Bundesverfassungsgericht
Das deutsche Bundesverfassungsgericht ist vom Grundgesetz zum obersten Hüter der Verfassung bestimmt. Seine Einrichtung, Organisation und Befugnisse werden in den Artikel 92 bis 94 Grundgesetz geregelt. Es hat seinen Sitz in Karlsruhe und ist - genauso wie der Bundestag - von einer Bannmeile umgeben.
Organisation
Das Bundesverfassungsgericht ist aufgeteilt in zwei Senate mit unterschiedlichen Zuständigkeiten. Grob lässt sich der 1. Senat als "Grundrechtssenat" und der 2. Senat als "Staatsrechtssenat" klassifizieren, d.h. der 1. Senat ist vor allem für Fragen der Auslegung der Artikel 1 bis 17, 19, 101 und 103 des Grundgesetzes zuständig, während Organstreitigkeiten zwischen staatlichen Behörden oder Parteiverbotsverfahren vor den 2. Senat gelangen.
Jeder Senat war ursprünglich mit zwölf Richtern besetzt, 1963 hat man die Zahl der Richter auf acht gesenkt. Dies schließt den Präsidenten und den Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgericht, die jeweils einem der Senate vorstehen, mit ein.
Ein Senat ist beschlussfähig, wenn mindestens sechs Richter anwesend sind.
Gewählt werden die Richter je zur Hälfte vom Bundestag und Bundesrat für eine Amtszeit von zwölf Jahren (Wiederwahl ausgeschlossen). Während im Bundesrat eine direkte Wahl mit Zweidrittelmehrheit stattfindet, wählt im Bundestag ein nach der parteipolitischen Zusammensetzung gebildeter Zwölferrat. Acht Stimmen dieses Rats muss ein Kandidat dabei auf sich vereinigen.
Wählbar ist jeder über 40-jährige, der nach dem Deutschen Richtergesetz die Befähigung zum Richteramt besitzt oder Professor der Rechte an einer deutschen Universität ist.
Zuständigkeiten
Die Verfassungsbeschwerde
Eine Verfassungsbeschwerde kann von jedermann erhoben werden, der seine Grundrechte durch staatliches Handeln, d.h. durch ein Gesetz, durch einen Behördenakt oder durch einen Gerichtsentscheid verletzt sieht.
Neben natürlichen Personen können auch bestimmte juristische Personen und Gemeinden (so genannte kommunale Verfassungsbeschwerde) eine Verfassungsbeschwerde einreichen.
Normenkontrolle
Ein Verfahren der konkreten Normenkontrolle kann durch den Beschluss eines Gerichts eingeleitet werden, das ein bestimmtes Gesetz für verfassungswidrig hält. Das Bundesverfassungsgericht kann Gesetze als verfassungswidrig verwerfen.
In der abstrakten Normenkontrolle wird das Bundesverfassungsgericht auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder mindestens einem Drittel der Mitglieder des Bundestags tätig. Die abstrakte Normenkontrolle gibt also der Opposition im Bundestag die Möglichkeit, die Verfassungsmäßigkeit eines von der Regierungsmehrheit beschlossenen Gesetzes oder auch eines völkerrechtlichen Vertrags prüfen zu lassen.
Verfassungsstreitigkeiten zwischen staatlichen Organen
Parteiverbotsverfahren
Antragsberechtigt sind Bundestag, Bundesrat und die Bundesregierung. Bisher wurden 1952 die SRP (Sozialistische Reichspartei) und 1956 die KPD verboten. Ein weiteres Verbotsverfahren gegen die NPD ist derzeit (Nov. 2002) anhängig.
Verwirkung von Grundrechten
Antragsberechtigt sind Bundestag, Bundesrat und die Bundesregierung. Von 1955 bis 1988 gab es zwei Verfahren.
Wahlprüfungsverfahren
Anklagen gegen den Bundespräsidenten oder Richteranklagen
Antragsberechtigt sind Bundestag, Bundesrat und die Bundesregierung. Bis 1988 (und auch meines Wissens nach bis heute) noch nie vorgekommen.
Literatur
- Horst Säcker: Das Bundesverfassungsgericht, Bayerische Landeszentrale für politische Bildung, München 1990