Xinjiang
Vorlage:Infobox Chinesische Provinzen Xinjiang (offiziell chinesisch 新疆维吾尔自治区 Xīnjiāng Wéiwú'ěr zìzhìqū; offiziell uigurisch: شىنجاڭ ئۇيغۇر ئاپتونوم رايونى Shinjang Uyghur Aptonom Rayoni, deutsch: Uigurisches Autonomes Gebiet Xinjiang, veraltete Kurzform: Sinkiang) ist ein Autonomes Gebiet im äußersten Westen der Volksrepublik China. Der nördliche Teil des Gebiets wird auch Dsungarei (Uigurisch Dsungarai oder Dshungariä) genannt.
Xinjiang ist für seine ethnische Vielfalt bekannt. Es wird überwiegend von Turkvölkern bewohnt, von denen die größte Gruppe Uiguren darstellen. Islamistische und pan-turkistische Organisationen der uigurischen Separatisten sorgen immer wieder für regionale Unruhen mit der Forderung nach Unabhängigkeit, da die Bevölkerung ihrer Ansicht nach einem Sinisierungsdruck ausgesetzt ist. Den nördlichen Teil der Region bevölkern größtenteils Kasachen, im Westen gibt es zahlreiche Minderheiten der Kirgisen, Mongolen und Tadschiken. Schon seit Altertum war Xinjiang, durch den der größte Teil der östlichen Seidenstraße führt, Gegenstand zahlreicher Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Völkern und Stämmen.
Die Hauptstadt des Autonomen Gebietes ist Ürümqi, eine relativ junge Stadt, verglichen mit solchen geschichtsreichen Städten wie Kaschgar, Yarkand, Kuldscha oder Turfan. Andere bedeutende Orte sind die moderne Stadt Shihezi, Urumqi-Vorort Changji, Erdöl-Stadt Karamay, Altay - kasachische Stadt am Fuße der gleichnamigen Gebirgskette, Korla, Hami, Manas, Aksu und Hotan - alte Stadt im Süden des Tarimbeckens.
Geographie
Physische Geographie
Topographie: Der Norden wird durch die Dsungarei (auch: Jungarisches Becken) gebildet, während der Großteil der Region durch das Tarim-Becken mit der darin liegenden Taklamakan-Wüste beherrscht wird. Gebirge sind der Altun und der Kunlun im Süden, der Tianshan und die Altaikette im Norden. Die Region hat im Südwesten auch Anteile an den Gebirgsmassiven Himalaya, Karakorum und Pamir.
Das größte stehende Gewässer des Gebiets war einst der Lop Nor, bevor er durch Übernutzung des Tarims und des Kongque austrocknete. Für die ortsansässige Bevölkerung dürfte dies katastrophale Folgen (gehabt) haben. Die größten Flüsse des Gebiets sind bzw. waren der Tarim, der Hädik-gol mit seinen Unterläufen Kongque, Kontsche-darja und Kum-darja) und der Tschertschen-Darja, die einst alle im Lop Nor aufgingen, heute jedoch vollkommen übernutzt und chemisch belastet sind. Heute ist der Bosten-See das größte stehende Gewässer.
Die Region gilt als erdbebengefährdetes Gebiet. Im Februar 2003 wurde die Provinz von heftigen Erdbeben bis Stärke 6,8 auf der Richterskala erschüttert. Mindestens 261 Menschen verloren ihr Leben, etwa 10.000 Häuser hielten den Kräften nicht stand. Aufgrund der Abgelegenheit der Region gelangen aber nur wenige Informationen über solche Katastrophen nach außen.
Politische Geographie
Nachbarstaaten: Indien, Pakistan, Afghanistan, Tadschikistan, Kirgisistan, Kasachstan, Russland und die Mongolei. Die Grenze zu Indien und Pakistan liegt in der umstrittenen Region Kaschmir. Die Grenzlinie der Provinz von 5.600 km entspricht einem Viertel der gesamten chinesischen Grenzlinie.
Innerhalb Chinas grenzt Xinjiang an die Provinzen Gansu und Qinghai sowie an das Autonome Gebiet Tibet.
Administrative Gliederung
Xinjiang ist in zwei bezirksfreie Städte, sieben Regierungsbezirke und fünf Autonome Bezirke untergliedert. Außerdem unterstehen vier der insgesamt 20 kreisfreien Städte direkt der Regierung des Autonomen Gebiets.
- Stadt Ürümqi (ئۈرۈمچى / 乌鲁木齐市);
- Stadt Karamay (克拉玛依市);
- Regierungsbezirk Turpan (吐鲁番地区);
- Regierungsbezirk Kumul (哈密地区);
- Regierungsbezirk Hotan (和田地区);
- Regierungsbezirk Aksu (阿克苏地区);
- Regierungsbezirk Kaxgar (喀什地区);
- Kirgisischer Autonomer Bezirk Kizilsu (克孜勒苏柯尔克孜自治州);
- Mongolischer Autonomer Bezirk Bayingolin (巴音郭楞蒙古自治州);
- Autonomer Bezirk Changji der Hui (昌吉回族自治州);
- Mongolischer Autonomer Bezirk Bortala (博尔塔拉蒙古自治州);
- Kasachischer Autonomer Bezirk Ili (伊犁哈萨克自治州);
Bevölkerung
Xinjiang hat laut dem Gebietszensus 2002 rund 19 Millionen Einwohner. Das Bevölkerungswachstum betrug 1,09% pro Jahr.
Der Zensus aus dem Jahr 2000 weist Uiguren (45%) und Han-Chinesen (41%) als die beiden größten Volksgruppen aus. Mit großem Abstand folgen Kasachen (7%) und Hui-Chinesen (5%). Alle anderen Volksgruppen (darunter Kirgisen und Mongolen) kommen auf einen Bevölkerungsanteil von unter 1%.
Volksgruppen in Xinjiang, Zensus 2000 | ||
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Ethnie | Bevölkerung | Prozentanteil1 |
Uiguren | 8.345.622 | 45,21 |
Han | 7.489.919 | 40,58 |
Kasachen | 1.245.023 | 6,74 |
Hui | 839.837 | 4,55 |
Kirgisen | 158.775 | 0,86 |
Mongolen | 149.857 | 0,81 |
Dongxiang | 55.841 | 0,30 |
Tadschiken | 39.493 | 0,21 |
Xibe | 34.566 | 0,19 |
Mandschu | 19.493 | 0,11 |
Tujia | 15.787 | 0,086 |
Usbeken | 12.096 | 0,066 |
Russen | 8935 | 0,048 |
Miao | 7006 | 0,038 |
Tibeter | 6153 | 0,033 |
Zhuang | 5642 | 0,031 |
Daur | 5541 | 0,030 |
Tataren | 4501 | 0,024 |
Salar | 3762 | 0,020 |
Quelle: 2000 nian renkou pucha Zhongguo minzu renkou ziliao, shangxia ce 2000 年人口普查中国民族人口资料, 上下册 Tabulation on Nationalities of 2000 Population Census of China, Volume 1, 2. 民族出版社 Minzu chubanshe (Nationalitätenverlag). 北京 Beijing 2003. ISBN 7105054255. 8+1.706 Seiten. [zweisprachig: Chinesisch-Englisch].
Wirtschaft

Landwirtschaft: In Xinjiang werden z.B. Weintrauben angebaut, die für Reisende in andere Provinzen ein beliebtes Mitbringsel sind. Auch Tomaten werden angebaut und in Form von Tomatenmark exportiert. Die Zuckerindustrie ist mit 12 Rübenzuckerfabriken vertreten. Die größte Fabrik der Region ist im Kasachischen Autonomen Bezirk Ili.
Bodenschätze: In den letzten Jahren sind große Erdöl- und Gasvorkommen besonders inmitten der Taklamakan-Wüste und in ihren Randbereichen gefunden worden, die nunmehr erschlossen und ausgebeutet werden. Vor allem Karamay ist stark vom Ölabbau geprägt.
Industrie: Öl- und Zuckerraffinerien, Stahlwerke und Chemiefabriken zählen zu den wichtigsten Industrien der Region. Auch Zement und Textilien werden hergestellt.
Xinjiangs Wirtschaft erreichte in den letzten zehn Jahren, gekoppelt an das chinesische Wirtschaftssystem, zweistellige Wachstumsraten. Der Lebensstandard stieg spürbar und das Pro-Kopf-Einkommen erreichte 2000 US-Dollar im Jahre 2005. Somit gehört Xinjiang bereits zu den reicheren Provinzen Chinas. Allerdings müssen immer noch viele Uiguren auf dem Land mit weniger als 20 US-Dollar im Monat auskommen. Die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert sich, Korruption ist ebenfalls ein großes Problem.
Die chinesische Regierung baut derzeit im pakistanischen Gwadar einen Hafen für den Export der Bodenschätze Xinjiangs, um die wirtschaftliche Entwicklung von Xinjiang zu beschleunigen.
Geschichte
Im Altertum
Im 1. Jahrtausend v. Chr. wurde Ost-Turkestan von zahlreichen sowohl nomadisierenden, als auch sesshaften Ethnien bevölkert. Die Stämme waren zum größten Teil mongolisch- oder turksprachig, doch es gab auch indogermanische Völker wie Tocharer. Im 2-3. Jahrhundert v. Chr. geriet dieses Gebiet unter die Herrschaft der Xiongnu (Hunnen), wurde aber 104 v. Chr. während der Han-Dynastie vom Kaiserreich China erobert, das ein strategisches Interesse an der Seidenstraße besaß. Im Jahre 25 wurden die Chinesen von den Hunnen besiegt und konnten ihre Herrschaft erst 73 wieder aufbauen.
Nach dem Untergang der Han-Dynastie kontrollierten die den Hunnen verwandten Stämme der Xianbei und Ruanruan dieses Territorium. In der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts konnte sich im Ost-Turkestan kurz das Osttürkische Reich (Khaganat) etablieren, doch während der Tang-Dynastie eroberten die Chinesen ihre verlorenen Gebiete zurück (645 – 763). Im 9. Jahrhundert siedelte der größte Teil der nomadisierenden Stämme der Uiguren vom Baikal nach Ost-Turkestan über. Hier bauten sie im Turfan-Becken ihren eigenen Staat auf, der im 12. Jahrhundert ein Vasall der mongolischen Kitan wurde. Später wurde Ostturkestan vollständig von den Mongolen unterworfen und zuerst ins Tschagatai-Reich, danach ins Reich des Timur eingegliedert. Nach dem endgültigen Untergang dieser Reiche gründeten hier die westmongolischen Stämme der Oiraten (Dsungaren) ein Khanat.
Um 1757 wurde Ost-Turkestan vom Qing-Reich unter Kaiser Qianlong endgültig unterworfen. Während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sorgten die in Zentralasien ansässigen Khane von Kokand ständig für Unruhen in den Gebieten um Yarkand und Kaschgar. Nach der Unterdrückung der uigurischen Aufstände die unter der Führung von Jakub Bek (1864-77) eine vorübergehende Unabhängigkeit des Landes erreichten, vereinten die Chinesen die Dsungarei und Ostturkestan in der Provinz Xinjiang (chin. „Neue Grenze“). 1876 wurde Kokand vom russischen General Skobelew eingenommen. Der Zar löste das Khanat Kokand auf und schlug das Gebiet dem russischen Turkestan zu. Bis zur Xinhai-Revolution 1911 galt Xinjiang als Interessengebiet des Russischen Reiches.
Mit Unterstützung des neuen Präsidenten von China, Yuan Shikai, hat der Gouverneur Yang Zengxin eine Militärdiktatur in Xinjiang eingerichtet. Nach seiner Ermordung 1928 und kurzem Intermezzo der Herrschaft von Jing Shuren („Erste Republik Ost-Turkestan“), kam 1933 Sheng Shicai an die Macht in Ürümqi. Er akzeptierte den Einfluss der Sowjetunion und baute mit ihrer Hilfe die Wirtschaft von Xinjiang auf. Nicht desto trotz führte seine nationalistische Einstellung und minderheitenfeindliche Politik häufig zu Aufständen. Auf der Suche nach Verbündeten wandte sich Sheng in den 40-er Jahren an die Guomindang und wurde nun zum extremen Antikommunisten. Am 5 Januar 1945 wurde seine Herrschaft in Folge der „Drei-Regionen-Revolution“ (benannt nach Altay, Kuldscha und Chochek) gestürzt. Die Revolutionäre proklamierten eine zweite „Republik Ost-Turkestan“, deren Territorium ca. 25% des heutigen Xinjiangs deckte. Ein Jahr später erreichten nationalistische und revolutionär-demokratische Kräfte in Xinjiang eine Übereinkunft, es wurde eine Koalitionsregierung gebildet, die weitgehend sozialistisch eingestellt war.
Im Jahre 1949 erreichten die chinesischen Kommunisten, durch feste Versprechen, weitgehende Autonomie Ost-Turkestans beizubehalten, eine friedliche Eingliederung Xinjiangs in die Volksrepublik China. Im September 1955 wurde das „Uigurische Autonome Gebiet Xinjiang“ geschaffen. Während der Kulturrevolution (1966-76) musste Xinjiang, wie ganz China, den „Roten Terror“ über sich ergehen lassen, der viele Menschenleben gekostet hat und nachhaltige Folgen hinterließ. Viele Kulturgüter wurden zerstört, ethnische Minderheiten stark diskriminiert, die Autonomie war während dieser Jahre kaum mehr als eine Fiktion. Seit der Ära Deng Xiaopings profitiert Xinjiang im großen Maße vom „Chinesischen Wirtschaftswunder“. Auch kulturell ist Ost-Turkestan inzwischen aufgeblüht, die Sinisierunspolitik der Zentralregierung wurde aber nicht aufgegeben, bloß zurückgefahren.
Aktuelle politische Lage

Das früher starke Bevölkerungswachstum ist neben dem traditionellen Kinderreichtum auch auf Ansiedlung von Han-Chinesen zurückzuführen. Allein von 1949 bis 1973 nahm der Anteil der Han-Chinesen von 3,7% auf 38% zu. In der Hauptstadt sind heute bereits 50% der Bevölkerung Han-Chinesen. Es gibt Vorwürfe, die chinesische Regierung strebe eine Sinisierung der einheimischen Bevölkerung an. In den 50er Jahren wurde zwangsweise das lateinische Alphabet für die uigurische Sprache eingeführt, was jedoch vor mehr als 20 Jahren wieder rückgängig gemacht wurde. Über 300.000 uigurische Bücher über Geschichte und Kultur wurden in der Hauptstadt im Zuge der Kulturrevolution - wie auch im übrigen China - verbrannt. Vorlesungen und Schulen in der Uigurischen Sprache wurden damals geschlossen, sind jedoch dank politischer Lockerungen jetzt wieder zugelassen. Seit 1964 führt die Volksrepublik China Kernwaffentests in Xinjiang durch. Darüberhinaus begeht China eine Modernisierung, so werden unmittelbar neben und vor Moscheen Einkaufszentren gebaut. Obwohl uigurische Geistliche angeblich nicht zu terroristischen Aktivitäten aufrufen, nahmen in letzter Zeit vereinzelte Anschläge zu. Durch eine teilweise Verfolgung flüchteten vereinzelte Gruppen uigurischer Separatisten in die benachbarten Staaten wie z.B. Kasachstan.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker berichtet, dass die Bedeutung und der Gebrauch uigurischer Sprache katastrophal zurückgegangen sei, weil im April 2004 China in einer neuen Richtlinie für das Erziehungswesen die Abschaffung der Minderheitenschulen, in denen auch in Uigurisch unterrichtet wird, angeordnet habe. Zukünftig solle vor allem in Chinesisch unterrichtet werden, auch in Minderheitengebieten wie in Ostturkestan, die stattdessen seit 1998 im Aufbau befindlichen "Versuchsschulen" böten Uigurisch nur noch als Wahl- und nicht mehr als Pflichtfach an. Diese Informationen werden von vielen anderen Quellen nicht bestätigt.
Wikilinks
Literatur
- Oskar Weggel. Xinjiang /Sinkiang: Das zentralasiatische China. Eine Landeskunde, Hamburg 1985, ISBN 3889100198
- Sven Hedin, Im Herzen von Asien, Leipzig (F. A. Brockhaus) 1903
- Linda K. Benson: The Ili rebellion. The Moslem challenge to Chinese authority in Xinjiang 1944-1949. Armonk N.Y./London 1990. ISBN 0-87332-509-5
- Ernst Giese, Gundula Bahro, Dirk Betke: Umweltzerstörungen in Trockengebieten Zentralasiens (West- und Ost-Turkestan). Ursachen, Auswirkungen, Maßnahmen. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1998.
Weblinks
- Places in Xinjiang Uygur Zizhiqu (Ortsnamen, Alternativnamen und Lage der Orte in Xinjiang)
- Uiguren (Gesellschaft für Bedrohte Völker)
- Weltweites Uigurisches Nachrichten Netz (uygur.org)
- Die Geschichte und Entwicklung Xinjiangs (Presseamt des Staatsrates der Volksrepublik China)
- East Turkestan (Unrepresented Nations and Peoples Organisation; englisch)
- Eastturkestan.net - Harun Yahya (englisch)