Schweizer Bauernverband

Der Schweizer Bauernverband (SBV, bis 2013 Schweizerischer Bauernverband; französisch Union suisse des paysans, italienisch Unione Svizzera dei Contadini) vertritt die Interessen der Landwirtschaft in der Schweiz und gilt als eine der einflussreichsten Organisationen des Landes.[1][2]
Organisation und Ziele
Zusammengesetzt ist der Verband aus Vertretern von 25 kantonalen Berufsorganisationen und von 60 Fachverbänden (22 aus dem Bereich tierische Produktion, 17 aus dem Bereich Pflanzenbau, 5 Genossenschaftsverbände und 16 aus sonstigen Bereichen; Stand Dezember 2003). Der Hauptsitz des SBV befindet sich in Brugg.
Die angeschlossenen Teilverbände vertreten rund 52'000 Bauernbetriebe[3]. Die Teilverbende stellen die 500 Mitglieder der Delegiertenversammlung, welche die Verbandsziele festlegt und Grundsatzentscheide fällt. Die Delegierten wählen aus ihren Reihen eine hundertköpfige Landwirtschaftskammer; deren Aufgaben sind Einkommenssicherung, Eingaben an Behörden und Aufsicht über die Geschäftsführung. Der Verbandsvorstand besteht derzeit aus 24 Mitgliedern. Er behandelt die laufenden Verbandsgeschäfte, bildet Fachkommissionen und ernennt die Mitglieder der Geschäftsstelle. Die Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen und Landfrauenverbandes ist von Amtes wegen Vizepräsidentin des Schweizer Bauernverbandes.
Der SBV setzt sich folgende Ziele: Angebot verschiedener Dienstleistungen für Landwirte, Erhaltung des bäuerlichen Familienbetriebs, angemessenes Einkommen für die Bauern, Einflussnahme auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen, sinnvolle Nutzung des Bodens, Erzeugung von Qualitätsprodukten mittels transparenter Produktionsverfahren und Herkunftsbezeichnungen, Schutz des Kulturlandes und Schonung der Natur. Zum Beispiel setzt sich der SBV zur Bekämpfung der Trinkwasserinitiative ein.
Zur Erfüllung dieser Ziele betreibt der SBV verschiedene Dienstleistungsbetriebe, diese umfassen Agrimpuls (Arbeitsvermittlung), Agriprof (Bildungswesen), Agriexpert (Treuhandleistungen, Rechts- und Bewertungsfragen), das Landwirtschaftliche Bau- und Architekturbüro LBA sowie die Agrisano-Unternehmungen. Bei letzteren handelt es sich um fünf rechtlich und wirtschaftliche unabhängige Unternehmungen (Agrisano Stiftung, Agrisano Krankenkasse AG, Agrisano Versicherungen AG, Agrisano Prevos und Agrisano Pencas), die gemeinsam auftreten und Bauernfamilien und deren Angestellten selbstentwickelte und bedürfnisgerechte Lösungen im Bereich der Personenversicherungen anbieten. Die Agrisano arbeitet eng mit den kantonalen landwirtschaftlichen Berufsorganisationen zusammen, die für die Agrisano regionale Geschäftsstellen (Regionalstellen) betreiben.
Geschichte
Die Gründung erfolgte im Jahr 1897. Der Verbandssitz war zunächst in Bern, drei Jahre später wurde nach Brugg verlegt, da die Ehefrau des damaligen Verbandsdirektors Ernst Laur von dort stammte und auf keinen Fall nach Bern ziehen wollte. Eine weitere prägende Person in den Anfangsjahren war Fritz Zaugg. Aus dem kleinen Bauernsekretariat entwickelte sich durch die Schaffung neuer Abteilungen mit der Zeit ein Verband mit über 80 Festangestellten. Direktor der Geschäftsstelle des SBV ist seit 2002 der Freiburger Nationalrat Jacques Bourgeois, Präsident des Verbandes ist seit 21. November 2012 der CVP-Politiker Markus Ritter. Ritter ist der erste Biolandwirt, der dieses Amt innehat.[4]
Ab 1995 wurden unter dem Namen agri.ch Internetdienstleistungen vom Verband angeboten. Nach einem Management-Buy-out entstand daraus im Jahr 2001 das Unternehmen green.ch, heute der drittgrösste Internetdienstanbieter der Schweiz.
Direktoren (in Klammern die jeweilige Amtsdauer)
- Ernst Laur (1898 – 1939)
- Oskar Howald (1939 – 1949)
- Ernst Jaggi (1949 – 1958)
- René Juri (1958 – 1987)
- Melchior Ehrler (1987 – 2002)
- Jacques Bourgeois (2002 – April 2020)
- Martin Rufer (ab April 2020)[5][6]
Präsidenten des SBV (in Klammern die jeweilige Amtsdauer)
- Johann Jenny (1897–1930)
- Franz Moser (1930–1935)
- Ferdinand Porchet (1935–1937 interimistisch, 1937–1949)
- Rudolf Reichling (1949–1961)
- Joachim Weber (1961–1974)
- Peter Gerber (1974–1988)
- Jean Savary (1988–1992)
- Marcel Sandoz (1992–2000)
- Hansjörg Walter (2000–2012)
- Markus Ritter (seit 2012)
Finanzierung
Der Bauernverband finanziert sich zu zwei Drittel über die Erträge seiner Dienstleistungen und zu einem Drittel über die Beiträge seiner Mitgliedssektionen. Diese Beiträge werden von den Bauernfamilien direkt oder indirekt bezahlt und belaufen sich je nach Betriebsgrösse auf ca. Fr. 100.-- bis Fr. 150.-- pro Bauernfamilie und Jahr. Die Beiträge der Bauernfamilien ihrerseits unterteilen sich im Verhältnis 3:2 in Flächenbeiträge und Produktionsbeiträge. Grund für diese Aufteilung ist, dass damit sowohl die bewirtschaftete Fläche als auch die Wertschöpfung der verschiedenen Produktionszweige berücksichtigt wird. Die Delegiertenversammlung stimmt jährlich über die Flächenbeiträge ab und beschliesst zudem alle vier Jahre über die produktbezogenen Beiträge, welche dem aktuellen Anteil der Endproduktion angepasst werden.
Der jüngste Beschluss der Delegiertenversammlung passte die Höhe der produktbezogenen Beiträge per Anfang 2018 an. Die produktbezogenen Beiträge waren aufgrund der Endproduktion neu berechnet worden und brachten für einzelne Mitgliedssektionen zum Teil erhebliche Veränderungen mit sich. Darum passte der SBV gleichzeitig auch die Vertretungsrechte in den Gremien an.
Der Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) akzeptierte den Beschluss der Delegiertenversammlung nicht und beschloss Ende Februar 2018 rückwirkend auf den 1. Januar 2018 aus dem SBV auszutreten.[7]
Siehe auch
Weblinks
- Offizielle Website des Schweizer Bauernverbandes
- Werner Baumann: Schweizerischer Bauernverband (SBV). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Schweizer Bauernverband in der Archivdatenbank des Schweizerischen Bundesarchivs
- Ernst Laur in der Archivdatenbank des Schweizerischen Bundesarchivs
Einzelnachweise
- ↑ Thomas Angeli, Otto Hostettler: Die Macht der Bauern. Die Landwirtschaftslobby hat ein Paralleluniversum errichtet. Mit durchschlagendem Erfolg: Sie erstickt jede Sparidee im Keim und kanalisiert die Finanzströme in ihre Richtung. In: Beobachter 20/2016 vom 30. September 2016, S. 16–25.
- ↑ Marco Schnurrenberger: Erfolgreiches Lobbying - Der Bauernverband hat viel Einfluss – zu viel? In: srf.ch. 28. August 2019, abgerufen am 29. August 2019.
- ↑ SBV - Über uns (Abgerufen am 13. Dezember 2017)
- ↑ Schweizer Bauernverband: Markus Ritter ist neuer Bauern-Präsident. Medienmitteilung vom 21. November 2012.
- ↑ SBV-Direktor Jacques Bourgeois tritt zurück. In: ufarevue.ch. 21. November 2019, abgerufen am 24. November 2019.
- ↑ Adrian Krebs: SBV-Vorstand schlägt Martin Rufer als neuen Direktor vor. In: bauernzeitung.ch. 12. Dezember 2019, abgerufen am 12. Dezember 2019.
- ↑ VSGP tritt aus dem Bauernverband aus In: gemuese.ch, 23. Februar 2018, abgerufen am 23. Februar 2018.