Kernkraftwerk Biblis
Das Kernkraftwerk Biblis befindet sich in der südhessischen Gemeinde Biblis nahe der Einmündung der Weschnitz in den Rhein. Das Kraftwerk wird von der RWE Power AG betrieben.
Das Kraftwerk besteht aus zwei Blöcken: Block A mit einer elektrischen Bruttoleistung von 1200 Megawatt und Block B mit einer elektrischen Bruttoleistung von 1300 Megawatt. In den 70er Jahren waren zwei weitere Blöcke, Block C und D, geplant. Während Biblis D schnell verworfen wurde, endeten die Planungen für Biblis C erst 1995.
Beide Kernkraftwerksblöcke sind mit jeweils einem Druckwasserreaktor ausgerüstet.
Am 16. Juli 1974 wurde in Block A die erste nukleare Kettenreaktion eingeleitet. Block A lieferte am 25. August 1974 erstmals Strom ins öffentliche Verbundnetz. Die nukleare Inbetriebnahme (Kritikalität) erfolgte in Block B am 25. März 1976.
Das Kraftwerk Biblis steht sehr im Augenmerk der Öffentlichkeit. Dies liegt zum Einen an der Häufigkeit von Störmeldungen, zum anderen aber auch am reinen Alter des Kraftwerks und an den damit verbundenen Unzulänglichkeiten. Die beiden Bibliser Blöcke und Systeme werden zwar lt. Aussage der Betreiber ständig auf den neusten Stand von Wissenschaft und Technik gehalten. Biblis ist deshalb zwar den Betreibern zufolge mit neuen Anlage vergleichbar, Faktoren wie Materialermüdung werden hierbei jedoch nicht berücksichtigt.
So ergab eine im Auftrag des Bundesumweltministeriums nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York beauftragte Untersuchung, dass die Reaktorgebäude einem Anschlag mit einem Passagierjet nicht standhalten würden und das nach einem solchen Anschlag die Freisetzung hochradioaktiver Stoffe sehr wahrscheinlich sei.
Diese Studie wird teilweise als 'einseitig' bezeichnet. Andere Studien widerlegen das. Kritisiert wird weiterhin, dass eine separate Notstandswarte außerhalb des Reaktorgebäudes, von der aus ein Reaktor auch im Falle von schweren Störungen im Reaktorgebäude gesteuert werden kann, nicht vorhanden ist. Da die Blöcke fast baugleich sind und zudem unterirdisch miteinander verbunden sind, ist es im Notstandfall möglich, durch eine im jeweiligen Nachbarblock angesiedelte Notstandswarte den Nachbarblock zu betreiben. Seitens der Kritiker wird jedoch bezweifelt, ob dies bei einem Störfall noch möglich wäre.
Die endgültige Abschaltung des Kernkraftwerks Biblis A ist bisher für 2008 vorgesehen, die Abschaltung von Biblis B für 2012, beide Termine sind jedoch abhängig von der verbleibenden Reststrommenge.
Die für das Jahr 2004 gemessene abgegebene Radioaktivität beträgt: ( Quelle: BMU )
- Block A: 0,58 TBq in die Luft und 17 TBq ins Wasser
- Block B: 1,6 TBq in die Luft und 11 TBq ins Wasser
Vorkommnisse
- 17. Dezember 1987: Mitarbeiter hatten ein nicht geschlossenes Absperrventil übersehen. Um die Armatur zu schließen, wurde ein Prüfventil im Tippbetrieb geöffnet. Dadurch trat radioaktives Primärkühlmittel für kurze Zeit in den Ringraum aus. Da der Austritt des Reaktorkühlwassers außerhalb des Sicherheitsbehälters erfolgte und somit eine Rückführung vom Sumpf aus über die Sicherheitseinspeisepumpen bzw. Nachkühlpumpen nicht mehr möglich gewesen wäre, wurde heftig über die Gefahr eines möglichen Supergaus diskutiert. Die Stöfall kam erst nach einem Jahr, durch einen Artikel in einer amerikanischen Fachzeitschrift (Nucleonic Weeks), an die Öffentlichkeit, wurde jedoch vom Betreiber fristgerecht an die Behörde gemeldet, die wiederum selbst keine Pressemiteilung veröffentlichte. Die Störfall wurde im nachhinein gemäß der INES-Skala von Stufe 2 auf Stufe 1 gesetzt, was eine Störung bedeutet. Seit diesem Ereignis veröffentlicht das KKW Bilbis über einen Pressesprecher jedwedes Vorkommnis auf der Anlage, auch wenn nur die Kühltürme ihren Betrieb aufnehmen, was nur in heißen Sommertagen der Fall ist.
- 08. Februar 2004 Im Kernkraftwerk Biblis ereignete sich ein Störfall, bei welchem nacheinander mindestens fünf der Stromversorgungssysteme ausfielen. Während eines Sturms gerieten zwei Hochspannungsleitungen nahe dem KKW aneinander und verursachten einen Kurzschluss. Daraufhin fiel im Kraftwerk ein Hauptnetzanschluss aus, dann kurz darauf der zweite. Der Reserveanschluss funktionierte ebenfalls nicht. Die Notstromversorgung von Block A und die Eigenbedarfsversorgung von Block B versagten. Somit bestand die Gefahr, dass die Steuerungs- und Sicherheitssysteme nicht mehr mit Energie versorgt werden konnten. Die Notstrom-Dieselgeneratoren arbeiteten jedoch Ordnungsgemäß und verhinderten so eine Ausweitung der Störung. Die Not- und Reservesysteme haben wie vorgesehen reagiert. Das Ereignis wurde in die Meldekategorie E, INES-Stufe 0 eingestuft und hatten damit keine oder sehr geringe unmittelbare sicherheitstechnische, bzw. keine radiologische Bedeutung.
Siehe auch
- Störfälle in deutschen Atomanlagen
- Liste der Kernreaktoren in Deutschland
- Liste von Ereignissen mit nuklearem Material
Weblinks
- KKW Biblis
- Bundesamt für Strahlenschutz: Dezentrale Zwischenlager
- Artikel der IPPNW: Schwere Sicherheitsdefizite des Atomkraftwerks Biblis B
- Meldepflichtige Ereignisse