Zum Inhalt springen

Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 29. Juli 2006 um 01:21 Uhr durch Gerhard M (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
ICD-10-Code Thrombotische thrombozytopenische Purpura
M31.1 Moschcowitz-Syndrom

Die Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (auch thrombotisch-thrombopenische Purpura oder nach ihrem Erstbeschreiber im Jahre 1924 Moschcowitz-Syndrom, abgekürzt TTP) ist eine seltene und lebensbedrohliche Erkrankung, bei der blutplättchenreiche Blutgerinnsel entstehen, die feinen Haargefäße besonders von Gehirn und Niere verstopfen, und somit zu schwerwiegenden Organschäden führen. Unbehandelt ist die Erkrankung bei etwa 90 Prozent der Betroffenen tödlich, aber auch bei Anwendung der heute etablierten Therapieverfahren liegt die Sterblichkeit noch bei 10 bis 30 Prozent. Zur Häufigkeit der TTP liegen keine exakten Daten vor, allgemein wird eine Inzidenz von 3-10 pro 1 Mio. Einwohner pro Jahr angenommen.

Pathophysiologie

Die TTP wird ebenso wie das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS, Morbus Gasser)und das HELLP-Syndrom als thrombotische Mikroangiopathie (TMP) bezeichnet. Alle drei Erkrankungen sind durch eine intravasale Gerinnungsstörung mit thrombotischen Verschlüssen kleinerer Arteriolen und Kapillaren gekennzeichnet, in deren Folge dann eine Coombs-Test-negative hämolytische Anämie und eine Thrombozytopenie auftreten.

Vermutlich gibt es verschiedene Ursachen für die Entstehung dieser Mikrothromben. Neben einer Schädigung des Endothels mit Aktivierung von Mediatoren und Gerinnungsfaktoren sind genetische Defekte eines eiweißspaltenden Enzyms (Protease) bekannt, die bei einigen Patienten eine TTP auslösen können.

Einteilung

Bislang existiert keine allgemein anerkannte Klassifikation der TTP. Verschiedenen realistische Hypothesen zur Pathophysiologie folgend, wird heute oft zwischen idiopathischer, sekundärer und familiärer TTP unterschieden.

Idiopathische TTP

Die idiopathische TTP gilt als Autoimmunkrankheit ungeklärter Ursache mit Autoantikörpern gegen die Protease ADAMTS-13 (s. u.).

Sekundäre TTP

Die sekundäre TTP wird durch Medikamente (z. B. Ticlopidin, fraglich auch Clopidogrel) oder andere Faktoren (z. B. Vergiftung mit hochkonzentrierter Essigsäure) verursacht oder tritt in der Folge von viralen oder bakteriellen Infekten auf.

Familiäre TTP

Die familiäre oder hereditäre TTP (Upshaw-Shulman-Syndrom) wird durch einen Gendefekt am sogenannten ADAMTS13-Gen auf dem Chromosom 9q34 verursacht. Dieses Gen steuert die Produktion der vWF-Protease (genannt ADAMTS-13 von ADisintegrin-like And Metalloprotease with ThromboSpondin type 1 motif), die für die Spaltung des von-Willebrand-Faktors (vWF) verantwortlich ist. Insgesamt existieren mindestens 12 verschiedenen Mutationen des ADAMTS-13-Gens, die ineffektive vWF-Proteasen erzeugen. Bei der akuten TTP beträgt die Aktivität der ADAMTS-13 meist weniger als 5 Prozent der im normalen Serum gemessenen Aktivität.

Diagnostik

Das klinische Bild wird oft von den klassischen fünf Symptomen bzw. Krankheitszeichen bestimmt, die 1924 [1] erstmals von Moschcowitz beschrieben wurden:

  • Neurologische Symptome wie Kopfschmerz, Schlaganfall oder Verhaltensauffälligkeit bei circa 65 Prozent der Patienten.
  • Niereninsuffizienz bei etwa der Hälfte der Patienten.
  • Fieber bei etwa einem Drittel.
  • Thrombozytopenie mit Blutergüssen und Purpura.
  • Hämolytische Anämie

Im Blutbild finden sich neben der Thrombozytopenie (oft < 20/µl) eine meist normochrome Anämie, im Blutausstrich häufig zerstörte Erythrozyten (sogenannte Fragmentozyten oder Schistozyten). Als Zeichen der Hämolyse ist die LDH stark erhöht und das Haptoglobin vemindert.

Therapie

Über das optimale Therapieregime bei den verschiedenen Formen der TTP besteht kein Konsens. Bereits eine konsequente supportive Therapie inkl. Dialyse senkt die Mortalität der TTP deutlich. Zusätzlich haben sich die Plasmasubstitution (z. B. fresh frozen plasma) und die Plasmapherese etabliert. Häufig werden Corticosteroide und ASS, neuerdings bei Patienten mit Autoantikörpern gegen ADAMTS13 auch Immunsuppressiva wie Vincristin, Cyclosporin oder Rituximab eingesetzt. Bei Patienten mit nachgewiesenen Autoantikörpern und unzureichendem Ansprechen auf die medikamentöse Therapie wird eine Splenektomie empfohlen.


Quellen

  1. Moschcowitz E. Hyaline thrombosis of the terminal arterioles and capillaries: a hitherto undescribed disease. Proc NY Pathol Soc 1924;24:21-4

Übersichtsartikel

Murrin RJA, Murray JA: Thrombotic Thrombocytopenic Purpura: aetiology, pathophysiology and treatment. Blood Reviews 2006;20:51-60

Selbsthilfegruppe TTP

Selbsthilfegruppe ITP