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Bioturbation

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Bioturbation ist das Durchwühlen und Durchmischen von Böden oder Sedimenten durch Lebewesen. Im terrestrischen Bereich der Böden sind dies hauptsächlich Bodentiere, wie Kleinsäuger (z. B. Maulwurf), Würmer (z. B. Regenwurm) oder Insekten. Im aquatischen Bereich der Sedimente sind dies vorwiegend Würmer (z. B. Wattwurmm), Muscheln, Seeigel, Seegurken u. a.

Bioturbation spielt eine wichtige Rolle bei der Bodenbildung, bei der Entwicklung von Schwarzerde sogar eine entscheidende. Vor allem die physikalischen Eigenschaften (Gefügebildung) werden durch sie positiv beeinflusst, da das fodente Edaphon (Bodenwühler) durch seine Röhren schaffende Grabtätigkeit zu einer Lockerung des Bodens beiträgt, mitunter die Bildung eines mit Hohlräumen versehenen Krümelgefüges fördert, im speziellen Falle ausgeprägter Regenwurmtätigkeit ein Wurmlosungsgefüge schafft. Die Lockerung des Bodens kann auch zu einer besseren Durchlüftung des Oberbodens beitragen, dem Wasserstau entgegenwirken. Schließlich werden durch die zur Bioturbation zu rechnenden Prozesse die Bodenhorizonte vertieft, zugleich deren Grenzen "verwischt", in den Unterboden ausgewaschene Nähstoffe wie Kalk zurückgeführt sowie der Oberboden homogenisiert. Gerade jene Vertreter des Edaphons, die im Boden jagen (Maulwürfe) oder leben (Geophagen bzw. wie Regenwürmer) tragen in besonderem Maße zur Bodenumlagerung bei. Die Bedeutung der Bioturbation im Falle des Schwarzerden begründet sich damit, dass die an der Pedogenese beteiligten Kleinsäuger (hier Hamster, Ziesel und Präriehund) durch die winterliche Kälte bzw. sommerliche Trockenheit zur Vertikalwanderung getrieben werden und dadurch eine tiefreichende Humusakkumulation bewirken, welche letztendlich den mächtigen, charakteristischen Ah-Horizont dieser Chernozeme hervorruft. Das humose Bodenmaterial wird dabei in ihren Gängen (Krotowinen) nach unten befördert. Das im Gegenzug von ihnen nach oben verfrachtete Material wirkt wiederum der Entkalkung entgegen.

Bei der Bioturbation werden prinzipiell immobile Boden- und Sedimentbestandteile in nicht unerheblichem Umfang verlagert. In Sedimenten kann dadurch die Schichtung aufgelöst werden. Im Boden können auch hydrophobe, stark sorbierende Schadstoffe (z. B. PCB, Dioxine), die nach der atmosphärischen Deposition eigentlich im allerobersten Bodenhorizont fixiert werden, in tiefere Bodenzonen gelangen.

In Sedimentgesteinen lassen sich des öfteren fossile Spuren von Bioturbation finden und interpretieren. Sedimentgesteine mit Spuren starker fossiler Bioturbation deuten auf ein sauerstoffreiches, lebensfreundliches Millieu hin, während feingeschichtete Sedimente ohne Spuren von Bioturbation Hinweise auf ein lebensfeindliches Millieu liefern. Teilweise manifestiert sich fossile Bioturbation sogar in Form von Spurenfossilien (Ichnofossilien), beispielsweise Wohnbauten, Fraßbauten, Lebensspuren oder Fraßspuren.

Siehe auch

Literatur Kuntze, Roeschmann, Schwerdtfeger: Bodenkunde. Stuttgart 1994. Scheffer, Schachtschabel: Lehrbuch der Bodenkunde. Stuttgart 1992.