Zum Inhalt springen

Contemporary (Architektur)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. März 2020 um 03:54 Uhr durch Stilfehler (Diskussion | Beiträge) (Architektonische Prinzipien). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Als Contemporary (engl. für „zeitgenössisch“) wird in der Wohnarchitektur der Vereinigten Staaten ein Baustil bezeichnet, der unter anderem durch Giebeldächer mit geringer Schräge und weitem Überstand, exponierten Dachbalken, Verwendung von Naturmaterialien und asymmetrischem Grundriss gekennzeichnet ist.[1] Auf ornamentale Elemente wird konsequent verzichtet.[2] Seine größte Verbreitung hatte dieser Baustil zwischen 1945 und 1990.[1]

Subtypen

Front-Gabled Roof (Joseph Eichler, 1967)

Viele Häuser im Contemporary-Stil präsentieren ihre Giebelseite zur Straße hin (Front-Gabled Roof). Diesem Subtyp gehören viele Entwürfe von Joseph Eichler an, der in Kalifornien einen Typus von eingeschossigen Wohnhäusern popularisiert hat, bei denen der Giebel ankündigt, dass sich dahinter ein (Wohn-) Raum mit sehr hoher (vaulted) Raumdecke befindet. Bei Split-Level-Bauweise (mit Halbgeschoss in einer der Haushälften) sind asymmetrische Giebel verbreitet, die wegen ihrer Form – einem vollen Dachflügel und einem deutlich verkürzten – auch als wounded dove („verletzte Taube“) bezeichnet werden.[1]

Relativ selten, und hauptsächlich in später erbauten Häusern, liegen die Giebel seitlich (Side-Gabled Roof).[1]

Einen dritten Subtyp bilden die Gabled-Roof Variations. Am häufigsten sind in dieser Gruppe Häuser mit Frontgiebel, denen ein Anbau mit Seitengiebel angefügt ist. Daneben sind verschiedene weitere Kombinationen möglich.[1]

Neben Contemporary-Häusern mit Giebeldächern gibt es daneben auch solche mit Flachdach (Flat Roof). Anders als Flachdachhäuser im Internationalen Stil sind die Dachüberstände hier aber breit, und die Dachbalken sind sichtbar. Direkt unter der Dachlinie können flache Fenster liegen, deren Abstände manchmal von den Dachbalken vorgegeben sind.[1]

Relativ selten sind Contemporary-Häuser mit Pultdach (Slant Roof), Schmetterlingsdach oder einem übertriebenen Giebeldach, das bis zum Boden reichen kann. Auch Kombinationen aus allen hier genannten Dachformen sind möglich.[2]

Architektonische Prinzipien

Während die traditionelle (historisierende) Wohnhausarchitektur das Haus vor allem von außen gesehen und das Innere der Fassade untergeordnet hat, verhält es sich beim Contemporary-Stil gerade umgekehrt: das Haus wird von den Innenräumen her gesehen. Ausgangspunkt der Architektur ist die Funktionalität der Räume, und deren Integration in den Außenraum. Die Verbindung zum Außen erfolgt teils durch Terrassen, die den Bewohner nach außen, in den Garten, bringen, teils durch Höfe, die das Außen ans Innere anschließen. Die Gärten sind infolgedessen primär Sichtgärten, die ganz von der Perspektive des Hausinneren her entworfen sind, wie dies traditionell etwa auch bei chinesischen und japanischen Häusern der Fall ist.[2]

Da das Haus nicht mehr primär von außen gesehen wird, kann es – insbesondere auf kleineren Grundstücken – mehr Fläche, und im Extremfall fast das gesamte Grundstück einnehmen. Im Gegensatz zu den beengten Häusern der 1940er und 1950er Jahre sind Häuser im Contemporary-Stil daher tendenziell recht geräumig.[2] Anders als manche vergleichbaren Haustypen eignen Contemporary-Häuser sich auch für Hanglagen.[3]

Die Fassadenseite zur Straße hin offenbart gewöhnlich nur sehr wenig von dem, was sich dahinter verbirgt. Häufig gehört dazu ein großes Stück fensterlose Wand. Der Hauseingang ist in vielen Fällen unauffällig, tief zurückgesetzt oder sogar im Carport oder an anderer Stelle verborgen.[2]

Während die Dachüberstände an konventionellen Häusern regelmäßig zu Kästen geschlossen sind, haben sie an Contemporary-Häusern meist offene Traufen. Die Dachsparren liegen entweder offen oder verschwinden unter glattem Sperrholz. Bei stilistisch herausragenden Contemporary-Häusern kann der Dachüberhang diskrete Verzierungen enthalten. Um ein Carport mit Licht oder einen sonst verdeckten Gartenabschnitt mit Regenwasser zu versorgen, können Teile des Daches ungedeckt bleiben.[4]

Die Fenster können die unterschiedlichsten Gestalten haben, bestehen aber meist aus großen Glasflächen, von denen nur wenige Abschnitte geöffnet werden können, oft als Tür ins Freie. Die Dachüberstände, Decken- und Bodenmaterialien begünstigen den Eindruck eines Kontinuums zwischen Innen und Außen.[4]

Einflüsse

Der Contemporary-Stil ist unter anderem aus Japan beeinflusst, wo Holzkonstruktionen mit exponierten Balken und Panel-Erscheinung traditionell weit verbreitet waren. Weitere Einflüsse, die ebenfalls die Holzbauweise betreffen, kamen aus Kalifornien („Second Bay Tradition“). Parallelen bestehen zum Craftsman-Stil (Charles and Henry Greene, Bernard Maybeck).[4]

Geschichte

Neben rein stilistischen haben auch technische Entwicklungen der 1930er Jahre die Entstehung des Contemporary-Stils begünstigt, darunter Fortschritte in der Fertigung von dickem Flachglas (das für große Fensterflächen benötigt wird), wetterfestem Sperrholz (für Außenwände und verkleidete Dachüberstände) und neuen Klebstoffen (für Holzspanwerkstoffe in Wänden und Balken).[4]

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Virginia Savage McAlester: A Field Guide to American Houses. The Definite Guide to Identifying and Understanding America's Domestic Architecture. 2. Auflage. Knopf, New York 2013, ISBN 978-1-4000-4359-0, S. 629.
  2. a b c d e Virginia Savage McAlester: A Field Guide to American Houses. The Definite Guide to Identifying and Understanding America's Domestic Architecture. 2. Auflage. Knopf, New York 2013, ISBN 978-1-4000-4359-0, S. 630.
  3. Virginia Savage McAlester: A Field Guide to American Houses. The Definite Guide to Identifying and Understanding America's Domestic Architecture. 2. Auflage. Knopf, New York 2013, ISBN 978-1-4000-4359-0, S. 630 ff.
  4. a b c d Virginia Savage McAlester: A Field Guide to American Houses. The Definite Guide to Identifying and Understanding America's Domestic Architecture. 2. Auflage. Knopf, New York 2013, ISBN 978-1-4000-4359-0, S. 632.