Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck

Das Deutsche Eck ist eine Landzunge an der Mündung der Mosel in den Rhein in Koblenz. Hier wurde 1897 ein monumentales Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. errichtet. Der Denkmalsockel diente von 1953 bis 1990 als Mahnmal der Deutschen Einheit. Am linksrheinischen Ufer zweigen vom Deutschen Eck die Rheinanlagen, am rechten Moselufer das Peter-Altmeier-Ufer ab.
Geschichte



(Nachbildung von 1993)
Ursprüngliche Bedeutung
Erzbischof Theoderich von Wied rief 1216 die Ritter des Deutschen Ordens nach Koblenz und schenkte ihnen einen Teil des Geländes der Kastorkirche mitsamt dem dort befindlichen St.-Nikolaus-Krankenhaus. Eine Motivation für die Ansiedlung des Ordens war seine Tätigkeit in der Krankenpflege.
Unmittelbar an der Ecke, wo die Mosel in den Rhein fließt, entstand bald danach das Deutschherrenhaus zur Verwaltung der Ordensprovinz (Ballei) Koblenz. Die Ballei war dem Hochmeister des gesamten Ordens direkt unterstellt. Seit dieser Niederlassung des Deutschen Ordens trug die Stätte zunächst die Bezeichnung Deutscher Ordt und dann den Namen Deutsches Eck.
Das Kaiser-Wilhelm I.-Denkmal
Im 19. Jahrhundert wurde das Areal über eine Mole mit einer vorgelagerten Sandbank verbunden, um einen Nothafen an der Moselmündung zu schaffen. Mole und Sandbank trugen im Koblenzer Volksmund den Namen Honsschwanz (Hundsschwanz), weil sie geografisch den letzten Ausläufer des Hunsrücks bildeten.
Einige Wochen nach dem Tode Kaiser Wilhelms I. im Jahre 1888 wurde in Koblenz und zugleich auch in der preußischen Provinzialverwaltung der Gedanke geboren, dem verewigten Fürsten als besonderen Dank für die nach drei Kriegen (1864, 1866, 1871) vollendete Einigung Deutschlands ein Denkmal zu errichten. Viele Städte bewarben sich um den Standort, auch Koblenz. Die letzte Entscheidung für den Standort des Denkmals überließ man dem jungen Kaiser Wilhelm II., der sich 1891 für die Stelle am Zusammenfluss von Mosel und Rhein entschied. Durch Zuschütten des Hafens wurde das notwendige Gelände geschaffen. In der Zeit von 1893 bis 1897, nachdem eine Million Mark zur Verfügung stand, wurde das Monument errichtet. Damals erhielt das Deutsche Eck seine heutige Gestalt. Am 31. August 1897 wurde das Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmal der Rheinprovinz am Deutschen Eck in Anwesenheit von Kaiser Wilhelm II. eingeweiht. Nach den Feierlichkeiten war das gesamte Rheinufer hell erleuchtet. Von nun an verlagerte sich im allgemeinen Sprachgebrauch der Name Deutsches Eck von der Deutschordensballei auf das neue Denkmal.
Das Denkmal wurde nach den Plänen des Architekten Bruno Schmitz, bekannt durch das Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica, das Kyffhäuserdenkmal und später auch durch das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, und des Bildhauers Emil Hundrieser erbaut. Es ist insgesamt 37 Meter hoch, davon entfallen 14 m auf das bronzene Reiterstandbild. Das Reiterstandbild zeigt den Kaiser in Generalsuniform mit wallendem Mantel. Eine Genie führt das Pferd und trägt in der anderen Hand auf einem Kissen die Kaiserkrone. An der Front des Denkmals findet man ein Relief mit dem Reichsadler, der Schlangen packt und Feinde bedrängt. Darüber ist in großen Lettern Wilhelm dem Großen eingemeißelt, ein Versuch Kaiser Wilhelms II., seinem Großvater diesen Titel in der Geschichte zu verleihen. Diese Bezeichnung setzte sich jedoch niemals durch. Auf dem oberen Teil des Sockels sind die beiden letzten Verse des Gedichtes "Frühlingsgruß an das Vaterland" des Koblenzer Dichters Max von Schenkendorf zu lesen: "Nimmer wird das Reich zerstöret,/ Wenn ihr einig seid und treu!"
Die Errichtung dieses Denkmals war wie das Niederwalddenkmal über Rüdesheim oder die weiteren in dieser Zeit gebauten Kaiser-Wilhelm-Denkmäler Ausdruck des wilhelminischen Zeitgeistes. Bereits zur Zeit seiner Entstehung wurde das Denkmal wegen seiner überladenen, nationalistischen Symbolik kritisiert. Der französische Dichter Guillaume Apollinaire sprach beispielsweise von einem „monument affreux gigantesque“ (dt.: abscheulich gigantisches Denkmal). Nach dem Ersten Weltkrieg schrieb der Satiriker Kurt Tucholsky in seiner Reportage Denkmal am Deutschen Eck:
- Wir gingen auf der breiten, baumbestandenen Allee; [...] dann standen da keine Bäume mehr, ein freier Platz, ich sah hoch … und fiel beinah um. Da stand – Tschingbumm! – ein riesiges Denkmal Kaiser Wilhelms des Ersten: ein Faustschlag aus Stein. Zunächst blieb einem der Atem weg.
Sah man näher hin, so entdeckte man, daß es ein herrliches, ein wilhelminisches, ein künstlerisches Kunstwerk war. Das Ding sah aus wie ein gigantischer Tortenaufsatz und repräsentierte jenes Deutschland, daß am Kriege schuld gewesen ist – nun wollen wir sie dreschen! In Holland.
Zunächst ist an diesem Monstrum kein leerer Fleck zu entdecken. Es hat die Ornamenten-Masern. Oben jener, auf einem Pferd, was: Pferd! auf einem Roß, was: Roß! auf einem riesigen Gefechtshengst wie aus einer Wagneroper, hoihotoho! Der alte Herr sitzt da und tut etwas, was er all seine Lebtage nicht getan hat: er dräut in die Lande, das Pferd dräut auch, und wenn ich mich recht erinnere, wallt irgend eine Frauensperson um ihn herum und beut ihm etwas dar. Aber da kann mich meine Erinnerung täuschen … vielleicht gibt sie dem Riesenpferdchen nur ein Zuckerchen. Und Ornamente und sich bäumende Reptile und gewürgte Schlangen und Adler und Wappen und Schnörkel und erbrochene Lilien und was weiß ich … es war großartig. Ich schwieg erschüttert und sah Jakoppn an. „Ja“, sagte Jakopp, „das ist das Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck.“
Das Denkmal nach 1945



Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, am 16. März 1945, wurde das Reiterstandbild durch eine amerikanische Artilleriegranate beschädigt. Die Hintergründe dafür sind nicht geklärt. Ein irrtümlicher oder zufälliger Treffer kann nicht ausgeschlossen werden.Da das Kiepenkerldenkmal in Münster aber auch willkürlich von einer US-Panzerbesatzung zerstört wurde, indem diese es mit Ihrem Kampfpanzer einfach niederwalzten (just for fun),kann auch beim Deutschen Eck Denkmal angenommen werden, daß Berichte stimmen, welche besagen, daß das Reiterstandbild als Zielscheibe für ein spontanes Übungsschießen einer US-Panzerbesatzung herhalten mußte. Im Zusammenhang mit der unbelegten Behauptung, Eisenhower habe die Zerstörung gefordert, meint Herr Dr. Kramp [1] wahrscheinlicher sei „die Befürchtung der Amerikaner, dass sich deutsche Soldaten im Denkmalbereich verschanzt hielten. [2] Das Standbild hing zum Rhein hin vom Sockel herunter. Teile des raren Kupfers verschwanden, bis schließlich das komplette Standbild abgebaut und eingeschmolzen wurde. Ein Teil des Kupfers wurde zu Telefonleitungen verarbeitet. Reste des Standbildes tauchten später wieder auf, unter anderem der Kopf des Kaisers, der sich heute im Koblenzer Mittelrhein-Museum befindet.
Die französische Militärregierung plante, das Denkmal abzureißen und durch ein neues Denkmal für Frieden und Völkerverständigung zu ersetzen. Wegen Geldmangels und der schlechten Versorgung der Bevölkerung in den Nachkriegsjahren wurden diese Pläne aber nie umgesetzt. Am 18. Mai 1953 widmete Bundespräsident Theodor Heuss den verbliebenen Sockel zum Mahnmal der deutschen Einheit um. Dabei wurden am Umgang des Sockels die Wappen aller deutschen Länder und der ehemaligen Ostgebiete, wie Schlesien angebracht. Vier Jahre später wurde das Saarland hinzugefügt. Noch am Tag der Deutschen Einheit, dem 3. Oktober 1990, wurden die Namen aller neuen Bundesländer auf dem Gebiet der ehemaligen DDR auf zwei einander gegenüberliegenden Tafeln angebracht. Die Stelle des zerstörten Reiterstandbilds nahm bis 1993 ein Flaggenstock mit der Bundesflagge ein. Nach dem Fall der Berliner Mauer wurden neben dem Denkmal drei originale Betonelemente der Mauer aufgestellt.
Seit dem Krieg waren immer wieder Vorschläge über eine Neugestaltung des Denkmals diskutiert worden. Alle Pläne scheiterten jedoch entweder an der fehlenden Finanzierung oder daran, dass sie sich nicht mit der Idee des Mahnmals vertrugen. Durch die Wiedervereinigung Deutschlands 1990 verlor das Mahnmal jedoch seinen sinnstiftenden Gedanken. Eine private Stiftung des Koblenzer Verlegerehepaares Theisen ermöglichte nun die Rekonstruktion des Reiterstandbilds.
Das Vorhaben wurde in Koblenz kontrovers diskutiert, weil ein Denkmal für Wilhelm I. von vielen als nicht mehr zeitgemäß empfunden wurde. Unter anderem führte man seine Vergangenheit als "Kartätschenprinz" zur Zeit der Märzrevolution an, bei der er die Revolutionäre in Berlin hatte zusammenschießen lassen. Als Argumente für die Rekonstruktion des Denkmals wurden vor allem der touristische Aspekt und die Wirkung in der Stadtsilhouette angeführt.
Die Realisierung der Rekonstruktion wurde erst möglich, nachdem das Land Rheinland-Pfalz seine Besitzrechte an dem Denkmal auf die Stadt Koblenz übertragen hatte. Der Stadtrat akzeptierte daraufhin die Schenkung der Eheleute Anneliese und Dr. Werner Theisen. Der Düsseldorfer Bildhauer Raimund Kittl wurde mit der Nachbildung der 1945 zerstörten Skulpturengruppe beauftragt, die nun aus widerstandsfähigem Bronzeguß und nicht mehr aus Kupferplatten bestehen sollte. Im Mai 1992 traf das Reiterstandbild an Bord der MS Futura über den Rhein in Koblenz ein, wo es zunächst im Rheinhafen zusammengebaut wurde. Am 2. September 1993 hievte der größte fahrbare Gittermastkran Europas das Reiterstandbild auf den Denkmalsockel. Die feierliche Einweihung fand schließlich am 25. September statt. Heute ist das Denkmal am Deutschen Eck vor allem eine Touristenattraktion.
Seit 2002 ist das Deutsche Eck Teil des von der UNESCO ausgezeichneten Weltkulturerbes Oberes Mittelrheintal.
- ↑ Dr. Kramp Leiter des Mittelrhein-Museums in Koblenz
- ↑ Heinz-Günther Borck (Hrsg) u.a.: „Vor 60 Jahren, Krieg und Frieden an Rhein und Mosel 1944-1945“, Koblenz 2005 (Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz, Bd. 105), S. 40 f. und 104 ISBN 3-931014-67-3
Berliner Mauer-Reste
Drei Reststücke der Berliner Mauer, die 28 Jahre lang Berlin teilte, sind nach dem Mauerfall am Zusammenfluss von Rhein und Mosel aufgestellt worden, um gleichsam auch die Vergangenheit des benachbarten Denkmals als Mahnmal der deutschen Einheit in Erinnerung zu halten. Alle sind mit kurzen Erinnerungsworten auf Bronzestreifen versehen:
Den Opfern der Teilung |
17. Juni 1953 |
9. November 1989 |
Veranstaltungen
Das vorgelagerte Gelände am Denkmal wird heute gerne für Großveranstaltungen genutzt. So finden hier regelmäßig Konzerte bekannter Musikkünstler statt. Die deutsche Krautrock-Szene traf sich beispielsweise in den Jahren 1970 bis 1972 am Eck zu einem open-air Festival. Bereits zweimal war das Gebiet um das Deutsche Eck Veranstaltungsort für das Dampfspektakel, eine Präsentation von dampfbetriebenen Schienen-, Wasser- und Straßenfahrzeugen. Bei Rhein in Flammen wird das Gelände ebenfalls für eine Veranstaltung genutzt und ist beliebter Aussichtspunkt für das Feuerwerk, das von der Festung Ehrenbreitstein auf der gegenüberliegenden Rheinseite abgeschossen wird. Das Deutsche Eck ist außerdem Ziel des seit 2005 ausgetragenen Mittelrhein-Marathons. Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 wurden am Deutschen Eck alle Spiele vor maximal 9000 Zuschauern auf einer Großbildvideowand übertragen.
Weblinks
siehe auch: Kaiser-Wilhelm-Denkmäler
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