Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland
Als Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland bezeichnet man die politische Entscheidung, Kohle nicht länger als Primärenergieträger für die Stromerzeugung zu verwenden, das heisst, nicht länger Wärme aus der Verfeuerung von Kohle zum Anteiben von Turbinen einzusetzen, deren Abtriebswellen wiederum elektische Generatoren für die Stromerzeugung antreiben. Gründe für den Kohleausstieg sind, insbesondere Umweltschutz, Klimaschutz und Gesundheitsschutz (Vermeidung von Gesundheitsschäden durch Luftschadstoffe, die bei der Kohleverbrennung freigesetzt werden). Kohle wird derzeit in großen Mengen zur Erzeugung von elektrischer Energie in Kohlekraftwerken, zum Heizen, in der Industrie verwendet. Zur Kohleindustrie gehört auch die nötige Infrastruktur zur Förderung im Tagebau oder in Bergwerken und der Transport (z. B. via Kohlehäfen, Kohlenbahnen, Förderbänder usw.).
In Deutschland setzte die Bundesregierung im Juni 2018 die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (die Kohlekommission) ein, die einen Plan und ein Datum für einen Kohleausstieg erarbeiten sollte. Am 16. Januar 2020 wurde im Rahmen einer Bund-/Länder-Einigung zum Kohleausstieg die Grundlage für ein Kohleausstiegsgesetz, welches das Ende der Kohleverstromung bis 2038 regeln soll, gelegt.[1]
Rahmenbedingungen
Am 16. Januar 2020 wurde im Rahmen einer Bund-/Länder-Einigung die Grundlage für ein Kohleausstiegsgesetz gelegt. Dem vorausgegangen waren mehrere Gesetzesentwürfe für die Reduzierungen im Bereich der Steinkohle sowie monatelange Verhandlungen mit Braunkohlekonzernen, vor allem RWE und der LEAG. Die Grundlage der Einigung bildeten die Beschlüsse der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung am 26. Januar 2019. Beschlossen wurden unter anderem der Erhalt des Hambacher Forst, ein geordneter Stilllegungspfad bis 2038, der eine Stilllegung von circa 2,8 Gigawatt bis Ende 2022 sowie eine weitere Stilllegung von 5,7 Gigawatt Kraftwerksleistung bis Ende 2029 enthält, sowie die Überprüfung der nach 2030 vorgesehenen Stilllegungen an den Revisionszeitpunkten 2026 und 2029, um die Kohleverstromung wenn möglich schon 2035 zu beenden.[2]
Umweltverbände kritisierten, dass zentrale Beschlüsse der Kohlekommission nicht umgesetzt wurden und sprachen deshalb u. a. von einer "Aufkündigung des Kohle-Kompromisses". So gebe es entgegen der Vereinbarung unter anderem keinen Überprüfungstermin im Jahr 2023, das Kraftwerk Datteln 4 dürfe ans Netz und die Hälfte der Braunkohlekapazität würde erst zwischen 2035 und 2038 abgeschaltet.[3] Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings, kritisierte, dass die beim Braunkohleausstieg erfolgte Abweichung vom Kohlekommissionskompromiss zu Mehremissionen von ca. 180 Mio. Tonnen Kohlendioxid führen würde, und erklärte, er fühle sich von der Regierung "schlichtweg betrogen".[4] Auch die Ökonomin Barbara Praetorius, die eine der vier Vorsitzenden der Kohlekommission war, äußerte, der von der Regierung präsentierte Plan weiche "in wichtigen Punkten" von den Vorschlägen der Kommission ab und kündige den dort geschlossenen Kompromiss auf.[5] Kritisiert wurde außerdem die mehrmonatige Verzögerung der Beschlüsse, die Regierung brauchte zur Beschlussfassung seit der Bekanntgabe der Ergebnisse durch die "Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" über ein Jahr.[6]
Zentrale Elemente der Energiewende in Deutschland sind der Atomausstieg und der verstärkte Einsatz erneuerbarer Energien. Gefördert wird der Ausbau der erneuerbaren Energien mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das garantiert, dass Strom aus erneuerbaren Quellen bevorzugt ins Stromnetz eingespeist wird. Als Ziel dieses Gesetzes wurde definiert:
„insbesondere im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien zu fördern.“
Zudem wurde die Internalisierung externer Kosten der konventionellen Energieerzeugung als wichtiges Ziel der Energiepolitik betont. Eine begleitende Erklärung führte u. a. aus, dass die sozialen und ökologischen Folgekosten der konventionellen Energiegewinnung nicht von den Betreibern getragen würden, sondern von der Allgemeinheit, den Steuerzahlern und zukünftigen Generationen und das EEG diese Wettbewerbsnachteile faktisch nur kompensiere.[7] 2010 beschloss der Bundestag, den Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch bis 2050 auf 80 % zu steigern, den Primärenergieverbrauch im selben Zeitraum verglichen mit dem Jahr 2008 um 50 % zu senken und den Treibhausgasausstoß in Einklang mit den EU-Zielen um 80 bis 95 verglichen mit dem Jahr 1990 zu reduzieren.[8] Dies ist nur mit einem vollständigen Kohleausstieg realisierbar.[9] Mit Stand 2015 hatte Kohle einen Anteil von 40,7 Prozent am weltweiten Strommix.[10]
Deutschland wird seine für 2020 selbst gesteckten Klimaschutzziele voraussichtlich verfehlen, sofern nicht der Ausstieg aus der Kohleverstromung eingeleitet wird.[11] 2017 wurde angenommen, dass das Klimaziel um etwa 100 Mio. Tonnen Kohlendioxid verfehlt wird. Kohlekraftwerke verursachen etwa 80 % der deutschlandweiten Emissionen des Kraftwerkssektors und gelten deswegen als zentraler Ansatzpunkt, um die nötige Emissionsreduzierung kurzfristig zu erreichen. Würden bis Ende 2019 die ältesten 20 Braunkohlekraftwerksblöcke mit einer Gesamtleistung von 8,4 GW abgeschaltet, könnten ca. 50 Mio. Tonnen Kohlendioxid/Jahr vermieden werden; die Emissionslücke könnte damit etwa halbiert werden.[12] Laut einer im November 2017 veröffentlichten Studie, die von Mitarbeitern des Bundeswirtschaftsministeriums sowie der Bundesnetzagentur verfasst wurde, könnte Deutschland sofort 7 GW an Kohlekraftwerksleistung abschalten, was etwa 12 bis 15 mittelgroßen Kohlekraftwerksblöcken entspräche. Damit läge 2020 die installierte Leistung immer noch 18 GW über der Jahresspitzenlast, 2023 nach Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke noch 11 GW über dieser. Mit diesem Überschuss könnten auch bei etwaigen Ausfällen von Kraftwerken, steigendem Stromverbrauch durch die Elektromobilität u. ä. die Versorgungssicherheit Deutschlands gewährleistet werden. Eine gewisse Stilllegung von Kohlekraftwerken könnte sich sogar förderlich auf die Versorgungssicherheit auswirken.[13] Später hat sich das Bundeswirtschaftsministerium von der Studie distanziert.[14] Eine im August 2018 vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) veröffentlichte Analyse auf Basis von Daten des europäischen Netzbetreiberverbandes ENTSO-E und des Joint Research Centers (JRC) der Europäischen Union kommt zu dem Ergebnis, dass die angenommenen Überkapazitäten in Deutschland und dessen Anrainerstaaten bislang um den Faktor 3–4 zu hoch angesetzt seien.[15]
Durch Inkrafttreten neuer EU-Schadstoffgrenzwerte für Kraftwerke ab 2021 müssen EU-weit etwa ein Drittel aller Kohlekraftwerke geschlossen oder mit moderner Filtertechnik nachgerüstet werden. Dies gilt insbesondere für Braunkohlekraftwerke wie z. B. das Kraftwerk Jänschwalde.[16]
Laut genehmigtem Rahmenbetriebsplan der RWE für den Tagebau Garzweiler im Rheinischen Braunkohlerevier in Nordrhein-Westfalen endet der Abbau im Jahr 2045. Die ehemalige rot-grüne Landesregierung (Kabinett Kraft II, 2012 bis 2017) erachtete den Abbau von Braunkohle bis 2030 für notwendig.[17]
Studien zu ökologischen Folgen
Ende 2015 stellte die Denkfabrik Agora Energiewende einen Plan für einen Kohlekonsens analog zum Atomkonsens vor, der mit den Kraftwerksbetreibern einen einvernehmlichen Ausstieg aus der Kohle bis 2040 regeln sollte. Dieser Plan basiert auf dem 2-Grad-Ziel.[18] Im Juni 2016 zeigte die HTW Berlin in einer Studie, dass der Kohleausstieg zum Erreichen der Pariser Klimaschutzbeschlüsse und zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 °C bereits bis spätestens 2030 abgeschlossen sein sollte.[19]
Laut einer 2017 in der Fachzeitschrift Energy erschienenen Studie könnte ein beschleunigter Kohleausstieg dazu beitragen, die Klimaschutzziele Deutschlands bis 2020 doch noch zu erreichen, allerdings reicht der Kohleausstieg allein hierfür nicht aus. Die Erfüllung der Ziele gilt bisher als unwahrscheinlich. Die Bevölkerung in Deutschland steht der Kohleverstromung weitgehend ablehnend gegenüber, wobei die Ablehnung in den letzten Jahren weiter zugenommen hat. Ein Kohleausstieg wird von einem Großteil der Bevölkerung befürwortet. 17,7 % der Deutschen sprachen sich demnach für einen sofortigen Kohleausstieg aus, 32,3 % für einen Kohleausstieg bis 2020, 28,9 % für einen Ausstieg bis 2030 und 7,6 bzw. 4,7 % für einen Kohleausstieg bis 2040 respektive 2050. 8,8 % der Bevölkerung lehnen einen Kohleausstieg ab.[20]
Im Oktober 2017 veröffentlichte der Sachverständigenrat für Umweltfragen eine Stellungnahme mit dem Titel „Kohleausstieg jetzt einleiten“, in der er einen raschen Kohleausstieg in Deutschland forderte. Dieser Kohleausstieg solle sofort beginnen und in den 2030er Jahren abgeschlossen werden. Um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens einzuhalten, sollten den Forschern zufolge die Wirtschaft bis 2050 praktisch kohlenstoffneutral sein und alle deutschen Kohlekraftwerke insgesamt ein verbleibendes Restbudget von maximal 2 Mrd. Tonnen Kohlenstoffdioxid freisetzen. Um dieses Restbudget am sinnvollsten nutzen zu können, leiten sie ab, dass der Kohleausstieg sehr schnell eingeleitet werden müsse und bis 2020 die ältesten und emissionsintensivsten Kraftwerke abgeschaltet werden sollten. Die verbleibenden moderneren Kohlekraftwerke sollten zwischen 2020 und 2030 mit geringerer Auslastung pro Jahr betrieben werden, sodass einerseits die Emissionen gesenkt werden, parallel aber die zu gewährleistende Leistung vorhanden bleibt. In den 2030er Jahren sollten auch diese Kraftwerke stillgelegt werden und die Versorgungssicherheit dann durch erneuerbare Energien in Kombination mit Speicherkraftwerken gesichert werden. Zusätzlich empfahl der SRU die Bildung einer „Kohlekommission“, die einen konkreten Ausstiegsfahrplan aus der Kohlenutzung erarbeiten solle. Hierbei sollten auch die sozialen und wirtschaftlichen Folgen für die ca. 20.000– 30.000 Arbeitsplätze in der Kohlebranche berücksichtigt werden.[21] Um sicherzustellen, dass der Kohleausstieg tatsächlich zu sinkenden Emissionen führe, seien begleitende Maßnahmen wie die Einführung eines Mindestpreises für Kohlendioxid oder die Löschung von Zertifikaten im Europäischen Emissionshandelssystem notwendig.[22]
Studien zu ökonomischen Folgen
Laut einer im Oktober 2019 veröffentlichten Studie von Oliver Wyman könnten die Großhandelspreise für Strom bis 2022 durch den Kohleausstieg steigen – von durchschnittlich rund 40 Euro pro Megawattstunde im Jahr 2018 auf dann mehr als 65 Euro. Die Stromimporte aus dem Ausland könnten sich im selben Zeitraum mehr als verdoppeln. Danach könnten sich die Strompreise wieder reduzieren, jedoch wird auch für 2038 (das Jahr, in dem der Kohleausstieg vollendet sein soll) noch mit 25 % höheren Börsenstrompreisen im Vergleich zum derzeitigen Preisniveau gerechnet. Allerdings wird auch darauf hingewiesen, dass die Erzeugung und der Vertrieb von Strom nur rund ein Fünftel des Endkundenpreises ausmachen.[23]
Eine im August 2019 vom Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln im Auftrag des Wirtschaftsministeriums von Nordrhein-Westfalen veröffentlichte Studie kommt zum Schluss, dass die Strompreise bis 2030 auf rund 58 Euro pro Megawattstunde steigen. Die Strompreise steigen durch den Kohleausstieg um bis zu 3,30 Euro pro Megawattstunde stärker als in einem Szenario ohne Kohleausstieg. Gründe hierfür sind höhere Brennstoffkosten sowie kostspielige Stromimporte.[24]
Politische Diskussion

Im Koalitionsvertrag 2013 der großen Koalition (Kabinett Merkel III) wurde die Kohle als Brückentechnologie bis zur Umstellung auf Erneuerbare Energien bezeichnet. Dieser Vertrag enthält unter anderem den Satz: „Die konventionellen Kraftwerke (Braunkohle, Steinkohle, Gas) als Teil des nationalen Energiemixes sind auf absehbare Zeit unverzichtbar.“ Der Satz wurde von Ulrich Freese in den Koalitionsvertrag eingebracht. Freese ist Gewerkschafter (IG BCE), SPD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Aufsichtsrats von Vattenfall;[25] er ist seit langem ein Lobbyist der Kohleindustrie, speziell der Braunkohleindustrie.[26][27][28]
Bundeswirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel stellte Mitte 2015 den Nationalen Klimaschutzbeitrag für Kraftwerke vor. Dieser sollte bewirken, dass im Stromsektor weitere 22 Mio. Tonnen CO2 zusätzlich eingespart werden, um die Klimaziele für 2020 zu erreichen. Ein Kohleausstieg war jedoch nach Aussage des BMWi ausdrücklich nicht Ziel des Klimaschutzbeitrages. Andere Akteure aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft betonten jedoch, dass ein Kohleausstieg integraler Bestandteil der Energiewende sei und es diesen zu gestalten gelte. Ein Ausstieg aus der Kohleverstromung zu einem späteren Zeitpunkt, würde die Kohlereviere umso abrupter und schmerzhafter treffen. Die Gegner eines Kohleausstiegs machten und machen im Rahmen der Diskussion um den Klimaschutzbeitrag mobil: Am 25. April 2015 organisierten die Gewerkschaften IG BCE und Verdi eine Demonstration, an der neben 15.000 Beschäftigten der Braunkohleindustrie auch Unternehmensvertreter sowie Landes- und Kommunalpolitiker teilnahmen.[29] Die Gewerkschaft IG BCE hat auch eine Plakat- und Anzeigenaktion gegen einen Kohleausstieg in Deutschland gefahren.[30] Der Nationale Klimaschutzbeitrag wurde auf Druck einer starken Lobby beerdigt. Stattdessen wurde das Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarktes mit Kapazitätsreserve, Netzreserve und Sicherheitsbereitschaft verabschiedet.
Mehrfach gab es Demonstrationen der Anti-Kohlekraft-Bewegung gegen Kohleverstromung, beispielsweise im August 2014 in Form einer Menschenkette mit ca. 7500 Teilnehmern von Brandenburg bis Polen.[31]
Im Jahr 2016 änderte die Gewerkschaft Verdi den Kurs und ließ in einer Studie den Kohleausstieg durchrechnen und ist zu dem Schluss gekommen, dass ein sozialverträglicher Ausstieg machbar und finanzierbar sei.[32][33][34] Kurz darauf stellten die Grünen ihren „Fahrplan für den Kohleausstieg“ vor.[35]
Laut einer repräsentativen Meinungsumfrage, die im November 2017 veröffentlicht wurde, wünschen sich 76 % der Deutschen, dass die zukünftige Bundesregierung einen schrittweisen Kohleausstieg einleitet, damit die Klimaziele noch erfüllt werden können. Für diesen Kohleausstieg sprachen sich Anhänger aller Parteien mehrheitlich aus. Die höchste Zustimmung fand sich bei Wählern der Grünen mit 99 %. Ebenfalls sprachen sich 81 % der SPD-Anhänger, jeweils 75 % der Anhänger der Union und der Linken sowie 70 % der Anhänger von FDP und AfD für einen Kohleausstieg aus.[36]
Nach einer im September 2018 von TNS Emnid durchgeführten Umfrage befürworten 73 % der Deutschen einen Kohleausstieg, der bis spätestens 2030 abgeschlossen sein soll. 46 % befürworten einen Kohleausstieg bis zum Jahr 2025. Dabei war bei den Unterstützern der CDU und der SPD die Zustimmung für einen Kohleausstieg mit mehr als 80 % überproportional hoch. 2 % der Bevölkerung befürworteten einen Kohleausstieg nach 2040, 12 % sprachen sich gegen einen Kohleausstieg aus. Zudem lehnen 75 % der Deutschen die Rodung des Hambacher Forsts für die Braunkohlegewinnung ab und befürworten stattdessen einen verordneten Rodungsstopp durch die Bundesregierung.[37][38]
Stilllegung
Betreiber | Blockname | Revier | Bundesland | Inbetriebnahmejahr | MWel (netto) | Sicherheitsbereitschaft | Endgültiges Stilllegungsdatum |
---|---|---|---|---|---|---|---|
RWE | Niederaußem D | Rheinland | ![]() |
1959–1976 | 297 | - | 31.12.2020 |
RWE | Niederaußem C | Rheinland | ![]() |
295 | - | 31.12.2021 | |
RWE | Neurath B | Rheinland | ![]() |
294 | - | 31.12.2021 | |
RWE | Weisweiler E oder F | Rheinland | ![]() |
321 | - | 31.12.2021 | |
RWE | Neurath A | Rheinland | ![]() |
294 | - | 01.04.2022 | |
RWE | Frechen/Wachtberg (Brikettierung) | Rheinland | ![]() |
120 (von 176) | - | 31.12.2022 | |
RWE | Neurath D | Rheinland | ![]() |
607 | - | 31.12.2022 | |
RWE | Neurath E | Rheinland | ![]() |
604 | - | 31.12.2022 | |
RWE | Weisweiler E oder F | Rheinland | ![]() |
321 | - | 01.01.2025 | |
LEAG (EPH) | Jänschwalde A | Lausitz | ![]() |
1981 | 465 | 31.12.2025 | 31.12.2028 |
LEAG (EPH) | Jänschwalde B | Lausitz | ![]() |
1982 | 500 | 31.12.2027 | 31.12.2028 |
RWE | Weisweiler G oder H | Rheinland | ![]() |
1974 oder 1975 | 663 oder 656 | - | 01.04.2028 |
LEAG (EPH) | Jänschwalde C | Lausitz | ![]() |
1984 | 465 | - | 31.12.2028 |
LEAG (EPH) | Jänschwalde D | Lausitz | ![]() |
1985 | 465 | - | 31.12.2028 |
RWE | Weisweiler G oder H | Rheinland | ![]() |
1974 oder 1975 | 663 oder 656 | - | 01.04.2029 |
LEAG (EPH) | Boxberg N | Lausitz | ![]() |
1979 | 465 | - | 31.12.2029 |
LEAG (EPH) | Boxberg P | Lausitz | ![]() |
1980 | 465 | - | 31.12.2029 |
RWE | Niederaußem G oder H | Rheinland | ![]() |
1974 | 628 oder 648 | - | 31.12.2029 |
RWE | Niederaußem G oder H | Rheinland | ![]() |
1974 | 628 oder 648 | 31.12.2029 | 31.12.2033 |
Uniper / EPH | Schkopau A | Mitteldeutschland | ![]() |
1996 | 450 | - | 31.12.2034 |
Uniper / EPH | Schkopau B | Mitteldeutschland | ![]() |
1996 | 450 | - | 31.12.2034 |
LEAG (EPH) | Lippendorf R | Mitteldeutschland | ![]() |
2000 | 875 | - | 31.12.2035 |
EnBW | Lippendorf S | Mitteldeutschland | ![]() |
1999 | 875 | - | 31.12.2035 |
RWE | Niederaußem K | Rheinland | ![]() |
2002 | 944 | - | 31.12.2038 |
RWE | Neurath F (BoA 2) | Rheinland | ![]() |
2012 | 1.060 | - | 31.12.2038 |
RWE | Neurath G (BoA 3) | Rheinland | ![]() |
2012 | 1.060 | - | 31.12.2038 |
LEAG (EPH) | Schwarze Pumpe A | Lausitz | ![]() ![]() |
1998 | 750 | - | 31.12.2038 |
LEAG (EPH) | Schwarze Pumpe B | Lausitz | ![]() ![]() |
1998 | 750 | - | 31.12.2038 |
LEAG (EPH) | Boxberg Q | Lausitz | ![]() |
2000 | 857 | - | 31.12.2038 |
LEAG (EPH) | Boxberg R | Lausitz | ![]() |
2012 | 640 | - | 31.12.2038 |
Praxis
Der Senat des Landes Berlin beschloss im Oktober 2017, bis 2030 aus der Verstromung von Kohle auszusteigen.[40] Im Juli 2018 beschlossen auch die Stadtwerke Cottbus aus der Braunkohleverstromung auszusteigen und ein neues Gaskraftwerk zu bauen, das spätestens 2022 in Betrieb genommen werden soll.[41]
Im Sommer 2019 kam es in Deutschland infolge gestiegener Zertifikatskosten im europäischen Emissionshandel und zugleich niedriger Gaspreise zu einem verstärkten Umstieg von Kohle auf erneuerbare Energien und Erdgas, bei dem Kohlekraftwerke mit gewisser Vehemenz aus dem Markt gedrängt wurden. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und Gaskraftwerken stieg infolgedessen um ca. 10 bzw. ca. 50 %, während die Stromerzeugung aus Steinkohlekraftwerken um etwa 50 % fiel. Gleichzeitig ging die Produktion von Braunkohlekraftwerken um mehr als ein Drittel zurück. Parallel zu dieser wirtschaftlich bedingten Verschiebung der Produktionsreihenfolge verschiedener Kraftwerksarten verringerten sich die Stromexporte ins Ausland.[42] Generell wird davon ausgegangen, dass es ab ca. 35 Euro Zertifikatskosten pro Tonne Kohlendioxid zu einer Verschiebung in der Merit-Order in Richtung Gaskraftwerke kommt. Bei einem Preisniveau von ca. 45 bis 55 Euro/Tonne könnten Gaskraftwerke sowohl Stein- als auch Braunkohlekraftwerke aus dem Strommix verdrängen.[43] Auch ein Abbau klimaschädlicher Subventionen könnte dazu beitragen, die Kohlekraftwerke schnell unwirtschaftlich zu machen.[44][45]
Einzelnachweise
- ↑ Bund und Länder einigen sich auf Stilllegungspfad zum Kohleausstieg. Abgerufen am 16. Januar 2020.
- ↑ Christian Geinitz, Berlin: Kohleausstieg: Hart an einer Blamage vorbei. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 16. Januar 2020]).
- ↑ "Kompromiss aufgekündigt" Experten gehen gegen Kohle-Fahrplan vor. In: n-tv.de, 17. Januar 2020. Abgerufen am 17. Januar 2020.
- ↑ "Dieser Ausstieg ist ein klarer Betrug am Steuerzahler". In: Die Zeit, 29. Januar 2020. Abgerufen am 29. Januar 2020.
- ↑ „Großkonflikt ist wieder offen“. In: taz, 17. Januar 2020. Abgerufen am 17. Januar 2020.
- ↑ Kohleausstiegsgesetz verzögert sich weiter. Abgerufen am 16. Januar 2020.
- ↑ Staffan Jacobsson, Volkmar Lauber, The politics and policy of energy system transformation—explaining the German diffusion of renewable energy technology. In: Energy Policy, 34, (2006), 256–276, S. 267f, doi:10.1016/j.enpol.2004.08.029
- ↑ Hans-Martin Henning, Andreas Palzer: A comprehensive model for the German electricity and heat sector in a future energy system with a dominant contribution from renewable energy technologies—Part I: Methodology. In: Renewable and Sustainable Energy Reviews, 30, (2014), 1003–1018, S. 1004, doi:10.1016/j.rser.2013.09.012
- ↑ Johan Rockström et al.: A roadmap for rapid decarbonization. In: Science. Band 355, Nr. 6331, 2017, S. 1269–1271, doi:10.1126/science.aah3443.
- ↑ World Development Indicators: Electricity production, sources, and access. Weltbank, abgerufen am 4. Oktober 2018.
- ↑ Brigitte Knopf, Jiang Kejun: Germany and China take the lead. In: Science. Band 358, Nr. 6363, 2017, S. 569, doi:10.1126/science.aar2525.
- ↑ Kohleausstieg, Stromimporte und -exporte sowie Versorgungssicherheit ( des vom 7. Februar 2018 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. . Internetseite von Agora Energiewende. Abgerufen am 11. November 2017.
- ↑ Weniger Kohlemeiler könnten Stromversorgung sicherer machen. In: Spiegel Online, 15. November 2017. Abgerufen am 15. November 2017.
- ↑ Keine Versorgungssicherheit: Europa kann die deutsche Stromversorgung nicht retten Bericht in der Tageszeitung DIE WELT am 22. August 2018, abgerufen am 22. August 2018
- ↑ Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft: Verfügbarkeit ausländischer Kraftwerkskapazitäten für die Versorgung in Deutschland, Mai 2018 ( des vom 23. August 2018 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Kohleausstieg: Versorgungssicherheit laut Studie nicht gefährdet. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. November 2017. Abgerufen am 11. November 2017.
- ↑ Die Welt, Kraft windet sich im Landtag wegen Kohle-Ausstieg, 9. April 2014
- ↑ Agora Energiewende: Elf Eckpunkte für einen Kohlekonsens. Konzept zur schrittweisen Dekarbonisierung des deutschen Stromsektors ( des vom 9. Februar 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF, 2015)
- ↑ Volker Quaschning: Sektorkopplung durch die Energiewende. Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin (PDF, 2016)
- ↑ Heidi Ursula Heinrichs et al.: Integrated assessment of a phase-out of coal-fired power plants in Germany. In: Energy. Band 126, 2017, S. 285–305, doi:10.1016/j.energy.2017.03.017.
- ↑ Kohleausstieg jetzt einleiten. Sachverständigenrat für Umweltfragen. Abgerufen am 3. Oktober 2017.
- ↑ German coal phase-out could be in vain without CO2-pricing. Internetseite des PIK. Abgerufen am 7. Juni 2019.
- ↑ Stefan Schultz: Studie zum Kohleausstieg: Strompreise könnten bis 2022 um mehr als 60 Prozent steigen. In: Spiegel Online. 11. Oktober 2019 (spiegel.de [abgerufen am 23. Oktober 2019]).
- ↑ Max Gierkink, Dominic Lencz, Fabian Arnold: Auswirkungen einer Beendigung der Kohleverstromung bis 2038 auf den Strommarkt, CO2-Emissionen und ausgewählte Industrien: Eine Analyse des Abschlussberichts der WSB-Kommission. Hrsg.: Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln. Köln (uni-koeln.de).
- ↑ genauer gesagt (Stand 2013): Vattenfall Europe Generation AG (Cottbus) stellv. Vorsitzender des Aufsichtsrates; Vattenfall Europe Mining (Cottbus) stellv. Vorsitzender des Aufsichtsrates; Vattenfall (Berlin) als Mitglied des Aufsichtsrates und Mitglied des Präsidiums (vattenfall.de)
- ↑ Die Welt, Braunkohle-Lobby schrieb am Koalitionsvertrag mit, 13. Dezember 2013
- ↑ Lausitzer Rundschau, Greenpeace löst Skandalisierungswelle aus, 13. April 2013
- ↑ Berliner Kurier 22. Juni 2014: Dubiose Spendenförderung des SPD-Politikers Ulrich Freese - Die Spur der Kohle
- ↑ Die Zeit, Tausende demonstrieren für und gegen Braunkohle, 25. April 2015
- ↑ Süddeutsche Zeitung, Kohleausstieg: Ärger an der Tagebaukante, 11. Juni 2015
- ↑ Braunkohlegegner organisieren Menschenkette, Die Welt vom 22. August 2014
- ↑ Ver.di, Gutachten: Sozialverträgliche Ausgestaltung eines Kohlekonsens, September 2016
- ↑ Der Westen, Ein Preisschild für den Kohleausstieg, 16. September 2016
- ↑ Rheinische Post, Verdi fordert Milliarden für Kraftwerker, 16. September 2016
- ↑ FAHRPLAN KOHLEAUSSTIEG Die grüne Roadmap für den Umstieg in eine lebensfreundliche Stromversorgung. (PDF) Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, August 2016, abgerufen am 4. März 2017.
- ↑ Selbst FDP-Wähler wollen Kohleausstieg. In: Die Zeit, 15. November 2017. Abgerufen am 15. November 2017.
- ↑ Mehrheit der Deutschen gegen Rodung des Hambacher Forsts. In: Die Zeit, 19. September 2018. Abgerufen am 19. September 2018.
- ↑ Bundesbürger gegen Rodung . In: Klimareporter, 20. September 2018. Abgerufen am 20. September 2018.
- ↑ Entwurf eines Gesetzes zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung und zur Änderung weiterer Gesetze. (PDF) Bundesregierung, 29. Januar 2020, abgerufen am 29. Januar 2020.
- ↑ Berlin beschließt Ausstieg aus der Kohle bis 2030. iwr.de, 20. Oktober 2017, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 19. Oktober 2017; abgerufen am 23. Oktober 2017. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Lausitz:Ohne Kohle in Cottbus. zeit.de, 21. Juli 2018, abgerufen am 21. Juli 2018.
- ↑ Sonnen-, Wind- und Gasenergie verdrängen zunehmend Kohlestrom vom Markt. In: Spiegel Online, 28. August 2019. Abgerufen am 29. August 2019.
- ↑ Hoher CO₂-Preis beginnt zu wirken. In: Klimareporter, 11. Januar 2018. Abgerufen am 29. August 2019.
- ↑ Christoph Zinsius: Umweltschädliche Subventionen. In: Umweltbundesamt. 13. September 2013, abgerufen am 3. November 2019.
- ↑ Matthias Willenbacher: Essbare Löffel, der eigene Fußabdruck und die Subventionspleite bei der Kohle. In: Klimareporter. 3. November 2019, abgerufen am 3. November 2019 (deutsch).