Bulgaren
Die Bulgaren sind eine Ethnie (nach Ansicht der deutschprachigen Volkskunde, die den Forschungsstand der Soziologie offenbar ignoriert, eine "slawische"), die die Mehrheit der Bevölkerung Bulgariens bildet. Von den 7,8 Millionen Einwohnern sind 83,5 % Bulgaren.
Geschichte
Der Name "Bulgar" bzw. "Bolgar" bezeichnete ursprünglich die sogenannten Protobulgaren (bulg.: Prabălgari), die im 7. Jahrhundert aus der Schwarzmeersteppe verdrängt unter Khan Asparuch auf den Balkan einwanderten. Hier errichteten sie, unter Zustimmung von Byzanz, 681 n.Chr. ein unabhängiges Khanat in der Dobrudscha. Dieses gilt als der erste bulgarischer Staat. Sprachlich wurde die dünne Oberschicht der Protobulgaren bald von der slawischsprachigen Mehrheit assimiliert, während das Ethnonym auf alle Untertanen der Bulgarenkhane übertragen wurde. Gleichzeitig existierte an der unteren Wolga das Reich der Wolgabulgaren, dessen turkstämmige Bevölkerung weiterhin als "Bolgaren" bezeichnet wurden.
Als drittes Element, das in dem neuen bulgarischen Ethnos aufging, sieht die bulgarische Nationalhistoriographie die Thraker. In wie weit tatsächlich im 7. Jahrhundert noch eine thrakische Urbevölkerung neben den nach ihnen eingewanderten Slawen im Herrschaftsgebiet der Bulgarenkhane lebte, ist umstritten. Kritiker sehen diese Darstellung vor allem aus dem Interesse geboren, eine ethnische Kontinuität zur antiken Bevölkerung der Region herzustellen, ähnlich der rumänischen Inanspruchnahme der antiken Daker und der albanischen Berufung auf die Illyrer. In den interethnische Konflikten Südosteuropas gehörten solche historischen Argumente häufig zur ideologischen Munition.
Religion
Seit der Christianisierung unter Khan Boris I. sind gehören die Bulgaren mehrheitlich dem orthodoxen Christentum an. Die im Verhältnis zu den übrigen Slawen frühe Christianisierung unter Kyrill und Method gehört zu den tragenden Momenten der bulgarischen nationalen Identität.
Sprache
Die Bulgaren sprechen die bulgarische Sprache, die zu den südslawischen Sprachen gehört und keine Verwandtschaft mit den nur bruchstückhaft überlieferten, ausgestorbenen Sprachen der Wolgabulgaren und Protobulgaren aufweist, welche zum oghurischen oder bolgarischen Zweig der Turksprachen gehörten.
Ebenfalls Bulgarisch sprechen die muslimischen Pomaken.
Da die Schaffung der slawischen Schriftsprache in Bulgarien ihren Anfang nahm, sehen die Bulgaren das Altkirchenslawische als historische Form ihrer Sprache. In Bulgarien wird es als "Altbulgarisch" (starobălgarski) bezeichnet.
Bulgaren in Ungarn
Die Bulgaren siedelten im Becken der Karpaten in mehreren Wellen. Die ersten Bulgaren kamen nach Ungarn im 17. Jahrhundert in die Banat-Region, die heute aufgeteilt ist zwischen Rumänien und der Vojvodina in Serbien. Es waren katholische Bulgaren. Sie entwickelten eine neue Schriftform des Bulgarischen mit lateinischen Buchstaben. Heute gibt es immer noch einige tausend Sprecher der bulgarischen Sprache im rumänischen Teil Banats. Die größte Einwanderungswelle von Bulgaren nach Ungarn kam am Ende des 19. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Interessanterweise kamen 95 % von ihnen aus der Veliko-Tarnovo-Region im Norden Bulgariens. Die meisten von ihnen stammten aus zwei Dörfern in Bulgarien: Draganovo und Polikraishte. Insgesamt kamen 7000 Einwanderer. Heute leben 30.000 bis 35.000 Personen bulgarischer Abstammung in Ungarn. Der Großteil von ihnen ist vollkommen assimiliert und sieht sich selbst als Ungarn. Nur 7000 bis 8000 sehen sich selbst noch als Bulgaren, die meisten davon als Bulgaren und Ungarn zur selben Zeit. Die meisten Bulgaren in Ungarn sprechen besser Ungarisch als Bulgarisch. Bei Treffen werden die bulgarische Flagge, die ungarische Flagge mit Wappen und die Flagge der Union der Bulgaren in Ungarn, einer kulturellen Organisation, gezeigt. Die Zahl 1914 nennt das Gründungsjahr der Union. Der stilisierte Baum symbolisiert den Hauptberuf der bulgarischen Einwanderer in der Vergangenheit: Gärtner. Die Vorfahren der Bulgaren, die heute in Ungarn leben, kamen in das Land als Gärtner und Marktleute. Die bulgarische Minderheit nutzte ihre eigenen Ressourcen um eigene Schulen und Kapellen in mehreren Städten des Landes und eine Bulgarisch-Orthodoxe Kirche in Budapest zu bauen. Das bulgarische Kulturzentrum in Budapest wurde mit öffentlichen Spenden gebaut.
Bulgaren in der ehemaligen Sowjetunion
In Folge der Türkenkriege wanderten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert Bulgaren in das russische Reich ein. Heute leben etwa 373.000 Bulgaren auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. In den Gebieten Odessa, Saporoschje und in geringer Zahl auch in denen von Kirowograd und Nikolajew in der Ukraine. Kleinere Gruppen leben in Kasachstan und im nördlichen Kaukasus. 68,1 % sprechen Bulgarisch.
Sie sind nicht zu verwechseln mit den Wolgabulgaren.