Venus vor dem Spiegel (Tizian / Werkstatt)
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Venus vor dem Spiegel
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Tizian / Werkstatt, 1555-1560 |
Öl auf Leinwand |
117,5 × 101 cm |
WRM, Köln |

Venus vor dem Spiegel aus dem Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Courboud ist ein Gemälde aus der Werkstatt von Tizian. Er entwickelte damit den Bildtypus Toilette der Venus.[1] "Das Thema existiert in ungezählten Fassungen.[2] [3] Einhellig als eigenhändige Arbeit Tizians anerkannt wird heute das Bild in der National Gallery of Art (Bild links), das aus Tizians Nachlaß stammt."[4]
"Erhaltungszustand: doublierte Leinwand, starke Verputzungen, viele behandelte Risse, Retuschen; fast das ganze Bild ist lasierend übermalt; der hinter Venus stehende Cupido war zeitweilig übermalt und wurde zu Beginn unseres Jahrhunderts freigelegt; diese Übermalung war alt, möglicherweise ein ursprüngliches Pentimenti; Kilényi[5] (1906) leitete daraus weitere, zum Teil erhebliche Kompositionsveränderungen ab."[4]
Werk
Wir sehen auf eine intime und zugleich erotische Szene im Sinne des 16. Jahrhunderts. Dargestellt ist ein sitzender Halbakt einer Frau auf ihrem Bett. Fast unbekleidet blickt sie in einen Spiegel, der von zwei geflügelten Knaben (Putten) gehalten wird. Ikonographisch kann die Dame als Venus mit Amor identifiziert werden. Deshalb ist dieses Motiv auch als Venus mit Amor bei der Toilette bekannt.
Venus, die Göttin der Schönheit, Liebe und körperlichen Begierde sitzt auf einem zeitgenössischen Bett, von dem wir unten recht das Futon und am linken Bildrand einen schweren Vorhang erkennen, mit dem das Bett und die darin befindlichen Personen vor den Blicken der Anderen verborgen werden konnten, beziehungsweise das zugleich für die Wärme der Nacht sorgte.
Unsere Blickposition auf das Bildgeschehen ist die eines unentdeckten Voyeurs. Im Zentrum des Bildes erkennen wir einen Spiegel. Dieser Spiegel wird von zwei Putten getragen. Der Kopf unserer Venus ist im Dreiviertelprofil dargestellt.
Wir sehen eine gerade Nase, natürliche, schmale Lippen und ein wohlgeformtes Kinn. Es entspricht idealtypischen Antiken Vorstellungen.[6] Die elegante Haarfrisur mit Perlenschnur entspricht der Mode der Renaissance.[7]
Des weiteren trägt Venus verschiedenen Schmuck an der Hand und am Handgelenk. Die Blöße ihrer linken Brust verdeckt sie mit erhobenen linken Hand während sie mit der rechten Hand eine prachtvollen, dunkelrote Samtdecken mit wertvollem Pelzbesatz und Perlenstickereien über ihre Scham zieht. So wird ihre Schönheit gleichzeitig verdeckt und enthüllt. Dieses erotische Spiel wird durch die leichte Röte ihrer Wangen unterstützt.

Schauen wir uns den Körper unserer Venus genauer an, so fällt auf, dass Kopf und Hände von höchster Malkunst vollendet gemalt und die Hautfarbe vollkommen natürlich erscheinen. Arme und Schultern erscheinen hingegen trotz der gleichen Vollkommenheit in ihren Proportionen ehr männlich zu sein.
Das liegt an der Atelierpraxis es gab keine weiblichen Aktmodelle. Dies galt als unschicklich.
Die Pose in der Tizians Venus dargestellt wird erinnert an den Typus der schamvollen Venus (Venus pudica ) und an die Venus Medici,
einer antiken Statue aus dem 1 Jahrh. vor Chr., die im 16. Jahrh. im Besitz der Familie Medici war.[8] In der Literatur wird auch auf eine Ähnlichkeit in der Darstellung zwischen Tizians Toilette der Venus von 1555 und Giovanni Bellinis Junge Frau bei der Toilette von 1515 verwiesen.[9]
Neben dem Fuß des vorderen Knaben liegt ein Bogen mit Köcher und Pfeilen, wie kurz weggelegt, weil eine wichtigere Aufgabe erledigt werden muss.
Kaum auffällig, im Handbereich des Knaben hängt eine Decke. Beide Knaben schauen Venus an. Auf dem Bild der National Gallery of Art hält der hintere Cupido einen Siegerkranz aus Blüten über das Haupt von Venus während auf dem Bild aus dem Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud beide Knaben den Spiegel halten. Venus ihrerseits schaut auf ihr Spiegelbild.
Bei beiden Bildern wird der Betrachter Zeuge eines Augenblicksgeschehen.
Die Erotik der Darstellung wird durch einen goldroten Farbton der Szene verstärkt, der ein Markenzeichen der Malweise Tizians ist (Tizianrot).[10]
Deutung
"Die Darstellungen der Göttin sind geprägt von vielschichtigen Interpretationsmöglichkeiten, humanistischen Deutungen, barocken Allegorien bis hin zur Tiefenpsychologie".[11] Das Spiegelmotiv mit der Möglichkeit eine Person von unterschiedlichen Seiten zu zeigen erfreute sich während der Renaissance in ganz Europa großer Beliebtheit. Im Wettstreit der Künste (Paragone) kam dem Spiegel in der Malerei deshalb eine besondere Bedeutung zu. Darüberhinaus konnte ein Spiegel jedoch auch als „Zauberspiegel“ eine Kristallwahrsagung reflektieren.[12]
Beim Bild aus der Werkstatt Tizians ist das Spiegelbild nicht sehr ausgeprägt gemalt und lässt wenige Einzelheiten von Gesicht und Schulter der Göttin erkennen.
Es scheint, als ob Venus die Göttin der Schönheit im ruhigen Selbstgenuss ihr Spiegelbild betrachtet und „ihre natürlichen und künstlichen Reize, Leib, Gewand und Schmuck in ihrem köstlich abgewogenen Zusammenspiel fast schauspielerisch erprobt.“[13] Damit ist dieses Bild, „der sich spiegelnden Frau als typische Verkörperung der Eitelkeit“[14] zu deuten.
Beim Gemälde, das Tizian selbst gemalt hat ist dies jedoch etwas anders. Das Spiegelbild von Venus lässt eine deutlich gealterte Frau erkennen. Damit wird es zu einem Vanitasbild, dass die Mahnung: „Erkenne Dich selbst“ veranschaulicht.
Werkstatt
Zeigte ein Junge damals ausreichendes künstlerisches Talent, konnte er in die Werkstatt eines etablierten Malers eintreten und dort eine Lehre beginnen. Erst mit der Gründung der ersten Kunstakademie 1563 durch Vasari in Florenz änderte sich dies langsam. Egal, ob die Lehre in einer Werkstatt oder das Studium an einer Kunstakademie begonnen wurde, die Ausbildung umfasste 2-4 Jahre. „Die Lehrjungen beteiligten sich frühzeitig an der Herstellung von Kunstwerken, indem sie untergeordnete Bildpartien ausführten oder Kopien nach Arbeiten des Meisters anfertigten. Die Imitation des Lehrers diente neben der Produktion verkäuflicher Werke der Übung und Aneignung einer spezifischen Manier.“[15]
Tizians Werkstatt bestand hauptsächlich aus Familienangehörigen.[16]
„ Alle Zeitgenossen stimmen darin überein, dass die genannten Familienmitglieder ebenso wie die übrigen Werkstattgehilfen wenig selbständig gewesen seien, und Vasari meinte tadelnd, Tizian habe es unterlassen, sie zu unterrichten und künstlerisch zu fördern…. Nicht ohne Grund hieß es in Venedig: Hätten seine Schüler ihm nicht viel Arbeit abgenommen, hätte Tizian nie und nimmer so viele Bilder vollenden können."[16]
„Die Abgrenzung zwischen eigenhändigen Wiederholungen, Werkstattwiederholungen und späteren Wiederholungen und Kopien ist hier naturgemäß umstritten.“[4]
Tizian malte „alla prima“. … Da konnten Figuren hinzukommen und andere verschwinden, … mit bloßem Auge sind viele dieser Pentimenti noch am fertigen Bild zu erkennen.[16]
Als das Bild aus Köln Anfang des 20. Jahrhunderts gereinigt wurde, zeigte sich eine andere Komposition (die jetzige). Der zweite Cupido, der hinter Venus den Spiegel hält war ursprünglich übermalt wurden. Es konnte nicht geklärt werden, wer diese Veränderung vorgenommen hat. Allerdings weisen viele Kopien des Bildmotivs nur einen bzw. keinen Cupido auf und sind wahrscheinlich Kopien der Kopie.[5]
„Immerhin existieren zahlreiche Kopien ... und zwar im Zustand des noch übermalten hinter Venus stehenden Eroten."[4]
Provenienz
Die Provenienz ist bis zum ersten Vorbesitzer 1643 zurück verfolgt.
"Das Bild befindet sich seit 1968 als Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland im Wallraf-Richartz-Museum."[17][1]
Literatur
- Stephen Fry: Mythos was uns die Götter heute sagen. Berlin, 2018.
- Ulrike und Jörg Rücke: Götter und Mythen der Antike. München, 2010.
- Christina Irlenbusch: Giorgio Vasari Das Leben des Tizian. 2. Aufl. Berlin, 2017.
Literaturhinweise
- ↑ G. F. Hartlaub: Zauber des Spiegels. München 1951, S. 79.
- ↑ Venus with a Mirror. Abgerufen am 26. Februar 2020.
- ↑ Tiziano Vecellio (Werkstatt), Venus und Amor mit einem Spiegel. Abgerufen am 27. Februar 2020.
- ↑ a b c d Venus vor dem Spiegel / Toilette der Venus | Tizian (Werkstatt) | Bildindex der Kunst & Architektur - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex. Abgerufen am 26. Februar 2020.
- ↑ a b Georg Gronau: Review of Ein wiedergefundenes Bild des Tizian. Studie by Hugo von Kilényi. In: Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur. Band 3, Nr. 1. Deutscher Kunstverlag GmbH, München, Berlin 1907, S. 7–8.
- ↑ Aphrodite - das klassische Schönheitsideal für Frauen | Die Götter. Abgerufen am 26. Februar 2020.
- ↑ Stil- und Frisurenkunde der Renaissance-Zeit | Friseur Experte. Abgerufen am 26. Februar 2020.
- ↑ Venus Medici. In: Wikipedia. 19. Juli 2019 (wikipedia.org [abgerufen am 26. Februar 2020]).
- ↑ Hartlaub, Gustav F.: Zauber des Spiegels: Geschichte und Bedeutung des Spiegels in der Kunst. München 1951, S. 79 ff.
- ↑ Tizianrot. In: Wikipedia. 20. Oktober 2018 (wikipedia.org [abgerufen am 26. Februar 2020]).
- ↑ SwissEduc - Alte Sprachen - Realien: Materialien von Anton Hafner (KZU Bülach). Abgerufen am 2. März 2020.
- ↑ G.F. Hartlaub: Zauber des Spiegels: Geschichte und Bedeutung des Spiegels in der Kunst. München 1951.
- ↑ G. F. Hartlaub: Zauber des Spiegels: Geschichte und Bedeutung des Spiegels in der Kunst. München 1951, S. 74.
- ↑ Spieglein, Spieglein an der Wand .... Abgerufen am 2. März 2020 (deutsch).
- ↑ Daniel Hess und Dagmar Hirschfelder (Hrsg.): Renaissance Barock Aufklärung Kunst und Kultur vom 16. bis 18. Jahrhundert. Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg 2010, S. 250.
- ↑ a b c Wilhelm Schlink: Tizian Leben und Werk. Beck, München 2008, S. 22.
- ↑ Venus vor dem Spiegel / Toilette der Venus | Tizian (Werkstatt) | Bildindex der Kunst & Architektur - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex. Abgerufen am 26. Februar 2020.