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Luftangriff auf Kana

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Der Luftangriff auf Kana ist Teil des Israel-Libanon-Konflikts 2006. Am 30. Juli 2006 wurde die Ortschaft Kana im südlichen Libanon von der Israelischen Luftwaffe (IAF) angegriffen. Der Luftangriff, bei dem zahlreiche Zivilisten getötet wurden, brachte einen dreistöckigen Apartmentblock zum Einsturz. Der Angriff war, laut israelischer Aussage, eine Reaktion auf wiederholte Raketenabschüsse aus der Ortschaft auf Israel. Nach Erkenntnissen von Human Rights Watch waren jedoch zum Angriffszeitpunkt weder Kämpfer der Hisbollah noch militärische Ausrüstung am oder in der Nähe des angegriffenen Gebäudes.[1][2] Medienberichte vom gleichen Tag meldeten den Tod von 56 Menschen, davon 37 Kinder [3][4], aber ein Bericht von Human Rights Watch vom 2. August 2004 und Offizielle des Krankenhauses in Tyros geben niedrigere Zahlen an; laut diesen Angaben sind bei dem Luftangriff 28 Menschen, davon 16 Kinder getötet worden. 13 weitere Menschen werden noch vermisst.[5][6] Die Umstände des Zwischenfalls ähneln denen des Artillerieangriffs auf Kana, bei dem im April 1996 mehr als 100 Zivilisten getötet wurden.[3]

Ablauf nach Angaben der Bewohner

  • Die IAF bombardierte das Gebäude im Viertel Hariva um 1.00 Uhr morgens.[7]
  • Zumindest ein Teil des Gebäudes stürzte sofort ein und tötete, Augenzeugenberichten zufolge, mehrere kleinere Kinder.[8]
  • Nach dem ersten Luftschlag haben einige Personen das Gebäude verlassen, um den Schaden zu begutachten.
  • Innerhalb von zehn Minuten wurde das Gebäude von einem zweiten Luftschlag getroffen, der den Einsturz der Wände verursachte und die Bewohner, die nicht herausgelaufen waren, dabei tötete.[9]

Berichte über den Zwischenfall erschienen in arabischen Medien am Sonntag morgen, etwa sieben Stunden nach dem Angriff. Den Berichten zufolge machen die arabischen Medienberichte keine Angaben, wann das Gebäude zusammengebrochen ist.[10]

Verzögerung bei der Rettung

Sami Yazbuk, der Leiter des Libanesische Roten Kreuzes in Tyros sagte, dass der erste Alarmruf nach der Bombardierung um 7.00 Uhr morgens angenommen wurde. Er sagte auch, dass der vorherige Granatbeschuß der Straßen das Eintreffen des Rotkreuz-Personals verzögert hat.[7] Es gibt Berichte, dass der Luftangriff noch auch während der Rettungsarbeiten fortgesetzt wurde.[11]

Libanesische Position

Der libanesische Ministerpräsident Fouad Siniora sagte, dass die Bombardierung von Kana eine Waffenruhe noch dringender mache. Er bezeichnete Israel als "Kriegsverbrecher" und sagte Gespräche mit der Außenministerin der Vereinigten Staaten Condoleezza Rice ab. Siniora rief den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an, eine Dringlichkeitssitzung abzuhalten. AFP berichtete unter Berufung auf ein libanesisches Parlamentsmitglied, dass 15 der getöteten Kinder körperlich oder geistig behindert waren und auf ihre Evakuierung warteten.[12]

Israelische Position

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert drückte sein Bedauern über den Zwischenfall aus, sagte aber auch, die Einwohner seien aufgefordert worden, das Gebiet zu verlassen. Olmert sagte, dass die Hisbollah Kana zur Lagerung und zum Abschuss von Katjuscha-Raketen nutze und die Dorfbewohner als lebende Schutzschilde missbrauche. "Wir werden nicht vor der Hisbollah zaudern und wir werden die Offensive nicht stoppen aufgrund der schwierigen Umstände."

Die IDF gab an, dass der Luftangriff eine Reaktion auf die mehr als 150 Katjuscha-Raketen sei, die innerhalb von zwei Wochen von Kana aus auf Israel abgeschossen wurden. Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen Dan Gillerman beschuldigte die Hisbollah, womöglich an den zivilen Opfern schuld zu sein. Laut Dan Gillerman habe Israel "die Einwohner von Kana wiederholt zum Verlassen aufgerufen. Ich wäre nicht überrascht, wenn die Hisbollah sie zum Bleiben gezwungen hätte."[13] Die Vierte Genfer Konvention besagt: "Die Anwesenheit einer geschützten Person darf nicht ausgenutzt werden, um bestimmte Punkte oder Gebiete immun gegen militärische Operationen zu machen." (Artikel 28)[14]

Zeitablauf nach IDF-Angaben

  • Ein hochrangiger IAF-Offizier gab an, dass die IDF das Gebiet seit 28. Juli 2006 ins Ziel genommen habe und dass das am [[30. Juli getroffene Gebäude als Ziel ausgewählt worden war, nachdem die Aufklärung angedeutet hatte, dass Hisbollah-Milizionäre mit Katjuscha-Rakten und Startrampen darin verborgen seien. Die IDF habe auch gesagt, dass sie glaubten, das Gebäude sei leer. "Wir warnten die Bewohner, dass wir dort angreifen würden", sagte der Offizier. "Wir arbeiten unter der Annahme, dass die Dörfer leer sind und dass, wer auch immer dort ist, mit der Hisbollah verbunden ist."[15]
  • Nach Angaben des IAF Stabschefs Brigadegeneral Amir Eshel haben Raketen das Gebäude kurz nach Mitternacht getroffen. Er gab an, dass er nicht wisse, wann das Gebäude eingestützt sei, aber "ausländischen Presseberichten zufolge, und das sind Berichte, auf die wir uns beziehen, ist das Gebäude um 8 Uhr morgens eingestürzt. Wir haben keine Zeugenaussagen hinsichtlich des Zeitpunkts des Einsturzes. Wenn das Haus um Mitternacht eingestürzt ist, ist es schwer für mich zu glauben, daß sie acht Stunden mit der Evakuierung gewartet haben."[16]
  • Höhere IAF-Offiziere sagten, dass der Einsturz durch eine nicht sofort explodierte Rakete oder durch einen Hisbollah-Sprengkörper verursacht worden sein kann.[17] [18]
  • Die IDF hat keine Aufnahmen von dem Luftangriff selbst veröffentlicht, aber ein Video, welches IDF-Angaben zufolge einige Zeit vor dem Zwischenfall aufgenommen wurde und zeigt, wie von Kana aus Raketen abgeschossen und Abschußrampen in Wohngebieten des Dorfes versteckt wurden.[19]

Untersuchungen des Zwischenfalls

Untersuchung durch die IDF

Am 2. August 2006 erklärte die IDF, die Untersuchung des Zwischenfalls abgeschlossen zu haben. Der Bericht wurde nicht veröffentlicht, aber dem Verteidigungsminster Peretz und dem Generalstabschef Halutz übergeben. In einer Presseerklärung wurde die Stellungnahme des Generalstabschefs bekanntgemacht.[20] Die IDF gab an, dass sie glaubte, das Gebäude sei leer und "es wurde am Sonntag um 0.25 Uhr mit zwei Bomben der IDF angegriffen. Eine der Bomben explodierte, die andere war anscheinend ein Blindgänger." Die Stellungnahme beschuldigte die Hisbollah, menschliche Schutzschilde zu verwenden und bemerkte, dass die IDF "operierte aufgrund von Informationen, daß das Gebäude nicht von Zivilisten bewohnt sei, sondern als ein Versteck für Terroristen verwendet wurde." Hätten sie gewüßt, dass Zivilisten sich in dem Gebäude aufhielten, "wäre der Angriff nicht ausgeführt worden." Die Stellungnahme enthielt auch die Bemerkung, dass das Gebäude benachbart war "zu Gebieten, von welchen aus Raketen gegen Israel gestartet wurden" und vor dem 30. Juli die IDF "einige andere Gebäude in dem Gebiet, die Teil der Infrastruktur für terroristische Aktivitäten waren, ins Ziel genommen wurden."[21][22]

Human Rights Watch

Human Rights Watch gab am 2. August 2006 bekannt, dass die anfängliche Schätzung von 54 getöteten Personen auf einem Register beruhte, nach welchem 63 Personen Schutz in dem Keller gesucht hätten, und darauf, daß die Rettungsteams anfänglich nur neun Überlebende gefunden hatten. Allerdings stellte sich später heraus, dass 22 Menschen aus dem Keller geflohen waren und 28 Leichname gefunden wurden, davon 16 Kinder. 13 Menschen werden noch vermisst und es wird befürchtet, dass sie noch unter den Trümmern begraben liegen. Human Right Watch fügte hinzu, dass ihre eigenen Ermittler, die Kana am 31. Juli 2006 besuchten, kein zerstörtes Militärmaterial in oder neben dem Gebäude gefunden haben. "In ähnlicher Weise hat keiner der Dutzende von Journalisten, Rettern und internationalen Beobachtern, die Kana am 30. und 31. Juli besucht hatten, irgendwelche Beweise von der militärischen Anwesenheit der Hisbollah in dem oder um das Gebäude herum gesehen. Die Retter haben keine Leichname, die scheinbare Hisbollah-Kämpfer waren, aus dem oder in der Nähe des Gebäudes geborgen."[23]

Human Rights Watch verlangt eine internationale Untersuchung des Zwischenfalles, da die israelische Erklärung eher Fragen aufwerfe denn beantworte. Die Organisation kritisierte die IDF für ihre Haltung, dass die Angriffe nach der Warnung an die Zivilisten, das gebiet zu verlassen, legitimiert seien: "Die Warnungen sind keine Entschuldigung, blindlinks auf jeden zu schießen, der zurückgeblieben ist"[24]

Details der Bombe

Ein Teil der Bombe mit der Aufschrift FOR USE ON MK-84 GUIDED BOMB BSU-37/B[25] wurde Berichten zufolge an Ort und Stelle ausgegraben. Demnach handelte es sich um eine 2000-Pfund-Sprengbombe des US-Standardtyps Mk-84, die mit einer Laserzielvorrichtung ausgerüstet war. Israel erhielt im Jahre 2004 etwa 2500 Stück dieses Bombentyps von den Vereingten Staaten.

Reaktionen

Am 31. Juli 2006 stimmte Israel auf US-amerikanischen Druck hin zu, die Luftangriffe über dem südlichen Libanon für bis zu 48 Stunden auszusetzen, um die Evakuierung von Zivilisten und eine Untersuchung des Zwischenfalls zu ermöglichen.[26] Die Luftangriffe wurden allerdings weniger als 24 Stunden später fortgesetzt.[27]

Nach dem israelischen Luftangriff auf Kana haben Demonstranten in Beirut die dortige UN-Vertretung gestürmt. Das UN-Personal flüchtete. In der Innenstadt protestierten Tausende gegen Israel und die USA. Auch in Gaza-Stadt wurde ein UN-Stützpunkt angegriffen. Rund 2000 Menschen warfen zunächst Steine auf die Büros, drangen dann in das Gebäude ein und verwüsteten es. Sicherheitskräfte konnten die Randalierer vertreiben.[11]

Einige Komentatoren haben herausgestellt, dass - ähnlich zu dem Artillerieangriff auf Kana im Jahre 1996 - die IDF auf wiederholte Hisbollah-Raketenangriffe reagierte. Beide Zwischenfälle erwirkten einen erhöhten Druck auf Israel, einen Waffenstillstand zu erklären. Kanas strategische Lage an der Kreuzung von fünf wichtigen Straßen könnte dazu beigetragen haben, dass es wiederholt ins Kreuzfeuer geraten ist.[28]

Siehe auch

Weitere Weblinks, siehe: Israel-Libanon-Konflikt 2006

Quellen

  1. Human Rights Watch:"Lebanon/Israel: IDF Fails to Explain Qana Bombing", 3. August 2006
  2. Tagesspiegel:"Verheerende Fehler", 2.August 2006
  3. a b dpa: 56 Tote im Südlibanon - UN-Dringlichkeitssitzung, 31. Juli 2006
  4. BBC: "Dozens killed in Lebanon air raid", 30. Juli 2006
  5. Human Rights Watch: "Israel/Lebanon: Qana Death Toll at 28", 2. August 2006
  6. FAZ: Was geschah wirklich in Kana? 3. August 2006
  7. a b The Guardian: "UN 'They found them huddled together'", 31. Juli 2006
  8. The_Australian "Inside a death house", 4. August_2006
  9. Haaretz: "Qana villagers refute IDF claims building fell hours after strike", 31. Juli 2006
  10. Haaretz: "Testimonies from Qana: the building was struck twice in ten minutes", 30. Juli 2006
  11. a b Tagesschau: "Es war wie ein gewaltiges Erdbeben", 30. Juli 2006
  12. The_Australian "15 disabled children killed in Qana", 31. Juli 2006
  13. Democracy Now: Headlines for July 31, 2006", 31. Juli 2006
  14. WikiSource-Version der 4. Genfer Konvention (englisch)
  15. Jerusalem Post: "Kana collapse was hours after attack", 30. Juli 2006
  16. Haaretz: "IDF says it may not be responsible for Qana deaths", 1. August 2006
  17. Jerusalem Post: "Kana collapse was hours after attack", 30. Juli 2006
  18. aargauerzeitung.ch: "Israel stimmt zweitägiger Feuerpause zu", 30. Juli 2006
  19. Jerusalem Post: "IDF: 150 rockets fired from Qana at Israeli cities", 30. Juli 2006
  20. IDF: "Completion of inquiry into July 30th incident in Qana", 2. August 2006
  21. Jerusalem Post: "IDF: Intel. failure caused Kana deaths"
  22. Ynetnews: "IDF: We assumed building in Qana to be empty", 2. August 2006
  23. Human Rights Watch: "Israel/Lebanon: Qana Death Toll at 28"
  24. Human Rights Watch: "Lebanon/Israel: IDF Fails to Explain Qana Bombing", 3. August 2006
  25. AP: Photo des Bombenstücks (cryptologon.com)
  26. BBC: "Israel halts fire for Qana probe", 31. Juli 2006
  27. Associated Press via Yahoo: "Israeli strikes resume after brief lull", 31. Juli 2006
  28. 'BBC: "BBC News: Qana makes grim history again", 31. Juli 2006. Abgerufen am 4. August 2006