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Liberius (Patricius)

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Petrus Marcellinus Felix Liberius (* nicht vor 465, † um 554) war ein weströmischer Diplomat und Prätorianerpräfekt (praefectus praetorio), der auch unter dem oströmischen Kaiser Justinian I. als Beamter und Feldherr diente.

Frühes Leben, Herkunft, Familie

Über die genaue Herkunft Liberius ist nichts bekannt. Es wird jedoch vermutet, dass seine Familie aus dem norditalienischen Ligurien stammte. Das Geburtsjahr wird anhand seines Todesjahrs und Alters näherungsweise rekonstruiert. Seine Laufbahn im westlichen Teil des Römischen Reiches begann unter dem Usurpator Odoaker, der im Jahr 476 den illegitimen weströmischen Kaiser Romulus Augustulus abgesetzt und dessen Vater Orestes ermordet hatte.

Mit seiner Frau Agretia hatte er mehrere Söhne und eine Tochter. Namentlich bekannt ist nur sein Sohn Venantius, der um 507/511 auf Grund der Verdienste seines Vaters comes domesticorum vacans und um 507 Konsul war.

Ämter und Titel im Weströmischen Reich

Nachdem Odoaker durch den ostgotischen Soldatenkönig Theoderich abgesetzt und hingerichtet worden war, trat Liberius in dessen Dienste über und wurde um 493 zum Prätorianerpräfekt für Italien (praefectus praetorio Italiae) ernannt. Diesen Posten bekleidete er vermutlich bis zum Jahr 500, in dem ihm von Theoderich der Ehren- oder Hoftitel patricius verliehen wurde.

Um 510 wurde er mit der Verwaltung des ostgotischen Gebietes in der ehemaligen römischen Provinz Gallia Narbonensis beauftragt, wo er als praefectus praetorio Galliarum sowohl zivile, als auch militärische Aufgaben wahrnahm und bei einem Raubzug der Westgoten verletzt wurde. Um 533 wurde er unter Theoderichs Nachfolger Athalarich bzw. dessen Mutter Amalasuintha, die als Regentin herrschte, zum praefectus praesentalis ernannt und behielt gleichzeitig den Titel des gallischen Prätorianerpräfekt.

Wirken unter Kaiser Justinian

Im Vorfeld des Gotenkrieges zwischen dem Oströmischen Reich und den Ostgoten fungierte Liberius als Diplomat König Theodahads, der für den Tod Amalasuinthas verantwortlich gemacht wurde. Im Jahr 534 wurde er mit einigen westlichen Senatoren an den Hof Justinians entsandt, um mit dem Kaiser zu verhandeln und Theodahads Politik zu rechtfertigen. Da er vermutlich selbst mit Theodahads Herrschaft unzufrieden war, obwohl dieser ihm einigen Grundbesitz hatte zukommen lassen, kehrte er nicht nach Italien zurück und verblieb zunächst in Konstantinopel.

Unter Justinian diente er zwischen 538/539 und 542 als Präfekt in Ägypten (praefectus augustalis). In den späteren Jahren des Gotenkrieges sollte er 549 und 550 mit militärischen Aufgaben betraut werden. Hier konnte Liberius jedoch keine wirklichen Erfolge verzeichnen, da der Kaiser ihn teils wegen seines hohen Alters, teils wegen seiner vermutlich unzureichenden militärischen Erfahrung durch andere Feldherren abberufen ließ. Ein Teilerfolg bildete das Eindringen in den Hafen des von den Ostgoten unter Totila belagerten Syrakus, was aber keine Auswirkungen auf die Belagerung hatte.

Seine größte, im zeitgenössischen Verständnis vermutlich eher unbedeutende, militärische Operation stellte eine Expedition in das Reich der Westgoten in Spanien dar. Dies war eine Hilfeleistung Justinians an den Westgoten Athanagild, der gegen den unbeliebten König Agila I. rebellierte. Liberius konnte dort - möglicherweise als magister militum Spaniae - einige Gebiete und Städte entlang der spanischen Westküste bis zur Meerenge von Gibraltar unter byzantinische Herrschaft stellen.

553 kehrte er aus Spanien nach Konstantinopel und 554 nach Italien zurück, wo er noch im selben Jahr im Alter von rund 89 Jahren verstarb. Er wurde von seinen Kindern im Grab seiner Frau in Rimini (Ariminum) bestattet.

Primärquellen

  • Kriegsgeschichte (Bella/de Bellis):
  • Prok. Bella V,4.24
  • Prok. Bella VII,36.6
  • Prok. Bella VII,37.26-27
  • Prok. Bella VII,39.7
  • Prok. Bella VII,39.11-12
  • Prok. Bella VII,40.12-14
  • Prok. Bella VIII,24.1

Sekundärliteratur

  • Bury, John B.: History of the Later Roman Empire from the Death of Theodosius I to the death of Justinian, Bd. 2, Nachdruck der Aufl. von 1958, New York s.a., S. 286-288.
  • Martindale, John R.: The Prosopography of the Later Roman Empire, Bd. II, 3. Aufl., Cambridge (u.a.) 2000, S. 677-681 (Liberius 3), S. 1153 (Venantius).
  • Meier, Mischa: Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jahrhundert n. Chr., 2. Aufl., Göttingen 2004 (Hypomnemata 147).