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Ökonomenaufrufe zur Eurokrise

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Hans-Werner Sinn (2012)

Hans-Werner Sinn (* 7. März 1948 in Brake bei Bielefeld) ist ein deutscher Ökonom. Er war Hochschullehrer und von 1999 bis 2016 Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung.

Leben

Sinn wurde 1948 in eine der SPD nahestehende Arbeiterfamilie geboren. Ein Großvater Sinns wurde als Sozialdemokrat von den Nationalsozialisten verfolgt und starb in einem Konzentrationslager. Als Kind war Sinn Mitglied bei den Falken und in jungen Jahren Mitglied der SPD.[1] Nach dem Gymnasium in Bielefeld und dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster (Westfalen) von 1967 bis 1972 wechselte Sinn an die Universität Mannheim, an der er 1978 promoviert wurde und sich 1983 habilitierte. Sinn erhielt Ehrendoktorwürden in Magdeburg, Helsinki, Leipzig und Prag[2] sowie verschiedene in- und ausländische Rufe.

Von 1984 bis 2016 war Sinn Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er war zwei Jahre lang Professor an der University of Western Ontario in Kanada. Als Gastprofessor war er an der London School of Economics sowie an den Universitäten Bergen, Stanford, Princeton und Jerusalem tätig. Er hielt als bislang einziger Deutscher Yrjö Jahnsson Lectures[3] in Helsinki und Tinbergen Lectures in Amsterdam. Seit 1988 ist Sinn zudem Honorarprofessor an der Universität Wien. Von 1997 bis 2000 war er Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik, des Fachverbandes der deutschsprachigen Ökonomen. Zwischen 2006 und 2009 war Sinn Präsident des International Institute of Public Finance, des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler. Außerdem ist er seit 1998 Fellow des National Bureau of Economic Research in Cambridge (USA).

Sinn gründete im Jahr 1991 das Center for Economic Studies der Ludwig-Maximilians-Universität, dessen Aufgabe im Wesentlichen darin bestand, internationale Gastwissenschaftler an die volkswirtschaftliche Fakultät zu holen.[4] Auf der Basis des CES gründete er das erste für alle Doktoranden der Fakultät verpflichtende Graduiertenprogramm für Volkswirte in Deutschland. Im Jahr 1999 schuf er zusammen mit dem ifo Institut, dessen Präsidentschaft er im gleichen Jahr übernahm, im Rahmen der CESifo GmbH das internationale CESifo-Forschernetzwerk, das mit weit über 1000 Professoren aus 63 Ländern der Wirtschaftswissenschaften weltweit eines der größten seiner Art ist, jährlich über 500 englischsprachige Forschungsberichte veröffentlicht und etwa 25 jährliche Fachkonferenzen organisiert. Vom Vorsitzenden des CESifo Beirats, dem holländischen Ökonomen und ehemaligen Bildungsminister Rick van der Ploeg wurde er für seinen Beitrag zur Stärkung der deutschen und kontinentaleuropäischen Volkswirtschaftslehre gewürdigt.[5]

Ab Februar 1999 war Sinn Präsident des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung. Das Institut erhielt während seiner Amtszeit eine dezentrale Struktur[6] mit acht Bereichsleitern, die bei reduziertem Deputat als Professoren zugleich der volkswirtschaftlichen Fakultät der LMU zugeordnet sind. Unter seiner Leitung wurde das Institut im Januar 2010 von einer Serviceeinrichtung (Einrichtung, die überwiegend wissenschaftliche Infrastrukturaufgaben wahrnimmt) zu einer Forschungseinrichtung rückumgewandelt, deren Forschungsleistungen bei der im Jahr 2012 eingeleiteten Regelevaluierung des ifo Instituts durch den Senat der Leibniz-Gemeinschaft als „sehr gut, in Teilen sogar exzellent“ bezeichnet wurden. Die Leibniz-Gemeinschaft hob hervor, dass es Hans-Werner Sinn immer wieder gelungen sei, wichtige öffentliche Debatten zu den verschiedenartigsten Themen anzustoßen.[7] Die Amtszeit von Hans-Werner Sinn als ifo-Präsident endete im März 2016, als er 68 Jahre alt wurde und in den Ruhestand trat.[8][9][10][11] Seit 2017 ist er „ständiger Gastprofessor“ an der Universität Luzern.[12]

Hans-Werner Sinn war von 2000 bis 2010 Aufsichtsratsmitglied der HypoVereinsbank.[13]

Er lebt mit seiner Frau in Gauting bei München, sie haben drei erwachsene Kinder.

Forschungsgebiete

Sinn hat sich in seinen ersten wissenschaftlichen Jahren vor allem mit der ökonomischen Risikotheorie beschäftigt. Seine 1977 eingereichte und 1980 publizierte Dissertation mit dem Titel „Ökonomische Entscheidungen bei Ungewissheit“ (1980)[14] wurde auch international publiziert (Economic Decisions under Uncertainty, North Holland: Amsterdam, New York und Oxford 1983). Schwerpunkte dieser Arbeiten lagen bei der Symbiose von Erwartungsnutzentheorie und der axiomatischen Fundierung der Mittelwert-Varianz-Analyse, hier: der Fundierung des Prinzips des unzureichenden Grundes, bei der psychologischen Fundierung von Risikopräferenzfunktionen und vor allem der Analyse von Risikoentscheidungen mit Haftungsbeschränkungen. Nach dem Urteil von Martin Hellwig hat Sinn damit die bislang als Basiswerk geltende Arbeit von Stiglitz und Weiss aus dem Jahr 1981 vorweggenommen.[15]

Es folgte eine größere Anzahl von Arbeiten zu konjunkturtheoretischen, umweltökonomischen und außenhandelsbezogenen Themen, darunter Arbeiten zum so genannten Asset Approach und zur Mikrofundierung des allgemeinen Modells des temporären Gleichgewichts sowie Thesen zur Erklärung des Exportbooms in bestimmten Ländern (→ Basarökonomie).

Einen besonderen Schwerpunkt bildeten Probleme des längerfristigen wirtschaftlichen Wachstums. Vor Abel, Blanchard und Chamley formulierte Sinn das ökonomische Zentralplanungsmodell des wirtschaftlichen Wachstums in der Tradition von Robert Solow als intertemporales allgemeines Gleichgewichtsmodell mit dezentral optimierenden Akteuren und Markträumungsbedingungen.[16]

1987 erschien Sinns Analyse der Anreizwirkungen beschleunigter Abschreibungen und der verschiedenen Komponenten der Kapitaleinkommensbesteuerung auf die intertemporale, internationale und intersektorale Ressourcenallokation.[17]

Wirtschaftspolitische Standpunkte

Sinn selbst bezeichnet seine wirtschaftspolitische Position als ordoliberal im Sinne von Erhard und Eucken.[18][19]

Kurz vor der Bundestagswahl 2005 unterzeichnete Sinn mit 242 weiteren deutschen Wirtschaftswissenschaftlern einen öffentlichen Aufruf, den sogenannten Hamburger Appell, für wirtschaftspolitische Reformen in Deutschland.

Position zur Eurokrise

Sinn war einer der ersten von 172 Ökonomieprofessoren, die während der Eurokrise einen von Walter Krämer zusammen mit Stefan Hoderlein (Boston) und Manfred Deistler (Wien) im Juli 2012 initiierten Aufruf unterschrieben, der sich gegen eine „Vergemeinschaftung der Bankenschulden“ innerhalb der Eurozone wendet.[20] Der Aufruf wurde unter anderem von Klaus W. Zimmermann, Bernd Raffelhüschen, Peter Bernholz, dem tschechischen Staatspräsidenten Václav Klaus, dem Vorsitzenden des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen Kai Konrad, Erich Streissler sowie dem ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt unterzeichnet.[21][22] Er wurde breit diskutiert und war unter in- wie ausländischen Ökonomen stark umstritten, auch aus der Politik kam starke Kritik, so z. B. von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble.

In Reaktion auf Krämer initiierte Frank Heinemann zusammen mit Gerhard Illing einen Gegenaufruf, welcher von 220 Ökonomen unterschrieben wurde, unter anderem von Martin Hellwig, Beatrice Weder di Mauro sowie Dennis Snower .[23] Eine Gruppe von sieben Ökonomen um Peter Bofinger, Michael Hüther und Gustav Horn veröffentlichte einen Artikel, der sich explizit gegen die Thesen des Aufrufs wandte.[24] Kritisiert wurde, dass der Aufruf „reich an hitziger Rhetorik und arm an sachlichen Details“ sei (Barry Eichengreen) sowie „zu simpel, unklar und ideologisch“ (Alberto Alesina).[25][26]

Ulrich van Suntum, ein Unterzeichner des Gegenaufrufs von Frank Heinemann und Gerhard Illing, nahm Krämer gegen viele der darin geäußerten Vorwürfe in Schutz.[27] In einem Artikel verteidigten Krämer und Sinn den ursprünglichen Aufruf gegen die Kritik. Sie wiesen dabei den Vorwurf zurück, Fehlinformationen verbreitet zu haben. Des Weiteren erklärten sie, eine Bankenunion im Sinne einer gemeinsamen Regulierung der Banken zu befürworten. Jedoch im Hinblick auf die Erfahrungen mit bisherigen Rettungsversuchen, befürchteten sie einen „Missbrauch des Restrukturierungsfonds und der Einlagensicherung für die Vergemeinschaftung der Abschreibungsverluste“ und verwiesen in diesem Zusammenhang erneut auf eine „strukturelle Mehrheit der Schuldenländer in den Eurogremien“ hin.[28]

Sinn sieht die Ursache der europäischen Schuldenkrise in zu niedrigen Zinsen, welche in den Ländern Südeuropas zu einer inflationären Kreditblase führten. Diese verringerte die internationale Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Länder und führte zu hohen Leistungsbilanzdefiziten der Schuldenländer gegenüber den historischen Hartwährungsländern.

Als im Zuge der globalen Finanzkrise ab 2007 und der europäischen Finanz- und Schuldenkrise im Besonderen der Interbankenmarkt versiegte, gingen die europäischen Kreditinstitute, insbesondere in den Ländern der Peripherie, dazu über, sich vermehrt bei ihren nationalen Notenbanken zu refinanzieren, was die EZB durch eine Lockerung ihrer Pfänderpolitik sowie durch das Tolerieren von ELA-Krediten ermöglichte. Die so auf nationaler Ebene geschaffene Zusatzliquidität wurde verwendet, die Leistungsbilanzdefizite weiterhin zu finanzieren, Schulden im Ausland zu tilgen und dort Vermögensobjekte zu kaufen. Die entsprechenden Nettoüberweisungen in andere Länder, die sogenannten Zahlungsbilanzdefizite, werden durch die Target-Salden gemessen (siehe auch Target2).

Gemäß Sinn handelt es sich damit bei den Target-Salden um öffentliche internationale Kredite, weil es um Zahlungen geht, die die Notenbanken einander kreditieren, und weil sie durch asymmetrische nationale Refinanzierungskredite ermöglicht werden. Sie sind mit den anderen offiziellen Finanzhilfen wie den Rettungsschirmen vergleichbar, doch werden sie statt von den Parlamenten der Eurozone vom EZB-Rat ermöglicht.[29][30] Ihren Höhepunkt erreichten die Target-Forderungen des nordeuropäischen Euroblocks im August 2012 mit über 1.000 Milliarden Euro. Damals gab es in Deutschland nur noch Überweisungsgeld, das auf dem Wege einer Kreditschöpfung seitens anderer Notenbanken entstanden war. Dank Sinn fanden die Target-Salden Eingang in die öffentliche Debatte.[31] Er war zudem der erste, der den Zusammenhang zwischen Target-Salden und Zahlungsbilanzungleichgewichten aufzeigte.[32]

Er fordert zudem, dass die Käufe von Staatsanleihen durch die EZB beendet werden müssten.[33][34][35] Er war einer von 136 deutschen Wirtschaftsprofessoren, darunter Roland Vaubel, Bernd Lucke, Jürgen B. Donges, Manfred J. M. Neumann und Georg Milbradt, die kurz vor den Bundestagswahlen im September 2013 in einem Aufruf der EZB rechtswidrige monetäre Staatsfinanzierung vorwarfen.[36] Der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag wirft er vor, es versäumt zu haben, eindeutige Kreditbedingungen für die Krisenprozedur ausgehandelt zu haben. Seiner Meinung nach führt der Europäische Stabilitätsmechanismus zur Schwächung des Euro und zur Gefährdung des europäischen Einigungswerkes.[37]

Positionen zur Einwanderung

Sinn vertrat in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Auffassung, dass Migranten den deutschen Staat netto mehr kosteten als sie ihm brächten. Der Artikel hatte zwei Teile. Der erste thematisierte den Arbeitsmarkt, wo Zuwanderung ein Gewinn sei. Der zweite Teil behandelt den Staat, und da sei fiskalisch ein Verlust zu bilanzieren.[38] Herbert Brücker vertrat ein Jahr zuvor eine andere Meinung.[39]

Position zur Energiepolitik

Im manager magazin bezeichnete Sinn die Energiewende in Deutschland als Irrweg und formulierte „Die einzige Hoffnung der Menschheit war die Atomkraft“.[40] Auf verschiedenen Veranstaltungen hält Sinn regelmäßig kritische Vorträge zur Energiewende. Mit Hilfe eigener Berechnungen stellt Sinn darin die gesamte Energiewende in Frage[41] Wissenschaftler die sich hauptberuflich mit der Thematik Energie auseinander setzen, kritisieren Sinns Ausführungen und unterstellen ihm "methodische Schwächen". Diese führen unter anderem dazu, dass seine Ergebnisse, bezüglich des notwendigen Ausbau von Stromspeichern, um bis zu zwei Größenordnungen von den Ergebnissen zahlreicher Fachstudien abweichen.[42]

Öffentlicher Einfluss

Laut einer Umfrage der Financial Times Deutschland zusammen mit dem Verein für Socialpolitik unter 550 deutschen Wirtschaftsexperten im Jahr 2006 schrieben die Befragten „nur zwei Vertretern der eigenen Zunft nennenswerten Einfluss auf die Politik [zu]: Bert Rürup und Hans-Werner Sinn“.[43] Nach einer Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung und der Universität Konstanz im Jahre 2007 rangierte Sinn gemessen an der Anzahl der Zitierungen in wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften auf dem zweiten Platz unter den deutschen Ökonomen nach Reinhard Selten.[44] In der Liste „Die wichtigsten Wirtschaftswissenschaftler“ der WirtschaftsWoche von 2011 belegte er den 1. Platz.[45] Für die britische Zeitung The Independent gehört Sinn wegen seiner Forschung zu den Target-Salden zu den zehn einflussreichsten Menschen, die 2011 die Welt verändert haben.[46] Die Forschungsdatenbank RePEc ermittelt regelmäßig aufgrund von Zitierungen weltweit die forschungsstärksten Ökonomen. Sinn erreichte 2012 bis einschließlich 2016 den besten Platz für einen deutschen Ökonom,[47] sein Ranking reiht ihn 2016 weltweit in die obersten 0,2%[48] und europaweit unter die 0,1%.[49] Er war als einziger Deutscher in der Bloomberg-Liste der fünfzig weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten der Wirtschaft des Jahres 2012 aufgeführt.[50] Nach einer Erhebung der Zeitschrift Cicero zum Einfluss auf den öffentlichen Diskurs im zurückliegenden Jahrzehnt, die im Januar 2017 die 500 wichtigsten deutschen Intellektuellen auflistete, lag Sinn zu diesem Zeitpunkt auf Platz 4.[51]

Nach dem Ökonomenranking der Frankfurter Allgemeinen Zeitung basierend erstens auf einer Umfrage unter Bundestags-Abgeordneten und Mitarbeitern von Bundesministerien mit der Frage „Den Rat oder die Publikationen welcher Ökonomen schätzen Sie am meisten für Ihre Arbeit?“, zweitens der Medienpräsenz und drittens der Bewertung der Publikationen in Form von wissenschaftlichen Aufsätzen der letzten fünf Jahre, belegte Sinn 2013, 2014 und 2015 den ersten Platz in Deutschland.[52][53][54][55] Nach seiner Emeritierung rutschte er auf den zweiten Platz ab. Obwohl Sinn in der Kategorie Forschung nicht unter den besten 50 aufscheint,[56] erläutert die FAZ, hat in Deutschland kein anderer Ökonom so viel Gewicht in Medien und Politik, Sinn sei aber auch in der Forschung präsent.[57] Ähnliches wiederholte sich 2015.[58]

In seinem Kommentar Der Boulevardprofessor in der Financial Times Deutschland vom 30. März 2007 meinte der Wirtschaftsjournalist Mark Schieritz, dass Sinn umso größere publizistische Geschütze auffahre, je weniger seine Thesen Beachtung fänden.[59] 2012 bezeichnete Schieritz in Die Zeit Sinn als „ökonomischen Seismograph der Republik“, der mit seinen Büchern und Interviews den Sound zu den wirtschaftspolitischen Megatrends der vergangenen 30 Jahre geliefert habe.[60]

Kontroversen

Im Oktober 2008 bezeichnete Sinn in der öffentlichen Diskussion über die Finanzkrise deutsche Manager als Sündenböcke, nach denen in jeder Krise gesucht werde. In der Weltwirtschaftskrise von 1929 habe es in Deutschland die Juden getroffen, heute seien es die Manager.[61] Diese Äußerung stieß nicht nur beim Zentralrat der Juden in Deutschland, sondern auch bei Politikern verschiedener Parteien sowie Repräsentanten des öffentlichen Lebens auf Kritik, da die Aussage eine Gleichsetzung der Kritik an den Managern mit der Judenverfolgung darstelle.[62] Noch am selben Tag nahm Sinn den Vergleich zurück.[63] Das Ifo veröffentlichte kurz darauf Stellungnahmen, in denen jüdische Bekannte und Kollegen Sinn gegen seine Kritiker verteidigten.[64]

Im Zuge der europäischen Finanzkrise kritisierte Finanzminister Wolfgang Schäuble Sinns Position bezüglich des Euro-Rettungsschirms. So sei laut Schäuble mit der „Autorität von akademischen Titeln und von wissenschaftlichen Instituten, die mit viel Geld vom deutschen Steuerzahler subventioniert werden, eine besondere Verantwortung verbunden“. Die Berechnungen zu Griechenland seien jedoch „mal wieder ein Beispiel dafür, wie man dieser Verantwortung nicht sonderlich gut gerecht wird“.[65][66] In einer Pressemitteilung wies das ifo-Institut die Kritik zurück und warf Schäuble vor, die Bedeutung der Target-Salden in seinen Berechnungen nicht zu berücksichtigen.[67] In der Festschrift,[68] die Sinn zum Abschied erhielt, lobte Schäuble freilich die zutiefst europäische Orientierung von Sinn und pries seine Scharfzüngigkeit und gedankliche Schärfe, die für Politiker zwar nicht immer angenehm sei, die man aber aushalten müsse. Er erklärte: „Er darf nun zwar aus dem Amt scheiden, leider – aber aufhören sich als Ökonom an der politischen Debatte zu beteiligen, das darf er bitte nicht!“

Mitgliedschaften

Ehrungen (Auswahl)

Ehrendoktorwürde

Weitere

Werke (Auswahl)

Commons: Ökonomenaufrufe zur Eurokrise – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rainer Hank und Lisa Nienhaus: „Ich bereue nichts“. In: FAZ.net. 21. Dezember 2015, abgerufen am 21. Dezember 2015.
  2. Doctor oeconomiae honoris causa Prof. Hans-Werner Sinn, Prag, 23.02.2017. Abgerufen am 19. April 2017.
  3. Yrjö Jahnsson Lectures (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive)
  4. Präsentation PDF
  5. Rick van der Ploeg: Tribute to Hans-Werner Sinn. ifo Mediathek, abgerufen am 19. April 2017.
  6. ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V.: Rückblick auf ein halbes Jahrhundert – Abschiedsvorlesung Prof. Hans-Werner Sinn. 21. Dezember 2015, abgerufen am 24. April 2017.
  7. leibniz-gemeinschaft.de: Stellungnahme des Leibniz-Senats zum ifo Institut vom 17. Juli 2013, S. 3. (PDF) Abgerufen am 13. Dezember 2016.
  8. Wird Clemens Fuest Nachfolger von Ifo-Chef Sinn? Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. Februar 2015, abgerufen am 11. Juni 2015.
  9. Fuest wird Nachfolger von Sinn an ifo-Spitze. Münchner Merkur, 11. Juni 2015, abgerufen am 12. Juni 2015.
  10. Hans-Werner Sinn geht in Ruhestand. ARD, 31. März 2016, abgerufen am 26. April 2016.
  11. Professor Sinn geht in den Ruhestand. LMU München, 31. März 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. April 2016; abgerufen am 26. April 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pe.econ.uni-muenchen.de
  12. Lukas Portmann: Berufungen an der Universität Luzern. Universität Luzern, Pressemitteilung vom 27. Januar 2017 beim Informationsdienst Wissenschaft (idw-online.de), abgerufen am 28. Januar 2017.
  13. Ifo-Chef Sinn ersetzt Martini im Aufsichtsrat, Manager Magazin, 4. Januar 2000
  14. siehe auch Ökonomische Entscheidungen bei Ungewißheit, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck): Tübingen 1980 Online
  15. M.Hellwig, Vorwort zu: Hans-Werner Sinn, Risk-Taking, Limited Liability, and the Banking Crisis. Selected Reprints, Ifo Institute for Economic Research at the University of Munich, December 2008, ISBN 978-3-88512-482-5, Online
  16. Vgl. Andrew B. Abel, Olivier J. Blanchard, „An Intertemporal Model of Saving and Investment“, Econometrica 51, No. 3, 1983, S. 675–692; Christophe Chamley, „The Welfare Cost of Capital Income Taxation in a Growing Economy“, The Journal of Political Economy 89, No. 3, 1981, S. 468–496; Hans-Werner Sinn, Besteuerung, Wachstum und Ressourcenabbau. Ein allgemeiner Gleichgewichtsansatz, in: H. Siebert, Hrsg., Erschöpfbare Ressourcen, Duncker und Humblot: Berlin 1980, S. 499–528; Hans-Werner Sinn, „Taxation, Growth, and Resource Extraction: A General Equilibrium Approach“, European Economic Review 19, 1982, S. 357–386.
  17. Capital Income Taxation and Resource Allocation, North Holland: Amsterdam, New York, Oxford und Tokio 1987.
  18. Sinn weist darauf hin, dass „Ordo-“ und „Neoliberalismus“ identische Begriffe sind. Antwort von Hans-Werner Sinn auf einen Diskussionsbeitrag von Rudolf Hickel, 29. Juli 2009, abgerufen am 4. Juni 2011.
  19. Zitat: „Leider gibt es immer wieder Versuche, den Begriff ‚Neoliberalismus‘ zu diskreditieren. So werfen linke Politiker die beschriebenen Ideen gerne in einen Topf mit den radikalen Konzepten der Chicagoer Schule um Milton Friedman, um alle zusammen als ‚neoliberal‘ verteufeln zu können.“ Der wahre Neoliberalismus braucht klare Regeln. In: welt.de. 15. Mai 2010, abgerufen am 17. Dezember 2014.
  20. Der offene Brief der Ökonomen im Wortlaut. In: FAZ.net. 5. Juli 2012, abgerufen am 17. Dezember 2014.
  21. Walter Krämer an der Technischen Universität Dortmund
  22. Erich Streissler im Chat auf DiePresse.com
  23. Wirtschaft: Patt im Ökonomenstreit (Memento vom 1. Januar 2015 im Internet Archive) sueddeutsche.de
  24. handelsblatt.com 6. Juli 2012
  25. Aufruf von Ökonomen: Schäuble empört sich über Kritik an Merkels Krisenpolitik. In: Spiegel Online. 6. Juli 2012, abgerufen am 17. Dezember 2014.
  26. dne: „Ifo-Chef Sinn riskiert Euro-Kollaps“. In: handelsblatt.com. 10. Juli 2012, abgerufen am 17. Dezember 2014.
  27. www.oekonomenstimme.org
  28. www.cesifo-group.de
  29. Sinn, Hans-Werner, Der Euro: Von der Friedensidee zum Zankapfel, Hanser, München, S. 237
  30. Target-Kredite, Leistungsbilanzsalden und Kapitalverkehr: Der Rettungsschirm der EZB. Ifo Working Paper Nr. 105, 24. Juni 2011 (zusammen mit Timo Wollmershäuser)
  31. Hans-Werner Sinn: Deutschland drohen neue Belastungen, In: Wirtschaftswoche, No. 8, 21. Februar 2011, S. 35. (abgerufen am 7. Dezember 2016)
  32. Sinn, Hans-Werner, Target-Salden, Außenhandel und Geldschöpfung, ifo Schnelldienst 64, No. 9, 2011.
  33. „Eurokrise: Rettungspaket der EZB und Target-Salden“, Beiträge von Sinn u. a.
  34. ftd.de, 10. Mai 2011: Artikel von Hubert Beyerle (Memento vom 12. Mai 2011 im Internet Archive)
  35. Target-Kredite, Leistungsbilanzsalden und Kapitalverkehr: Der Rettungsschirm der EZB. Ifo Working Paper Nr. 105, 2011
  36. Philip Plickert: Deutsche Ökonomen werfen der EZB Staatsfinanzierung vor. In: FAZ.net (Frankfurter Allgemeine Zeitung). 11. September 2013, abgerufen am 12. September 2013.
  37. Rettungsschirm für den Euro – Tickende Zeitbombe. In: sueddeutsche.de. 3. April 2011, abgerufen am 17. Dezember 2014.
  38. Hans-Werner Sinn: Ökonomische Effekte der Migration, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. Januar 2015.
  39. Herbert Brücker: Migration: Die falsche, deutsche Einwanderungsdebatte. In: Die Zeit. 13. Dezember 2013, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 15. Mai 2017]).
  40. Hans-Werner Sinn ifo-Chef Sinn zur Energiewende „Die einzige Hoffnung der Menschheit war die Atomkraft“, manager magazin, 5. Februar 2014
  41. .Energiewende | Hans-Werner Sinn. Abgerufen am 13. Juni 2018.
  42. DIW Berlin: DIW Berlin: Die Energiewende wird nicht an Stromspeichern scheitern. 1. März 2007, abgerufen am 13. Juni 2018.
  43. „Was Ökonomen wirklich wollen“ (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive) Financial Times Deutschland, Nr. 90, 10. Mai 2006.
  44. „Who is the 'Platz-Hirsch' of the German Economics Profession? A Citation Analysis“ von Heinrich W. Ursprung und Markus Zimmer, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Lucius & Lucius, Stuttgart, 2007, Bd. 227/2
  45. „Die wichtigsten Wirtschaftswissenschaftler“ WirtschaftsWoche Online, 27. Dezember 2011
  46. „Ten people who changed the world: Hans-Werner Sinn, German economist who made sense of the financial crisis“ The Independent, 31. Dezember 2011.
  47. RePEc: Top 25 % authors in Germany May 2012
  48. zimmermann@stlouisfed.org: Economist Rankings at IDEAS. In: ideas.repec.org. Abgerufen am 19. Oktober 2016.
  49. zimmermann@stlouisfed.org: Rankings at IDEAS: Europe. In: ideas.repec.org. Abgerufen am 19. Oktober 2016.
  50. Bloomberg Markets' 50 Most Influential
  51. https://www.cicero.de/innenpolitik/die-wichtigsten-deutschsprachigen-intellektuellen-die-liste-der-500
  52. Die einflussreichsten Ökonomen in der Politik. In: FAZ.net. 5. September 2013, abgerufen am 17. Dezember 2014.
  53. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftswissen/f-a-z-oekonomenranking-politik-2014-13136171.html
  54. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftswissen/f-a-z-oekonomenranking-medien-2014-13136170.html
  55. F.A.Z.-Ökonomenranking – Deutschlands einflussreichste Ökonomen, abgerufen am 4. September 2016
  56. Justus Haucap, Tobias Thomas, Gert G. Wagner, Welchen Einfl uss haben Wissenschaftler in Medien und auf die Wirtschaftspolitik?. In: Ordnungspolitische Perspektiven 67, (2014), S. 71 doi:10.1007/s10273-015-1780-4.
  57. Patrick Bernau: Auf diese Wirtschaftsforscher hört das Land. In: FAZ.net. 5. September 2014, abgerufen am 17. Dezember 2014.
  58. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftswissen/faz-oekonomenranking-2015-hans-werner-sinn-baut-einfluss-aus-13786044.html
  59. Mark Schieritz: Der Boulevardprofessor. FTD, 30. März 2007
  60. Mark Schieritz: Hans-Werner Sinn: Der Euro-Fighter. In: zeit.de. 19. Juli 2012, abgerufen am 17. Dezember 2014.
  61. „1929 traf es die Juden – heute die Manager“. In: tagesspiegel.de. Abgerufen am 17. Dezember 2014.
  62. Entgleisung von Ifo-Chef – „Herr Sinn ist nicht bei Sinnen“. In: sueddeutsche.de. 17. Mai 2010, abgerufen am 17. Dezember 2014.
  63. Stellungnahme von Hans-Werner Sinn in einem offenen Brief anlässlich der aktuellen Berichterstattung vom 27. Oktober 2008.
  64. Dokumentation des Ifo Instituts zum Vergleich zwischen der Managerschelte von heute und der Judenkritik 1929 durch Prof. Hans-Werner Sinn vom 27. Oktober 2008 (PDF) sowie Brief von Nobelpreisträger Robert Solow vom 31. Dezember 2008 (PDF)
  65. Schäuble: Ifo-Berechnungen zu Griechenland nicht sachgerecht. In: welt.de. 28. Juli 2012, abgerufen am 17. Dezember 2014.
  66. Schäuble wirft Ifo-Chef „Milchmädchenrechnungen“ vor. In: FAZ.net. 28. Juli 2012, abgerufen am 17. Dezember 2014.
  67. www.cesifo-group.de
  68. Hans-Werner Sinn und 25 Jahre deutsche Wirtschaftspolitik. (PDF) Felbermayr, Knoche und Wößmann, abgerufen am 19. April 2017.
  69. Aufnahme in die Klasse 5: Sozial-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften.
  70. Mitgliedseintrag von Prof. Dr. Hans-Werner Sinn (mit Bild und CV) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 6. Juni 2016.
  71. Prof. Hans-Werner Sinn erhält Ehrendoktor der Universität Helsinki In: Wiwi-Treff, abgerufen am 7. Dezember 2016
  72. Hochschulen: Ehrendoktorwürde der Handelshochschule HHL für Hans-Werner Sinn. In: Focus Online. 3. Juli 2013, abgerufen am 17. Dezember 2014.
  73. Leipziger Volkszeitung, 4. Juli 2013, S. 6
  74. Vysoká škola ekonomická v Praze VŠE: Udělení čestného doktorátu VŠE prof. Sinnovi. Abgerufen am 27. Februar 2018.
  75. [1]
  76. Wirtschaftsbuchpreis 2003 von Financial Times Deutschland und getAbstract AG. Abgerufen am 6. Dezember 2016.
  77. [2]
  78. Hans-Werner Sinn ist „Dinosaurier des Jahres“ (Memento vom 1. Januar 2010 im Internet Archive), Tagesschau.de am 29. Dezember 2009; „Die Replik des Dinosauriers“ (Reaktion von Hans-Werner Sinn).
  79. www.scope-awards.de
  80. Bayerns Wirtschaftsminister Zeil verleiht Staatsmedaille für besondere Verdienste um die bayerische Wirtschaft in München (Memento vom 10. Dezember 2013 im Internet Archive).
  81. University of Chicago Booth School of Business
  82. Julian Hodge Institute of Applied Macroeconomics
  83. The Euro Crisis
  84. Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik 2013 (Memento vom 12. Oktober 2013 im Internet Archive) (PDF; 70 kB)
  85. Börsenzeitung, 29. Juni 2013, S. 16.
  86. Meldung der Leopoldina, Hans-Werner Sinn Hochschullehrer des Jahres für 2015
  87. Merkel trug zum Brexit bei, das ist die bittere Wahrheit. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Nr. 269, 20. November 2017, S. 19.