischen Kreuze (7. Jahrhundert) sind mit Knotenmustern in manigfaltigen Variationen verziert. In Carndonagh und Fahan, Co. Donegal, bei den ältesten irischen Kreuzen (Cross-Slab), fehlt der Ring noch, der erst im Kreuz von Ahenny (8. Jahrhundert) erscheint und im 12. Jahrhundert (Dysert O´Dea) Co. Clare nicht mehr da ist, aber bei Grabkreuzen bis heute nicht verschwindet. Einen formalen Ansatz zum echten Keltenkreuz stellt das rohe Errigal Keerogue Cross auf einem Friedhof in Co. Tyrone dar. Eine Weiterentwicklung in Richtung Keltenkreuz ist sicher das undatierbare Kreuz auf dem Friedhof von Noughaval im Burren.
Manche irische Kreuze sind rein ornamental ausgeführt. Auf Kreuzen die nach dem 9. Jahrhundert entstanden, wurden häufig biblische Szenen dargestellt (Kells, Clonmacnoise Südkreuz). Den Höhepunkt dieser bildlichen Kunst stellt das Muiredach Kreuz von Monasterboice, Co. Louth dar. Späte Kreuze (12. Jahrhundert) haben den Ring noch in der Ornamentik, aber nicht mehr in der Kontur. Manchmal ist der Ring anliegend, häufiger ist er aber mit vier runden Durchbrüchen leicht abgesetzt. Oft hat er im Vergleich zu den Balken des Kreuzes einen verminderten Querschnitt. Die Ornamentik des Skreues selbst ist meist gerahmt und wurde in die Fläche des Steins hinein gearbeitet. Das Kreuz kann mittels einer Stufe oder einem sich vergrößernden Balken-Querschnitt gesockelt sein. Ein stilistisch völlig anderes und wohl das schönste der erhaltenen Hochkreuze ist das von Moone im Kildare County. Die Gestaltung dürfte auf Ideen im gälisch-keltischen Raum vor der Christianisierung zurückgehen.
Schottland
Im piktischen Raum erfolgt die Darstellung eines Kreuzes auf einem Stein (Cross-Slab). Steinmonumente sind auch in Großbritannien ein Teil des frühchristlichen Gedenkens. Schottland hat ab dem 5. Jahrhundert wichtige Steine aus der Anfangszeit des Christentums. Dazu gehören die Hochkreuze von Iona und Kildalton aus dem späten 8. Jahrhundert. Die bildhauerischen Stile helfen, die Territorien der verschiedenen Völker im frühmittelalterlichem Schottland aufzuzeigen: Pikten, Skoten, Briten und Angeln. Im Norden und Osten saßen die Pikten, deren dekorierte Steine Ausdruck der Stammesenergie gegenüber dem christlichen künstlerischen Rahmen sind.
Im späten 8. und 9. Jahrhundert erscheinen Steine mit christlichen Motiven neben den piktischen Symbolen. Sie zeigen, dass die Pikten nun Zugang zu christlicher Ikonographie und ihrem Hintergrund gefunden hatten. Die biblische Geschichte von David war ein Favorit der Darstellungen. Auf dem steinernen Schrein von St. Andrew ist sie beeindruckend gestaltet. Motive wie Daniel in der Löwengrube oder Paulus und Antonius, die Brot in der Wüste brechen, kommen ebenso vor. Bevor sie freistehende Kreuze schufen, wählten die Pikten große Steintafeln aus, die sie vor dem Hintergrund des Kreuzes ausführlich dekorierten. Obwohl die piktische Symbolik mit dem Christentum vereinbar war, wurde sie aber nie auf das Kreuz gesetzt.
Solche Kreuzsteine wurden auch von den Briten in Strathclyde und Galloway bevorzugt, wohingegen die Skoten von Argyll und die Angeln im Südosten Schottlands freistehende Kreuze vorzogen. Die Hochkreuze von Iona und Kildalton auf Islay reflektieren die Verbindung zwischen irischen, piktischen und northumbrischen Elementen, während das großartige Ruthwell Cross von Dumfriesshire mit seinen lateinischen und runischen Inschriften ein Höhepunkte frühmittelalterlich europäischer Kunst ist.
Das Ringkreuz erreichte auch Schweden, wo es auf Gotland als Triumphkreuz und ansonsten als Mittsommerkreuz anzutreffen ist. Bemerkenswert ist auch das sechsblätterige Sternmuster auf dem schottischen Cross-slab Cladh a´Bhile, das auf Gotland seine Entsprechungen hat. Auf diese Verbindungslinie weist auch der Sueno Stone, ein schottischer Bildstein, der nordische Motive aufweist und nach einem dänischen König (Sven) benannt sein soll.
Bekannte irische Hochkreuze:
- Carndonagh, Co. Donegal
- Fahan, Co. Donegal
- Ahenry, Co. Tipperary
- Kells, Co. Meath
- Monasterboice, Co. Louth
- Drumcliff, Co. Sligo
- Dysert O´Dea, Co. Clare
- Moone, Co. Kildare.
- Cross of the Scriptures, Clonmacnoise Co. Galway
- North Cross, Clonmacnoise Co. Galway
- South Cross, Clonmacnoise Co. Galway
- St. Kevin's Cross, Glendalough Co. Wicklow
Bekannte schottische Kreuze:
- Aberlemno Cross
- Ardchattan Cross
- Dupplin Cross
- Iona Abbey Crosses
- Inchbrayok Cross
- Kildalton Cross
- Meigle 1 Cross
- Ruthwell Cross,
- St. Martins Cross
Symbol in der rechtsextremen Szene
Das Keltenkreuz war auch das Zeichen der rechtsextremen und verbotenen Bewegung VSBD und ist noch heute als Symbol in der rechtsextremen Szene – in stark stilisierter Form – weit verbreitet. In diesem Zusammenhang handelt es sich um ein nach dem deutschen Strafgesetzbuch strafbares Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, ohne erkennbaren Bezug zur VSBD/PdA ist es hingegen nicht strafbar. Meist ist der untere Balken in seiner Länge identisch mit den anderen, so dass es nicht mehr als christlich erkennbar ist.
Literatur
H. Richardson, An introduction to Irish high crosses 1990 ISBN: 0853429413 J. Romilly Allen, The High Crosses of Ireland 2004 ISBN: 0766192628