Urananreicherung
Verwendung von Uran in Atomreaktoren
Das natürliche Uran hat nur einen sehr geringen Anteil an spaltbaren Material. Es besteht zu 99,27 % aus dem nicht spaltbaren Isotop U238. Lediglich das zu 0,72 % enthaltene U235 ist spaltbar. Eine selbstständige Kettenreaktion kann bei diesen Konzentrationen nicht aufrecht erhalten werden.
Die erste Bombe
Die Hiroschima-Bombe war eine Uran-Bombe. Um eine unkontrollierte Kettenreaktion auszulösen, muss die Konzentration des spaltbaren Isotopes auf > 95 % angereichert werden. Da sich Isotope eines Elementes chemisch nicht unterscheiden, sondern lediglich einen winzig kleinen Unterschied in ihrer Masse aufweisen, ist die Trennung und Anreicherung auf physikalische Methoden angewiesen. Die USA nutzte das damals einzige bekannte Verfahren zur Urananreicherung: das Gasdiffusionsverfahren.
Gasdiffusionsverfahren
Dabei wird das Uran chemisch zu Uranhexafluorid UF6 umgewandelt, das bei Temperaturen über 20 C gasförmig wird. Dieses Gas wird in große Fässer gepresst, in denen sich eine Membrane befindet. Durch den geringen Massenunterschied wandert das leichtere U235 ein klein wenig schneller durch diese Membrane als das schwerere U238. Somit ist die Konzentration auf der anderen Seite der Membrane geringfügig erhöht (von 0,72 % auf 0,720001 %). Da der Konzentrationsgewinn nur minimal ist, muss die Charge entweder unendlich oft durch die Membrane gedrückt werden oder durch sehr viele hintereinander geschaltete Membranen. Durch eine geschickte Kaskadierung kann die Zahl der Diffusionsschritte zwar veringert werden, trotzdem ist eine Anlage nötig, die mehrere Quadratkilometer Fläche beansprucht. Für die kommerzielle Nutzung der Atomenergie erschien dies unverhältnismässig viel Aufwand.
Die zweite Bombe
Der zweite Weg an atombombentaugliches Material zu kommen ist der Atomreaktor. Durch eine kontrolierte Kettenreaktion wird aus dem nichtspaltbaren U238 Plutonium, welches nicht nur spaltbar ist, sondern sich auch chemisch vom Uran unterscheidet und sich sehr viel einfacher nach dem Plutoniumreaximinierungsverfahren (PUREX) trennen und anreichern lässt. Um Plutonium, dass in der Atombombe von Nagasaki zum Einsatz kam, zu gewinnen brauchte man Reaktoren, die mit der natürlichen Konzentration im Uran zurechtkomen.
Die ersten Atomreaktoren
Um eine Kettenreaktion selbständig aufrecht zu erhalten müssen die Neutronen, die beim spontanen Zerfall von U235 auftreten im Mittelwert auf mindestens ein weiteres U235 Atom treffen. Bei der natürlichen Konzentration ist dieses Wahrscheinlichkeit viel zu gering. Wasser als Kühlmittel hat sogar die Eigenschaft, die freigestzten Neutronen abzubremsen und teilweise einzufangen. Die ersten Reaktoren waren daher gasgekühlte Graphit-Reaktoren, da Graphit die freigesetzten Neutronen sehr wirkungsvoll reflektiert. Es wurde dabei als eigentlicher Reaktorblock verwendet. In passende Bohrungen konnten Brennstäbe mit Uran eingeschoben werden, je tiefer, desto stärker die Kettenreaktion. Die entstehende Prozesswärme musste dabei mit einem Kühlgas abgeführt werden. Gas-Graphit-Reaktoren (Das Atomkraftwerk Tschernobyl war eine weiterentwickelte Version) gelten als extrem gefährlich, da Graphit sich bei höheren Temperaturen spontan entzünden kann und dann explosionsartig abbrennt. Zur kommerziellen Nutzung war dieser Typ ungeeignet.
Die andere Möglichkeit bestand in einem Wassergekühlten Reaktor, der wegen der oben beschriebenen Eigenschaften nicht mit Wasser, sondern Deuterium, so genanntem "schweren Wasser" betrieben wird. Deuterium ist ein H2O Isotop bei dem das Wasserstoffatom nicht aus einem Proton besteht, wie bei herkömlichen Wasser, sondern einem Proton und einem Neutron. Herstellung und Handhabung von Deuterium ist aber sehr schwierig, das es selbst wiederum radioaktiv ist, und ein Ausgangsstoff für die Wasserstoffbombe darstellt.
Die kommerzielle Urananreicherung
Für eine kommerzielle Nutzung in Atomkraftwerken, wie auch eine presiwerte Gewinnung von Atombombenmaterial, musste ein anderes Verfahren zur Anreicherung des Urans gefunden werden. Deutsche Wissenschaftler arbeiteten an verschiedenen Verfahren: Trenndüsen, Laser und Ultrazenrifugen.
Trendüsenverfahren
Beim Trenndüsenverfahren wird das Gas mit hoher Geschwindigkeit und Druck durch konzentrische Düsen gepresst. In der Rundung reichert sich durch das unterschiedliche Gewicht unter dem einfluss der Fliehkraft aussen das schwerere U238 und innen das leichtere U235 an. Das Trenndüsenverfahren soll ubestätigten Berichten zufolge dem apartheidsregime von Südafrika in den 60'er und 70'er Jahren zur Atombombe verholfen haben, - in geheimer Zusammenarbeit mit deutschen Wissenschaftlern und unter der Ägide des damaligen Atom- und Verteidigungsministers Franz-Josef Strauß (CSU).
Lasertrennungsverfahren
Das Lasertrennungsverfahren kam über das Versuchsstadium nicht hinaus und wurde wieder fallengelassen. Es soll zwar die höchste Anreicherungsrate erreichen, allerdings steht die eingesetzte Energie für den Betrieb der Hochleistungslaser in keinem Verhältnis zum erzielten Ergebnis
Ultrazentrifuge
Am erfolgreichsten stellte sich das Ultrazentrifugenverfahren da. Das gasförmige Uranhexafluorid wird in sehr große, schlanke Trommeln geleitet die sich enorm schnell drehen. Wieder unter dem Enfluss der Fliehkraft reichert sich das schwerere Isotop am äusseren Rand an, während im Zentrum eine erhöhte Konzentration U235 zurückbleibt. Die Schwierigkeiten bestanden in der Lösung der Matrielfrage und der Lagerung der rotierenden Trommeln, da bei diesen Geschwindigkeiten enorme Kräfte auftreten. Die heute verwendeten Gaszentrifugen werden berührungslos in Magnetfeldern gehalten, da nur so enormer Verschleiß und Wärmeentwicklung vermieden werden kann. Deutschland entwickelte in einem deutsch/ niederländisch/ englischem Konsortium die Gaszentrifuge zur Serienreife und gründete mit der Trinationalen URENCO eine Firma zur kommerziellen Nutzung. Der deutsche Teil der URENCO, die Firma URANIT betreibt in Gronau die einzige deutsche Anlage.
Abschied von der Wiederaufbereitung
Mit der Inbetriebnahme der Anlage in Gronau hatte das deutsche Atomprogramm somit einen effektiven Zugriff auf Atomwaffen. Die andere Möglichkeit, die Gewinnung von Plutonium aus abgebrannten Brennelementen durch eine Wiederaufbereitungsanlage nach dem o.g. PUREX-Verfahren war nicht mehr nötig und die ehrgeizigen Pläne zum Bau und Betrieb einer deutschen Anlage, ursprünglich in Gorleben, später in Wackersdorf geplannt, konnten somit aufgegeben werden.
Weiterverbreitung der Atombombe
Obwohl die Ultrazentrifugentechnik strengster militärischer Geheimhaltung unterliegt, gelangten Pläne und Informationen zum einen nach Pakistan, zum anderen in den Irak Sadam Huseins. Beide Länder hatten das Bestreben eine eigene, und damit die erste "islamische" Atombombe zu bauen, nachdem der Erzfeind Israel über Atomwaffen verfügt. Pakistan konnte mitlerweile die erste Atombombe erfolgreich zünden. Im Irak wurde die Pläne schon zu Zeiten Huseins wieder aufgegeben (man setzte stattdessen auf die Entwicklung chemischer und biologischer Waffen).
Risiken der Urananreicherung
Auch die kommerzielle Urananreicherung ist mit hohen Risiken verbunden, die in erster Linie mit dem verwendeten Material Uranhexafluorid UF6 zusammenhängen.
Uranhexafluorid ist ein extrem aggresives und reaktives Material. Schon Luftfeuchtigkeit führt dazu, dass sich das enthaltene Fluorid zur extrem aggresiven Flußsäure verbindet dadurch führt auch eine kleine Leckage von Transportbehältern oder in der Anlage zu massiven Vergrößerung des aufgetretenen Schadens und zur massiven Freisetzungen. In der Nähe der Leckage liegt die größere Gefahr wohl in der freigestzten Flußsäure, die auch in geringen Konzentrationen zu massiven Verätzungen von Haut und Atemwegen führt. In größerer Entfernung wird die Flussäure zwar stark verdünnt, aber immer noch gesundheitsgefährdent. Hier tritt nun die Gefährlichkeit der zweiten Komponente, des Urans, in den Vordergrund. Zwar ist die Radioaktivität nicht so hoch, dass sich direkte Strahlenschäden einstellen, allerdings ist Uran als Schwermetall extrem toxissch und führt zu schwersten Vergiftungserscheinugen und zum Tod. Die Strahlenwirkung wird sich zudem in einer langfristig ansteigenden Krebsrate äussern.
Hauptgefahrenpunkte zur Freisetzung von UF6 sind die zahlreichen Transporte, der Betrieb der Anlage und das Waste-Lager.
Transporte
Der Betrieb der Anlage in Gronau macht durchschnittlich wöchentliche Transporte notwendig. Das UF6 wird dabei in einfachen, überdimensionalen Rollreifenbfässern transportiert, dessen einzige Sicherung in der Doppelwandung des Behälters liegt. Jeder Verkehrs- oder Ladeunfall kann somit sofort zur massiven Freisetzung führen.
Betrieb
Im Betrieb der Anlage kann es zur Freistzung einmal in den anderen Anlagenteilen wie Desublimatoren und dem verzweigten Rohrsystem kommen. Der größte anzunehmende Unfall (GAU) würde wohl darin bestehen, dass eine der Ultrazentrifugen durch Unwucht oder Erschütterung aus der Lagerung gerät. Die enormen auftretenden Kräfte würden sofort in einer Kettenreaktion andere Zentrifugen herausreißen und zu einer katastrophalen Freisetzung führen.
Lagerung
Der letzte Gefahrenpunkt liegt im Abfalllager. Die enormen Mengen abgereicherten Urans werden einfach in den beschriebenen Fässern auf einem Freigelände gelagert. Eine wietere Behandlung, Aufbereitung oder Entsorgung ist nicht vorgesehen. Die Fässer belieben dort einfach liegen, - fertig. Gegen Durchrostung sind die Fässer durch einen Lackanstrich (!) geschützt. Eine Überwachung der Dichtigkeit erfolgt nicht. Auch ist eine Eindämmung der Freisetzung weder in der Luft noch im Grundwasser möglich oder vorgesehen. Mit jedem Jahr der Lagerung werden damit kleine, unbemerkt bleibende Freisetzungen wahrscheinlicher.
Verwendung des abgereicherten Urans
Es gibt lediglich eine Form der Weiterverwendung des anfallenden abgereicherten Urans, und zwar wieder eine militärische Nutzung. Vor allem die USA setzen Panzerbrechende Waffen ein, deren Kern aus abgereicherten Uran besteht. Beim Auftreffen dieser Projektiele wird das Uran freigesetzt. Schon die hier auftretenden kleinen Mengen führen zu Schäden, wie sich bei den "Hotspots", den Aufschlagstellen dieser geschoße im Krieg gegen Jugoslawien, oder den massiven Schädigungen und Missbildungen bei Neugeborenen im Südirak nach dem ersten Golfkrieg zeigt.
- REDIRECT Anreicherung