Sezessionskrieg im Südsudan
Vorgeschichte
Die Bevölkerung des Nordsudan ist zum Teil arabisch, islamisch und hellhäutiger, während die Bevölkerung des Südens hauptsächlich christlich-animistisch ist und aus schwarzafrikanischen Völkern wie den Nuba, Dinka, Nuer etc. besteht. Viele hellhäutigere Nordsudanesen betrachten sich als "überlegene Rasse" gegenüber den dunkelhäutigen Südsudanesen[1].
Auf der Dschuba-Konferenz 1947 beschlossen Vertreter des Nordsudan und der Kolonialmacht Großbritannien, dass der Nordsudan bei der zukünftigen Unabhängigkeit des Sudans auch die Provinzen des Südsudan zum Staatsgebiet erhalten solle. Der Südsudan war bisher von Großbritannien getrennt vom Nordsudan verwaltet worden, mit Englisch statt Arabisch als Amtssprache. Als Ursache für diesen Kurswechsel in der Politik Großbritanniens werden die gleichzeitigen Rebellenaktivitäten in Uganda und Kenia vermutet, die sich in den Augen der Briten des Südsudan hätten bemächtigen können. Auch ein Abfall zum kommunistischen Lager wurde befürchtet. Die Süd-Sudanesen waren an dieser Entscheidung nicht beteiligt.
Aufgrund dieser Vereinbarung baute der Nordsudan Verwaltung und Militär im Südsudan aus, was zu Konflikten mit den Stämmen des Südsudan führte, die nun noch weniger an der Machtausübung im Südsudan beteiligt waren. Auch eine Beteiligung an der Verwaltung und Regierung des Gesamtgebildes Sudan war den Süd-Sudanesen verwehrt. Als der Sudan 1956 die Unabhängigkeit erlangte, brach dieser Konflikt großflächig aus und es kam zum Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südsudan.
Der Konflikt
Erster Bürgerkrieg
Am 18. August 1955 begann mit einem Aufstand von Soldaten aus dem Süden in der Stadt Torit der bewaffnete Widerstand des Südens gegen die Diskriminierung und Bevormundung durch den Norden und damit noch vor der Unabhängigkeit des Sudan am 1. Januar 1956. Die Aufständischen organisierten sich mit der Rebellengruppe Anya-Nya und ihr Ziel war zuerst die Autonomie des Südsudans, bald jedoch die Unabhängigkeit. 1972 kam es zu einem vorübergehenden Waffenstillstand. Der Norden gewährte dem Süden Autonomie und beendete so den Konflikt für elf Jahre.
Zweiter Bürgerkrieg
Anfang der 1980er kam es erneut zu Auseinandersetzungen als der Norden schrittweise in die Autonomie eingriff. So wurde 1980 verfassungswidrig das Regionalparlament des Südsudan aufgelöst. Weiters wurden reiche Ölvorkommen im Süden entdeckt, über die der Norden unbedingt die Kontrolle haben wollte. Als schließlich Staatspräsident Dschafar Muhammad an-Numeiri an die Macht kam, eskalierte der Konflikt erneut. Numeiri ordnete den Bau eines riesigen Bewässerungsprojektes (Jonglei-Kanal) an, durch das der wasserarme Norden vom wasserreichen Süden versorgt werden sollte. Gleichzeitig kam es unter Numeiri zu einer verschärften Arabisierung und Islamisierung, unter anderem vorangetrieben durch die Muslimbruderschaft. So ließ Präsident Numeiri im September 1983 für den gesamten Sudan das islamische Recht (Scharia) einführen. Um die Kontrolle über die Ölvorkommen zu erlangen, ließ er den Süden in drei Provinzen einteilen. Die Provinz mit den Ölvorkommen unterstellte er direkt seiner Regierung in Khartum.

Daraufhin gründete der Süden im selben Jahr die SPLM (Sudanese People Liberation Movement) mit ihrem bewaffneten Arm, der SPLA (Sudanese People Liberation Army), geleitet von Colonel John Garang. Bis 1991 schaffte es die SPLA, beinahe den gesamten Südsudan zu kontrollieren. 1992 startete die Regierung in Khartum allerdings eine Gegenoffensive und konnte die Rebellen wieder zurückdrängen. Durch die Misserfolge kam es auch zur Abspaltung einzelner Gruppen von der SPLA. Zeitweise forderten Schießereien unter den Rebellen sogar mehr Todesopfer als der Kampf gegen den Norden, und Ende 1993 kontrollierte die Regierung wieder fast alle größeren Städte des Südens.
Eine erneute Wende nahm der Konflikt, als sich die SPLA im Juni 1995 mit der NDA verbündete. Die NDA (National Democratic Alliance) war ein Bündnis verschiedener Oppositionsgruppen des Nordens. Die NDA bestand zwar aus einzelnen Gruppen mit höchst unterschiedlichen Interessen, hatte jedoch als gemeinsames Ziel die Beseitigung der islamischen Diktatur in Khartum unter Omar Hassan Ahmad al-Bashir, der mittlerweile sudanesischer Regierungschef geworden war. Bis 1996 errang die Allianz bedeutende Gebietsgewinne.
Im Jahr 1999 gab die Regierung erstmals dem Druck nach und beschloss die Einführung eines Mehrparteiensystems. Daraufhin verließ im Jahr 2000 die erste Oppositionsgruppe die NDA und wechselte ins Regierungslager. Seit der Einführung des Mehrparteiensystems verlor die NDA mehr und mehr an Macht. Sie ist mittlerweile bedeutungslos.
Nach Abschluss des Bürgenstock-Abkommens im Januar 2002, stimmte die Regierung unter Druck der USA schließlich Friedensgesprächen mit der SPLA zu. Von 2003 bis 2004 trafen sich immer wieder Vertreter der Regierung und der SPLA in Nairobi zu Verhandlungen.
Im Januar 2005 wurde schließlich ein Durchbruch erzielt. Nach 22 Jahren Bürgerkrieg zwischen dem überwiegend animistisch-christlichen Süden und dem muslimischen Norden wurde ein Friedensabkommen unterzeichnet.
Das Friedensabkommen
Die Regierung und die SPLA einigten sich 2005 auf ein Friedensabkommen. Darin einigte man sich auf die Schaffung einer autonomen Region Südsudan, die von der SPLM weitgehend selbständig verwaltet werden soll. Die Scharia wurde im Süden außer Kraft gesetzt und soll im Norden nur noch für Muslime Anwendung finden. Des Weiteren wurde für den gesamten Sudan die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit festgelegt, an der die Regierungspartei Nationale Kongress Partei (NCP) und die SPLM gleichberechtigt beteiligt sein sollen. Der Führer der SPLM übernimmt dabei das Amt des Vizepräsidenten. Für 2011 ist eine Abstimmung über die Unabhängigkeit des Südsudans vorgesehen. Die Einnahmen aus den Ölvorkommen im Südsudan sollen zu gleichen Teilen dem Süden und dem Norden zukommen. Internationale Beobachter geben dem Abkommen gute Chancen.
Der Konflikt in der westlichen Provinz Darfur ist von dem Friedensschluss jedoch nicht betroffen.
Ergebnisse und Folgen
Als Folge der Auseinandersetzungen litt die Zivilbevölkerung unter Hungersnöten, der Verschleppung von Zivilisten als Sklaven in den Nordsudan, Vertreibung und Zerstörung der Lebensgrundlagen.
Insgesamt wird die Zahl der Todesopfer durch den Bürgerkrieg im Südsudan auf mehr als zwei Millionen geschätzt.
Siehe auch
Quellen
- ↑ Quelle fehlt dafür