Zum Inhalt springen

Heinrich Popitz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. August 2006 um 13:11 Uhr durch Fah (Diskussion | Beiträge) (Leben). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Heinrich Popitz (* 14. Mai 1925; † 1. April 2002), Sohn des preußischen Finanzministers und Widerstandskämpfers Johannes Popitz, war ein deutscher Soziologe.

Leben

Popitz studierte in Heidelberg, Göttingen und Oxford Philosophie, Geschichte und Ökonomie. Nach seiner Promotion bei Karl Jaspers habilitierte er sich 1957 bei Arnold Bergstraesser und arbeitete dann an der Sozialforschungsstelle an der Universität Münster in Dortmund. 1959 wurde er Professor der Soziologie in Basel, 1964 wurde er Gründungsdirektor des neu geschaffenen Instituts für Soziologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, an dem er bis zu seinem Tod wirkte.

Beiträge zur Soziologie

Popitz hat wichtige Beiträge zur Industriesoziologie (Gesellschaftsbild des Arbeiters, Technik und Industriearbeit, gemeinsam u.a. mit Hans Paul Bahrdt), zur sozialen Rolle (Der Begriff der sozialen Rolle als Element der soziologischen Theorie, Tübingen), zu sozialen Normen ( Über die Präventivwirkung des Nichtwissens, Die normative Konstruktion von Gesellschaft), zur Soziologie der Macht (Prozesse der Machtbildung, Phänomene der Macht) und zur historischen Anthropologie ( Der Aufbruch zur artifiziellen Gesellschaft, Wege der Kreativität) geleistet. Posthum erschien Mitte 2006 ein von Eßbach/Pohlmann edierter Sammelband mit kleineren, aber wichtigen Texten Heinrich Popitz´, z.B. zur "Präventivwirkung des Nichtwissens", in der Edition Suhrkamp unter dem Titel "Soziale Normen" (Ffm. 2006, 269 p.)

Zitat/e

Weiter gehend als Max Weber hat Heinrich Popitz Gewalt als besondere Form von Macht(ausübung), "Todesmacht von Menschen über Menschen" eingeschlossen, anthropologisch verortet und soziologisch präzisiert: Der Mensch muß nie, kann aber immer gewaltsam handeln, er muß nie, kann aber immer töten [...] - jedermann [...] Gewalt überhaupt und Gewalt des Töten im besonderen ist [...] kein bloßer Betriebsunfall sozialer Beziehungen, keine Randerscheinung sozialer Ordnungen und nicht lediglich ein Extremfall oder eine ultima ratio (von der nicht so viel Wesens gemacht werden sollte). Gewalt ist in der Tat [...] eine Option menschlichen Handelns, die ständig präsent ist. Keine umfassende soziale Ordnung beruht auf der Prämisse der Gewaltlosigkeit. Die Macht zu töten und die Ohnmacht des Opfers sind latent oder manifest Bestimmungsgründe der Struktur sozialen Zusammenlebens. (Popitz, Heinrich: Phänomene der Macht. Autorität - Herrschaft - Gewalt - Technik. Tübingen: J.C.B.Mohr [Paul Siebeck], 1986, 129 p.; zit. pp. 76, 82, 83)

Werke (Auswahl)

  • Der Aufbruch zur artifiziellen Gesellschaft. Zur Anthropologie der Technik. Mohr, Tübingen 1995, ISBN 3-16-146381-1
  • Der Begriff der sozialen Rolle als Element der soziologischen Theorie. Mohr, Tübingen 1975, ISBN 3-16-537801-0
  • Der entfremdete Mensch. Zeitkritik und Geschichtsphilosophie des jungen Marx. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1980, ISBN 3-534-06474-7 (zugl. gekürzte Univ. Diss. Heidelberg 1949)
  • Das Gesellschaftsbild des Arbeiters. Soziologische Untersuchung in der Hüttenindustrie. Mohr, Tübingen 1977, ISBN 3-16-539192-0
  • Die normative Konstruktion von Gesellschaft. Mohr, Tübingen 1980, ISBN 3-16-543151-5
  • Phänomene der Macht. Mohr, Tübingen 2004, ISBN 3-16-145897-4
  • Prozesse der Machtbildung. Mohr, Tübingen1976, ISBN 3-16-538071-6
  • Technik und Industriearbeit. Soziologische Untersuchungen in der Hüttenindustrie. Mohr, Tübingen 1976, ISBN 3-16-538512-2
  • Über die Präventivwirkung des Nichtwissens. Dunkelziffer, Norm und Strafe. BWV, Berlin 2003, ISBN 3-8305-0522-1
  • Wege der Kreativität. Mohr Siebeck, Tübingen 2000, ISBN 3-16-147310-8