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Hexenverfolgung

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Massenhinrichtung von angeblichen Hexen 1587
Flugblatt mit der Verbrennung einer angeblichen Hexe, die 1531 mit dem Teufel die Stadt Schiltach verbrannt haben soll

Hexenverfolgungen fanden fast ausschließlich in Mitteleuropa während der Frühen Neuzeit statt. Grundlage für die massenhafte Verfolgung von Frauen (teilweise auch Kindern und Männern) durch die kirchliche und vor allem die weltliche Justiz war die von Theologen und Juristen verbreitete Vorstellung von einer vom Teufel geleiteten Verschwörung gegen das Christentum, deren meist weibliche Mitglieder man schließlich Hexen nannte.

Einzelne Fälle von Prozessen gegen der Magie verdächtigten Menschen sind dagegen fast weltweit und aus vielen Zeiten bekannt. Der Hexenbegriff, der für die besonderen frühneuzeitlichen Ereignisse geprägt wurde, sollte hierfür nicht verwendet werden. In sogenannten „Tierprozessen“ wurden auch Tiere der Hexerei beschuldigt.

Hexenverfolgung im Altertum

Der Glaube an Zauberer lässt sich bereits in den alten Hochkulturen nachweisen, die juristische Verwendung „Hexe“ wird erst Anfang des 15. Jahrhunderts eingeführt. Magische Praktiken wurden sorgfältig beobachtet und oft als schwarze Magie gefürchtet. Sowohl in Babylonien (Codex Hammurapi: Wasserprobe) als auch in Ägypten wurden Zauberer bestraft. Allerdings kam es niemals zu einer gezielten Verfolgung von vermeintlichen Hexen, wie wir sie später aus der Frühen Neuzeit kennen.

Die Bibel, vor allem das Alte Testament, verbietet Zauberei: "Ihr sollt nicht Wahrsagerei noch Zauberei treiben" (Lev 19,26; Dtn 10,10). Außerdem fordert sie unmissverständlich zur Verfolgung von Zauberern auf: „Den Zauberer sollst du nicht leben lassen.“ (Ex 22,17). Diese Formulierung wurde von Martin Luther, grammatikalisch korrekt, später mit der weiblichen Form "Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen" übersetzt. Andernorts schildert die Bibel Begegnungen mit Zauberen und Wahrsagern durchaus positiv. König Saul suchte Rat bei der „Hexe von Endor“ (1. Buch Samuel, 28,5-25). "Weise aus dem Morgenland" (Magi) huldigten dem Christuskind (Mt 2,1-2). „Hexen“ im Sinne der Frühen Neuzeit kennt die Bibel aber nicht, was die Hexentheoretiker nicht daran hinderte, diese Stellen als Beweis für die Existenz von Hexen anzusehen und zu zitieren.

Die frühe Kirche hält sich bei diesen Verfolgungen eher zurück. Wohl kommt es zu einzelnen Exzessen, wie im Martyrium der als Zauberin verfolgten neuplatonischen Philosophin Hypatia durch einen christlichen Mob im Jahre 415; dieses Ereignis wurde allerdings von der offiziellen Kirche ausdrücklich als große Schande bezeichnet. Ein explizites Programm für Hexenverfolgungen gab es nicht, da die frühe Kirche die damit verbunden Ansichten und Praktiken als Aberglaube (Canon episcopi) ablehnte.

Hexenverfolgung im Mittelalter

Die vorchristlichen Germanen kannten die Verbrennung von Schadenszauberern. Im karolingischen Frühmittelalter gab es jedoch keine Hexenverfolgung. Im Gegenteil stellte das Konzil von Paderborn im Jahre 785 den Glauben an Hexen und ihre Verfolgung unter Strafe: „Wer vom Teufel verblendet nach Weise der Heiden glaubt, es sei jemand eine Hexe und fresse Menschen, und diese Person deshalb verbrennt oder ihr Fleisch durch andere essen lässt, der soll mit dem Tode bestraft werden.“ (zitiert aus Soldan/Heppe). Karl der Große bestätigte dies durch ein Gesetz. Grund für diese Gesetzgebung waren die von den Christen sogenannten heidnischen Praktiken der Sachsen, die Karl der Große gerade in den 80er Jahren des 8. Jahrhunderts stark bekämpfte und immer wieder unterwarf.

Die ersten Belege für den deutschen Begriff Hexe finden sich, wie Oliver Landolt zeigen konnte, in den Frevelbüchern der Stadt Schaffhausen aus dem späten 14. Jahrhundert (1368/87). In Luzern erscheint der Begriff erstmals 1402 (nicht erst, wie immer wieder zu lesen, 1419).

Inquisition

Erste Verurteilungen von Hexen gibt es im 13. Jahrhundert mit dem Aufkommen der Inquisition, die jedoch ihr Hauptaugenmerk nicht auf Hexen, sondern auf Ketzer richtete.

Hexerei war für die Kirche zunächst kein derart bedrohendes Vergehen wie die anderen mittelalterlichen Ketzereien. Dies wird deutlich in der Anweisung Papsts Alexander IV. vom 20. Januar 1260 an die Inquisitoren, Hexen seien nicht aktiv zu verfolgen, sondern auf Anzeigen hin festzunehmen. Prozesse gegen Hexen sollten bei Zeitmangel zurückgestellt werden, die Bekämpfung von Ketzereien habe Vorrang. Später verurteilte die Inquisition sogar zeitweise die Hexenprozesse.

Hexenflug der "Vaudoises" (hier Hexen, ursprünglich Waldenser) auf dem Besen, Miniatur in einer Handschrift von Martin Le France, Le champion des dames, 1451.

Hexenverfolgung in der Frühen Neuzeit

Die eigentliche europäische Hexenverfolgung fand in der Frühen Neuzeit vor allem in Mitteleuropa aufgrund von Anklagen gegenüber vermeintlichen Anhängern der sogenannten Hexenlehre statt. Bei der europäischen Hexenverfolgung von 1450-1750 (Höhepunkt 1550-1650) handelte es sich nicht nur um eine kirchliche Aktion gegen „Ketzer“, sondern auch um ein europäisches Hysterie-Phänomen bezüglich Zauberei und Hexerei, das juristisch zur Straftat der Zauberei umgesetzt wurde und zu vielen Verdächtigungen, Denunziationen, öffentlichen Massenprozessen und Hinrichtungen führte. Neuere Forschungen belegen, dass häufig ältere Frauen und sozial Benachteiligte der Hexerei verdächtigt wurden. Dabei genügten häufig Gerüchte oder Denunziationen, um eine juristische Maschinerie in Bewegung zu setzen, die Menschen durch Folter zu falschen Geständnissen bewegte.

Von Seiten beider Kirchen gab es vereinzelt (Johannes Brenz, Johann Matthäus Meyfart, Anton Praetorius, Friedrich von Spee) auch Kritik an der Hexenverfolgung.

Frühneuzeitliches Hexenverständnis

Zu den Merkmalen einer Hexe gehörten laut der Hexenlehre der frühneuzeitlichen Hexentheoretiker:

  1. der Hexenflug auf Stöcken, Tieren, Dämonen oder mit Hilfe von Flugsalben
  2. Treffen mit dem Teufel und anderen Hexen auf dem sogenannten Hexensabbat
  3. der Pakt mit dem Teufel
  4. der Geschlechtsverkehr mit dem Teufel (in Gestalt von incubus und succubus, der sogenannten Teufelsbuhlschaft) und
  5. der Schadenszauber. Diese fünf Merkmale bildeten ab etwa 1400 den elaborierten Hexencode.

Von großer Bedeutung war dabei vor allem die Idee einer allgemeinen Hexenverschwörung. Aus der Übertragung von Stereotypen, die man jahrhundertelang den Juden zugeschrieben hatte, bildete sich die Vorstellung einer „Synagoga Satanae” (Synagoge des Satans), später „Hexensabbat” genannt. Man glaubte hier einer orgiastischen Versammlung auf der Spur zu sein, bei Gott und seine Kirche verhöhnet wurden. Man glaubte, dass die gesamte Existenz des Christentums durch diese „Hexensekte“ bedroht sei.

Somit entstand ein vermischtes Neuverständnis der Hexen. Nicht mehr der Schaden, den die Hexen anrichten, war ihr entscheidendes Merkmal, sondern der Abfall vom Glauben und der damit verbundenen Zuwendung zum Teufel. Nunmehr bildeten sie eine geistliche Gefahr; die Kirche ging gegen ihre abtrünnigen Gläubigen, nach den Grundsätzen des Augustinus von Hippo, mit Zwang und Feuer für ihre Seelenrettung vor.

Geographische Verbreitung

Die neuzeitliche Hexenverfolgung konzentrierte sich hauptsächlich auf das Territorium des Heiligen Römischen Reiches, England, die Schweiz, die Niederlande, Lothringen, Schottland und Polen. Historiker führen diese Tatsache auf die relativ schwache Position der Zentralgewalt in diesen Ländern zurück. Spanien, Portugal und Italien blieben vom Phänomen der Hexenverfolgung weitgehend verschont. Einzelfälle sind auch in den amerikanischen Kolonien (Hexenprozesse von Salem) dokumentiert.

Opfer

Die Verfolgung von zu Hexen erklärten Frauen und Männern forderte in ganz Europa nach neueren Forschungen und umfangreichen Auswertungen der Gerichtsakten etwa 40.000 bis 60.000 Todesopfer, davon ca. 25.000 auf dem Boden des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. 80 % der Opfer waren Frauen. Dazu kam eine hohe Zahl weiterer zu Konfiskation und Haft Verurteilter. Insgesamt soll etwa drei Millionen Menschen der Prozess gemacht worden sein, etwa jeder Fünfzigste wurde hingerichtet. Die früher verbreiteten Zahlen von mehreren 100.000 Todesopfern stützten sich auf Schätzungen und das durch Literatur und Filme verbreitete Bild einer ungezügelten Hexenverfolgung. 1786 veröffentlichte Gottfried Christian Voigt seine – auf falschen Zahlen beruhende – These von neun Millionen hingerichteter Hexen, die aber zu Propagandazwecken von den Nationalsozialisten wiederaufgegriffen wurde und noch heute durch die Literatur geistert.

Hexenhammer

Titelseite des „Malleus maleficarum” in einer Druckausgabe von 1669

Eine ideologische Grundlage bzw. Handlungsanweisung für die Hexenverfolgung in den nach der Reformation katholischen Landesteilen des Heiligen Römischen Reiches bildete der von dem Dominikaner Heinrich Institoris (Kramer) verfasste Malleus Maleficarum (1487), meist als Hexenhammer bezeichnet, das bekannteste einer Reihe von zeitgenössischen Handbüchern über die Bekämpfung der Hexerei, die durch den Buchdruck weite Verbreitung fanden. Laien und Kleriker, die die Hexenjagd ablehnten, wurden im Hexenhammer zu Häretikern erklärt und mithin der Verfolgung preisgegeben: „Hairesis maxima est opera maleficarum non credere (Es ist die größte Häresie, nicht an das Wirken von Hexen zu glauben). Dabei erschien diese Lehre in den Büchern im Gewande einer leidenschaftslos-sachlichen scholastischen philosophischen Abhandlung. Inhaltlich war wenig neues im Hexenhammer zu finden, da Institoris hauptsächlich ältere Hexenliteratur zusammengefasst und neu geordnet hatte.

Hexenbulle

Die 1484 von Heinrich Institoris verfasste und von Papst Innozenz VIII. unterzeichnete "Hexenbulle" Summis desiderantes hatte zwar nur in den katholischen Gegenden dauerhaften Einfluss, jedoch wurde die Verfolgung von Hexen von allen anderen westlichen Kirchen – , lutherischen, reformierten, anglikanischen und puritanischen – bejaht und betrieben. Nur die Ostkirchen beteiligten sich nicht an der Hexenverfolgung. Die Anzahl der Verurteilten war in den verschiedenen Regionen sehr unterschiedlich. Es gab hierbei Schwerpunkte wie z.B. das Rheinland und das Schweizer Wallis. Aber es gab auch andere Gegenden, in denen kaum Verfolgung stattfand.

Ihren relativ hohen Bekanntheitsgrad hatte die Hexenbulle Heinrich Institoris zu verdanken, der sie dem eigentlichen Text des Hexenhammers voran stellte.

Luthers Haltung zur Hexenverfolgung

Martin Luther war wie Calvin überzeugt von der Möglichkeit des Teufelspaktes, der Teufelsbuhlschaft und des Schadenszaubers und befürwortete die gerichtliche Verfolgung von Zauberern und Hexen.

Die Aussage des Alten Testaments „Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen“ (2. Mose 22,17) hatte für ihn Gültigkeit. Dies wird in einer Hexenpredigt deutlich, die Luther am 6. Mai 1526 zur Stelle 2. Mose 22,18 hielt.

Er verlieh hier seinem tiefen Abscheu vor dem Übel der Hexerei Ausdruck und gibt einer gnadenlosen Verurteilung der im Verdacht stehenden Frauen recht:

Es ist ein überaus gerechtes Gesetz, dass die Zauberinnen getötet werden, denn sie richten viel Schaden an, was bisweilen ignoriert wird, sie können nämlich Milch, Butter und alles aus einem Haus stehlen… Sie können ein Kind verzaubern… Auch können sie geheimnisvolle Krankheiten im menschlichen Knie erzeugen, dass der Körper verzehrt wird… Schaden fügen sie nämlich an Körpern und Seelen zu, sie verabreichen Tränke und Beschwörungen, um Hass hervorzurufen, Liebe, Unwetter, alle Verwüstungen im Haus, auf dem Acker, über eine Entfernung von einer Meile und mehr machen sie mit ihren Zauberpfeilen Hinkende, dass niemand heilen kann... Die Zauberinnen sollen getötet werden, weil sie Diebe sind, Ehebrecher, Räuber, Mörder… Sie schaden mannigfaltig. Also sollen sie getötet werden, nicht allein weil sie schaden, sondern auch, weil sie Umgang mit dem Satan haben.

Martin Luther war ein klarer Befürworter der Todesstrafe für Schadenszauberei, noch dazu mit einem stark frauenfeindlichen Akzent. In der Predigt vom 6. Mai 1526 sagt Luther fünfmal: „sie sind zu töten“ (Predigt 6. Mai 1526, WA 16, 551f.) Allerdings ist der Kirchenpolitiker, Prediger und Seelsorger Martin Luther kein eifernder Hexenjäger gewesen.

Zahlreiche lutherische Theologen, Prediger und Juristen beriefen sich später auf einschlägige Aussagen Luthers. Bis heute finden sich im Kleinen Katechismus von Luther und im reformierten Heidelberger Katechismus Aussagen über Hexerei bzw. Zauberei.

Hexenprozesse

Die tatsächliche Verfolgung geschah, im Gegensatz zur Inquisition, durch weltliche Gerichte und in sehr vielen Fällen aufgrund von Denunziationen aus der Bevölkerung. Ein bekanntes Beispiel ist die Mutter von Johannes Kepler, die 1615 aufgrund eines Streites von einer Nachbarin als Hexe bezeichnet wurde. Sie war über ein Jahr gefangen gesetzt, wurde mit der Folter bedroht, aber schließlich aufgrund der Bemühungen ihres Sohnes freigesprochen.

Noch in der Zeit der Aufklärung gab es vereinzelt Hexenprozesse. In der Schweiz wurden in zwei Fällen sogar Gruppen von Kindern der Hexerei bezichtigt und einem Gericht vorgeführt. Erst nachdem Inquisitoren aus Rom intervenierten, wurden (beim ersten Prozess) die Kinder frei gelassen. Bei dem zweiten Hexenprozess wurden die Eltern vom weltlichen Gericht dazu gezwungen, entweder ihre Kinder ziehen zu lassen und eine Bescheinigung über ihren Tod vorzulegen oder ihre Kinder selbst zu vergiften. Es stellte sich heraus, dass viele Eltern tatsächlich ihren Kindern Gift verabreichten.

Besonders während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) wütete die Hexenverfolgung in Mitteleuropa. Der Krieg und die sogenannte kleine Eiszeit, die allmählich ihrem Höhepunkt entgegenstrebte, hatten die Felder verwüstet, die Häuser zerstört, die Bevölkerung dezimiert; Hunger und Seuchen forderten ihre Todesopfer. Gerade in dieser kriegerischen Zeit verdächtigten viele Leute angebliche „Hexen“ und lieferten sie an die weltlichen Gerichte aus. Als eine der letzten der Hexerei angeklagten Frauen wurde Anna Schnidenwind am 24. April 1751 in Endingen am Kaiserstuhl hingerichtet. Vermutlich fand die letzte Hexenhinrichtung auf Reichsboden 1756 in Landshut statt. In der Schweiz wurde die "letzte Hexe", Anna Göldin, im Juni 1782 hingerichtet.

Das Verfahren bei Hexenprozessen der Frühen Neuzeit war nach folgendem Muster aufgebaut:

  1. Anklage. Oft ging einer tatsächlichen Anklage eine jahrelange Phase des Gerüchtes voraus. Die Anklage konnte auf Grund einer Denunziation erfolgen, die von einer bereits inhaftierten Hexe – möglicherweise unter der Folter – erfolgt war, eine sogenannte Besagung. Selten gestand man vermeintlichen Hexen das Recht auf eine Verteidigung zu.
  2. Inhaftierung. Gefängnisse im heutigen Sinne gab es in der Frühen Neuzeit noch nicht, deshalb hielt man die Angeklagten in Kellern oder Türmen gefangen. Die heute noch an vielen Orten anzutreffenden Hexentürme waren aber oftmals gar keine reinen Hexentürme, sondern meist allgemeine Gefängnistürme, teils auch einfach nur Türme der Stadtmauern.
  3. Verhör. Man unterscheidet in der Regel drei Phasen des Verhörs: die gütliche Befragung, die Befragung mit Vorzeigen und Erklären der Folterinstrumente und die peinliche Befragung, bei der die Folter Anwendung fand. Im Rahmen von Hexenprozessen fiel meist die Beschränkung der Folteranwendung auf eine Stunde weg, da man hier von einem crimen exceptum (Ausnahmeverbrechen) ausging, was besondere Härte verlangte. Häufig kamen Daumenschraube, Rad, Streckbank und Spanischer Stiefel hierbei zum Einsatz. Ebenso galt bei Hexenprozessen oftmals die sonst übliche Regel nicht, dass man einen Angeklagten nur 3 Mal der Folter unterwerfen dürfe und wenn bis dahin kein Geständnis vorliege, er freizulassen sei. Im Hexenhammer wurde dazu geraten die verbotene Wiederaufnahme der Folter ohne neue Beweise als Fortsetzung zu deklarieren.
Wasserprobe, Titelblatt der Schrift von Hermann Neuwalt, Helmstedt 1581
  1. Hexenproben. Das offizielle Gerichtsverfahren sah keine Hexenprobe vor, ja eigentlich galt ein Verbot ihrer Anwendung. Dennoch griffen viele Gerichte in den verschiedensten Teilen des Deutschen Reiches auf sie zurück. Die Bewertung der Hexenproben war ebenso unterschiedlich wie überhaupt ihre Anwendung. Manchmal galten die Hexenproben als starker Beweis, manchmal als schwacher. Folgende Hexenproben sind die bekanntesten:
  2. Geständnis. Niemand durfte ohne ein Geständnis in der Frühen Neuzeit verurteilt werden - das galt auch für die Hexenprozesse. Doch aufgrund der Regeln in der Anwendung der Folter war die Wahrscheinlichkeit, ein Geständnis zu erlangen, bei Hexenprozessverfahren um ein Vielfaches höher als bei anderen Prozessen.
  3. Befragung nach Mitschuldigen (Besagung). Da die Hexen laut der Hexenlehre auf den Hexensabbaten ihre Mitgenossen trafen, mussten sie diese auch kennen. In einer zweiten Verhörphase wurden die Angeklagten nun nach den Namen der anderen Hexen bzw. Hexenmeister befragt, eventuell auch wieder mit erneuter Anwendung der Folter. Dadurch wurde die Liste der Verdächtigen unter Umständen immer länger, da unter Folter immer neue Menschen beschuldigt wurden, ebenfalls Hexen zu sein. Das Resultat waren regelrechte Kettenprozesse.
  4. Verurteilung.
  5. Hinrichtung. Auf das Verbrechen der Hexerei stand die Strafe des Feuertodes, also der Scheiterhaufen, auf dem man lebendig verbrannt wurde. Als ein Akt der Begnadigung galt die vorherige Enthauptung, Erdrosselung oder das Umhängen eines Pulversäckchens um den Hals.

Der Kampf gegen die Hexenverfolgung

Der Kampf gegen die Hexenverfolgung war langwierig. Vor dem Zeitalter der Aufklärung war der Jesuit Friedrich Spee von Langenfeld, Professor an der Universität Alma Ernestina in Rinteln und Verfasser der Schrift Cautio Criminalis der einflussreichste aber nicht einzige Autor, der die Hexenprozesse angriff. Spees Buch war die Antwort auf das Standardwerk zur Theorie der Hexenlehre seines Rintelner Professoren-Kollegen Hermann Goehausen Processus juridicus contra sagas et veneficos aus dem Jahre 1630.

Der reformierte Pfarrer Anton Praetorius hatte sich bereits 1597 als fürstlicher Hofprediger in Birstein für die Beendigung eines Hexenprozesses und Freilassung der Frauen eingesetzt. Er wetterte derart gegen die Folter, dass der Prozess beendet und die letzte noch lebende Gefangene freigelassen wurde. Dies ist der einzige überlieferte Fall, dass ein Geistlicher während eines Hexenprozesses die Beendigung der Folter forderte und durchsetzte. In den Prozessakten heißt es: „weil der Pfarrer alhie hefftig dawieder gewesen, das man die Weiber peinigte alß ist es dißmahl deßhalben underlaßen worden.“

Als erster reformierter Pfarrer veröffentlichte Praetorius unter dem Namen seines Sohnes Johannes Scultetus 1598 das Buch Von Zauberey vnd Zauberern Gründlicher Bericht gegen Hexenwahn und unmenschliche Foltermethoden. 1602 fasste er in einer 2. Auflage des Gründlichen Berichtes den Mut, seinen eigenen Namen als Autor zu verwenden. 1613 erschien die dritte Auflage seines Berichtes über Zauberey und Zauberer mit einem persönlichen Vorwort.

1635 wandte sich Pfarrer Johann Matthäus Meyfart, Professor an der lutherisch-theologischen Fakultät in Erfurt, mit seiner Schrift „Christliche Erinnerung, An Gewaltige Regenten, vnd Gewissenhaffte Praedicanten, wie das abscheuwliche Laster der Hexerey mit Ernst außzurotten, aber in Verfolgung desselbingen auff Cantzeln vnd in Gerichtsheusern sehr bescheidlich zu handeln sey“ gegen Hexenprozesse und Folter.

Die Hochnötige Unterthanige Wemütige Klage Der Frommen Unschültigen von Hermann Löher erschien zwar erst 1676 nach dem Ende der härtesten Verfolgungswelle, ist aber insofern von Bedeutung, als der Autor in den 1620er und 1630er Jahren selbst als mehr oder weniger Freiwillger im Verfolgungsapparat mitgewirkt hatte und erst dadurch zum Verfolgungsgegner geworden war. Insofern bietet er eine Insiderperspektive auf den Prozessverlauf und die dahinterstehenden Machtverhältnisse, die sich bei den anderen Verfolgungsgegnern so nicht findet.

Als um 1700 die Hexenverfolgungen bereits selten geworden waren, veröffentlichte der Hallesche Gelehrte Christian Thomasius seine Schriften gegen den Hexenglauben. Allerdings war der berühmte Mediziner Friedrich Hoffmann aus Halle noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts von der Möglichkeit der Anhexung von Krankheiten durch Hexen in Verbindung mit den übernatürlichen Kräften des Teufels überzeugt.

Hexenverfolgung heute

Auch in nicht christlichen Religionen bzw. erst in jüngerer Zeit christianisierten Regionen kommt es immer wieder zu Hexenverfolgungen, Zauberei oder Magie.

So sind derzeit insbesondere die Fälle der sogenannten Hexenkinder im Kongo in die Aufmerksamkeit gerückt.

Im Norden Südafrikas, insbesondere in Gebieten mit traditioneller Religion, werden jedes Jahr Hunderte von Männern und Frauen der Hexerei angeklagt und oft von einem Mob umgebracht.

In Tansania werden jedes Jahr Hunderte von Frauen wegen Hexerei angeklagt und getötet oder verstümmelt.

Siehe auch

Literatur

  • Manfred Hammes: Hexenwahn und Hexenprozesse. Frankfurt, S.Fischer, 1977
  • Rainer Decker: Hexen. Magie, Mythen und die Wahrheit. Darmstadt, Primus Verlag 2004, ISBN 3-89678-247-9
  • Wolfgang Behringer: Hexen. Glaube, Verfolgung, Vermarktung. 3. Auflage. Beck, München 2002, ISBN 3-406-41882-1
  • Joseph Hansen: Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des Hexenwahns und der Hexenforschung im Mittelalter. Mit einer Untersuchung der Geschichte des Wortes Hexe von Johannes Franck. Nachdruck Olms, Hildesheim 1963 (grundlegendes Quellenwerk, die Darstellung der Entwicklung aber veraltet)
  • Rosmarie Beier-de Haan (Ed.) (2002) Hexenwahn - Ängste der Frühen Neuzeit. Deutsches Historisches Museum, Berlin veränderte Online-Ausgabe
  • Heinrich Kramer (Institoris): Der Hexenhammer (Malleus maleficarum). Deutscher Taschenbuch Verlag 2000, ISBN 3423307803 (historisches Quellenwerk)
  • Friedrich von Spee: Cautio Criminalis oder Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse. Deutscher Taschenbuch Verlag 2000, ISBN 342330782X (historisches Quellenwerk)
  • Eveline Hasler: Anna Göldin. Letzte Hexe, ISBN 3423104570, ISBN 3538069425 (historischer Roman über den letzten Hexenprozess in der Schweiz)

Quellen