Lilien
Lilien | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Arten (Auswahl) | ||||||||||||
|
Die Lilien (Lilium) bilden eine Gattung der Familie der Liliengewächse (Liliaceae) innerhalb der einkeimblättrigen Pflanzen.
Botanik
Die Gattung der echten Lilien besteht aus über 100 Arten, die sich in einigen Fällen nur schwer gegen die eng verwandten Gattungen Fritillaria, Nomocharis und Notholirion abgrenzen lassen, insbesondere bei einigen asiatischen Zwergspezies gelang die endgültige Zuordnung erst durch molekulargenetische Untersuchungen.
Ebenfalls nah verwandt ist die Gattung Cardiocrinum, die bis weit ins 20. Jhdt. mit ihrem außergewöhnlichen, bis zu 400 cm großen Vertreter Cardiocrinum giganteum, der Riesenlilie, den Lilien zugeordnet wurde. Ihr wird von Züchtern gelegentlich noch eine Art "Ehrenplatz" unter den Lilien gewährt.
Zu beachten ist, dass viele Pflanzen, die landläufig als Lilien bezeichnet werden, wie z. B. die Taglilien (Hemerocallis) oder Schwertlilien (Iris) aus botanischer Sicht anderen Gattungen angehören.
Systematik
Wie erwähnt sind der Botanik über 100 Lilienarten bekannt, noch immer werden weitere insbesondere in Asien entdeckt.
Das Sektionsmodell von H.F. Comber
H.F. Comber führte 1949 ein bis heute gültiges Schema zur Klassifikation der Lilien ein, mit dem diese in 7 Sektionen unterteilt werden und sich die verwandtschaftlichen Beziehungen der Arten beschreiben lassen.
Eine Artenliste, die auf Combers Modell beruht, findet sich unter: Lilienarten
Das Divisionsmodell in der Zucht
In der Zucht werden (lose entlang Combers Modell) acht verschiedene Liliendivisionen unterschieden:
- Division 1: Asiatische Hybriden
- Division 2: Martagonhybriden
- Division 3: Candidumhybriden
- Division 4: Amerikanische Hybriden
- Division 5: Longiflorumhybriden
- Division 6: Trichterlilien
- Division 7: Orienthybriden
- Division 8: Interdivisionale Hybriden
Beschreibung

Erkennbar sind Lilien daran, dass ihre Zwiebel (der so genannte Bulbus) überlappende Schuppen hat und nicht durch eine zusätzliche Außenhaut geschützt ist. Der Bulbus ist je nach Art und Alter zwischen 3 und 10 cm im Durchmesser groß und unterschiedlich gefärbt. Einige seiner Wurzeln sind kontraktil, d.h. sie verfügen über die ungewöhnliche Fähigkeit, den Bulbus bei Bedarf tiefer in die Erde zu ziehen, bis die ideale Tiefe erreicht ist.
Ab dem Frühjahr bildet der Bulbus einen mit lanzettförmigen Blättern dicht beblätterten Stängel aus, der sortenabhängig zwischen 15 und 250 cm groß sein kann.
Lilien bilden ihre Blüten im Sommer aus, es lassen sich dabei weitgehend drei Blütenformen unterscheiden, nämlich trompetenförmige, schalenförmige und so genannte Türkenbundlilien. Bei letzteren sind die Blütenblätter soweit nach hinten eingerollt, dass ihre Spitzen sich am Stängel wieder treffen und die Blüte so einem Turban ähnlich sieht. Aufgrund des Sortenreichtums der Gattung existieren aber auch Abweichungen davon, z.B. fast geschlossene Blüten bei Lilium lophophorum. Lilienblüten bestehen aus sechs Petalen, sind groß, vielfältig und häufig auffällig gefärbt und gezeichnet. Das Auftreten der häufig zu beobachtenden dunklen Punkte auf der Blüte ist erblich, nicht aber das Muster selbst, daher hat jede Blüte ein einzigartiges Muster, die einzelnen Punkte sind dabei Farbstoffkonzentrationen und daher meist von einem helleren Hof umgeben. Vielfach zeichnet sie auch Ihr Duft aus, einige Sorten zählen zu den am stärksten duftenden Gartenpflanzen überhaupt und sind von großem Wohlgeruch, andere riechen eher unangenehm, einige aber auch duftfrei.
Lilien sind Geophyten: Nach der Blüte im Sommer und der Ausbildung der Samenkapseln ziehen (bis auf die Madonnenlilie) Lilien ein und überwintern in einer Ruheperiode.
Verbreitung
Lilien wachsen auf allen Kontinenten der nördlichen Hemisphäre (mit Ausnahme der zentralafrikanischen Lilium zairii) und finden sich oft als Horste in waldigen oder waldnahen Regionen, da sie feuchte (keinesfalls aber nasse) und kühle Standplätze in leichtem Schatten bevorzugen. Standortbestimmend ist eine äußerst gute Drainage. Alkalische sowie sehr saure Böden werden von Lilien in der Regel gemieden. Ein paar spezialisierte Arten schätzen jedoch Sumpf- und Marschland und eine lebt gar als Epiphyt im burmesischen Regenwald (L. arboricola).
Vermehrung

Samen
Anders als viele andere Blütenpflanzen können sich Lilien nicht selbst bestäuben, zur Samenvermehrung bedarf es des Pollens einer anderen Pflanze.
Liliensamen lassen sich ihrer Keimung entsprechend in vier Gruppen unterteilen:
- sofortig und epigäisch
- verzögert und epigäisch
- verzögert und hypogäisch
- sofortig und hypogäisch
Bei sofortiger Keimung kann die Keimung je nach Art bereits nach 6 Tagen erfolgen, bei verzögerter Keimung hingegen bedarf es mindestens eines Jahres zur Keimung, gelegentlich auch länger.
Vegetative Vermehrung
Lilien können sich auch vegetativ vermehren. Dies geschieht durch:
- Stängelbulben (Bildung von Brutzwiebeln am Stängelansatz)
- Achselbulbillen (Bildung von Brutzwiebeln in den Achseln der Laubblätter)
- Rhizome
- Ausläufer
Nicht alle dieser Vermehrungsformen treten bei allen Arten auf.
Künstliche Vermehrung
Künstlich können Lilien vermehrt werden per
- Schuppenvermehrung:
Dabei werden vom Bulbus je nach Größe bis zu 5 oder 6 gesunde und kräftige Schuppen von der äußeren Schicht abgenommen und nach einer Fungizidbehandlung in ein Anzuchtsubstrat gesetzt. Nach wenigen Wochen sollten sich am Fuß der Schuppen junge Brutzwiebeln gebildet haben, die artabhängig innerhalb von 1-3 Jahren zu ausgewachsenen Pflanzen heranwachsen. Vorteilhaft ist, daß auf diesem Weg bereits eine einzelne Pflanze als Grundlage dienen kann und (da es sich um Klonen handelt) schnell zahlreiche identische Pflanzen von einer hochwertigen Ausgangspflanze gezogen werden können.
Krankheiten und Schädlinge
Als Gattung sind Lilien prinzipiell recht robuste und krankheitsresistente Pflanzen. Trotzdem haben es einige Pilze, Viren und Insekten auf sie abgesehen.
Pilze
- Grauschimmel Botrytis elliptica und B. cinerea, zu erkennen an braunen oder grünen glasigen Flecken an Blattspitzen, Blüten und Knospen, die sich schnell vergrößern. Allmähliches Absterben der Pflanze von oben herab, Faulstellen. Die Blüten sind verkrüppelt und öffnen sich nicht mehr. Durch Wärme oder Feuchtigkeit sowie windstille Lagen wird Grauschimmel begünstigt, als Bekämpfung eignet sich besonders das gelegentliche Einstäuben mit Lavagesteinsmehl. Der Pilz kann auch Gladiolen, Iris, Tulpen, Herbstzeitlose, Hyazinthen und Schneeglöckchen befallen. Da nur die oberirdischen Teile der Pflanzen befallen werden, treibt die Lilie im Folgejahr jedoch komplikationslos wieder aus.
- Die Stängelgrundfäule Fusarium oxysporum f. spec. narcissi ist die schwerste und gefährlichste Lilienkrankheit, da er die Zwiebel von unten her aushöhlt. Die Blattspitzen vergilben, die Knospen bleiben geschlossen, die Pflanze stirbt ab. Meist ist der Boden so nachhaltig kontaminiert, daß eine Neubepflanzung mit Lilien erst nach Jahren wieder möglich ist.
Viren
- Zahlreiche Viruskrankheiten können Lilien zu schaffen machen, z.B. die Gurkenmosaikkrankheit, die Ringelfleckigkeit oder die Rosettenkrankheit. Fast alle Viren produzieren blass gescheckte Muster auf den Blättern, von den Blattnerven her ausstrahlend. Oft kommt es zu Mißbildungen, die Blätter sind verdreht oder gekräuselt. Übertragung werden sie üblicherweise durch Blattläuse oder gelegentlich Nematoden. Befallene Pflanzen müssen sofort vernichtet werden.
Schädlinge
- Der verbreitetste Lilien-Schädling ist in Europa das 6-7 mm große Lilienhähnchen Lilioceris lilii, ein siegellackroter Käfer, der vor allem als Larve bei stärkerem Befall ganze Lilienbeete in wenigen Tagen bis auf den Stiel abfressen kann. Im häuslichen Bereich kann er nur durch regelmäßiges Absammeln von Käfern, Larven und Gelegen bekämpft werden.
Bedeutung, Geschichte, Kultur
Vor allem wegen Ihrer auffälligen Schönheit ist die Lilie eine der am längsten vom Menschen kultivierten Blumen. Erste Abbildungen (wahrscheinlich der Madonnenlilie) finden sich auf Friesen im minoischen Kreta. In westlichen Kulturen wird die Lilie heutzutage hauptsächlich als Schnittblume verwertet. In anderen Epochen und Kulturen jedoch wurde und wird sie weit vielseitiger genutzt.
Lilien als Schnittblumen
Obwohl die Lilie bereits seit langem in der Floristik den Rang einer sogenannten Edelblume inne hat, erhielt sie erst in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts durch die Tätigkeit Jan de Graafs (der über 2000 Hybriden züchtete) und seiner Gründung der Oregon Bulb Farms einen festen Platz auch als Zuchtpflanze. In England, den USA und Holland hat dies seither zu zahlreichen Hybriden und einer florierenden Lilien-Industrie geführt.
Lilien als Heilkraut
Im antiken Griechenland bereitete man aus verschiedensten Blumen schmerzlindernde Salben, neben Rosen, Narzissen und Iris wurden dazu auch Lilien verwendet.
Außerdem wurde sie gegen Menstruationsbeschwerden, Verbrennungen und Verspannungen eingesetzt.
Bis heute wird in unterschiedlichsten Volksmedizinen der adstringierend wirkende Pflanzensaft zur Heilung beschädigten oder gereizten Gewebes eingesetzt, z.B. bei Abszessen, entzündeter oder rissiger Haut, Geschwüren oder frischen Wunden. Schon Plinius der Ältere hat auf diese Verwendung hingewiesen, aber auch Dioskurides und Hildegard von Bingen empfahlen den Einsatz bei oberflächlichen Verletzungen und Krankheiten.
Lilien als Lebensmittel
Bis auf den Stamm sind alle Teile der meisten Lilienarten essbar. In China und Japan werden die stärkereichen und, je nach Art, süßlich bis bitter schmeckenden Zwiebeln, aber auch Blätter, Sprossen, Blütenblätter und Knospen in der Küche genutzt. In einigen Regionen der entsprechenden Länder werden Lilien speziell zu diesem Zweck angebaut.
Auch in Europa wurden Lilienzwiebeln zeitweise als Lebensmittel genutzt, diese Verwendung ist aber schon länger außer Gebrauch.
Für Katzen sind Lilien in allen Teilen giftig und führen zu Nierenversagen. Katzenhalter sollten Lilien daher außerhalb der Reichweite ihrer Tiere bewahren.
Lilien als kulturelles Symbol
In den europäischen und mediterranen Kulturen stand aufgrund ihrer strahlend weißen Farbe insbesondere die Madonnenlilie im Zentrum symbolischer Verwendung.
Um 3000 v. Chr. wird sie in Ägypten als Symbol für den oberen Teil des Reiches verwendet (im Gegensatz zum Papyrus für Unterägypten).
Im alten Griechenland war sie die Blume der Hera, die Legende besagt, sie sei entstanden aus verschütteten Tropfen von Milch aus ihren Brüsten, als Herkules von diesen trank. Über die Reinheit der Blüte soll sich wiederum Aphrodite so sehr geärgert haben, daß sie ihr zusätzlich einen Eselsphallus als Stempel einpflanzte.
Im Christentum galt die Lilie so bis ins Mittelalter als heidnisch konnotiert, erst dann wurde über den Umweg der biblischen Susanna (von hebräisch Shushan: "die Lilie"), die als Vorläuferin Mariens gilt, die Madonnenlilie zum Symbol der Reinheit in der christlichen Formensprache. Als Konzession an eben jene Unschuld wurde die Lilie jedoch meist ohne Stempel und Staubfäden dargestellt.
In der Heraldik wurde sie gelegentlich in stilisierter Form verwendet, die berühmte Bourbonenlilie jedoch, die Fleur-de-Lis, bildet eine Iris nach.
In Japan wird der Name für Lilie, takane no hana, auch benutzt, um eine unerreichbare Schönheit zu beschreiben.
Viele Pfadfinder-Bünde/Verbände verwenden die Lilie als Verbandsabzeichen.
Literatur
- Carl Feldmaier, Judith McRae, "Die neuen Lilien", 1982, ISBN 3800161214
- Richard Bird, "Lilien. Ein illustriertes Handbuch zur Bestimmung und Zucht", 1997, ISBN 3895084352
- Michael Jefferson-Brown, "Lilien", 2004, ISBN 3884726277
- Michael Jefferson-Brown, Harris Howland, "The Gardener's Guide to Growing Lilies", ISBN 088192315X
- Edward A. McRae, "Lilies: A Guide for Growers and Collectors", 1998, ISBN 0881924105
Weblinks
- GENUS LILIUM, detailreiche Website zum Thema Lilien
- Die Homepage der Europäischen Liliengesellschaft (ELG)
- North American Lily Society