Zum Inhalt springen

Benutzer:Roxanna/Islam in Ungarn

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 5. August 2006 um 23:16 Uhr durch Roxanna (Diskussion | Beiträge) (Der Islam in Europa). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Traditionell vorherrschende Religionen: katholisches (blau), evangelisches (lila) und orthodoxes (rot) Christentum in Europa sowie sunnitischer (gelb) und schiitischer (braun) Islam in Westasien und Nordafrika

Der Islam in Europa

Im Jahr 2005 lebten auf dem europäischen Kontinent 53 Millionen Muslime. Knapp die Hälfte (bis zu 25 Millionen ethnische Muslime) entfielen auf Russland, 14-15 Millionen davon auf die Europäische Union und knapp 6 Millionen auf die europäische Türkei. Neben der Türkei sind Bosnien-Herzegowina und Albanien die einzigen unabhängigen Staaten Europas mit muslimischen Mehrheiten. Muslimische Mehrheiten gibt es aber auch im serbischen Kosovo sowie in den russischen Teilrepubliken Tatarstan, Baschkortostan, Dagestan, Tschetschenien, Inguschetien, Kabardino-Balkarien und Karatschai-Tscherkessien. Innerhalb der Europäischen Union haben Frankreich mit 5-6 Millionen und Deutschland mit über 3 Millionen Gläubigen die größten islamischen Minderheiten, der EU-Durchschnitt liegt bei 3,28% (Deutschland 3,7%).

Die Integration muslimischer Immigranten stößt auf zahlreiche soziale Probleme, die Entstehung von Parallelgesellschaften ist eine Folge, zu Xenophobie kommen religiöse Gegensätze und Vorurteile auf beiden Seiten. Islamophobe Panikmacher beschwören für das Jahr 2020 ein vermeintliches Schreckenszenario von 210 Millionen Muslimen in Europa (einschließlich der asiatischen Türkei), von dann 1,78 Milliarden Muslimen weltweit (2005: 1,3 Milliarden), eine auch bei hohen muslimischen Geburtenraten und gleichbleibender Einwanderung unrealistische Vermehrungsprognose. Wohl aber sieht auch der französische Islamwissenschaftler Mohammed Arkoun einen vermehrten Bevölkerungsdruck der europäischen Mittelmeerländer gegenüber Nordafrika und Westasien, von 2005 bis 2025 soll sich die Bevölkerung Marokkos, Algeriens und Libyens verdoppeln, die Bevölkerung Ägyptens um 50% und die Tunesiens um 30% anwachsen, die illegale Einwanderung daher zunehmen.

Im Jahr 1987 stellten die Türkei und Marokko Anträge auf Aufnahme in die Europäische Union. Während nach langem Zögern mit der Türkei inzwischen gewisse Beitrittsverhandlungen geführt werden, wurde der Aufnahmeantrag Marokkos aus geographischen Gründen abgelehnt (1991/92 erneut). Marokko und Tunesien aber haben bereits seit 1968 Assoziierungsabkommen mit der EWG, zusammen mit Libyen, Algerien, Ägypten, Syrien, Libanon und Israel (einschließlich Palästina) sind die arabischen Mittelmeeranrainer durch den Barcelona-Prozess in ein Abkommen zur Bildung einer Euro-Mediterranen Freihandelszone eingebunden, Libyen und Marokko wirken mit Auffang- bzw. Internierungslagern bereits an der EU-Strategie zur Verhinderung von Einwanderung mit. Nach einer EU-Aufnahme aber wäre die Türkei ab 2020 der bevölkerungsreichste Mitgliedsstaat der Union mit einer trotz hundertjähriger z.T. Verwestlichung noch immer fast ausschließlich islamisch geprägten Bevölkerung.

Regionale Entwicklungen

Am längsten standen in Europa die dem islamischen Nordafrika und Westasien unmittelbar gegenüberliegende Iberische Halbinsel und die Balkanhalbinsel unter islamischem Einfluß, der durch jahrhundertelange Reconquista- und Türkenkriege zurückgedrängt. Anders als auf der Iberischen Halinsel wurde der Islam auf dem Balkan jedoch nicht vernichtet.

SLAWISCHES OSTEUROPA

In Ost- und Südost- und Nordosteuropa wird der Islam vorwiegend von Türken und Tataren dominiert und steht traditionell vorwiegend orthodoxen Christen oder slawischen Atheisten (sowie katholischen Polen) gegenüber.

Balkanhalbinsel

Auf dem Balkan standen Mazedonien und Bulgarien rund 500 Jahre und Albanien über 400 Jahre unter dem „Joch“ der osmanischen Türken, Griechenland 370 und Serbien 350 Jahre. Doch allein Ost-Thrakien (europäische Türkei) bis heute türkisch geblieben (Edirne seit 1369), das 1453 von den Türken eroberte Istanbul ist heute neben Moskau die größte Stadt Europas.

Doch islamische Herrschaft bedeutete nicht automatisch Islamisierung der Bevölkerung, nur Albaner und Bosnier traten geschlossen zum Islam über. In Bulgarien, Rumänien, Griechenland und Mazedonien gibt es aber bis heute islamische Minderheiten der Balkan-Türken sowie Slawische Muslime in Bulgarien, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Montenegro. Aufgrund des jahrhundertelangen türkisch-griechischen Konflikts und der staatlichen Bemühungen um Abwehr muslimischer Immigration ist eine positive Auseinandersetzung Europas mit dem Islam in Griechenland z.Z. noch am unwahrscheinlichsten, so M. Arkoun.

Russland und Ukraine

Türken und Tataren in der Ukraine, islamische Gebietsverluste
Datei:Keszthely waxmuseum joseph bem.jpg
In Polen und Ungarn als Held geehrt: Revolutionsgeneral Josef Bem, Vorbild für 6.000 Islam-Konvertiten
Hof der Alhambra in Granada, Zentrum des spanischen Islam
Schlacht vor Tours, Franken schlagen plündernde Araber

In Russland, dem Land Europas mit der zahlreichsten muslimischen Bevölkerung, und der Ukraine ist der Islam vor allem von Tataren geprägt - in Russland seit über 1.000 Jahren von Wolgabulgaren bzw. Wolgatataren, in der Ukraine seit über 600 Jahren von Krimtataren. In Russlands Hauptstadt Moskau, der neben dem islamischen Istanbul größten Stadt Europas, leben bis zu zwei Millionen vorwiegend tatarische Muslime, Nachfolger der muslimisch gewordenen Wolgabulgaren und Mongolen der Goldenen Horde.

Zusammen mit dem islamischen Siedlungsgürtel an der Wolga ist der russische Nordkaukasus eine der bedeutendsten, zugleich aber auch politisch instabilsten Islam-Regionen Europas mit über 100 muslimischen Ethnien. Unabhängig von den jahrhundertelangen Türkenkriegen des russischen Zarenreichs und dem andauernden Tschetschenienkrieg im Innern war und ist die außenpolitische Orientierung Russlands seit Sowjetzeiten traditionell islamfreundlich und pro-orientalisch.

Polen und das Baltikum

Ebenfalls seit rund 600 Jahren gibt es kleine Minderheit muslimischer, aber assmilierter Tataren in Polen, Litauen und Weißrußland, das bis zur russischen Eroberung im 18. Jahrhundert unter polnisch-litauischer Herrschaft stand, und Tausende gegen die Russen kämpfende polnische und ungarische Patrioten nahmen im 19. Jahrhundert im türkischen Exil den Islam an.

Mit der Aufteilung Polens fielen einige Tataren unter preußisch-deutsche Herrschaft. Auch in Schweden und Finnland ist spätestens seit dem 16. Jahrhundert eine einheimische Minderheit baltischer Tataren muslimisch, heute jedoch sind die meisten Muslime in Schweden türkische Gastarbeiter oder marokkanische Einwanderer.

ROMANISCHES WESTEUROPA

In West-, Südwest- und Südeuropa wird der Islam traditionell von nordafrikanischen Arabern und Berbern geprägt und steht dem katholischen Christentum gegenüber.

Iberische Halbinsel

Während Portugal über 500 Jahre islamisch war, hielt sich die arabisch-berberische bzw. marokkanische Herrschaft (Umayyaden, Almoraviden, Almohaden und Nasriden) im spanischen Granada fast achthundert Jahre. Von der arabischen Eroberung 711 bis zur endgültigen Vertreibung der Muslime durch die christliche Inquisition 1614 waren es sogar über 900 Jahre.

In Spanien waren nur Andalusien und Murcia im Süden sowie Valencia und das Ebro-Becken (Zaragoza) im Osten (Levante) Zentren arabischer Siedler, die dort zeitweise aber bis zu 80 Prozent der Bevölkerung ausmachten. Noch heute sind genau jene Gebiete Spaniens (aber auch Katalonien) die Hauptniederlassungsgebiete muslimischer Immigranten und Zentren des Islam in Spanien.

In Sizilien, das wie Sardinien etwa 250 Jahre unter tunesischer und ägyptischer Herrschaft stand, erreichte der muslimische Bevölkerungsanteil im Mittelalter immerhin 50 Prozent, wie in Spanien blieben die meisten Araber und Berber auch noch weitere rund 150 Jahre nach der christlichen Eroberung auf der Insel. Die heutigen Muslime in Spanien ebenso wie auf Sizilien sind überwiegend marokkanische Einwanderer des 20. Jahrhunderts.

Italien und Frankreich

Das italienische Festland weist hingegen zahlreiche Gemeinsamkeiten eher mit Frankreich als mit Spanien auf. Nur wenige Jahrzehnte standen die Südküste Frankreichs und der Süden Italiens unter direkter arabischer Herrschaft, jahrhundertelang aber blieben mehr als die Hälfte beider Länder von arabischen Überfällen und Plünderungen bedroht. In Italien waren die Muslime waren von rivalisierenden Fürsten überhaupt erst ins Land gerufen worden, und Frankreich war das einzige Land Europas, das eine dauerhafte Allianz mit den türkischen Muslimen gegen seine christlichen Nachbarn schloß.

Die heutigen Muslime in Frankreich und Italien sind nicht Nachkommen der Araber oder Türken des Mittelalters, sondern Nachkommen nordafrikanischer Einwanderer aus den ehemaligen französischen und italienischen Kolonien oder Gastarbeiter in der Industrie. In beiden Ländern ist der Einfluß des Euro-Islam am stärksten, aber auch die Bemühungen der Regierungen aus dem Islam in Europa einen europäischen Islam zu machen.

GERMANISCHES NORDEUROPA

In Mittel-, Nord- und Nordwesteuropa wurde der Islam durch spätere Einwanderung statt durch frühe Eroberungen präsent und steht nun dem protestantischen Christentum gegenüber (außer in Österreich und dem nichtgermanischen Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei, die als Katholiken gegen die Türken kämpften).

Deutschland und Mitteleuropa

Arabophiler Kaiser: Friedrich II. (li.) schließt Frieden mit Ägypten

Auch mit Deutschland weist Frankreich zahlreiche Parallelen auf, und beide Länder haben traditionell gute Beziehungen zur Islamischen Welt. Zwar hat Deutschland anders als die Schweiz oder Frankreich keine islamische Territorialgeschichte und wurde auch anders als Österreich niemals von Türken direkt angegriffen, aber wie in Italien und Frankreich kamen die meisten Muslime erst im 20. Jahrhundert als Gastarbeiter nach Deutschland und Österreich, und wie in Frankreich dominiert unter den Muslimen eine Ethnie zahlenmäßig deutlich die anderen: in Frankreich über 3 Millionen Algerier bzw. Maghrebiner, in Deutschland 2,5 Millionen Türken und türkische Kurden. Das Bild des Islam in Deutschland bzw. Frankreich ist daher überwiegend türkisch bzw. algerisch geprägt.

Im Gegensatz zu Deutschland sind die meisten Muslime in der Schweiz Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien, und auch in Österreich stellen muslimische Bosnier heute die zweitgrößte Gruppe muslimischer Immigranten. Wie in den früheren deutschen Einzelstaaten so kamen auch in Tschechien und Ungarn schon im Mittelalter immer wieder Muslime als Leibgardisten der Könige ins Land, Ungarn und Teile der Slowakei bzw. Kroatiens allerdings standen zwischen der ersten Schlacht und der zweiten Schlacht bei Mohács 1526 bis 1687 über 150 Jahre wie der Balkan unter türkischer Fremdherrschaft.

Großbritannien und Nordseeanrainer

Die meisten britischen Muslime sind Einwanderer aus den ehemaligen Kolonien oder deren Nachkommen. Zur Zeit seiner höchsten Blüte, vor rund 100 Jahren, hatte das Britische Empire rund ein Viertel aller Muslime weltweit zu seinen Untertanen gemacht. Um 1900 beherrschte Großbritannien von über 240 Millionen Muslimen weltweit fast 60 Millionen allein in Britisch-Indien, und noch heute sind fast 70% der Muslime in Großbritannien Inder bzw. Pakistanis und Bengalen. Der britische Islam ist daher im Gegensatz zu z.B. Frankreich und Deutschland eher asiatisch als arabisch und türkisch geprägt.

Den nach Frankreich (7-10%) zweitgrößten Prozentsatz an Muslimen in der EU weisen die Niederlande (6%) auf, gefolgt von Dänemark (5%), der Schweiz und Österreich (je über 4%), Deutschland steht noch nach Schweden (4%) an siebter, Großbritannien nach Belgien (3,5%) an neunter Stelle. Durch die Ermordnung des Islamkritikers Theo van Gogh in den Niederlanden (dort überwiegend indonesische und marokkanische Muslime) und den Karikaturenstreit in Dänemark (dort überwiegend türkische und marokkanische Muslime) sind Dialogversuche verstärkter Konfrontation gewichen.

Europa und der Islam (Schlüsseldaten)

  • 652 erste arabische Angriffe auf das byzantinische Sizilien
  • 711 Sieg der Araber und Berber in der Schlacht bei Jerez, das Westgotenreich (Spanien) wird islamisch, aber 718 Niederlage vor Konstantinopel
  • 732 Niederlage der Araber und Berber in der Schlacht bei Tours, weitere Angriffe auf das Frankenreich scheiterten
  • 827 Eroberung Siziliens und 846 Plünderung Roms durch die Araber
  • 952/62 Araber besetzen die Schweiz und die Alpenpässe, Vorstöße bis Sankt Gallen
  • 1064-1492 christliche Reconquista in Spanien (Rückeroberung Toledos 1085, 1118 fällt auch das islamische Zaragoza, 1147 Lissabon, 1238 ebenso Valencia und 1248 Sevilla)
  • 1096-1291 Kreuzzüge (erster Kreuzzug bereits 1064 gegen das spanische Barbastro, weitere gegen die osmanischen Türken 1396 und 1444)
  • 1212 Sieg der Christen über marokkanische Muslime in der Schlacht bei Las Navas de Tolosa und 1340 am Rio Salado
  • 1389 Sieg der Türken in der Schlacht auf dem Amselfeld (Kosovo) über eine Koalition der Serben mit anderen Balkanvölkern
  • 1453 Türken erobern Konstantinopel, aber 1492 fällt das muslimische Granada an spanische Christen
  • 1529 erfolgloser Angriff der Türken auf Wien (aber 1536 türkisch-französisches Bündnis), 1571 Sieg einer christlichen Allianz über die Türken in der Seeschlacht von Lepanto
  • 1609/14 Vertreibung der Muslime und Moriscos aus Spanien
  • 1683 Niederlage der Türken vor Wien und Zusammenbruch ihrer Herrschaft in Ungarn und der Ukraine (1699)
  • 1739 nimmt mit dem Ausscheiden Österreichs aus den Türkenkriegen, dem Friede von Küçük Kaynarca (1774), der westeuropäischen Unterstützung für den Griechischen Unabhängigkeitskrieg (1821-32) und dem russisch-türkischen Vertrag von Hunkiar Skelessi (1833) der russische Druck auf das Türkische Reich zu, trotz westeuropäischen Eingreifens in den Krimkrieg (1853-56) gehen den Türken zwischen 1877 und 1912 alle Balkan-Provinzen verloren
  • 1798 erobert Frankreich Ägypten, 1830 Algerien, 1881 Tunesien und ab 1891 Westafrika, 1882 besetzen dann die Briten Ägypten bzw. 1898 Sudan, Deutschland erwirbt 1885 Sansibar und verbündet sich 1898 mit dem Osmanischen Reich, 1811-1909 vollendet Großbritannien die Eroberung Malaysias und 1824-1908 vollenden die Niederlande ebenso die Eroberung Indonesiens, Italien erobert ab 1911 Libyen, Frankreich und Spanien teilen schließlich 1912 auch Marokko unter sich auf
  • 1920, nach der Niederlage der deutsch-türkischen Allianz im Ersten Weltkrieg (1914-18), verwestlicht Kemal Atatürk die restliche Türkei, Syrien und Libanon fallen an Frankreich, Palästina sowie Jordanien und Irak fallen an Großbritannien (Jerusalem 1917-47 britisch)
  • 1956 scheitert die britisch-französisch-israelische Intervention in Ägypten, symbolisches Ende der europäischen Kolonialvorherrschaft über den Orient

Siehe auch

Literatur

  • Günter Kettermann: Atlas zur Geschichte des Islam. Darmstadt 2001. ISBN 3-89678-194-4
  • Mohammed Arkoun: L´islam et les musulmans dans le monde. Paris 1993

englische und französische Wikipedia

weitere