Drehmaschine

Eine Drehmaschine (auch Drehbank genannt) ist eine Werkzeugmaschine, mit der rotierende Werkstücke durch das Zerspanungverfahren Drehen in eine rotationssymmetrische Form gebracht werden können. Im Gegensatz zum Fräsen dreht sich hier das Werkstück beziehungsweise Halbzeug; es führt die Hauptschnittbewegung mit seiner Rotation aus. Das fest eingespannte Werkzeug, der Drehmeißel, wird längs und quer zur Rotationsachse des Drehteils mit Hilfe des Werkzeugschlittens bewegt, um einen Span abzuheben.
Da moderne Drehmaschinen mit den ursprünglichen Drehbänken (siehe Bild unten) nur noch die Kinematik gemeinsam haben, sich in der Konstruktion aber erheblich unterscheiden, spricht man heute üblicherweise von Drehmaschinen. (In der Holzbearbeitung spricht man von Drechselbank. Eine Drechselbank hat in aller Regel keine Vorschubantriebe.)
Drehmaschinen, bei denen die Werkzeugbewegungen durch ein Computerprogramm in einer Steuerung gesteuert wird, werden CNC-Drehmaschinen genannt.
Geschichte
Die Entstehung der Drehmaschine lässt sich heute nicht mehr genau nachvollziehen und datieren. Die erste Darstellung, die das Prinzip der Drehbank beschreibt, fand man in einem ägyptischen Grab, dem Grab des Petosiris aus dem Jahre 300 v. Chr. Mit einer Schnur trieb ein Mann das Werkstück an, während der andere das Werkzeug gegenhielt. Vermutlich war sie schon im 4. und 5. Jahrtausend v. Chr in Ägypten bekannt und später auch den Römern, die wahrscheinlich als erste Metall gedreht haben. Nach Überlieferungen der griechischen Mythologie erfand Daidalos die Drehbank mit Schnürzug.
Aus dem 8. Jahrhundert n. Chr. stammt eine Zeichnung, bei der das Drehteil mit einer in einen Bogen gespannten Schnur (Fiedelbogenantrieb) durch hin- und hergehende Bewegung gedreht wurde. Im 13. Jahrhundert kam die Wipp- oder Wippendrehbank auf, bei der die Schnur mit einem Ende an einem Trittbrett und am anderen Ende an einer Feder befestigt war. Mit dieser Konstruktion konnte der Dreher mit dem Fuß die Apparatur antreiben und hatte beide Hände zum Führen des Werkzeugs frei.


Anfang des 15. Jahrhunderts entdeckte man die Handkurbel als Antrieb. Auch Leonardo da Vinci erfand eine Drehbank, bei der eine Schwungscheibe über ein Trittbrett angetrieben wurde und so eine kontinuierlich Drehbewegung ermöglichte. Dieses offensichtlich bessere Konzept konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Aus dem Jahre 1480 stammt die erste Darstellung einer Drehbank mit Oberschlitten. Die Zeichnung beschreibt eine Drehbank mit hölzernem Werkzeugschlitten zur Zustellung des Drehmeißels und einem in Längsrichtung verfahrbaren Drehteil.
Jacques Besson konstruierte 1571 die erste Drehbank mit selbsttätigem mechanischen Vorschub über die Leitspindel. Den Werkzeugschlitten zogen zwei Gewichte über Umlenkrollen nach oben und pressten damit das Werkzeug an das Werkstück. Henry Maudslay gelang es schließlich 1800, den Werkzeugschlitten mit der Leitspindel zu koppeln und erfand damit den Kreuzsupport für den Maschinenbau. Mit den dafür notwendigen präzise gearbeiteten Führungen war es erstmals möglich, gleiche, untereinander austauschbare Teile herzustellen. Kurz darauf konstruierte man den Planschlitten und koppelte auch ihn mit der Leitspindel. Maudslay wiederum setzte nun auch Wechselräder für den Vorschub ein, um Gewinde unterschiedlicher Steigung zu drehen. Die erste Leitspindeldrehmaschine in Deutschland kam 1810 aus London und wurde von der Maschinenfabrik Koenig & Bauer in Würzburg angeschafft. Die erste Karuselldrehbank fertigte 1839 der deutsche Ingenieur J. G. Bodmer.
Joseph Whitworth erweiterte 1840 die bekannte Drehbank um weitere verfügbare Werkzeuge und Schlitten (Mehrstahl- und Mehrschlittendrehbank). 1852 versuchte man mit der Kurbelzapfendrehbank aus den USA, die Schnittbewegung mit umlaufendem Werkzeug zu erzeugen, jedoch konnte dieses Verfahren nie ausreichend Akzeptanz erringen. 1852-1860 führte der Amerikaner Stephen Fitch den Oberschlitten als Revolver aus und erfand damit die Revolverdrehmaschine. Schon ein Jahr davor, 1861, erweiterte man die Drehbank um weitere Arbeitsspindeln. Die erste automatisierte Drehbank ließ Ch. M. Spencer 1873 patentieren. Die Leit- und Zugspindeldrehbank wurde 1880 entwickelt und konnte damals nahezu alle anfallenden Dreharbeiten erledigen. In den folgenden Jahre kamen immer neue Varianten der Drehmaschine mit verfeinerter Technik, wie die Kopierdrehbank und der Drehautomat, auf den Markt.
Anfang der 1950 Jahre entwickelte man in den USA die ersten numerisch gesteuerten (NC-)Drehmaschinen, deren Werkzeugbewegungen und Drehzahlen von einer Steuerung überwacht werden, die mittels Lochstreifen ihre Befehle erhält. Der Lochstreifen wurde in den Steuerungen bis zum Ende der 1970er Jahre oft Satz für Satz mitlaufend verarbeitet: ein Steuerinformations-Datensatz wird in der Maschine abgearbeitet, derweilen liest die Steuerung den nächsten Datensatz ein und bereitet ihn rechnerisch für die nächste Bewegung auf. Der Fortschritt auf dem Gebiet der Datenverarbeitung wirkte sich seitdem unmittelbar auf die weitere Entwicklung der Drehmaschine aus.
Mechanisch wurde die Drehmaschine ab 1945 vor allem in der Genauigkeit und Geschwindigkeit verbessert.
Allgemeiner Aufbau


Die Drehmaschine wurde im Laufe ihrer Geschichte an viele spezielle Anwendungen angepasst. So steht heute ein breite Auswahl an verschiedenen Modellen zu Verfügung, die sich aber im grundsätzlichen Aufbau ähneln. Die Arbeitsspindel (Drehachse) ist meist horizontal angeordnet, seltener vertikal.
Gestell
Das Gestell ist entweder eine geschweißte Stahlkonstruktion oder aus Gusseisen gefertigt, selten auch als Verbundbauweise mit Beton und Kunststoff. Es trägt das Gewicht aller Bauteile, fängt die Kräfte aus dem Bearbeitungsprozess ab und muss dementsprechend stark und verwindungssteif konstruiert sein, um Schwingungen innerhalb der Maschine zuverlässig abzubauen. Gestell und das unten aufgeführte Maschinenbett bilden bei regulären Baugrößen eine Einheit; nur sehr kleine Tischdrehbänke und Uhrmacherdrehmaschinen haben eine Trennung der Einheiten „Bett“ (unmittelbar für den Bearbeitungsprozess) und Gestell (zum hochheben der Maschine auf eine dem Menschen bequeme Arbeitshöhe).
Drehmaschinenbett
Das waagerechte Drehmaschinenbett liegt an beiden Enden auf dem Gestell auf und trägt Werkzeugschlitten, Reitstock und Lünette. Da sich bei Drehmaschinen die Schneide ständig im Eingriff befindet, werden Maschinenteile zum Schwingen angeregt; eine Spanungsdickenmodulation entsteht. Diese vermindert die Oberflachengüte und die Maßhaltigkeit und erhöht den Werkzeugverschleiß, weswegen das Bett aus schwingungsdämpfendem Gusseisen mit Lamellengraphit oder Reaktionsharzbeton gegossen und die Hohlräume mit Sand oder kunstharzgebundenem Granit (Polymerbeton) ausgefüllt werden. Auf kleinen Maschinen bestehen Bett und Gestell aus einem Stück, und alle oben genannten Teile teilen sich zwei Führungen, während bei CNC-Drehmaschinen der Werkzeugschlitten auf zwei gesonderten Führungen verfährt und das gesamte Bett zur besseren Spanabfuhr oft auch geneigt (Schrägbett) oder über der Hauptspindel liegen kann. Da die Drehachse bei Karuselldrehmaschinen senkrecht steht, spricht man bei den Schlittenführungen nicht von einem Bett, sondern vom Maschinenständer. An Frontdrehmaschinen für flache Rotationsteile wiederum liegt das Bett quer zur Drehachse der Arbeitsspindel.
Spindelstock
Der Spindelstock liegt beinahe bei jeder Maschine auf der linken Seite. In kräftigen, vorgespannten Präzisionswälzlagern wird dort die Arbeitsspindel geführt, welche als Hohlwelle ausgeführt ist, da dies die Formstabilität erhöht, die Schwungmasse reduziert und eine Versorgung des Futters mit Stangenmaterial ermöglicht. Über Riementrieb und Getriebe ist die Arbeitsspindel mit dem Motor gekoppelt. CNC-Drehmaschinen und auch handbediente Maschinen mit stufenlos regelbarem Motor besitzen oft nur ein zwei- bis vierstufiges Getriebe. Dadurch kann auch innerhalb des Drehzahlregelbereiches eine konstante Schnittgeschwindigkeit bei variablen Drehdurchmessern, wie zum Beispiel beim Plandrehen, gewährleistet werden. Bei älteren Modellen handbedienter Maschinen hat das Getriebe 24 bis 52 Stufen, die mit zwei oder drei Hebeln umgeschaltet werden. Zusätzlich beinhaltet es bei manchen Maschinen ein Wendegetriebe, um die Drehrichtung der Spindel umzukehren. Jedoch ist es üblich, die Drehrichtung direkt am Motor zu ändern, in aller Regel durch Umpolen zweier der drei Drehstromphasen.
Vorschub
Handbediente Universaldrehmaschinen verfügen noch über ein Vorschubgetriebe, das Kraft von der Arbeitsspindel ableitet und über Wechselräder und Vorschubgetriebe an Leit- und Zugspindel überträgt. Numerisch gesteuerte Maschinen verfügen dagegen für jeden Schlitten über einen eigenen Antrieb. Spielfreie Kugelgewindetriebe übertragen die Bewegung auf die Schlitten, wobei Vorschubgeschwindigkeiten bis 60 m/min und Beschleunigungen bis 8 m/s² möglich sind, gewöhnlich aber deutlich niedriger liegen. Dem Werkzeugschlitten sind die Achsen in Längs- und Querrichtung (Z- und X-Achse) zugeordnet. Der Verfahrweg wird entweder an Skalenringen der Handräder abgelesen oder elektronisch mit Glasmaßstäben erfasst und an einer Digitalanzeige ausgegeben. Die meisten alten Maschinen sind inzwischen mit opto-elektronischen Wegmesssystemen nachgerüstet.
Werkzeugschlitten

Auf dem Bett verfährt in Längsrichtung der meist als Kreuzsupport ausgeführte Werkzeugschlitten, auf dem der Planschlitten quer zur Drehachse verfährt. Als Werkzeugträger befindet sich bei der handbedienten Leit- und Zugspindeldrehmaschine obenauf der Oberschlitten, der einen Werkzeughalter (oft als Schnellwechselhalter für wirtschaftlichen Werkzeugwechsel ausgeführt) trägt, bei CNC-Drehmaschinen ein Werkzeugrevolver zur Aufnahme mehrerer Werkzeuge. Zur Führung stehen verschiedene Systeme zur Auswahl, wobei gilt, dass besser dämpfende Führungsysteme die Oberflächengüte und Maßhaltigkeit erhöhen und dem Stick-Slip-Effekt entgegenwirken.
CNC-Drehmaschinen können heutzutage auf allen Werkzeugplätzen des Revolvers oder auf einem Teil davon (oftmals dann jeder zweite Platz) auch mit Werkzeugen ausgerüstet werden, die mechanisch angetrieben werden, um mit ihnen zu bohren oder zu fräsen. Dies geht sehr oft einher mit einer sogenannten C-Achse: die Drehspindel kann auf einen beliebigen exakten Winkelwert positioniert und hydraulisch stillgesetzt werden, oder sie verfügt hierüber hinaus über einen zusätzlichen Langsamgang-Drehantrieb der C-Achse und ermöglicht so, ohne Festklemmen und mit langsamem Rotationsvorschub, NC-gesteuert zusammen mit einer oder mehreren anderen Achsen komplexe geometrische Bewegungsabläufe gemeinsam abzuarbeiten.
Reitstock und Lünette
Der Reitstock dient zum Abstützen langer Drehteile und zur Aufnahme verschiedener Drehwerkzeuge. Bei konventionellen Drehmaschinen nimmt eine Pinole im Reitstock Werkzeuge mit Morsekegel auf, welche mit einem Handrad parallel zum Bett herausgedreht werden kann.
Mit der Lünette können lange, dünne Drehteile an jeder beliebigen Stelle abgestützt werden. Sie verhindert ein Schwingen und Durchbiegen des Werkstücks aufgrund des Eigengewichts und der Bearbeitungskräfte. Das Drehteil wird dabei mittels Gleit- oder Wälzlager an ausreichend breiten Stellen gelagert.
Frontdrehmaschinen und Karuselldrehmaschinen haben aufgrund ihrer Auslegung meist weder Reitstock noch Lünette.
Arten von Drehmaschinen


Universaldrehmaschinen
Bei handbedienten Maschinen ist die Leit- und Zugspindeldrehmaschine die heute meist eingesetzte Variante und bildet die Grundform der Universaldrehmaschine. Auf ihr lassen sich fast alle Drehverfahren anwenden und es stehen zahlreiche Erweiterungen zur Auswahl. Sie ist immer als Waagerechtdrehmaschine ausgelegt. Ihre Vorschübe können sowohl manuell als auch maschinell über Zug- und Leitspindel betätigt werden. Geringer Planungsaufwand, günstige Preise und der vielseitige Verwendungszweck ermöglichen in weiten Bereichen der Einzel- und Kleinstserienfertigung einfacher Drehteile einen wirtschaftlichen Einsatz.
Sind auf dem Schlitten mehrere Werkzeuge in einer drehbaren Vorrichtung, dem "Revolverkopf" angebracht, bezeichnet man die Maschine als Revolverdrehmaschine. Der Revolver-Werkzeugschlitten besteht aus Bettschlitten, Planschlitten und Revolverkopf. Bei den Revolverköpfen unterscheidet man, je nach Orientierung der Werkzeugachse, "Stern- oder Scheibenrevolver" mit senkrechter Achse und "Trommelrevolver" mit waagerechter Achse.
Handbediente Maschinen sind nur noch selten im Einsatz. Die numerisch gesteuerten Maschinen haben sie weitgehend abgelöst. In der Großserienfertigung sind aber immer noch mechanisch programmgesteuerte Maschinen als Einspindel-Drehautomaten in Betrieb.
Bei der Nachformdrehmaschine (oder Kopierdrehmaschine) wird eine zwei- oder dreidimensionale Kontur mechanisch abgetastet und auf die Vorschubbewegung des Werkzeugs übertragen. Die Übertragung der Kontur erfolgt entweder direkt mechanisch an einem Prototyp, über eine Leitkurve bzw. Leitlineal oder über kraftverstärkende Systeme, wobei die Kontur feiner abgetastet und hydraulisch oder elektrisch verstärkt an das Werkzeug weitergegeben wird. Da numerisch gesteuerte Maschinen diese Aufgaben gleich oder besser erfüllen, ist auch dieser Maschinentyp weitgehend verschwunden und wird überwiegend nur noch im Hobbybereich eingesetzt.
Die CNC-Drehmaschine vereinigt die Vorteile aller Universaldrehmaschinen. Sie verfügt oft über eine zusätzliche Hilfsachse, die C-Achse, welche der Drehachse der Arbeitsspindel zugeordnet ist. An ihr lassen sich beliebige Konturen drehen sowie mit angetriebenen Werkzeugen Fräsarbeiten durchführen. Die Motorleistungen sind wesentlich höher als bei der Leit- und Zugspindeldrehmaschine und stufenlos regelbar. Jede Vorschubachse verfügt über einen eigenen Motor und ein opto-elektronisches Wegmesssystem. Der Werkzeugschlitten nimmt einen drehbaren Werkzeugrevolver auf und ist von Lünette und Reitstock getrennt gelagert, um unabhängig von ihnen zu verfahren. Das Maschinenbett ist meist seitlich um ca 30 ° geneigt, um eine bessere Späneabfuhr zu ermöglichen. Nur der Planungsaufwand sowie die Kosten bei Einzelanfertigungen einfacher Teile liegen teilweise höher als bei den mechanischen gesteuerten Alternativen.
Karusseldrehmaschinen

Eine Drehmaschine mit vertikaler Arbeitsspindel für besonders große Werkstücke nennt man Karusselldrehmaschine. Das Werkstück wird dabei auf eine horizontal drehende Planscheibe gespannt. Kleinere und mittelgroße Maschinen verfügen in der Serienproduktion über die Möglichkeit, ein Werkstück mitsamt der Planscheibe zu wechseln. Während die eine Scheibe mit Werkstück in Betrieb ist, kann auf der anderen das Werkstück gewechselt oder an die nächste Maschine übergeben werden. Um ein Umspannen des Werkstücks mit der damit verbundenen Lageabweichungen und die dafür notwendige Zeit zu vermeiden, wird die Karusselldrehmaschine auch mit Werkzeugaufnahmen zum Bohren und Fräsen ausgestattet. Die Länge der Drehteile darf nicht größer sein als ihr Durchmesser, da eine Möglichkeit zum Abstützen wie ein Reitstock oder eine Lünette fehlen.
Vertikaldrehmaschinen
Vertikaldrehmaschinen für kleine Werkstücke verfügen über eine senkrechte Arbeitsspindel, die in der Regel ein Futter aufnimmt. In den meisten Fällen "hängt" die Spindel an einer waagerechten Fürung und führt einzelne oder alle Vorschubbewegungen aus. Die Versorgung mit Werkstücken übernimmt dabei oft die Arbeitsspindel (Pick-up-Spindel). Mit gesteuertem Futter legt sie das fertige Werkstück ab, greift sich ein neues Rohteil und fährt zurück in die Arbeitsposition. Die Drehwerkzeuge werden wie bei jeder modernen Maschine in einem Revolverkopf aufgenommen. Zur Rundumbearbeitung gibt es Zweispindel-Vertikaldrehmaschinen mit versetzt entgegengerichteten Arbeitsspindeln. Hat die "hängende" Spindel ihr Programm abgefahren, gibt sie das Werkstück selbstständig an die zweite "stehende" Spindel weiter, auf der anschließend die Rückseite des Teils bearbeitet wird. Der Werkzeugschlitten der zweiten Spindel verfährt dabei auf den gleichen Führungen wie die "hängende" Spindel und führt alle Vorschubbewegungen aus.
Drehautomaten
Für die Fertigung von größeren Stückzahlen einfacher Teile (z. B. Schrauben, Muttern u. ä.) werden Drehautomaten verwendet, die einen mit mehreren Werkzeugen bestückten und durch einen mechanischen Ablaufantrieb in entsprechenden Takten gesteuerten Schlitten (sowie Spannkopf und ggf. auch Reitstock) haben. Es gibt sie in Ein- und Mehrspindelausführung. Die Maschinen verfügen immer über eine automatische Werkstückversorgung, gelegentlich auch über Werkzeugwechseleinrichtungen. Bei Einspindelmaschinen kann manchmal das stangenförmige Halbzeug durch die Hohlspindel mechanisch durchgeschoben werden. Automatisierte Werkstoffhandhabung ermöglicht die Verkettung mehrerer Maschinen. Die mechanische Steuerung der Maschinen wird in zunehmenden Maße durch numerische Steuerungen abgelöst.
Frontdrehmaschinen
Auf Frontdrehmaschinen werden kurze Werkstücke bearbeitet, die kein Abstützen durch den Reitstock benötigen, wie z. B. Bremstrommeln. Das Drehmaschinenbett liegt oder steht quer zur Drehachse der Hauptspindel, wodurch sich kompakte Maschinengrößen ergeben und ein gute Zugänglichkeit gewährleistet ist. Frontdrehmaschinen zur Futterbearbeitung werden häufig mit zwei oder mehr Spindeln und automatischen Werkstückwechsel ausgestattet.
Ultrapräzisionsdrehmaschinen
Besonders im optischen Bereich bei der Herstellung von Spiegeln, bei Formeinsätzen aus Nichteisenmetallen und zum Hartdrehen gehärteter Stähle kommen so genannte Ultrapräzisionsmaschinen zum Einsatz. Hochgenaue Linearführungen und Spindeln (Sub-Mikrometer-Toleranzen) sowie die Verwendung von "Einkorndiamanten" als Drehmeißelschneide sind wesentliche Unterscheidungsmerkmale. Da die Abtragsraten sehr gering sind (wenige Mikrometer), werden gut vorgeformte Rohlinge vorausgesetzt. Bei extremen Anforderungen an die Genauigkeit der Dreharbeit werden diese Maschinen vom Boden entkoppelt und in klimatisierten Räumen betrieben. Die Führung der Schlitten und die Lagerung der Spindel erfolgt meist mit aerostatischen oder hydrostatischen Systemen, da diese eine wesentlich bessere Dämpfung aufweisen. Modernste Hydrostatische Gewindespindeln eliminieren zudem zusätzlich Vibrationen, sind jedoch aufgrund der hohen Kosten nur vereinzelt anzutreffen. Die Entwicklung auf dem Gebiet der Ultrapräzisionsmaschinen zielt derzeit auf einen Einsatz dieser Maschinen zur Bearbeitung gehärteter Stähle in der Massenproduktion als Alternative zum Schleifen ab.
Bohrwerke
Den Drehmaschinen im Aussehen ähnlich können spezielle Bohrwerke sein, die für die Innenbearbeitung hohler Werkstücke bestimmt sind. Sie gehören jedoch nicht zu Drehmaschinen, da bei ihnen die Werkzeuge rotieren und die Werkstücke fest eingespannt sind.
Sonderformen

Nicht nur in der Massenproduktion sind spezielle Drehmaschinen rentabel, auch für Kleinserien können Maschinen den Bedürfnissen entsprechend mit Normteilen nach dem Baukastenprinzip gebaut werden. So gibt es beispielsweise spezielle Drehmaschinen für Nockenwellen, Turbinenräder, Achsen und Kurbelwellen. Insbesondere auch in der Feinmechanik gibt es hoch spezielle Drehmaschinen. In der Uhrmacherei sind dies sogenannte „Decolletagemaschinen“. Auch die Bearbeitung von Radsätzen der Modelleisenbahner kennt spezielle Drehmaschinen ähnlicher Bauarten wie bei den Uhrenfertigern. Solche Drehmaschinen müssen über Einrichtungen verfügen, die in einer einzigen Aufspannung oder per automatisiertem Umspannen die komplette Rotationsgeometrie zu bearbeiten erlauben.
Ein anderes Extrem sind ultragroße Karusseldrehmaschinen in Einzelkomponenten. In der Mineralindustrie (z.B. zur Erzgewinnung) werden vor Ort im Bergwerk (abseits von mechanischen Fertigungsstätten) Drehmaschinen-Komponenten eingesetzt, die nicht mehr über ein gemeinsames Maschinenbett verfügen. Ein Bearbeitungsfall ist das Drehen von teils über 25 Metern großen Durchmessern an Laufringen für Drehrohröfen und Rotationskonverter. Die Bearbeitung geschieht so, dass eine Plan-Antriebseinheit in den Boden einbetoniert wird, auf der ein Spannkreuz das Werkstück, den gegossenen Ring, trägt. 15 Meter radial im Abstand z.B. wird die Werkzeugschlitteneinheit einbetoniert. Messsysteme werden platziert, die die Maßzuordnung zwischen Antriebseinheit (Drehachse) und der Bearbeitungseinheit nicht nur statisch, sondern auch dynamisch zu erfassen erlauben. Während der laufenden Arbeit wird per Laserinterferometrie eine im Bearbeitungsprozess entstehende mögliche Distanzveränderung der Werkzeugeinheit zur Antriebseinheit online in mehreren Achsen gemessen und dementsprechend CNC-gerecht ebenso online Korrektur verfahren. Auch eine solche Maschine hat dennoch eine Art „Maschinenbett“: der Boden und damit das Erdreich, in das die Komponenten eingelassen sind. Schwingungen und Probleme aus der „Weichheit“ dieses „Maschinenbettes“ werden online CNC-kompensiert.
Drehmaschinen in der Serienproduktion
Die Kurzlebigkeit oder geringe Stückzahl vieler Produkte zwingt zum Einsatz flexibler Fertigungseinrichtungen, wie flexibler Fertigungszellen oder flexibler Fertigungssysteme. Vorhandene CNC-Drehmaschinen werden zu diesem Zweck mit verschiedenen Einrichtung versehen, um die Arbeitsabläufe zu automatisieren und dabei aber auch schnell das Fertigungsgut zu ändern. Anders sieht es bei starren Transferstraßen aus, da hier die Maschinen lange Zeit nur ein Werkstück herstellen. So kann auf eine hohe Flexibilität zugunsten der Durchlaufzeit verzichtet werden.
Drehzellen
Drehzellen bieten sich von der Klein- bis Großserienproduktion an und bestehen aus CNC-Drehmaschine zusammen mit einer Beschickungseinrichtung zur Werkstückver- und entsorgung und eventuell einem Transportsystem. Im einfachen Falle ist das ein Stangenvorschub, der nach Ende der Bearbeitung eines Werkstücks eine Dreimeter- oder Sechsmeterstange Material entklemmt und um ein definiertes Maß als Rohling für das nächste Werkstück aus der Spindelbohrung vorschiebt. In der Massenproduktion verfügen die Drehmaschinen oft über mehrere Spindeln und unabhängig agierende Werkzeugrevolver. Werkzeugwechsel sowie Werkstückbeschickung geschehen immer vollautomatisch. Über ein Transportsystem können sie mit anderen Zellen zu Fertigungsstraßen verkettet werden.
Drehsystem
Von einem Drehsystem wird dann gesprochen, wenn neben einer Werkstückwechselautomatik und den Werkzeugrevolvern auch die Werkzeuge selbst und eventuell darüber hinausgehend auch die Spannmittel oder die Messmittel automatisiert gewechselt werden können. Solche hochflexiblen Maschinen können teilweise mannlos ohne Maschinenbediener laufen.
Literatur
- Heinz Tschätsch: Praxis der Zerspantechnik, Vieweg Verlag, 6. Auflage November 2002 ISBN 3528349867
- Rainer Asch: Mathematik und Geometrie zur CNC-Technik, Vogel, Juli 2000 ISBN 3802314042
- Sven Jochmann: Untersuchungen zur Prozess- und Werkzeugauslegung beim Hochpräzisionshartdrehen, Shaker Verlag, August 2001 ISBN 3826592441
- Michael Stern und Hans Jendritzki: Der Uhrmacher an der Drehbank. Die Uhrmacherdrehmaschine, ihre Anwendung und Pflege, 3. Auflage 2006 ISBN 3980955702
- Frank Arbeiter: Drehen und Fräsen - Grundlagen, Neckar-Verlag, 2. Auflage Januar 2004 ISBN 3788306769
- Jürgen Eichardt: Drehen für Modellbauer 1. Das ABC des Hobbydrehers, Vth, 2. Auflage September 2004 ISBN 3881807136