Polymeranaloge Reaktion
Eine polymeranaloge Reaktion ist eine Reaktion, bei der an Polymeren eine funktionelle Gruppe FG1 durch eine chemische Reaktion in eine andere funktionelle Gruppe FG2 überführt wird:[1]

Dabei werden grundsätzlich zwei Arten von polymeranalogen Reaktionen unterschieden:
- Polymeranaloge Reaktionen im klassischen Sinn (Polymertransformationen), bei denen das Reaktionsprodukt das gewünschte Polymer ist
- Reaktionen an Reaktivpolymeren. Dies sind meist vernetzte Polymere mit funktionellen Gruppen, mit denen andere, meist niedermolekulare Verbindungen hergestellt werden können. Das Reaktivpolymer kann anschließend meist wieder regeneriert werden. Das bekannteste Beispiel sind Ionenaustauscher, bei denen meist niedermolekulare Ionen ausgetauscht werden.
Bei diesen Reaktionen ändert sich die molare Masse und gegebenenfalls auch die Konstitution der Polymere, der Polymerisationsgrad bleibt aber erhalten.[1] Eine komplette Umsetzung der reaktiven Gruppen ist normalerweise nicht möglich, eine Ausnahme bilden Reaktivpolymere und Ionenaustauscher, die durch die Durchführung der Umsetzung sehr hohe Umsätze ermöglichen. In vielen Fällen ist eine komplette Umsetzung zudem nicht gewünscht, hier bilden Polyvinylalkohol/Polyvinylamin Ausnahmen, bei denen man neben teilhydrolysierten auch möglichst komplett hydrolysierte Typen anstrebt. Da sich die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Produkte mit dem Substitutionsgrad ändern, versucht man in Fällen wo bestimmte Substitutionsgrade angestrebt werden diese gezielt durch die Reaktionsführung zu erreichen, um die gewünschten Eigenschaften zu erhalten. So sinkt in der Regel ab einem bestimmten Substitutionsgrad bei Cellulose- und Stärkederivaten die Löslichkeit bzw. Quellfähigkeit und auch die biologische Abbaubarkeit. Ab welchem Grad dies geschieht, hängt u. a. von der Größe und Hydrophobie des Substituenten ab.
Von der polymeranalogen Reaktion ist die Vernetzung zu unterscheiden. Hier reagiert ein Polymer mit einem niedermolekularen Vernetzer oder einem anderen Polymer zu größeren Aggregaten, die nach der Reaktion eine weit größere Molmasse und Polymerisationsgrad haben als das Ausgangspolymer.
Geschichte
Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden natürliche Polymere wie Baumwolle, Wolle, Seide und Leinen selten gezielt chemisch behandelt, um ihre Eigenschaften zu verändern. Nur beim Färben wurde, abhängig von der Faser und dem Farbstoff bzw. der Färbemethode, mit Laugen, Salzen oder anderen Substanzen ein besseres Färbeverhalten erzielt, das sog. Beizen.[2] Ab Mitte der 19. Jahrhunderts wurden Cellulosederivate wie 1846 die Schießbaumwolle (Christian Friedrich Schönbein[3]) und 1865 das Celluloseacetat (Paul Schützenberger[4]) gewonnen. Erst im 20. Jahrhundert, als von Hermann Staudinger die Natur der Polymere aufgeklärt wurde und erste künstliche Polymere wie Bakelit (1909), Polyvinylchlorid (ab 1913), Polyester (ab den 1920ern), Polyethylen (ab 1933) und Polyamide (ab 1935) in größeren Mengen hergestellt und verwendet wurden, kamen Methoden auf, diese Polymere durch gezielte chemische Behandlung zu modifizieren.
Künstliche Polymere
Polymere aus nicht existenzfähigen Monomeren
Durch polymeranaloge Reaktion werden Polymere hergestellt, die nicht direkt aus den (formalen) Monomeren synthetisiert werden können, weil diese Monomere nicht stabil oder existent sind, oder die formalen Monomere andere Polymere liefern als die gewünschten.
Polyvinylalkohol
Das kommerziell wichtigste Beispiel ist Polyvinylalkohol (PVA). Der hypothetisch zugrunde liegende Vinylalkohol liegt in einem tautomeren Gleichgewicht mit Acetaldehyd vor, wobei die Gleichgewichtlage nahezu vollständig auf Seiten des Aldehyds liegt:[5]
PVA wird hergestellt, indem aus dem stabilen Monomer Vinylacetat zuerst Polyvinylacetat hergestellt wird. Aus diesem wird mit Butanol oder Methanol durch eine Umesterung der Polyvinylalkohol erhalten. Die dabei anfallenden Ester (Butylacetat und Methylacetat) sind wertvolle Lösemittel.[6] Meist wird eine möglichst quantitative Umesterung angestrebt, Es gibt aber auch teilweise hydrolysierte Polyvinylalkohole, die beispielsweise als Klebstoffe Verwendung finden.[7] Die Löslichkeit in Wasser hängt aber neben dem Hydrolysegrad von anderen Faktoren wie Molmasse und Taktizität ab:[8]
Polyvinylamin
Ähnliches gilt für Polyvinylamin, das Vinylamin läge auch hier mit Ethylidenimin in einem Gleichgewicht vor, in diesem Fall einem Imin-Enamin-Tautomerie-Gleichgewicht, allerdings sind beide Verbindungen instabil.[9]
Polyvinylamin wird aus N-Vinylformamid hergestellt, das zu Polyvinylformamid polymerisiert und durch dessen Verseifung gewonnen wird.
Polyethylenimin
Lineares Polyethylenimin
Mit p-Toluolsulfonsäuremethylester als Initiator lassen sich 2-alkyl-substituierte 2-Oxazoline zu N-substituierten Polyethylenimin polymerisieren. Nach Verseifung entsteht daraus ein lineares Polyethylenimin.[10]
Verzweigtes Polyethylenimin
Das formale Monomer des Polyethylenimins ist das Aziridin, das zwar stabil existiert und auch polymerisierbar ist, allerdings entsteht bei der ringöffnenden Polymerisation nicht die lineare Form des Polymers, sondern ein stark verzweigtes Polyethylenimin:
Lineares Polyethylenimin kann nur durch den oben beschriebenen Umweg dargestellt werden.
Nachbehandlung von Polymeren
- Polyethylen, Ethylen-Propylen-Copolymere, Polyvinylchlorid und andere Polymere werden nach ihrer Herstellung chloriert, um mechanische und chemische Eigenschaften zu verbessern. Zur Verbesserung der Elastomereigenschaften sollte der Chlorgehalt des Polymers 25–40 % betragen. Soll das Polymer zur Verbesserung der Schlagfestigkeit mit PVC geblendet werden, sollten es > 40 % sein. Hochchlorierte PVC-Typen mit bis zu 65 % Chlor werden in Lacken und Klebstoffen verwendet, wobei deren Verwendung deutlich rückläufig ist, bzw. sich auf Spezialanwendungen reduziert.[11]
Nachbehandlung von Polyethylen
Nachbehandlung von Ethylen-Propylen-Copolymeren
Nachbehandlung von Polyvinylchlorid
- Acrylnitril-Butadien-Kautschuk wird zur Verbesserung der Alterungsbeständigkeit hydriert.[11]
Nachbehandlung von Acrylnitril-Butadien-Kautschuk
Ionenaustauscher
Ionenaustauscher sind meist vernetzte Polystyrolharze oder Cellulose, die anionische oder kationische Gruppen tragen. Als anionische Gruppe dient bei den starken Kationenaustauschern meist eine Sulfonsäuregruppe, bei den schwachen eine Carboxylatgruppe. Die kationischen Gruppen sind je nach Anwendung stark basische quartäre Ammoniumverbindungen, oder tertiäre, sekundäre oder primäre (= schwach basische) Amine.[12]
Reaktivpolymere
- Neben Ionenaustauschern gibt es eine ganze Reihe (vernetzter) Polymere, die funktionelle Gruppen tragen, mit denen niedermolekulare Verbindungen hergestellt, oder umgesetzt werden können. Basis bilden meist vernetzte Polystyrole. Beispiele sind:[13]
Die Reaktionen an den Reaktivpolymeren und deren Regeneration erfolgen analog wie bei Ionenaustauschern in Säulen, was durch die großen Konzentrationsgradienten sowohl die Reaktion als auch die Regeneration mit großen Ausbeuten durchführbar machen.
- Die Reaktionen verlaufen bei polymer gebundenen Gruppen nicht immer analog zu den Reaktionen monomerer reaktiver Gruppen. So bromiert N-Bromsuccinimid Olefine in der Allylstellung unter Erhalt der Doppelbindung, während das polymer gebundene zu einer Addition von Brom an die Doppelbindung führt.[13]
Merrifield-Synthese
Bei der Merrifield-Synthese wird an einem vernetzten Polystyrol mit einer Chlormethyl-Gruppe (CH2-Cl) schrittweise ein Peptid synthetisiert.[14]
Die Sequenz beginnt damit, dass eine am N-Terminus geschützte Aminosäure an diese CH2-Cl Gruppe gekoppelt und anschließend die Schutzgruppe entfernt wird. An diese Aminogruppe kann wieder eine Aminosäure unter Ausbildung einer Peptidbindung gekuppelt werde. Durch Wiederholung diese Sequenz können Peptide mit einer Länge von maximal ca. 100 Aminosäuren hergestellt werden.[15]
Seitdem Peptide routinemäßig mit genetischen Methoden hergestellt werden können, hat die Merrifield Synthese, von Spezialfällen wie beispielsweise dem Einbau von nichtkanonischen Aminosäuren abgesehen, keine praktische Bedeutung mehr.
Leiterpolymere
Durch eine intramolekulare Polymerisartion kann man geeignete Polymere zu Leiterpolymeren umsetzen. Ein geeignetes Grundpolymer ist beispielsweise isotaktisches 1,2-Polybutadien, bei dem die seitenständigen Vinylgruppen cyclisiert werden.[16]
Natürliche Polymere
Cellulosederivate
Polymeranaloge Reaktionen bei nativer, oder manchmal auch gezielt abgebauter Cellulose liefern wichtige Produkte der Kunststoffindustrie.
Bei technischen Produkten liegt der Substitutionsgrad meist zwischen zwei und fünf pro Cellobioseeinheit und wird gezielt angestrebt, weil die unterschiedlichen Substitutionsgrade den Derivaten unterschiedliche Eigenschaften verleihen.
Celluloseester
- Celluloseacetat, einer der ältesten Kunststoffe, wird je nach Substitutionsgrad nach unterschiedlichen Verfahren hergestellt, ausführlich werden sie im Hauptartikel dazu beschrieben. Da sich Fasern aus Celluloseacetat ähnlich anfühlen wie Seide und auch im Aussehen ähnlich sind, wird sie in großem Umfang zur Herstellung dieser Fasern und Bekleidung daraus verwendet, zumal diese Stoffe pflegeleichter und unempfindlicher sind als Seide.[17]
- Cellulosenitrat gehört auch zu den ältesten Kunststoffen. Mit Campher plastifiziert wurde es zur Herstellung von Zelluloid verwendet, einem der ersten Thermoplaste. Es wird heute allerdings wegen der großen Brandgefahr nur noch selten verwendet, beispielsweise für die Herstellung von Tischtennisbällen[18][19] und von Sprengstoff. Cellulosenitrat unterliegt dem deutschen Sprengstoffgesetz.
Celluloseether
- Methylcellulose wird durch Umsetzen von Methylchlorid mit alkalisch vorbehandelter Cellulose unter Druck und erhöhter Temperatur hergestellt und als Verdickungsmittel, speziell als Tapetenkleister verwendet.[20]
- Ethylcellulose wird analog zu Methylcellulose hergestellt und auch zu ähnlichen Zwecken eingesetzt, dient aber auch als Bestandteil von Celluloseetherlacken.[21]
- Hydroxypropylmethylcellulose stellt man aus Cellulose mit einer Mischung aus Propylenoxid und Methylchlorid her, die wie bei der Methylcellulose vor der Reaktion alkalisch vorbehandelt hat. Die Verwendung ist vielfältig und wird im Artikel dazu ausführlich beschrieben. Unter anderem wird sie als Verdickungsmittel[22] eingesetzt.
- Hydroxypropylcellulose[23] wird aus alkalisch vorbehandelter Cellulose und Propylenoxid hergestellt. Sie wird als Emulgator, Verdickungsmittel und Bindemittel verwendet.
- Hydroxyethylcellulose[24] wird analog zu Hydroxypropylcellulose aus Ethylenoxid und alkalisch behandelter Cellulose hergestellt. Sie wird analog wie Hydroxypropylcellulose eingesetzt, ist aber (bei gleichem Substitutionsgrad) etwas hydrophiler als diese.
- Carboxymethylcellulosen hat ein sehr breites Anwendungsspektrum, so ist sie z. B. als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen und hat die Nummer E 466, dort wird es als Ve3rdicker und zur Verbesserung der Konsistenz eingesetzt. In der Pharmazie nutzt man sie als Tablettensprengmittel. Diese und weitere Anwendungen sind hier aufgelistet.[25]
- Diethylaminoethylcellulose wird als schwach basischer Ionenaustauscher verwendet, speziell für Trennung von Proteinen.[26]
Bei der Herstellung von Hydroxypropylmethylcellulose, Hydroxypropylcellulose und Hydroxyethylcellulose kann es immer zur Bildung von mehrgliedrigen Seitenketten aus Polyethylenoxid bzw. Polypropylenoxid kommen, noch bevor alle OH-Gruppen der Cellulose substituiert sind. Reaktionstechnisch lässt sich nicht vermeiden, dass ein relativ uneinheitliches Produkt entsteht.
Stärkederivate
Im Gegensatz zu Cellulose ist Stärke und viele ihrer Derivate von Menschen verdaubar und daher gibt es eine Vielzahl von Stärkederivaten, die in großem Maß in der Lebensmitteltechnologie zur Modifikation von Lebensmitteln.[27][28] sowie bei der Papierherstellung[29] eingesetzt werden. Die Verdaulichkeit nimmt mit steigendem Substitutionsgrad allerdings ab und einige sehr hoch substituierte Derivate sind unverdaulich. Meist wird keine native, sondern oxidativ oder enzymatisch abgebaute Stärke eingesetzt, weil die Molmassen nativer Stärken speziell bei Amylopektinen oft so hoch sind, dass die Löslichkeit schlecht, oder die Lösungsviskositäten sehr hoch sind, dass Derivatisierungen stark erschwert werden.
Kationische Stärke
Kationische Stärke wird in großem Umfang für die Herstellung von Papier eingesetzt. Dort dient sie u. a. als Retentionsmittel und zur Trockenverfestigung.[30] Aufgesprühte kationische Stärke verbessert die Bedruckbarkeit.[29] Im Gegensatz zu anderen Stärkederivaten haben kationische Stärken einen sehr niedrigen Substitutionsgrad, der typischerweise zwischen 0,03 und 0,1 liegt.[31]
Stärkeester
- Stärkesulfate waren eine Zeit lang als Substitut für Heparin im Gespräch[32]
- Stärkenitrate haben ähnliche Eigenschaften wie Cellulosenitrate, aber eine weit geringere technische und wirtschaftliche Bedeutung.[33]
- Stärkexanthogenate werden in der Papierindustrie zur Papierverfestigung und zur Herstellung von Elastomeren verwendet[32]
- Stärkecitrate werden in der Lebensmitteltechnologie bei Tiefkühlware eingesetzt[32]
- Stärkesuccinate und Stärkeadipate bilden kaltquellende, hochviskose Lösungen[32]
- Monostärkephosphat[34] Stärkephosphate werden speziell bei säurehaltigen Lebensmitteln, die stark erwärmt (sterilisiert) werden, eingesetzt.[35]
- Stärkeacetate[36] bilden klare und stabile Lösungen. Sie werden zur Stabilisierung von Tiefkühllebensmittel und Milcherzeugnissen verwendet.
- Stärkenatriumoctenylsuccinat[37] quillt bereits in kaltem Wasser und wirkt als Emulgator, der Wasser/Öl-Emulsionen stabilisiert. Zudem bildet es stabile, gefrierstabile Schäume.
Stärkeether
- Hydroxypropylstärke[38] wird als hitzestabiles Verdickungsmittel verwendet, speziell für Nahrungsmittel, die sterilisiert werden.
- Hydroxyethylstärke[39] wird für die Papierherstellung und als Textilhilfstoff verwendet. Bis 2013 auch als Plasmaersatzstoff, momentan ist es aber für diesen Zweck nicht mehr zugelassen.[40]
- Carboxymethylstärke[29] bildet hochviskose Lösungen, ohne Gelbildung. Sie ist ein Grundstoff für abbaubare Tenside[41]
Posttranslationale Modifikationen
Posttranslationale Proteinmodifikationen (PTM) sind Veränderungen von Proteinen, die nach der Translation stattfinden. Auf diesem Weg können Aminosäuren in Proteine eingebaut werden, die kein eigenes Kodon besitzen. So besitzt Hydroxyprolin kein Kodon und kann nicht direkt in Proteine eingebaut werden, sondern wird in Kollagen durch Prolyl-4-Hydroxylase aus Prolin hergestellt.
Posttranslationale Modifikation lassen sich in folgende Gruppen einteilen
- Abspaltungen
- Einfügung von Anorganischen Gruppen
- Einfügung von Organischen Gruppen
- Einfügung von Lipidgruppen (als Sonderfall)
- Einfügen von Bindungen
- Bindung an größere Moleküle
- Veränderung einzelner Aminosäuren
- Andere Reaktionen
Bei dieser Einteilung gibt es allerdings Überschneidungen und Uneindeutigkeiten, weil es eine empirische und nicht streng systematische Einteilung ist und nicht alle Posttranslationale Modifikationen Polymeranaloge Reaktionen sind.[42]
Ohne Posttranslationale Modifikationen könnten viele Proteine ihre Aufgaben nicht erfüllen, weil sie sonst eine andere als die geforderte Konfiguration hätten, zu hydrophil, oder hydrophob wären, oder andere Eigenschaften nicht erfüllten. Die meisten Posttranslationale Modifikationen sind enzymkatalysierte Reaktionen und keine, die durch DNA/RNA gesteuert werden. Sie können an unterschiedlichen Stellen der Zellen stattfinden, nicht nur in den Ribosomen.
DNA
Zur Kontrolle der Genexpression wird DNA in Lebewesen chemisch modifiziert. Eine sowohl in Pro- als auch Eukaryoten vorkommende Variante davon ist die Methylierung von Cytosin durch ein Enzym aus der Gruppe der DNA-Methyltransferasen. Das Enzym überträgt eine Methylgruppe von S-Adenosylmethionin (SAM) auf Cytosin (hier dargestellt an einer freien Pyrimidinbase):
Dabei entstehen S-Adenosylhomocystein (SAH) und 5-Methylcytosin. Mit den Folgen dieser und anderer chemischer Modifikationen am Genom beschäftigt sich die Epigenetik.[43]
Andere natürliche Polymere
Chitosan wird aus Chitin durch Verseifung oder enzymatischer Deacetylierung hergestellt. Auch Chitosan hat eine sehr breite Anwendung.[44]
Abgrenzung von Polymeranalogen Reaktionen zur Vernetzung
Vulkanisation
Das Vulkanisieren (Quervernetzen) von Kautschuk zu Gummi zählt nicht zu den Polymeranalogen Reaktionen, sondern zu den Vernetzungen, weil die Molmasses des vulkanisierten Produktes um ein Vielfaches höher ist als die des Ausgangsproduktes.[45] Dies ist ein Beispiel, dass ein Polymer mit einem niedermolekularen Vernetzer (Schwefel) zu einem Netzwerk reagiert.
Schematische Präsentation von zwei Polyisoprenketten (blau und grün) nach der Vulkanisation mit Schwefel (n = 0, 1, 2, 3 …). Die Polyisoprenketten sind hier über zwei Schwefelbrücken miteinander verknüpft
Mischsysteme
Es gibt Systeme, bei denen sowohl polymeranaloge Reaktionen, als auch Vernetzungen stattfinden. Beispiele sind die Herstellung von Polyamidoamin-epichlorhydrinharzen und die Herstellung von Kohlenstofffasern. Bei den Stärkeestern mehrbasiger Säuren liegt je nach Stöchiometrie eine Polymeranaloge Reaktion oder eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Vernetzung vor.
Stärkeester mehrbasiger Säuren
Distärkephosphat[46] und Phosphatiertes Distärkephosphat[47] gehören zu den teilweise vernetzten Polymeren, weil die Phosphatgruppen mehrere Ketten miteinander verbinden können. Auch die Stärkesuccinate und Stärkeadipate gehören zu den teilweise vernetzten Polymeren.[32]
Herstellung von Polyamidoamin-epichlorhydrinharzen
Polyamidoamin-epichlorhydrinharze werden u. a. als Nassfestmittel bei der Papierproduktion verwendet. Hier wird aus Adipinsäure und Diethylentriamin (oder anderen Polyaminen) durch Polykondensation ein Prepolymer hergestellt, das in einer polymeranalogen Reaktion mit Epichlorhydrin zu einem reaktiven Prepolymer umgesetzt wird, das anschließend vernetzt werden kann.[48] Dies ist ein Beispiel, bei dem reaktive Polymere miteinander zu einem Netzwerk reagieren.
Herstellung von Kohlenstofffasern
Kohlenstofffasern werden zum größten Teil aus Polyacrylnitril (PAN) hergestellt. Dazu wird PAN gesponnenen und verstreckt und diese Fasern in einer polymeranalogen Reaktion zu einem Leiterpolymer umgesetzt. Diese Vorreaktion verläuft in zwei Schritten. Im ersten werden unter sauerstofffreien Bedingungen die CN-Gruppen bei 200–300 °C cyclisiert und in einem zweiten Schritt durch Sauerstoff dieses Polymer aromatisiert. In einem weiteren Schritt wird es unter Eliminierung von HCN oder Stickstoff graphitisiert, = vernetzt[49]
Einzelnachweise
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- ↑ Beschreibung des Beizens von Naturfasern, Abgerufen am 17. Dezember 2017.
- ↑ Jochen Gartz: Vom Griechischen Feuer zum Dynamit – eine Kulturgeschichte der Explosivstoffe. E.S. Mittler & Sohn, Hamburg / Berlin / Bonn 2007, ISBN 978-3-8132-0867-2.
- ↑ Victor Emmanuel Yarsley: Über die Herstellung und physikalischen Eigenschaften der Celluloseacetate. Julius Springer Verlagsbuchhandlung, Berlin 1927, S. 5, doi:10.1007/978-3-642-98939-1.
- ↑ Hans Rudolf Christen, Fritz Vögtle: Organische Chemie. Band 1, Salle + Sauerländer, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-7935-5397-3, S. 132 und 436.
- ↑ Hans-Georg Elias: Makromoleküle. Band 4, 6. Auflage, Wiley, Weinheim 1999, ISBN 978-3-527-29962-1, S. 208 ff.
- ↑ Produktliste teilverseifter Polyvinylalkohole der Firma Kuraray. Abgerufen am 25. März 2016.
- ↑ Karl Oberbach (Hrsg.): Saechtling Kunststoff-Taschenbuch. Carl Hanser Verlag, München / Wien 2004, ISBN 3-446-22670-2, S. 458.
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- ↑ Blandine Brissault, Antoine Kichler, Christine Guis, Christian Leborgne, Olivier Danos, Hervé Cheradame: Synthesis of Linear Polyethylenimine Derivatives for DNA Transfection. In: Bioconjugate Chemistry. Band 14, Nr. 3, 2003, S. 581–587, doi:10.1021/bc0200529.
- ↑ a b Hans-Georg Elias: Makromoleküle. Band 1, 6. Auflage, Wiley, Weinheim 1999, ISBN 3-527-29872-X, S. 558–559.
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